Stärkung der Demokratie oder Wahlkampf? Eine Volksbefragung spaltet Polen

Die Entscheidung des polnischen Parlaments, am 15. Oktober nicht nur die Parlamentswahl, sondern auch eine Volksbefragung abzuhalten, sorgt bei der Opposition für Verstimmung. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte einen entsprechenden Antrag eingebracht und sieht darin eine Stärkung der Demokratie.

Piotr Kaleta, Abgeordneter, Partei Recht und Gerechtigkeit, meint: „Es ist notwendig, die Menschen zu wichtigen, entscheidenden Fragen zu befragen. Für die Bevölkerung scheint es derzeit nichts Wichtigeres zu geben als die Sicherheit in weiten Sinne: militärische, wirtschaftliche und gesundheitliche Sicherheit. Deshalb ist die Volksbefragung notwendig und wird stattfinden."

In dieser sollen vier Fragen gestellt werden: Über den Verkauf von Staatsanleihen an Menschen nicht-polnischer Staatsangehörigkeit, über das Renteneintrittsalter, die Befestigung der Grenze zu Belarus und über die Umsiedlung von Migranten. Gerade die Einwanderungsfrage ist umstritten.

„Menschenrechte sollten nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein"

„Die Frage [zur Einwanderung] ist sehr vage gehalten. Es gibt einen Verweis auf die Rechte von Migranten, der nicht vorkommen sollte, weil das Menschenrechte sind. Menschenrechte sollten nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein. Sie sollten auf einer Einwanderungspolitik fußen, die auf der Grundlage des Völkerrechts und von polnischem Recht steht", so Anna Chmielewska von der Stiftung OcAlenie.

Die Opposition wirft der Regierung vor, genau jene Fragen zur Abstellung zu stellen, die im Wahlkampf im Vordergrund stehen. Borys Budka, Abgeordneter der oppositionellen Bürgerkoalition, sagt: „Das ist keine Volksbefragung, sondern Wahlkampf der PiS, die auf diese Weise ihre Wahlkampffinanzierung umgeht. Die wichtigste Frage für die Menschen lautet, ob diese schlechte Regierung abgesetzt werden soll oder nicht. Das ist eine einfache Frage, und wir werden sie am 15. Oktober gemeinsam beantworten."

euronews-Mitarbeiterin Magdalena Chodownik berichtet: „Dutzende Organisationen haben ein Schreiben unterzeichnet, in dem der Wahlausschuss aufgefordert wird, in die Leitlinien für die regionalen Kommissionen das Recht aufzunehmen, die Teilnahme an der Volksbefragung zu verweigern. Das würde den Menschen helfen, eine fundierte Entscheidung zu treffen."