Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Liveticker ist für heute beendet. Hier finden Sie die wichtigsten News des Tages zum Nachlesen.

  • Ukraine meldet erstmals Tod von deutschem freiwilligen Kämpfer

  • Russische Raketenangriffe treffen angeblich Artillerieschule

  • Kiew glaubt an Kriegsende in zwei bis sechs Monaten

  • Selenskyj: 100 Worte zur bitteren Erfahrung des Krieges

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Ukraine meldet erstmals Tod von deutschem freiwilligen Kämpfer +++

Die Ukraine hat erstmals den Tod eines deutschen freiwilligen Kämpfers bei den Gefechten gegen den russischen Angriff gemeldet. Auch drei Freiwillige aus Frankreich, Australien und den Niederlanden seien unter den «gefallenen Waffenbrüdern», teilte die Internationale Legion für die Verteidigung der Ukraine am Samstag in Kiew mit. Die Namen der vier Männer wurden ebenfalls genannt in der Mitteilung, nicht aber der Zeitpunkt und der Ort ihres Todes.

Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin war zu hören, die Botschaft in Kiew bemühe sich um Aufklärung und stehe «mit den ukrainischen Stellen in Kontakt, die entsprechende Nachrichten verbreitet haben».

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Freiwillige aus der ganzen Welt aufgerufen, sich dem Kampf gegen die russische Armee anzuschließen. Dazu wurde die Legion gegründet, die inzwischen aktiv rekrutiert. Das russische Militär meldet immer wieder die «Vernichtung» von Söldnern, die Zahl der getöteten Ausländer geht nach den Moskauer Angaben in die Tausenden.

«Sie haben sich entschieden, die Souveränität der Ukraine zu verteidigen», sagte der Sprecher der Legion, Damien Magrou. «Sie entschieden sich, zu kämpfen und dem Feind zu zeigen, dass die von der zivilisierten Welt gemeinsam verteidigten Werte von Freiheit und Demokratie nicht durch Raketen oder Artillerie zerstört werden können – und nicht werden.» Der Mut der Männer sei eine Inspiration. Das ukrainische Volk und die Streitkräfte seien dankbar, dass die «ausländischen Helden» sie vor Russlands «barbarischer Invasion» und vor Tyrannei schützen wollten. Sie hätten sich geopfert. Die Ukraine stehe in ihrer Schuld, hieß es. «Sie werden nie vergessen!»

+++ Russische Raketenangriffe treffen angeblich Artillerieschule +++

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben ein Zentrum zur Schulung von Artilleristen an westlicher Waffentechnik getroffen. «Mit hochpräzisen Luft-Boden-Raketen wurde eine Schlag gegen ein Artillerieausbildungszentrum der ukrainischen Streitkräfte im Raum Stezkiwka im Gebiet Sumy geführt», sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Samstag. In dem Zentrum seien die Soldaten in der Handhabung der westlichen Haubitze M777 unterrichtet worden, fügte er hinzu.

Moskau kritisiert seit Monaten die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine. Nach Ansicht des Kremls wäre der Krieg ohne die Rüstungshilfe schon beendet. Um diese Hilfe zu verringern, betont die russische Führung die Vernichtung westlicher Waffen und Freiwilliger besonders. Konaschenkow erklärte so am Samstag auch, dass im Gebiet Odessa im Süden der Ukraine «ein Lager ausländischer Söldner» durch einen Raketeneinschlag vernichtet worden sei.

Insgesamt hat nach russischen Angaben die eigene Luftwaffe in den vergangenen 24 Stunden mehr als 400 ukrainische Soldaten, 20 Kampf- und Schützenpanzer, rund ein Dutzend Artilleriegeschütze und Raketenwerfer sowie etwa 30 Fahrzeuge liquidiert. Die russiche Luftabwehr soll zudem ein ukrainisches Transportflugzeug abgeschossen haben. Die Angaben sind unabhängig nicht zu überprüfen.

+++ Kiew glaubt an Kriegsende in zwei bis sechs Monaten +++

Kiew (dpa) - Die ukrainische Präsidialverwaltung prognostiziert, dass der russische Angriffskrieg noch bis zu einem halben Jahr dauern kann. «Das kann sich noch zwei bis sechs Monate hinziehen», sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im Interview mit dem oppositionellen russischen Online-Portal «Medusa» mit Blick auf die mögliche Kriegsdauer am Freitagabend. Am Ende hänge es davon ab, wie sich die Stimmung in den Gesellschaften Europas, der Ukraine und Russlands verändere.

Verhandlungen werde es erst geben, wenn sich die Lage auf dem Schlachtfeld ändere und Russland nicht mehr das Gefühl habe, die Bedingungen diktieren zu können, sagte Podoljak. Er warnte dabei einmal mehr vor territorialen Zugeständnissen an Russland. Das werde den Krieg nicht beenden. «Weil es für die Russische Föderation - und das hat Herr (Wladimir) Putin mehrmals gesagt - prinzipiell ist, dass allein die Existenz der ukrainischen Staatlichkeit schädlich ist.» Der russische Vormarsch ziele daher weniger auf die Eroberung konkreter Gebiete als auf die Zerstörung der Ukraine an sich.

Vladimir Putin (Bild: Getty Images)
Vladimir Putin (Bild: Getty Images)

Podoljak schätzte die russischen Verluste auf insgesamt 80 000 Menschen. Das seien Tote und Verwundete bei der regulären Armee, den Separatisten und der Söldnertruppe «Wagner». Allerdings räumte er ein, dass nach einer für Moskau katastrophalen Anfangsphase des Kriegs mit bis zu 1000 Kriegstoten pro Tag die derzeitigen Verluste der russischen und ukrainischen Truppen «vergleichbar» seien. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die eigenen Verluste jüngst auf täglich bis zu 100 Tote und 500 Verletzte beziffert.

+++ Guterres fordert Ende der Gewalt in der Ukraine +++

UN-Generalsekretär António Guterres hat nach 100 Tagen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ein sofortiges Ende der Gewalt gefordert. Zudem betonte er in einer Mitteilung von Freitag (Ortszeit), eine Lösung des Konflikts erfordere Verhandlungen und Dialog. Die Vereinten Nationen würden all solche Bemühungen unterstützen. «Je eher sich die Parteien aufrichtig um eine Beendigung dieses Krieges bemühen, desto besser für die Ukraine, Russland und die Welt», schrieb Guterres. Russland hat die Ukraine am 24. Februar angegriffen, am Freitag wurde die Marke von 100 Kriegstagen erreicht. Derzeit konzentrieren sich die Kämpfe vor allem auf den Donbass im Osten der Ukraine.

Guterres forderte ungehinderten Zugang humanitärer Helfer zu allen Bedürftigen. Zudem sollten in den Kampfgebieten eingeschlossene Zivilisten evakuiert, die Zivilbevölkerung geschützt und die Menschenrechte im Einklang mit den internationalen Normen geachtet werden, so Guterres.

+++ Özdemir hält neues Entlastungspaket für nötig +++

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hält angesichts der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine weitere Hilfen für die Bundesbürger für nötig. Der «Welt am Sonntag» sagte der Grünen-Politiker: «Mir macht die aktuelle Preisentwicklung bei Lebensmitteln aufgrund des Ukraine-Kriegs Sorgen.» Die Bundesregierung habe sofort Entlastungspakete geschnürt, um auf die Folgen des Krieges zu reagieren. «Und wenn es so weitergeht, dann kann ich Ihnen sagen: Nach dem Entlastungspaket ist vor dem Entlastungspaket.»

Özdemir plädiert für die Streichung der Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte: «Profitieren würden davon vor allem die einkommensschwachen Haushalte. Außerdem würden wir zusätzlich einen Anreiz schaffen für eine gesündere Ernährung.» Ihm sei jedoch klar, dass der Vorschlag «nicht bei allen Koalitionspartnern Begeisterungsstürme» auslösen werde.

+++ Russische Truppen führen neue Reserven an Sjewjerodonezk heran +++

Beim Kampf um die Stadt Sjewjerodonezk im ostukrainischen Gebiet Luhansk hat Russland die Angriffe nach ukrainischen Angaben mit Hilfe frischer Reserven fortgesetzt. «Mit Artillerieunterstützung führt der Feind Sturmhandlungen in der Ortschaft Sjewjerodonezk durch, hat seine Gruppierung mit der mobilen Reserve des 2. Armeekorpus verstärkt, die Kämpfe in der Stadt halten an», teilte der ukrainische Generalstab am Samstag in seinem Lagebericht mit.

Russische Angriffe auf den Vorort Ustynowka seien ebenso erfolglos verlaufen wie eine versuchte Bodenoffensive im Raum Bachmut, berichtete der Generalstab. Die russischen Angriffe zielen darauf ab, die ukrainischen Truppen in Sjewjerodonezk von der Versorgung abzuschneiden und sie einzukesseln. Die Gegend um Sjewjerodonezk - Lyssytschansk - ist ein Ballungsraum, in dem vor dem Krieg 380 000 Menschen lebten. Sie ist der letzte Flecken im Gebiet Luhansk, der noch von kiewtreuen Truppen gehalten wird. In der vergangenen Woche sind die russischen Truppen erstmals in Sjewjerodonezk eingedrungen, doch die vollständige Einnahme der früheren Großstadt ist bislang nicht gelungen.

+++ 100 Worte zur bitteren Erfahrung des Krieges +++

«Vor genau 100 Tagen sind wir in einer neuen Realität aufgewacht», sagte Selenskyj in der Ansprache. Er beschrieb die Erfahrung des Krieges anhand von 100 Wörtern, die Ukrainerinnen und Ukrainer hätten lernen müssen. Dazu zählten schreckliche Begriffe wie Raketentreffer, Ruinen, Deportation. Mit Kriegsgräueln verbundene Ortsnamen seien dazugekommen wie Hostomel, Butscha oder Mariupol, die Bezeichnungen russischer, ukrainischer und ausländischer Waffensysteme. Aber es gebe auch positive besetzte Worte: Wiederaufbau, Rückkehr, Befreiung.

Wolodymyr Selenskyj (Bild: dpa)
Wolodymyr Selenskyj (Bild: dpa)

Vor dem Angriff habe die russische Armee den Ruf als zweitstärkste der Welt gehabt, sagte Selenskyj. «Was ist von ihr geblieben?», fragte er: «Kriegsverbrechen, Schande und Hass.» Die Ukraine aber habe bestanden, sie bestehe und werde bestehen.

+++ Die nächste Schlacht im Donbass? +++

Die russische Armee zieht nach Angaben des ukrainischen Generalstabs Kräfte für einen Angriff auf die Großstadt Slowjansk zusammen. Das Militär sprach am Freitagabend auf Facebook von bis zu 20 taktischen Bataillonsgruppen (BTG) der Russen. Das sind Kampfeinheiten mit gepanzerter Infanterie, Artillerie und Luftabwehr; sie zählen 600 bis 800 Soldaten.

Slowjansk gehört zum ostukrainischen Verwaltungsgebiet Donezk, dessen vollständige Eroberung sich Russland auf die Fahnen geschrieben hat. Die Stadt liegt außerdem im Rückraum der seit Tagen umkämpften Stadt Sjewjerodonezk im Gebiet Luhansk.

Dort rücke der Feind im Schutz von starkem Artilleriefeuer in den Wohnvierteln weiter vor, habe damit aber nur teilweise Erfolg, hieß es in dem Bericht der ukrainischen Seite. Die russischen Kräfte haben verkündet, die Stadt fast vollständig unter Kontrolle zu haben. Dagegen berichtete die ukrainische Gebietsverwaltung, die eigene Armee habe mit Gegenangriffen ein Fünftel der Stadt zurückgewonnen. Wie immer waren die militärischen Angaben zunächst nicht unabhängig überprüfbar.

+++ Afrikanische Union dringt auf Ende der Getreideblockade +++

Eine Folge des Krieges ist der Ausfall ukrainischer Getreidelieferungen, der vor allem in Afrika zu Hungersnöten zu führen droht. Der Präsident der Afrikanischen Union (AU), Macky Sall, pochte bei einem Treffen mit Putin am Freitag darauf, die Blockade der Ausfuhren zu beenden. Seiner Interpretation des Gesprächs nach zeigte sich Putin bereit, den Export von Weizen und Düngemitteln auf den afrikanischen Kontinent zu gewährleisten.

Putin wies jede Verantwortung für die Getreideknappheit auf dem Weltmarkt zurück. Die Krise habe schon vor dem Krieg begonnen, der nach offizieller Sprachregelung in Russland militärische Spezialoperation genannt wird. Nicht sein Land verhindere einen Export von Weizen aus der Ukraine, sagte Putin im Fernsehen. Die Ukraine solle die Minen vor ihren Häfen an der Schwarzmeer-Küste entfernen. Die russische Armee werde dies nicht für Angriffe ausnutzen, versprach er.