Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen.

  • Putin bestätigt indirekt Tod Prigoschins

  • Mutmaßlicher Tod Prigoschins weckt Spekulationen - und Trauer

  • Baerbock über Prigoschin: Bekanntes Muster von Todesfällen

  • Wagner-Chef Prigoschin nach Flugzeugabsturz für tot erklärt

  • Russischer Militärblogger spricht von Mord

  • Selenskyj appelliert zum Unabhängigkeitstag an ukrainische Einheit

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Putin bestätigt indirekt Tod Prigoschins +++

Russlands Präsident Wladimir Putin hat den Tod des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz indirekt bestätigt. Er nannte Prigoschin einen «talentierten Menschen» mit einem schwierigen Schicksal, wie russische Agenturen am Donnerstag meldeten. Putin formulierte vorsichtig, dass ersten Erkenntnissen zufolge am Vorabend ein Flugzeug mit Angehörigen der Privatarmee Wagner abgestürzt sei. Wagner habe einen wichtigen Beitrag in den Kämpfen in der Ukraine geleistet, der nicht vergessen werde.

Mutmaßlicher Tod Prigoschins: Was wir wissen - und was nicht

Putin sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Er kündigte eine umfassende Aufklärung des Absturzes an. Diese habe bereis begonnen, werde aber eine Zeit lang dauern, sagte er bei einem Treffen mit dem russischen Verwaltungschef von Donezk, Denis Puschilin.

+++ Mutmaßlicher Tod Prigoschins weckt Spekulationen - und Trauer +++

Einen Tag nach dem mutmaßlichen Tod des Chefs der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, mehren sich die Spekulationen zur Ursache des Flugzeugabsturzes. So berichtete unter anderem der russische Telegram-Nachrichtenkanal Shot am Donnerstag unter Berufung auf Ermittlerkreise, dass der Absturz womöglich durch eine Bombe im Bereich des Fahrgestells ausgelöst worden sei. Zuvor hatte der Prigoschin nahestehende Kanal Grey Zone die Nachricht verbreitet, die Maschine sei von der russischen Luftabwehr abgeschossen worden. Die Autoren schrieben diesbezüglich von Mord.

Prigoschins Anhänger reagierten mit Trauer und Wut auf die Nachricht vom mutmaßlichen Tod des 62-Jährigen. Am Café «Patriot» in St. Petersburg, das viele Einwohner der Stadt mit Prigoschin und seiner Wagner-Truppe verbinden, seien massenhaft Blumen niedergelegt worden, berichtete die Tageszeitung «Kommersant» am Donnerstag. Auch aus anderen russischen Städten wie Nowosibirsk wurde von Trauer- und Gedenkaktionen berichtet.

Am früheren Wagner-Firmensitz in St. Petersburg wurden neben Blumen auch ein Vorschlaghammer niedergelegt, teilte der Telegram-Kanal Grey Zone mit. Der Vorschlaghammer gilt als grausiges Erkennungszeichen der Wagner-Söldner, nachdem ein Video Angehörige der Gruppe zeigte, die damit einen angeblichen Überläufer ermordeten.

+++ Baerbock über Prigoschin: Bekanntes Muster von Todesfällen +++

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Verständnis für Spekulationen rund um den mutmaßlichen Tod des russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin geäußert. «Noch immer ist unklar, was genau passiert ist, weil natürlich auf offizielle russische Verlautbarungen kein Verlass ist», sagte sie am Donnerstag am Rande eines Treffens mit ihrem kirgisischen Amtskollegen Dscheenbek Kulubajew in Berlin. Seit mindestens anderthalb Jahren werde man vom Kreml immer wieder belogen. «Von daher ist es kein Zufall, dass die ganze Welt auch jetzt auf den Kreml schaut, wenn ein in Ungnade gefallener Ex-Vertrauter Putins plötzlich sprichwörtlich vom Himmel fällt, zwei Monate nachdem er einen Aufstand probte.»

Annalena Baerbock bei der 'Bundespressekonferenz' in Berlin
Annalena Baerbock (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch)

Man kenne dieses Muster, sagte Baerbock und erwähnte «Todesfälle und dubiose Selbstmorde, Fensterabstürze, die alle letztendlich unaufgeklärt bleiben». Die Grünen-Politikerin nannte es wichtig, «nicht auf irgendwelche Behauptungen, Fake News oder Versprechungen des russischen Präsidenten» zu vertrauen, sondern die Ukraine in ihrem Recht auf Selbstverteidigung zu unterstützen «mit allem, was wir haben».

+++ Spitzenvertreter von Nato und EU gratulieren Ukraine +++

Spitzenvertreter der Nato und der EU haben der Ukraine zu deren 32. Unabhängigkeitstag Stärke und Erfolg für den Abwehrkampf gegen Russland gewünscht und weitere Unterstützung zugesagt. «Sie können darauf zählen, dass wir Ihnen so lange zur Seite stehen, wie es nötig ist», sagte der stellvertretende Nato-Generalsekretär Mircea Geoana am Donnerstag in einer Grußbotschaft an die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine. Er freue sich auf die Zeit, in der am Nationalfeiertag auch der Sieg über die aktuelle russische Aggression gefeiert werde. Russland Präsident Wladimir Putin werde der Ukraine ihre Unabhängigkeit nicht wieder nehmen können.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen würdigte die Ukrainer als beispielgebend. Mit ihrem Mut, ihrer Kraft und ihrer dauerhaften Hoffnung auf eine Zukunft des Friedens und des Wohlstands in einem vereinten Europa seien sie «eine Inspiration für alle Europäer», sagte sie in einer Videobotschaft. Man werde für die Freiheit der Ukraine so lange wie nötig an der Seite der Ukrainer stehen. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte, die Ukraine sei Mitglied der europäischen Familie und ihre Zukunft liege in der EU.

+++ Norwegen verspricht Ukraine Iris-T-Raketen und F-16-Jets +++

Die Ukraine erhält von Norwegen Flugabwehrraketen vom Typ Iris-T und eine nicht näher genannte Zahl Kampfjets vom Typ F-16. Die Ukraine benötige dringend mehr militärische Ausrüstung, Raketen und Flugabwehrgeschosse, sagte der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre anlässlich eines Besuchs in Kiew am Donnerstag. Deshalb unterstütze Norwegen das von Russland angegriffene Land mit allem, was möglich sei.

Støre bestätigte norwegischen Medien zufolge, dass sein Land als drittes nach Dänemark und den Niederlanden der Ukraine Kampfflugzeuge des Typs F-16 zur Verfügung stellen werde. Eine Zahl nannte er zunächst nicht. Der Nachrichtenseite VG zufolge sollen es zwischen fünf und zehn Flugzeuge sein. Auch wann die Flugzeuge geliefert werden sollen, war zunächst unklar.

Oslo unterstütze die ukrainische Energieversorgung mit umgerechnet 130 Millionen Euro, hieß es in einer Mitteilung der norwegischen Regierung. «Die ukrainischen Behörden benötigen unsere Hilfe, um Haushalte, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen vor einem weiteren Winter mit Strom und Wärme zu versorgen, sagte Støre. Mit dem Geld, das über die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) fließt, werde die kritische Infrastruktur repariert und gewartet sowie Gas zur Notspeicherung gekauft.

+++ UN beklagen vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten in Ukraine +++

Angesichts der Bombardements Russlands in der Ukraine beklagen die Vereinten Nationen vorsätzliche Angriffe gegen Zivilisten. «In den letzten Wochen wurden bei Angriffen auch Dutzende Zivilisten getötet», sagte die UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, am Donnerstag vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. In einigen Fällen seien durch aufeinanderfolgende oder doppelte Angriffe, sogenannte «Double-Tap»-Attacken, nicht nur Zivilisten getötet und verletzt, sondern auch Ersthelfer, die zur Hilfe eilten.

Diese «abscheulichen Angriffe» stellten einen eklatanten Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar, seien inakzeptabel und müssten aufs Schärfste verurteilt werden. «Double-Tap»-Angriffe sind eine Kriegstaktik, die zum Ziel hat, herbeieilende Helfer und Zivilisten nach einem ersten Bombardement zu töten. Dafür wird das bereits getroffene Ziel - zum Beispiel ein Gebäude - nach kurzer Zeit noch einmal ins Visier genommen.

+++ Keine eigenen Infos: EU will sich zum Fall Prigoschin nicht äußern +++

Die EU will den mutmaßlichen Tod des russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin vorerst nicht kommentieren. Man habe die Berichte über den Flugzeugabsturz gesehen, aber die Informationen ließen sich nur sehr schwer verifizieren, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Dienstes am Donnerstag. «Kaum etwas, was in diesen Tagen aus Russland kommt, ist glaubwürdig.»

Zu möglichen politischen Folgen der jüngsten Entwicklungen wollte sich der Sprecher ebenfalls nicht äußern. «Zum derzeitigen Zeitpunkt wäre das reine Spekulation», erklärte er. Bekannt sei allerdings, dass Prigoschins Söldnergruppe mit dem Namen Wagner zuletzt weltweit in vielen Krisenregionen präsent gewesen sei und dort einen negativen Einfluss ausgeübt habe.

Als Beispiele nannte der Sprecher die Ukraine, aber auch Syrien, Libyen und andere afrikanische Länder. Wagner habe dort eine Spur von Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen des internationalen humanitären Rechts hinterlassen. «Wir hoffen, dass diese negativen Auswirkungen von Wagners Aktivitäten weltweit aufhören werden», ergänzte der Sprecher. Jeder wisse aber, dass dies nicht nur mit dem Namen des Anführers der Wagner-Gruppe zusammenhänge. «Uns ist bekannt, wie die Wagner-Gruppe organisiert ist, wie sie mit dem Kreml verbunden war und von ihm kontrolliert und finanziert wurde», sagte er. Dies sei ein komplexes Thema.

+++ Wagner-Chef Prigoschin nach Flugzeugabsturz für tot erklärt +++

Zwei Monate nach seiner rätselhaften Meuterei gegen die russische Staatsmacht ist der Söldnerführer Jewgeni Prigoschin nach einem Flugzeugabsturz in Russland für tot erklärt worden. Der Telegram-Kanal Grey Zone, den Prigoschin zur Verbreitung seiner Videos nutzte, meldete gestern Abend den Tod des Chefs der Privatarmee Wagner.

Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, soll bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sein. (Bild: REUTERS/Alexander Ermochenko)
Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, wurde für tot erklärt (Bild: REUTERS/Alexander Ermochenko)

Die Luftfahrtbehörde Rosawiazija veröffentlichte eine Passagierliste, auf der unter anderen Prigoschin und der offizielle Wagner-Kommandeur Dmitri Utkin standen. Alle zehn Insassen seien ums Leben gekommen, teilte der russische Zivilschutz mit. Eine amtliche Bestätigung oder eindeutige Belege für den Tod des langjährigen Vertrauten von Kremlchef Wladimir Putin gab es bis zum Morgen nicht.

Mehr dazu lesen Sie hier

"Verortung Absturzstelle"; Grafik: A. Zafirlis; Redaktion: J. Schneider
"Verortung Absturzstelle"; Grafik: A. Zafirlis; Redaktion: J. Schneider

+++ Russischer Militärblogger spricht von Mord +++

Der Embraer-Privatjet, auf dessen Passagierliste Prigoschin stand, war am Mittwoch nordwestlich von Moskau im Gebiet Twer abgestürzt. Zur Ursache gab es keine offiziellen Angaben, die Ermittlungen der Behörden begannen erst. Allerdings verbreiteten Grey Zone und einige Militärblogger die These, dass der Absturz kein Unfall gewesen sei. Grey Zone sprach von einem Abschuss durch die russische Flugabwehr. Überprüfen ließ sich diese Behauptung nicht. «Prigoschin starb als Ergebnis der Handlungen von Verrätern Russlands», hieß es in einem Post.

Dieses Foto soll die Absturzstelle eines Privatflugzeugs in der Region Twer zeigen (Bild: Uncredited/Investigative Committee of Russia/XinHua/dpa)
Dieses Foto soll die Absturzstelle eines Privatflugzeugs in der Region Twer zeigen (Bild: Uncredited/Investigative Committee of Russia/XinHua/dpa)

«Der Mord an Prigoschin wird katastrophale Folgen haben», schrieb der Militärjournalist Roman Saponkow auf Telegram. «Die Leute, die den Befehl gegeben haben, verstehen nichts von der Stimmung in der Armee und ihrer Moral.» Prigoschin war wegen seiner Kritik an der regulären Armeeführung und einigen Erfolgen seiner Söldner auf dem Schlachtfeld beliebt bei Soldaten.

+++ Selenskyj appelliert zum Unabhängigkeitstag an ukrainische Einheit +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat zum 32. Unabhängigkeitstag des Landes an die Einheit der Ukrainer im Kampf gegen die russischen Angreifer appelliert. «Im großen Krieg gibt es keine kleinen Dinge. Nichts ist unwichtig. Niemand ist unwichtig. Das betrifft sowohl die Menschen, als auch die Taten und Worte», hob der Staatschef in einer am Donnerstag verbreiteten Videobotschaft hervor. Dabei dankte er insbesondere Soldaten, Rüstungsarbeitern, Elektrikern, Journalisten, Minenräumern, Lehrern, Medizinern und Sportlern für ihren Einsatz und erinnerte an die gebrachten Opfer.

«Jeder ist wichtig, der arbeitet und der anderen Arbeit gibt. Wer Steuern zahlt, mit denen unsere Streitkräfte, die Verteidigung, die Vorwärtsbewegung und der zukünftige Sieg gewährleistet werden», betonte Selenskyj. Die mit Klaviermusik unterlegten Aufnahmen zeigten den Präsidenten vor einem Wandgemälde mit dem nach den Worten «Ruhm der Ukraine» von Russen erschossenen Kriegsgefangenen Olexander Mazijewskyj. Das im März verbreitete Video von der Erschießung des Wehrlosen hatte weltweites Entsetzen ausgelöst.

+++ Iris-T-Raketen für Ukraine von Norwegen - angeblich auch F-16-Jets +++

Die Ukraine erhält von Norwegen Flugabwehrraketen vom Typ Iris-T. Medienberichten zufolge soll Kiew auch eine nicht näher genannte Zahl von F-16-Kampfjets bekommen. Die Ukraine benötige dringend mehr militärische Ausrüstung, Raketen und Flugabwehrgeschosse, sagte der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre anlässlich eines Besuchs in Kiew am Donnerstag. Deshalb unterstütze Norwegen das von Russland angegriffene Land mit allem, was möglich sei.

Die Sender TV2 und NRK berichteten unter Berufung auf mehrere Quellen, dass Norwegen als drittes Land nach Dänemark und den Niederlanden der Ukraine Kampfflugzeuge des Typs F-16 zur Verfügung stellen werde. Eine Anzahl wurde zunächst nicht genannt. Die norwegische Regierung erwähnte die Jets zunächst nicht.

Dort hieß es, Oslo unterstütze die ukrainische Energieversorgung mit umgerechnet 130 Millionen Euro. «Die ukrainischen Behörden benötigen unsere Hilfe, um Haushalte, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen vor einem weiteren Winter mit Strom und Wärme zu versorgen, sagte Støre. Mit dem Geld, das über die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) fließt, werde die kritische Infrastruktur repariert und gewartet sowie Gas zur Notspeicherung gekauft.

+++ Russland-Experte sieht keine Gefahr durch Wagner-Gruppe für Kreml +++

Der Russland-Experte Stefan Meister geht nicht von einem Aufstand der Wagner-Gruppe gegen den Kreml aus. «Ich sehe hier nicht, dass sich da jetzt neue Strukturen oder irgendwelche Strukturen in Wagner bilden, die dann irgendwie gegen den Kreml vorgehen», sagte der Experte für Auswärtige Politik der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag.

«Das ist eine private Armee, die für Geld arbeitet», erklärte Meister. Im Fokus stehe hier die Bezahlung - von wem die Aufträge kommen, sei dabei weniger relevant. Ende Juni hatte Jewgeni Prigoschin, Chef der Privatarmee, seine Kämpfer zum Marsch auf Moskau aufgerufen, weil die russische Militärführung angeblich einen Angriff auf Wagner-Söldner befohlen hatte. Den Aufstand brach er rasch wieder ab und willigte ein, gemeinsam mit seinen Kämpfern nach Belarus ins Exil zu gehen. Seit dieser Aktion im Juni war laut Meister ein sinkender Einfluss von Prigoschin auf die Wagner-Gruppe bemerkt worden.

+++ Baerbock warnt vor Spekulationen über Absturz von Prigoschin-Jet +++

Nach dem Absturz des Flugzeugs mit dem russischen Söldnerführer Jewgeni Prigoschin auf der Passagierliste hat Außenministerin Annalena Baerbock vor Spekulationen gewarnt. Der Flugzeugabsturz sei erst einige Stunden her, deswegen könne man «keine schnellen Schlüsse ziehen», sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag im Deutschlandfunk. Der Vorfall unterstreiche aber, «dass ein System, dass eine Macht, dass eine Diktatur, die auf Gewalt gebaut ist, dass sie eben auch intern nur Gewalt kennt». Das habe man «auf traurige, dramatische Art und Weise in den Vorjahren schon gesehen, wo Oppositionelle, wo Journalisten, wo einfache Menschen aus dem Fenster gefallen sind oder vergiftet worden sind».

Zur Zukunft der Söldnertruppe befragt, sagte Baerbock, es sei zu befürchten, «dass Russland mit oder ohne Wagner mit seinem zynischen Spiel, nicht nur in der Ukraine, sondern vor allen Dingen in Afrika weitermacht». Prigoschin und Wagner seien für schreckliche Taten verantwortlich «gegen das ukrainische Volk und in einem Land nach dem anderen in Afrika», so die Außenministerin. «Wo immer Wagner hingeht, folgen Tod und Zerstörung und Ausbeutung.»

+++ Biden: Putin steckt hinter vielen Dingen in Russland +++

Der kremltreue russische Fernsehsender Zargrad stellte ebenfalls den Verdacht eines Mordkomplotts gegen Prigoschin in den Raum. Er gab aber dem ukrainischen Militärgeheimdienst die Schuld am Absturz des Flugzeugs. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak erklärte in Kiew, es sei offensichtlich, dass Putin niemandem für jene Angst vergeben werde, die ihm die Meuterei eingeflößt habe. Prigoschins Schicksal sei ein Signal an die russische Elite, dass jede Illoyalität mit dem Tod bestraft werde.

US-Präsident Joe Biden schien sich nicht über Prigoschins Flugzeugabsturz zu wundern. Er wisse nicht genau, was passiert sei, sei aber nicht überrascht, sagte Biden am Rande eines Urlaubs im US-Bundesstaat Kalifornien. Auf die Frage von Reportern, ob der Absturz seiner Ansicht nach auf das Konto Putins gehe, sagte Biden: «Es gibt nicht viel, was in Russland passiert, hinter dem Putin nicht steckt.» Er wisse aber nicht genug, um die Frage beantworten zu können.

+++ London: Kostenlose Englischkurse für 10 000 ukrainische Flüchtlinge +++

Mit kostenlosen Englischstunden will Großbritannien die Jobaussichten für ukrainische Kriegsflüchtlinge im Land fördern. Bis zu 10 000 Ukrainerinnen und Ukrainer sollen über zweieinhalb Monate jeweils knapp 20 Stunden Online-Unterricht je Woche erhalten, wie die Regierung in London am Donnerstag zum ukrainischen Unabhängigkeitstag mitteilte. Zudem sollen - über drei Monate - auch Beratungen zur Arbeitsplatzsuche, dem Verfassen von Lebensläufen sowie bei Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen angeboten werden. Mit Stand 14. August hat das Vereinigte Königreich insgesamt 184 400 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen.

«Diese neuen Englisch- und Beschäftigungsförderungskurse ergänzen das Paket umfassenderer staatlicher Unterstützung, die Ukrainern dabei hilft, Arbeit zu finden und sich in unseren Gemeinden einzuleben, solange eine Rückkehr in die Ukraine nicht sicher ist», sagte die zuständige Staatssekretärin Felicity Buchan. In einer Umfrage hatte jüngst mehr als die Hälfte der erwachsenen Ukrainer in Großbritannien angegeben, weiter im Land leben zu wollen, selbst wenn eine Heimkehr sicher wäre. Davon hatten wiederum die meisten als Grund die vielfältigeren Arbeitsmöglichkeiten angegeben.

+++ London: Putin will mit Besuch in Hauptquartier Autorität beweisen +++

Mit seinem Besuch im Hauptquartier des Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der russische Präsident Wladimir Putin nach britischer Einschätzung seine Kontrolle über die Lage demonstriert. «Putin möchte höchstwahrscheinlich seine Autorität zum Ausdruck bringen und den Eindruck erwecken, dass die oberste Militärführung wie gewohnt funktioniert», teilte das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag mit.

Die Behörde verwies darauf, dass die Privatarmee Wagner die Kommandozentrale des Südlichen Militärbezirks in der Stadt Rostow am Don bei ihrer Meuterei im Juni vorübergehend besetzt hatte. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin war nach einem Flugzeugabsturz in Russland am Mittwoch von einem Wagner nahestehenden Telegram-Kanal für tot erklärt worden. Die Luftfahrtbehörde Rosawiazija veröffentlichte eine Passagierliste, auf der auch Prigoschin und der offizielle Wagner-Kommandeur Dmitri Utkin standen.

+++ H&M kündigt Wiedereröffnung von Filialen in der Ukraine an +++

H&M will trotz des russischen Krieges gegen die Ukraine seine Geschäfte in dem angegriffenen Land wieder aufmachen. «Das Unternehmen steht in engem Dialog mit Partnern und Behörden und plant nun, die meisten seiner Filialen im Land von November 2023 an schrittweise wieder zu eröffnen», teilte der schwedische Bekleidungsriese am Donnerstag zum ukrainischen Unabhängigkeitstag mit. Zuvor hatten bereits andere westliche Konzerne wie die Fast-Food-Kette McDonald's ihre Geschäfte in der Ukraine wieder aufgenommen.

Medienberichten zufolge wird erwartet, dass auch die spanische Gruppe Inditex mit den Marken Zara, Bershka und Pull&Bear im Herbst wieder ihre ukrainischen Geschäfte öffnet. Vor dem Krieg hatten ausländische Marken Branchenkennern zufolge im Einzelhandel einen Marktanteil von fast 60 Prozent.

H&M hatte wie zahlreiche weitere internationale Konzerne alle seine neun Läden in der Ukraine nach dem russischen Angriff am 24. Februar 2022 geschlossen. Welche Filialen wann geöffnet werden sollen, teilte das Unternehmen auf Nachfrage nicht mit.

«Während die H&M-Gruppe weiterhin die Entwicklungen im Land beobachtet, werden Vorbereitungen getroffen, um die meisten H&M-Filialen nach Möglichkeit wieder zu eröffnen», hieß es in der Mitteilung weiter. «Die Sicherheit von Kollegen und Kunden wird immer oberste Priorität haben.» Zusätzlich zu Spenden kündigte der Konzern an, mit Organisationen vor Ort zusammenzuarbeiten und sich an Hilfs- und Wiederaufbauprogrammen zu beteiligen.

+++ Anderthalb Jahre Krieg - Scholz und Baerbock würdigen Mut der Ukraine +++

Am ukrainischen Nationalfeiertag haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) den Abwehrkampf des Landes gegen Russland gewürdigt. «Heute feiert ihr die Unabhängigkeit und Freiheit eurer Nation. Genau das sind die Prinzipien, die euer ganzes Land verteidigt in seinem mutigen Kampf gegen Russlands brutale Aggression», schrieb Scholz am Donnerstag auf der Online-Plattform X, früher Twitter.

Auch Baerbock würdigte den Mut und «unbändigen Willen zu einem Leben in Frieden» der Ukrainerinnen und Ukrainer. Die Außenministerin erinnerte am Donnerstag auf der Plattform X daran, dass der Angriffskrieg Russlands seit eineinhalb Jahren andauert. «Jeder Tag ist ein Tag zu viel. Jeder Tag ist eine Verpflichtung an uns, alles dafür zu tun, dass die Ukraine so wie wir wieder in Frieden leben kann», schrieb sie.

+++ Habeck beklagt Fehleinschätzungen des BND zu russischem Angriff +++

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) wirft dem Bundesnachrichtendienst Fehleinschätzungen zum russischen Angriff auf die Ukraine vor. In einem Interview mit dem Journalisten Stephan Lamby für das Buch «Ernstfall. Regieren in Zeiten des Krieges» beklagt der Grünen-Politiker, dass die Nachrichtendienste Großbritanniens und der USA schon während des russischen Truppenmarschs an der Grenze zur Ukraine sehr stark vor einem Krieg gewarnt hätten. «Andere Dienste haben gesagt: das ist eine Übung, es wird nicht zum Schlimmsten kommen. Aber es ist ja zum Schlimmsten gekommen.» Auf die Frage, ob er die deutschen Dienste meine, antwortete Habeck laut Lamby: «Ja.»

Das Interview mit Habeck wurde laut Lamby am 23. Juni dieses Jahres geführt. Bereits im April 2022 habe der Wirtschaftsminister ihm gesagt, dass der BND sich unmittelbar nach dem Einmarsch geirrt habe. «Die Dienste haben vorhergesagt, dass Putin nach 24, 48 Stunden die ganze Ukraine besetzt.» Dazu kam es nicht. Daraufhin entschied sich Bundesregierung zwei Tage nach dem Angriff, mit den Waffenlieferungen in die Ukraine zu beginnen.

+++ Selenskyj-Berater: «Putin verzeiht niemandem seine eigene Angst» +++

Für den Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, war der aus Russland gemeldete Tod des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin seit dessen Meuterei gegen den Kreml im Juni absehbar. «Prigoschin hat in dem Moment, als er 200 Kilometer vor Moskau stehen blieb, sein eigenes Todesurteil unterschrieben», sagte Podoljak der «Bild»-Zeitung am Mittwochabend. «Der Aufstand von Prigoschin im Juni hat (Russlands Präsidenten Wladimir) Putin wirklich erschreckt» und habe absehbar zu Konsequenzen führen müssen, denn: «Putin verzeiht niemandem seine eigene Angst.»

Sollte sich die These bestätigen, dass der Absturz des Flugzeugs mit Prigoschin an Bord auf ein Mordkomplott zurückgehe, handele es sich um eine «demonstrative Beseitigung» und «ein direktes Signal an die Eliten (...), dass die brutalen Morde an den "eigenen Leuten" in Russland beginnen». Damit hätte Moskau aus Sicht Podoljaks auch ein Signal an die eigene Armee gesendet, «dass es dort wirklich keine Helden gibt und dass jede Illoyalität mit dem Tod bestraft wird».