Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Kreml: Putin plant im Oktober Reise nach China

  • Wegen Spionage-Vorwurf: Moldau bestellt russischen Botschafter ein

  • Ukrainische Streitkräfte melden Fortschritte und Planänderungen

  • Russland hebt Einberufungsalter für Wehrpflichtige an

  • Kreml kritisiert westlichen Druck auf afrikanische Staaten

  • IAEA-Experten entdecken Minen beim AKW Saporischschja

  • Ukraine erhält weitere 1,5 Milliarden Euro von der EU

Die aktuelle Lage im Newsstream:

+++ Kreml: Putin plant im Oktober Reise nach China +++

Russlands Präsident Wladimir Putin will Kremlangaben zufolge im Oktober nach China reisen. «Es ist bekannt, dass wir eine Einladung erhalten haben und dass wir vorhaben, nach China zu fahren, wenn im Oktober der Seidenstraßen-Gipfel stattfindet», sagte Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge. Offen ließ Uschakow hingegen, ob der Kremlchef persönlich am G20-Gipfel im September in Indien teilnehmen werde.

Wegen seines bereits seit 17 Monaten andauernden Angriffskriegs gegen die Ukraine ist Russland international zunehmend isoliert. Insbesondere mit vielen westlichen Staaten haben die Beziehungen einen Tiefpunkt erreicht. Peking ist deshalb aus Moskauer Sicht ein noch wichtigerer Partner geworden. China hat Russlands Invasion der Ukraine nicht verurteilt, sondern Putin Rückendeckung gegeben.

Erst vor einigen Tagen war zudem bekannt geworden, dass Putin nicht persönlich am Treffen der Brics-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika im August in Johannesburg teilnehmen wird. Im Gastgeberland Südafrika hätte Putin die Festnahme gedroht, da der Internationale Strafgerichtshof wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine einen Haftbefehl gegen ihn erlassen hat.

Wladimir Putin will Kremlangaben zufolge im Oktober nach China reisen.(Bild: Reuters)
Wladimir Putin will Kremlangaben zufolge im Oktober nach China reisen.(Bild: Reuters)

+++ Wegen Spionage-Vorwurf: Moldau bestellt russischen Botschafter ein +++

Nach Medienberichten über mutmaßliche Spionage durch Moskau hat das Außenministerium der Republik Moldau den russischen Botschafter einbestellt. «Der Botschafter der Russischen Föderation in (der moldauischen Hauptstadt) Chisinau wird zum Außenministerium vorgeladen, um die entstandene Situation klarzustellen und zu erläutern», schrieb die Behörde des zwischen der Ukraine und Rumänien gelegenen Landes am Dienstag auf Telegram.

Am Montag hatte das unabhängige Internetportal «The Insider» zusammen mit moldauischen Medien über russische Geheimdienstler berichtet, die vom Dach der russischen Botschaft in Chisinau aus illegale Abhöraktionen durchführen sollen.

Die Reporter schöpften eigenen Angaben zufolge wegen der vielen Antennen und anderen Signalempfängern auf dem Botschaftsdach Verdacht. Insgesamt zählten sie 28 Geräte, die in der Lage sein sollen, verschiedene Arten von Signalen zu empfangen. So sollen etwa Mobiltelefonanrufe abgehört und Internetdaten abgefangen werden können. Dem Portal zufolge werden die Geräte von Mitarbeitern des russischen Militärgeheimdienstes GRU und des Auslandsgeheimdienstes SWR betreut. Einige von ihnen konnten nach ihrer Arbeit auf dem Dach identifiziert werden. Aus Moskau gab es bis zum Dienstagnachmittag keine offizielle Reaktion auf die Berichte.

Ähnliche Technik wurde schon auf den Dächern russischer Anlagen in Warschau oder Brüssel entdeckt. Russische diplomatische Einrichtungen in Europa werden seit längerem immer wieder als «Spionage-Nester» bezeichnet. «Wir betrachten jegliche Spionagehandlungen und ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Republik Moldau, die eine direkte Bedrohung der Souveränität und nationalen Sicherheit unseres Staates darstellen, als absolut inakzeptabel», schrieb das moldauische Außenministerium in Chisinau.

In der von Armut und politischen Krisen geplagten Ex-Sowjetrepublik Moldau hat Russland traditionell einen großen Einfluss - insbesondere in der abtrünnigen Region Transnistrien, wo seit den 1990er Jahren russische Soldaten stationiert sind. Im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine warnten internationale Beobachter immer wieder davor, dass Moskau Unruhen in der Region als Vorwand nutzen könnte, um die Lage zu eskalieren. Auch die proeuropäische Präsidentin von Moldau, Maia Sandu, beklagte zuletzt immer wieder Einmischung und geplante Umsturzversuche durch russische Geheimdienste in ihrem Land.

+++ Ukrainische Streitkräfte melden Fortschritte und Planänderungen +++

Die ukrainischen Streitkräfte haben eigenen Angaben nach Geländegewinne in der Ost- und Südukraine erzielt, doch auch mit Problemen zu kämpfen. «Aufgrund der schwierigen und gegensätzlichen Situation in den Abschnitten Bachmut und Lyman mussten wir unsere Pläne anpassen», teilte der Oberbefehlshaber der Landstreitkräfte, Olexander Syrskyj, im Nachrichtendienst Telegram am Dienstag mit.

Zuvor hatte Generalstabssprecher Andrij Kowaljow von einem Vormarsch in Richtung des Dorfs Andrijiwka südlich der russisch kontrollierten Stadt Bachmut gesprochen. Im südlichen Teil des Donezker Gebiets seien die ukrainischen Truppen wiederum zwischen 500 und 750 Meter bei der Ortschaft Staromajorske vorangekommen.

Die ukrainischen Planänderungen beziehen sich mutmaßlich auf russische Vorstöße aus dem Luhansker Gebiet in Richtung der benachbarten Region Charkiw nördlich der von Kiew kontrollierten Stadt Lyman. Übereinstimmenden Berichten zufolge sollen russische Truppen westlich von Karmasyniwka Geländegewinne erzielt haben.

Unbestätigten örtlichen Berichten zufolge gab es im zentralen Teil der von Russland 2014 annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim Explosionen. Unklar war zunächst, ob diese auf den Einsatz der russischen Flugabwehr oder tatsächliche Einschläge zurückzuführen waren. Laut den nicht bestätigten Berichten könnte eine Reparaturwerkstatt des Militärs getroffen worden sein. Tags zuvor war ein russisches Munitionslager bei Dschankoj mittels Luft-Boden-Raketen mutmaßlich des Typs Storm Shadow angegriffen worden.

+++ Russland hebt Einberufungsalter für Wehrpflichtige an +++

Das russische Parlament, die Staatsduma, hat die Obergrenze für Einberufungen zum Militärdienst um drei Jahre auf 30 angehoben. Das Parlament in Moskau beschloss am Dienstag die Gesetzesänderung in zweiter und dritter Lesung. Sie soll zum Jahreswechsel in Kraft treten. Bislang liegt die Obergrenze bei 27 Jahren.

Das Mindestalter soll hingegen bei 18 Jahren bleiben. Zunächst hatten die Gesetzgeber versichert, dass es schrittweise auf 21 Jahre erhöht werden soll.

Wehrpflichtige Russen dürfen zudem das Land nach der Zustellung des Einberufungsbescheids nicht mehr verlassen. Aufgrund früherer Gesetzesänderungen müssen die Bescheide dabei nicht mehr persönlich überreicht werden - es reicht, wenn die Person in einem Online-Register erfasst wird. Bei Nichterscheinen sollen russischen Wehrpflichtigen außerdem erhöhte Geldstrafen von bis zu 30 000 Rubel (rund 300 Euro) drohen.

Im Herbst 2022 waren bei einer teils chaotisch organisierten ersten Mobilisierungswelle Hunderttausende Männer ins Ausland geflohen. Andere Russen entgingen der Einberufung dadurch, dass sie nicht an ihrer Meldeanschrift wohnten, so dass der nur in Briefform gültige Einberufungsbescheid nicht zugestellt werden konnte. Dieses legale Schlupfloch hat die russische Führung im Frühjahr 2023 geschlossen.

Russland führt seit 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine - mit hohen Verlusten auch in den eigenen Reihen. Um mehr Soldaten an die Front schicken zu können, ließ Präsident Wladimir Putin im Herbst bereits 300 000 Reservisten mobilisieren. Wehrpflichtige hingegen werden offiziell nicht ins Kriegsgebiet geschickt. Doch insbesondere in den ersten Kriegsmonaten gab es immer wieder Berichte über ihren Einsatz in der Ukraine. Zudem können sie Aufgaben zur Sicherung des Hinterlands übernehmen.

+++ Kreml kritisiert westlichen Druck auf afrikanische Staaten +++

Der Kreml hat dem Westen vorgeworfen, den geplanten Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg verhindern zu wollen. «Fast alle afrikanischen Staaten wurden von den USA unter beispiellosen Druck gesetzt, (...) um die Durchführung des Gipfels, die Beteiligung afrikanischer Staaten an dem Gipfel zu verhindern», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Diese Linie sei «verurteilungswürdig», weil sie das souveräne Recht der Afrikaner, sich selbst ihre Partner auszusuchen, in Frage stelle, sagte Peskow.

Bei dem Treffen der Staatschefs am 27. und 28. Juli geht es auch um die Zukunft des Getreideabkommens. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hatte zudem angekündigt, den Gipfel zu nutzen, um einen Friedensplan zwischen Russland und der Ukraine voranzutreiben.

Der seit 17 Monaten dauernde Angriffskrieg Russlands gegen sein Nachbarland hat für die afrikanischen Staaten nach dem von Moskau beschlossenen Stopp des Getreideabkommens an Brisanz gewonnen. Die Ukraine ist einer der größten Getreideexporteure weltweit. Die Lieferungen sind für die Preisstabilität auf den Märkten und damit auch für die Bekämpfung des Hungers in den ärmsten Ländern wichtig. Durch die russische Blockade ukrainischer Schwarzmeerhäfen ist beides nun in Gefahr.

Laut Peskow will Putin in St. Petersburg noch einmal die russische Sichtweise und Begründung für den Stopp der Vereinbarung zur Verschiffung ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer darlegen. Ein Grund ist, dass Russland seine Forderung nach Lockerung der westlichen Sanktionen nicht erfüllt sieht - und unter anderem Behinderungen für eigene Getreideexporte beklagt. Zudem werde der Kremlchef dabei auch die Anstrengungen Russlands zur Stützung der Weltmärkte erläutern. Moskau hat nach dem Stopp des Abkommens erklärt, die Ausfuhr eigener Lebens- und Düngemittel vorantreiben zu wollen.

+++ IAEA-Experten entdecken Minen beim AKW Saporischschja +++

Experten der Internationalen Atomenergiebehörde haben am Rand des Geländes des von russischen Truppen besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja Antipersonenminen entdeckt. Bei einer Begehung am Sonntag hätten die Spezialisten einige Minen in einer Pufferzone zwischen der inneren und äußeren Absperrung der Anlage festgestellt, sagte IAEA-Direktor Rafael Grossi laut Mitteilung der Behörde vom Montagabend. Zu diesem Bereich habe das Betriebspersonal keinen Zugang. Im inneren Bereich des Geländes seien keine Minen festgestellt worden.

Russische Truppen hatten das AKW kurz nach Beginn des von Präsident Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs vor 17 Monaten besetzt. Mehrfach geriet die Anlage unter Beschuss, was trotz ihres Herunterfahrens international die Sorge vor einer Atomkatastrophe steigerte. Seit Monaten verdächtigen sich Moskau und Kiew gegenseitig, gezielt ein Unglück an der Nuklearanlage zu provozieren, entweder durch Beschuss oder durch Verminung. Anfang Juli spitzten sich die Vorwürfe zu. Es hieß, ein Anschlag stehe unmittelbar bevor. Inzwischen hat sich die Lage wieder etwas beruhigt.

Die IAEA, die eigene Beobachter auf dem Gelände des AKW hat, hatte auf dem Höhepunkt des Streits erklärt, keine Anzeichen für eine Verminung zu sehen. Gleichzeitig berichteten die internationalen Atomexperten aber auch, dass die Anlage früher schon vermint worden war und sie nicht Zugang zu allen Bereichen des Kraftwerks hätten.

Grossi sagte, seiner Behörde sei bekannt gewesen, dass Minen außerhalb des Geländes und auch an bestimmten Stellen innerhalb des Geländes platziert worden seien. Man habe seinem Team gesagt, dass es sich um eine militärische Entscheidung handele, und zwar in einem vom Militär kontrollierten Gebiet. «Dass sich derartige Sprengstoffe auf dem Gelände befinden steht im Widerspruch zu den IAEA-Sicherheitsstandards und den Leitlinien für die nukleare Sicherheit», sagte Grossi. Aufgrund ihrer eigenen Beobachtungen sei seine Behörde aber zu dem Schluss gekommen, dass die Detonation dieser Minen die nuklearen Sicherheits- und Sicherungssysteme der Anlage nicht beeinträchtigen dürfte.

Das Abkommen zum Verbot von Antipersonenminen wurde 1997 beschlossen, die Ukraine ist 1999 beigetreten und hat es 2005 ratifiziert. Russland ist dem Vertrag nicht beigetreten. Antipersonenminen explodieren, wenn sie berührt werden - etwa von Kindern, die sie aufheben wollen oder von Bauern, die ihr Feld bestellen. Sie sind oft nur so groß wie ein Handteller und können vom Boden oder aus der Luft mit Raketen über größere Gebiete verteilt werden.

+++ Ukraine erhält weitere 1,5 Milliarden Euro von der EU +++

Die von Russland angegriffene Ukraine hat weitere 1,5 Milliarden Euro von der Europäischen Union erhalten. «Seit dem Beginn des Krieges hat die EU 17,7 Milliarden Euro an makrofinanzieller Hilfe in die Ukraine geschickt», sagte der ukrainische Finanzminister Serhij Martschenko am Dienstag gemäß einer Mitteilung. Seit Jahresbeginn sind demnach 10,5 Milliarden Euro geflossen. Insgesamt sollen 2023 18 Milliarden Euro bereit gestellt werden. Die Gelder wurden in Form eines Kredits über 35 Jahre gewährt. Zinszahlungen und Gebühren übernehmen dabei die EU-Staaten. Vorher hatte bereits EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Kurznachrichtendienst Twitter über die Überweisung informiert.

Die Ukraine wehrt mit massiver westlicher Unterstützung seit mehr als 17 Monaten eine russische Invasion ab. Der ukrainische Haushalt soll dabei 2023 mit umgerechnet knapp 38 Milliarden Euro zu über 50 Prozent aus dem Ausland finanziert werden.

+++ Moskau: Attacke auf russisches Schiff im Schwarzen Meer abgewehrt +++

Inmitten wachsender Spannungen im Schwarzen Meer hat Russland nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau eine ukrainische Attacke auf eines seiner Kriegsschiffe abgewehrt. Die Ukraine habe versucht, das Patrouillenschiff «Sergej Kotow» der russischen Schwarzmeerflotte mit zwei unbemannten Booten anzugreifen, teilte das Ministerium am Dienstag in Moskau mit. Die Boote seien in einer Entfernung von 1000 und 800 Metern durch Beschuss von der «Kotow» zerstört worden. Das russische Schiff, das den südwestlichen Teil des Schwarzen Meeres kontrolliere, erfülle weiter seine Aufgaben, hieß es. Niemand sei verletzt worden.

Die Spannungen im Schwarzen Meer haben seit Russlands Aufkündigung des Abkommens zur Verschiffung von Getreide aus den ukrainischen Häfen zugenommen. Moskau hatte am Montag voriger Woche seine Sicherheitsgarantien für einen Getreidekorridor zur Türkei zurückgezogen. Stattdessen würden alle Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern, als Träger militärischer Fracht angesehen. Daraufhin hatte auch die Ukraine angekündigt, gegen Schiffe vorzugehen, die russisch kontrollierte Häfen im Schwarzen Meer anlaufen.

+++ Kiew meldet erneut Abwehr nächtlicher Drohnenangriffe +++

Russland hat in der Nacht zu Dienstag ukrainischen Behördenangaben zufolge erneut die Hauptstadt Kiew angegriffen. Die ukrainische Luftabwehr habe alle sogenannten Kamikaze-Drohnen abgeschossen, «mit denen der russische Aggressor» Kiew angegriffen habe, teilte die städtische Militärverwaltung laut ukrainischer Nachrichtenagentur Ukrinform mit. Ersten Informationen zufolge habe es keine Opfer oder Zerstörungen gegeben, sagte der Leiter der Behörde, Serhij Popko. Der Luftalarm habe drei Stunden gedauert. Der Feind habe Shahed-Drohnen aus iranischer Produktion eingesetzt. Dies sei bereits der sechste Drohnenangriff auf Kiew im Juli.

+++ Moskau versetzt Reaktor im AKW Saporischschja in Warmzustand +++

Im verminten Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine haben die russischen Besatzungstruppen zur Reparatur eines Reaktor einen anderen Reaktor in den Warmzustand versetzt. Der Block Nummer fünf müsse wegen technischer Wartungsarbeiten in den Kaltzustand heruntergefahren werden, teilte die Kraftwerksleitung am Dienstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit. Um den Bedarf an Dampf der Anlage zu decken, sei Reaktor Nummer vier dafür in den Warmzustand versetzt worden. Kiew hat diesen Schritt bereits als gefährlich kritisiert.

«Solche Handlungen sind ein grober Verstoß gegen die Lizenzbedingungen zum Betrieb dieser Atomanlage. Derzeit darf der Betrieb des Blocks Nummer vier im AK Saporischschja ausschließlich im Kaltzustand erfolgen», hieß es in einer Stellungnahme des ukrainischen Atomenergiekonzerns Enerhoatom. Grund für die Befürchtungen sei, dass der Block lange nicht betrieben und in der Zeit weder gewartet noch repariert worden sei.

Offiziell gilt das Kraftwerk weiter als heruntergefahren. Auch im Warmzustand produzieren die Reaktorblöcke keinen Strom, sondern lediglich Dampf. Heruntergefahren wurde die Anlage bereits im September 2022.

Das Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine. (Bild: Reuters)
Das Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine. (Bild: Reuters)

+++ Selenskyj kritisiert Importverbot in EU für ukrainisches Getreide +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angesichts der neuen russischen Seeblockade gegen Getreide aus seinem Land die EU zur Öffnung ihrer Grenzen für die Agrarprodukte aufgefordert. Europas Institutionen könnten vernünftiger handeln, als die Grenzen für ein bestimmtes Produkt zu schließen, sagte Selenskyj in seiner am Montagabend in Kiew verbreiteten allabendlichen Videobotschaft. Die bisher bis zum 15. September verfügten Beschränkungen für den ukrainischen Getreideexport müssten an dem Tag auch wirklich enden.

«Jede Verlängerung dieser Einschränkungen ist absolut inakzeptabel und klar nicht europäisch», sagte er. Es dürfe keine Blockade des ukrainischen Exports mehr geben, schrieb er auch in einer Nachricht in seinem Telegram-Kanal.

Die EU-Kommission hatte Anfang Juni beschlossen, Einschränkungen für Getreideimporte aus der Ukraine bis zum 15. September zu verlängern. Die fünf östlichen EU-Staaten Polen, Ungarn, Slowakei, Rumänien und Bulgarien wollen auch nach dem Datum am Importverbot festhalten, wenn die EU-Kommission keine andere Lösung findet.

Selenskyj sagte, er habe mit Regierungsbeamten und Experten beraten, wie die Agrarprodukte wieder EU-Gebiet passieren könnten. Es werde an einer Lösung im Geiste Europas gearbeitet.

Landwirte in den östlichen EU-Ländern befürchten einen Preisverfall durch die Konkurrenz, sollten ukrainische Agrarprodukte auf den EU-Markt kommen. Dort dürfen Weizen, Mais, Rapssamen und Sonnenblumenkerne aus der Ukraine nicht mehr frei gehandelt werden. Der Transit der Waren in andere EU-Länder ist aber gestattet. Die in die EU strebende Ukraine sieht eine mögliche Verlängerung der Importverbote als «nicht sehr freundlichen Schritt» und als Diskriminierung.

Für die Ukraine, die sich seit 17 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg verteidigt, ist der Landweg nun die einzige Möglichkeit, ihre Agrarprodukte auf dem Weltmarkt zu verkaufen und so wichtige Einnahmen zu erzielen. Russland hatte am Montag voriger Woche ein Abkommen zur Verschiffung ukrainischen Getreides übers Schwarze Meer aufgekündigt. Als Grund nannte Moskau, dass seine Forderungen an die EU nach einer Lockerung der Sanktionen nicht erfüllt seien.

+++ Ukraine wirft Russland Streubombeneinsatz vor: Kind tot und Verletzte +++

Die ukrainischen Behörden haben Russland einen Streubombeneinsatz in der Stadt Kostjantyniwka im ostukrainischen Gebiet Donezk vorgeworfen. Ein Kind wurde dabei am Montagabend getötet, wie der Chef der örtlichen Militärverwaltung, Pawlo Kyrylenko, im Nachrichtenkanal Telegram mitteilte. Es gebe sieben Verletzte. Die Streumunition sei an einem Gewässer explodiert, wo Menschen Erholung gesucht hätten. Kyrylenko veröffentliche ein Foto, auf dem vermutlich von Blut rot gefärbter Boden zu sehen war. Nach Angaben der örtlichen Staatsanwaltschaft war der getötete Junge zehn Jahre alt. Unter den Verletzten seien vier Kinder, hieß es.

Russland hat in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine immer wieder die international geächtete Streumunition eingesetzt. Kremlchef Wladimir Putin drohte zuletzt auch damit, dass Russland seine Arsenale mit vielen Arten dieser Waffen als Antwort auf den Einsatz von US-Streumunition in der Ukraine nutzen könne. Die Ukraine hatte sich von den USA diese Munition liefern lassen, um bei ihrer Gegenoffensive zur Befreiung ihrer von Russland besetzten Gebiete mehr Erfolge zu erzielen.

Die über dem Boden explodierenden Streubomben verteilen Geschosse über größere Flächen. Weil oft viele davon nicht sofort explodieren, gelten sie wie Minen als Gefahr für Zivilisten auch in der Zeit nach Ende der Kampfhandlungen. Deutschland und 110 andere Staaten haben sie deswegen mit einem internationalen Abkommen geächtet. Weder die USA noch die Ukraine noch Russland haben sich dem Abkommen zur Ächtung von Streumunition angeschlossen. Russland führt seit Februar vergangenen Jahres einen Angriffskrieg gegen die Ukraine.