Turbinen-Post: Siemens reagiert auf Shitstorm

Siemens Energy versuchte, mit einem lustigen Tweet über seine Nord Stream-Turbine PR zu machen. Doch das ging völlig nach hinten los. Nach einem Shitstorm musste das Unternehmen zurück rudern.

Olaf Scholz und die Turbine, die nun auf Twitter für Ärger sorgt.
Olaf Scholz und die Turbine, die nun auf Twitter für Ärger sorgt. (Bild: Andreas Rentz/Getty Images)

Anlass für den Tweet war die Siemens-Turbine, die in Mülheim an der Ruhr darauf wartet, nach ihrer Wartung in Kanada wieder in der Gaspipeline Nord Stream 1 eingesetzt zu werden. Erst kürzlich besuchte Bundeskanzler Olaf Scholz das Siemens-Werk und befand, es sei offensichtlich, "dass nichts, aber auch wirklich gar nichts dem Weitertransport dieser Turbine und ihrem Einbau in Russland entgegensteht." Doch Russland blockiere die Lieferung, um Vorwände für eine vertragswidrige Drosselung der Gaslieferungen zu haben, so der Kanzler.

In mitten dieser Situation postete Siemens Energy nun am vergangenen Mittwoch einen Tweet zur Turbine, der bei vielen User*innen sehr schlecht ankam, wie unter anderem . Zu einem Foto der verpackten Turbine stand dort: "Unsere berühmte Turbine ist immer noch nicht da, wo sie sein sollte. Sie steht einsam an unserem Standort in Mülheim herum. Tun wir dem armen Ding einen Gefallen und erstellen eine Spotify-Playlist. Was soll da rein? Wir fangen an mit 'So Lonely' von The Police an. Was sind eure Vorschläge?"

Playlist sorgt für Shitstorm

Während manche User*innen das Spiel mitmachten und Song-Vorschläge Kommentaren hinterließen, braute sich schnell ein waschechter Shitstorm für die PR-Abteilung des Unternehmens zusammen. Absolut geschmacklos sei der Tweet, fanden viele User*innen und forderten die sofortige Löschung angesichts der tausenden Opfer der russischen Invasion in der Ukraine. Es sei unglaublich, schrieb ein User, dass Siemens versuche, die eigene Unterstützung eines "terroristischen Staates" in einen Witz zu verwandeln.

Eine Userin hatte einen eigenen Playlisten-Vorschlag als Antwort auf den Tweet. Die Songtitel ergaben den Satz: "Stop Collaborating With Fascists" - "Hört auf, mit Faschisten zu kollaborieren".

Sogar die englische Seite von Gazprom reagierte und trollte zurück: "Warum nehmt ihr nicht diesen Track?" Dazu war in dem Post ein Link zum Judas Priest Song: "Breaking the Law" zu sehen.

Auch Medienprofis hielten nicht viel von dem "lustigen" Turbinen-Tweet. Medienberater Frank Sarfeld schrieb als Reaktion: "Dieser Tweet ist geschmacklos. Völlig daneben. Es geht um Menschen in der Ukraine, die durch Putins Krieg sterben. Es geht um Familien in Deutschland, die Angst vor der nächsten Gasrechnung haben. Und Siemens so: Hey, findet uns mal eine Playlist für die berühmte Turbine.“

Zunächst sprang Siemens Pressechef Tim Proll-Gerwe noch in die Bresche und verteidigte den Tweet: "Die Musiknummer ist der humorvolle Umgang damit, dass die Turbine immer noch in Mülheim steht (warum, ist ja bekannt). Aber fair enough: Wer die Playlist gut findet, beteiligt sich, alle anderen nicht. Aber Bezüge wie „widerwärtig“ oder der Tod von Menschen? Schon grotesk."

Späte Entschuldigung

Doch nachdem zahlreiche Medien über den Tweet berichteten und der Gegenwind in den Sozialen Medien nicht abriss, entfernte Siemens Energy den umstrittenen Tweet wieder. Dafür postete das Unternehmen eine Entschuldigung bei Twitter. Man verstehe, dass der Tonfall und das Thema als unangemessen betrachtet würden, schrieb der Konzern. "Das war nie unsere Absicht und wir entschuldigen uns. Wir haben den Krieg in der Ukraine vom ersten Tag an verurteilt und werden dies auch weiterhin tun."

Doch für viele User*innen kam die Entschuldigung zu spät. "Im Ernst, ich finde diesen Tweet noch abscheulicher als den ersten. Die Witze über die Turbine waren schlecht und gedankenlos aber wenigstens konnte man noch annehmen, dass @Siemens_Energy sich nicht mal über die Konsequenzen Gedanken gemacht hat. Dies beweist, dass sie die Kosten der Toten kennen und es ihnen sch**ßegal ist."

Im Video: "Wartungsarbeiten": Gazprom schaltet Nord Stream 1 drei Tage ab