Tour de France 2024: Wird Radrennsport in Deutschland wieder sexy?

Mit dem Slowenen Primoz Roglic (links) konnte das deutsche Team Bora-hansgrohe einen Topfahrer verpflichten, der 2024 Chancen auf den Toursieg hat. Die Vorbereitung des ab diesem Sommer mit Red Bull-Geld "gepamperten" Teams wird in "Alles auf Gelb" in drei Dokufolgen gezeigt. Folge vier erscheint nach Ende der Tour.  (Bild: SR)
Mit dem Slowenen Primoz Roglic (links) konnte das deutsche Team Bora-hansgrohe einen Topfahrer verpflichten, der 2024 Chancen auf den Toursieg hat. Die Vorbereitung des ab diesem Sommer mit Red Bull-Geld "gepamperten" Teams wird in "Alles auf Gelb" in drei Dokufolgen gezeigt. Folge vier erscheint nach Ende der Tour. (Bild: SR)

Bei der Tour de France wird 2024 vieles anders: Erstmals fährt man nicht nach Paris. Und los geht es in Italien. Deutschlands Team Bora-hansgrohe dringt durch den Einstieg von Red Bull und Topfahrer Primoz Roglic in die Phalanx der Favoriten ein - was jetzt auch über eine Doku-Serie "verkauft" wird.

Die am Samstag, 29. Juni, beginnende Tour de France 2024 hat schlechte Karten - so könnte man meinen. Regelrecht eingequetscht zwischen Fußball-EM (14. Juni bis 14. Juli) und Olympia in Paris (26. Juli bis 11. August) läuft die 111. Ausgabe des wichtigsten Radrennens der Welt in diesem Jahr Gefahr, ein wenig unterzugehen. Es spricht jedoch einiges dafür, dass alles doch wieder ganz anders kommt. Pro-Tour-Argumente sind eine sehr attraktive Strecke, die erstmals in Italien startet und nicht nach Paris führt, die ungewisse Favoritensituation und auch das deutsche Team Bora-hansgrohe, das in diesem Sommer mit dem finanzstarken Partner Red Bull verschmilzt und Budget-mäßig in die Riege der Topteams vordringt. Mit dem Slowenen Primoz Roglic hat der zukünftige Rennstall Red Bull-Bora-hansgrohe einen Mann verpflichtet, der - ein nicht völlig unrealistisches Schwächeln der Top-Favoriten Tadej Pogačar und Jonas Vingegaard vorausgesetzt - die Tour gewinnen könnte.

Vor Etappe Eins von Florenz nach Rimini an der Adriaküste (die Übertragung im Ersten startet am Samstag, 29. Juni, gegen 15.50 Uhr, auch Eurosport ist wieder dabei) zeigt die ARD deshalb die ersten drei Teile der Doku-Serie "Alles auf Gelb", die das Team Bora-Hansgrohe bei seiner Vorbereitung auf die Saison und Tour begleitet. Linear sind drei jeweils 25 Minuten lange Episoden ab 12.50 Uhr im Ersten zu sehen. In der Mediathek werden die Folgen bereits ab Dienstag, 25. Juni, veröffentlicht. Die finale vierte Folge der Doku, in der auch das Tourgeschehen verarbeitet wird, wird dann eine Woche nach Tour-Ende am Sonntag, 28. Juli, nachgereicht. Was die Live-Berichterstattung betrifft: Im Ersten ist die Tour de France 2024 täglich zu sehen, wochentags ab 14.10 Uhr, am Wochenende mit wechselnden Anfangszeiten. Florian Naß und Fabian Wegmann kommentieren. Auch Eurosport 1 überträgt alle Etappen der Tour de France in voller Länge im Free-TV, zeigt also in der Regel früher Live-Bilder als das Erste. Im Anschluss ans Rennen arbeiten Moderator David Marcour und das Eurosport-Experten-Team die jeweilige Etappe in der halbstündigen Live-Show "Velo Club" auf. Für Eurosport kommentieren Karsten Migels, Jens Voigt und Bernhard Eisel.

Dass das größte Radrennen der Welt 2024 erstmals nicht in Paris endet, sondern mit einer Zeitfahr-Etappe am Sonntag, 21. Juli, von Monaco nach Nizza, hat mit den fünf Tage nach Tour-Ende beginnenden Olympischen Spielen zu tun. Die Regularien von Olympia verbieten sportliche Großveranstaltungen am Austragungsort im Vorfeld des Mega-Ereignisses.

Kann der Slowene Primoz Roglic 2024 fürs neue deutsche Team Red Bull-Bora-hansgrohe die Tour gewinnen? Sollten Giro-Sieger Tadej Pogačar und der Jonas Vingegaard, der bei der Baskenland-Rundfahrt im April schwer gestürzt ist, schwächeln oder erst gar nicht teilnehmen, könnte Roglics Siegchance realistisch sein.  (Bild: SR)
Kann der Slowene Primoz Roglic 2024 fürs neue deutsche Team Red Bull-Bora-hansgrohe die Tour gewinnen? Sollten Giro-Sieger Tadej Pogačar und der Jonas Vingegaard, der bei der Baskenland-Rundfahrt im April schwer gestürzt ist, schwächeln oder erst gar nicht teilnehmen, könnte Roglics Siegchance realistisch sein. (Bild: SR)

Höhepunkt: Die Schotterstraßen von Troyes

Momentan sieht es so aus, als hätten die Tour de France-Organisatoren aus den genannten Nöten des Jahres 2024 eine Tugend gemacht. Dass während der ersten beiden Tour-Wochen noch eine Fußball-Europameisterschaft in Deutschland gespielt wird, muss kein Nachteil sein: Die zeitlich frühen Partien der Gruppenphase gehören dann der Vergangenheit an. Während die Tour am Nachmittag für Interesse sorgt, wird Fußball im nahen Deutschland am Abend stattfinden. Vielleicht befeuert sich die Sportbegeisterung der beiden Großveranstaltungen wie die Vorfreude auf Olympia sogar gegenseitig - gerade in Frankreich.

Auch mit der Streckenführung der 21 Etappen über insgesamt 3.492 Kilometer sind den Planern der 111. Tour einige "Schmankerl" gelungen. Da wäre zum einen der Grand Depart im schönen Florenz. Noch nie startete eine Tour in Italien, und über die ersten dreieinhalb Renntage (Florenz-Rimini, Cesenatico-Bologna, Piacenza -Turin und Pinerolo-Valloire) wird es interessant zu sehen sein, wie sehr die Radsport-patriotischen Italiener ihre Begeisterung für den Giro d'Italia, der im Mai stattfand, wiederholen oder ob sie mit dem französischen Event-Import doch etwas fremdeln werden.

Auch das "entspannte" Gesetz, dass die erste Tourwoche den Sprintern gehört, gilt mittlerweile nicht mehr so richtig. Gleich die ersten Etappen sind hügelig anspruchsvoll. Ab Tag vier geht es in die Alpen, wo bereits der legendäre Col du Galibier auf dem Programm steht. Das erste von zwei Zeitfahren findet am siebten Renntag statt: Am Freitag, 5. Juli, geht es über 25,3 Kilometer von Nuits-Saint-Georges nach Gevrey-Chambertin. Eine Gegend mit Wäldern und Weinbergen inklusive 300 zu überwindenden Höhenmetern.

Ein Highlight der Tour dürfte der 199 Kilometer lange Rundkurs bei Troyes am Sonntag, 7. Juli, werden. Die hügelige Strecke (2.000 Höhenmeter) der neunten Etappe führt immer wieder über Schotterstraßen, die Sturzgefahr ist groß, auch das Material dürfte auf eine schwere Probe gestellt werden. ARD-Tourstimme Florian Naß erwartet gerade in Troyes spannende logistische Herausforderungen für die Teams sowie spektakuläre Bilder.

Eim Fahrer vom Team Bora-hansgrohe im Höhentrainingslager in der Sierra Nevada. Kann man dieses Jahr beim Thema Toursieg ein Wörtchen mitreden? Am 29. Juni geht die Tour de France 2024 los - die ersten Etappen finden in Norditalien statt. Eine Premiere, ebenso wie die Tatsache, dass man erstmal nicht nach Paris fährt. (Bild: SR)
Eim Fahrer vom Team Bora-hansgrohe im Höhentrainingslager in der Sierra Nevada. Kann man dieses Jahr beim Thema Toursieg ein Wörtchen mitreden? Am 29. Juni geht die Tour de France 2024 los - die ersten Etappen finden in Norditalien statt. Eine Premiere, ebenso wie die Tatsache, dass man erstmal nicht nach Paris fährt. (Bild: SR)

Tour de France: Wer sind die Favoriten?

Die Tour, die sich 2024 vorwiegend im Süden Frankreichs aufhält und natürlich auch die Pyrenäen mitnimmt, endet am Sonntag, 21. Juli, mit dem zweiten Zeitfahren von Monaco nach Nizza über 33,7 Kilometer und 650 Höhenmeter an der Côte d'Azur. Zuletzt gab es ein Zeitfahr-Finale bei der Tour 1989 - mit der knappsten Entscheidung in der Geschichte des Rennens. Greg LeMond siegte mit acht Sekunden Vorsprung auf seinen französischen Konkurrenten Laurent Fignon. Was die Favoriten betrifft, ist Tadej Pogačar, jener Fahrer, der geschlagen werden muss. Erst im Mai gewann er den Giro d'Italia. Bei der Italienrundfahrt spielte der Slowene teilweise mit der Konkurrenz, war extrem überlegen. Andererseits: Seit Marco Pantani 1998 hat niemand mehr Giro und Tour im gleichen Jahr gewonnen. Pogačar könnte sich mit seinem Vorhaben, die beiden wichtigsten Radrundfahrten der Welt in einer Saison zu dominieren, übernommen haben.

Neben Pogačar, Sieger 2020 und 2021, zählt auch Jonas Vingegaard, der die Tour in den letzten beiden Jahren gewann, zu den Top-Favoriten. Allerdings stürzte der Däne bei der Baskenland-Rundfahrt im April so schwer, dass sogar eine kurzfristige Absage der Tour noch im Bereich des Möglichen ist. Zuletzt fielen in seinem Visma-Team mit Dylan van Baarle und Steven Kruijswijk auch noch zwei wichtige Helfer verletzt aus. Sollten die beiden Platzhirsche der letzten Jahre also schwächeln, könnte dies die Chance Primoz Roglics und des neuen Teams Red Bull-Bora-hansgrohe sein. So oder so, glaubt Tourfachmann Florian Naß, können wir eine starke Tour erwarten. Sein Sender, die ARD, war mit den Quoten des Jahr 2023 sehr zufrieden, sagt er. Und das, obwohl deutsche Fahrer im letzten Jahr keine große Rolle spielten.

Gerade jüngere Zielgruppen haben offenbar wieder Gefallen an der Tour gefunden - was unter anderem an spannenden "Inside"-Dokus wie "Alles auf Gelb" und mehr noch an der wunderbar gefilmten und erzählten Netflix-Serie "Tour de France: Im Hauptfeld" (Englisch: "Tour de France: Unchained") liegen könnte. Die erste Staffel der coolen Tour der France-Doku, die mehrere Teams hautnah begleitet, lief im Sommer 2023. Staffel zwei, die das Rennen des letzten Jahres erzählt, ist seit 11. Juni beim Streaming-Anbieter zu sehen. Offenbar haben der Radrennsport und seine Vermarkter ein paar wohlüberlegte Kniffe gefunden, die den Sport nach langen Jahren des Doping-Desinteresses wieder sexy gemacht haben - gerade in Deutschland.

Primoz Roglic von Bora-hansgrohe testet im Windkanal: Die drei ersten Folgen von "Alles auf Gelb" werden am 25. Juni in der ARD Mediathek veröffentlicht. Die vierte Folge wird eine Woche nach dem Ende der Tour de France, am Sonntag, 28. Juli, veröffentlicht. (Bild: SR)
Primoz Roglic von Bora-hansgrohe testet im Windkanal: Die drei ersten Folgen von "Alles auf Gelb" werden am 25. Juni in der ARD Mediathek veröffentlicht. Die vierte Folge wird eine Woche nach dem Ende der Tour de France, am Sonntag, 28. Juli, veröffentlicht. (Bild: SR)