Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Dieser Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Neues Urteil: Kremlgegner Nawalny rechnet mit fast 20 Jahren Haft

  • EU weitet Sanktionen gegen Belarus aus

  • Studie: Hälfte der ukrainischen Flüchtlinge überqualifiziert im Job

  • US-Institut: Russische Angriffe zielen auf ukrainisches Getreide

  • Ukraine und Russland melden neue Drohnenangriffe

  • Schutz von Häfen: Selenskyj pocht auf mehr Hilfe bei Luftverteidigung

  • Russland schränkt Verkehr durch Meerenge bei der Krim ein

Die aktuelle Lage:

+++ Neues Urteil: Kremlgegner Nawalny rechnet mit fast 20 Jahren Haft +++

Der bereits inhaftierte russische Oppositionelle Alexej Nawalny hat sich kurz vor dem Abschluss des international viel kritisierten Prozesses gegen ihn auf ein äußerst hartes Urteil eingestellt. Der 47-Jährige, der als politischer Gefangener gilt, ließ am Donnerstag über sein Team in sozialen Netzwerken ausrichten: «Es wird eine riesige Haftstrafe werden. Das, was man als «stalinistische Haftstrafe» bezeichnet.» Unter Sowjetdiktator Josef Stalin (1879-1953) waren zu kommunistischen Zeiten sehr lange und harte Strafen üblich.

Er rechne damit, dass das Gericht, vor dem ihm wegen angeblichem Extremismus 20 Jahre Straflager drohen, sich letztendlich in seinem Urteil an diesem Freitag auf rund 18 Jahre festlegen werde, fügte Nawalny hinzu. Seine Sprecherin Kira Jarmysch erklärte auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass damit die Gesamtlänge der Haftdauer gemeint sei - also die neun Jahre Straflager, zu denen Nawalny bereits 2020 verurteilt wurde, mit eingerechnet seien.

Mit Blick auf das bevorstehende neue Urteil schrieb der Kremlgegner außerdem: «Die Hauptabsicht besteht darin, einzuschüchtern. Euch, nicht mich.» Er bat um Solidarität mit politischen Gefangenen in Russland, das seit mehr als 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und in diesem Zeitraum auch im eigenen Land Repressionen gegen Kritiker massiv verstärkt hat. Nawalny rief seine Landsleute darüber hinaus zum Widerstand gegen den Machtapparat von Präsident Wladimir Putin auf.

+++ EU weitet Sanktionen gegen Belarus aus +++

Die Europäische Union weitet die Sanktionen gegen Russlands Verbündeten Belarus wegen des Angriffskriegs in der Ukraine aus. Die Strafmaßnahmen sollen nach Angaben der EU-Kommission unter anderem dazu führen, dass die bereits geltenden Sanktionen gegen Russland nicht über Belarus umgangen werden können. Die Maßnahmen wurden am Donnerstag im EU-Amtsblatt veröffentlicht und somit in Kraft gesetzt.

Demnach verhängten die EU-Länder ein Exportverbot für Technologien, die in der Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzt werden können, wie zum Beispiel Drohnen. Außerdem sind künftig der Verkauf, die Lieferung oder die Ausfuhr von Schusswaffen und Munition verboten. Ausgeweitet wurde zudem das Exportverbot für Güter und Technologien, die sowohl zivil als militärisch genutzt werden können.

Außerdem wurden 38 Personen und drei Organisationen aus Belarus sanktioniert. Sie tragen den Angaben zufolge zur Unterdrückung der belarussischen Zivilgesellschaft bei und sind für Menschenrechtsverletzungen im Land verantwortlich.

+++ Studie: Hälfte der ukrainischen Flüchtlinge überqualifiziert im Job +++

Rund 18 Prozent aller erwerbsfähigen ukrainischen Flüchtlinge sind einer Studie zufolge erwerbstätig, weitere 57 Prozent nehmen an Sprachkursen teil oder besuchen Bildungseinrichtungen. Ab einer Aufenthaltsdauer von zwölf Monaten steige die Erwerbstätigenquote «deutlich auf 28 Prozent», teilte das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Donnerstag mit.

68 Prozent der Geflüchteten im erwerbsfähigen Alter hätten ein Hochschulexamen, weitere 16 Prozent eine Berufsausbildung. Fast die Hälfte der Erwerbstätigen arbeite in Berufen, für die sie formal überqualifiziert sind. Nur 39 Prozent der Erwerbstätigen arbeiteten in Vollzeit, 36 Prozent in Teilzeit, 18 Prozent seien geringfügig beschäftigt, 7 Prozent seien in Ausbildung oder machten ein Praktikum. Der mittlere Monatsverdienst der vollzeitbeschäftigten Ukrainer liegt laut IAB mit 2550 Euro fast 1000 Euro unter dem Durchschnittsverdienst aller Vollzeitbeschäftigten in Deutschland. Bildungsabschlüsse, Berufserfahrung und gute Deutschkenntnisse erhöhten die Arbeitsmarktchancen und die Verdienste.

Angesichts der hohen Teilnahmequote an Sprach- und Integrationskursen und der ausgeprägten Erwerbstätigkeitswünsche «ist nach Abschluss der Kurse eine beschleunigte Integration zu erwarten», sagt Yuliya Kosyakova, Leiterin des IAB-Forschungsbereichs Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung. 80 Prozent der ukrainischen Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter seien Frauen, die Hälfte von ihnen hat Kinder. Gute Kinderbetreuung führe «zu mehr sozialen Kontakten mit deutschen Familien, fördert die soziale Teilhabe und erleichtert damit auch indirekt den Arbeitsmarktzugang», sagte Kosyakovas Kollege Herbert Brücker.

+++ US-Institut: Russische Angriffe zielen auf ukrainisches Getreide +++

Bei Russlands Angriffen auf ukrainische Häfen mit Getreidesilos handelt es sich nach Einschätzung von Experten wohl um gezielte Attacken, um die Lebensmittelpreise in die Höhe zu treiben. Russland könne durch das Fernhalten des ukrainischen Getreides vom Weltmarkt darauf hoffen, von höheren Preisen zu profitieren, teilte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington am Mittwochabend (Ortszeit) mit.

Die Experten verwiesen auf die Zerstörung von 40 000 Tonnen Getreide in einem Hafen im Raum Odessa in der Nacht zum 2. August. Demnach stiegen die durch militärische Angriffe vernichteten Mengen auf inzwischen mehr 200 000 Tonnen Getreide, seit Russland am 17. Juli das Abkommen zur Verschiffung ukrainischer Lebensmittel über das Schwarze Meer aufgekündigt hat. Zwar behaupte Russland, dass es militärische Ziele angreife, getroffen würden aber Getreidesilos, hieß es in der ISW-Analyse.

(Bild: Stringer/Anadolu Agency via Getty Images)
(Bild: Stringer/Anadolu Agency via Getty Images)

Russlands Ausstieg aus dem von der Türkei und den Vereinten Nationen vermittelten Getreideabkommen, die Angriffe auf die Häfen und die Drohung, Schiffe mit Ziel Ukraine anzugreifen, hätten eine Schwankung bei den Getreidepreisen zur Folge, hieß es. Von höheren Preisen profitiert nach Einschätzung von Experten vor allem Russland, das zu den größten Exporteuren etwa von Weizen gehört.

+++ Ukraine und Russland melden neue Drohnenangriffe +++

Die Ukraine und Russland haben erneut feindliche Drohnenangriffe gemeldet. Die ukrainische Flugabwehr habe alle 15 Shahed-Drohnen in der Nacht zum Donnerstag abgeschossen, teilten die Luftstreitkräfte am Donnerstagmorgen in Kiew mit. Zerstört worden seien auch sieben russische Aufklärungsdrohnen. Über Schäden oder Verletzte war zunächst nichts bekannt.

Das russische Verteidigungsministerium teilte am Morgen mit, im Raum Kaluga sei eine ukrainische Attacke abwehrt worden. Insgesamt wurden demnach sechs Drohnen vernichtet. Auch dort gab es nach offiziellen Angaben keine Verletzten oder Schäden. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich häufig nicht unmittelbar unabhängig überprüfen.

+++ Schutz von Häfen: Selenskyj pocht auf mehr Hilfe bei Luftverteidigung +++

Angesichts von wiederholten russischen Angriffen auf ukrainische Hafeninfrastruktur und Getreide-Lager hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut mehr internationale Unterstützung bei der Flugabwehr angemahnt. Russland schränkte derweil den Verkehr durch die Kertsch-Meerenge bei der annektierten Halbinsel Krim weiter ein.

«Gemeinsam mit unseren Partnern tun wir unser Bestes, um die Lieferung von Luftverteidigungssystemen zu steigern», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Ansprache. «Jeder Angriff ist ein gemeinsames Problem. Nicht nur für die Ukraine, sondern auch für all diejenigen in der Welt, deren Stabilität Russland zu zerstören versucht.»

Mit seinem Angriffskrieg wolle Moskau eine «globale Katastrophe» herbeiführen, sagte Selenskyj. Die russischen Angreifer spekulierten auf Krisen am Lebensmittelmarkt und steigende Preise, von denen sie dann selbst profitieren könnten, fügte er hinzu. «Das sind sehr, sehr gefährliche Hoffnungen.»

Russland, das bereits seit mehr als 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, hatte im Juli unter internationalem Protest ein Abkommen zum Export ukrainischen Getreides aufgekündigt und bombardiert seitdem immer wieder ukrainische Häfen.

+++ Russland schränkt Verkehr durch Meerenge bei der Krim ein +++

Russland schränkt die Schifffahrt durch die Straße von Kertsch, die das Schwarze Meer und das Asowsche Meer miteinander verbindet, weiter ein. Auch der Luftraum über der Meerenge sei gesperrt, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. In einem als «vorübergehend gefährlich» markierten Bereich sei die Durchfahrt durch die Meerenge für Schiffe verboten - es sei denn, sie seien tagsüber in offiziell empfohlenen Fahrrinnen unterwegs, hieß es. Ausnahmen gelten demnach etwa für Wasserfahrzeuge der russischen Marine und des Grenzschutzes.

Eine offizielle Begründung wurde nicht genannt. Über die Straße von Kertsch führt allerdings die Krim-Brücke, die die von Moskau annektierte ukrainische Halbinsel Krim und das russische Festland miteinander verbindet. Erst vor wenigen Wochen wurde das 19 Kilometer lange Bauwerk beschädigt - Moskau führt das auf einen Drohnenangriff zurück und macht die Ukraine dafür verantwortlich.