Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Liveticker ist für heute beendet. Die neuesten Nachrichten lesen Sie hier.

  • Amnesty kritisiert ukrainische Kriegsführung - Kiew empört

  • FDP-Generalsekretär: Schröder ist Sprachrohr Putins

  • Russen und Ukrainer melden schwere Kämpfe bei Donezk in Ostukraine

  • London: Russland verbirgt Infrastruktur mit Radar-Reflektoren

  • Selenskyj kritisiert globale Sicherheitsarchitektur und Schröder

  • EU will an alternativen Routen für Getreide aus Ukraine festhalten

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Amnesty kritisiert ukrainische Kriegsführung - Kiew empört +++

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft der ukrainischen Armee vor, mit ihrer Kriegsführung teils Zivilisten in Gefahr zu bringen. Bei der Abwehr der bereits seit mehr als fünf Monaten andauernden russischen Invasion errichteten die Ukrainer Militärbasen etwa in besiedelten Wohngebieten - darunter auch in Schulen und Krankenhäusern - oder bedienten dort Waffensysteme, heißt es in einem am Donnerstag erschienenen Amnesty-Bericht.

Das Kriegsrecht aber verlange von Konfliktparteien, militärische Objekte so weit wie möglich entfernt von zivilen Einrichtungen zu platzieren, mahnte die Organisation. Amnesty betonte aber auch: «Gleichzeitig rechtfertigen die ukrainischen Verstöße in keiner Weise die vielen wahllosen Schläge des russischen Militärs mit zivilen Opfern, die wir in den vergangenen Monaten dokumentiert haben.»

Mychajlo Podoljak äußerte sich empört über Amnesty International (Bild: AFP)
Mychajlo Podoljak äußerte sich empört über Amnesty International (Bild: AFP)

Während der Bericht von kremltreuen russischen Medien ausführlich thematisiert wurde, zeigte sich Kiew empört. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak warf Amnesty eine Beteiligung an einer russischen Propaganda-Kampagne vor, mit welcher die westlichen Waffenlieferungen gestoppt werden sollen.

«Die einzige Gefahr für Ukrainer ist die russische Armee aus Henkern und Vergewaltigern, die in die Ukraine kommen und einen Genozid verüben», schrieb Podoljak auf Twitter. Er verwies zudem darauf, dass immer wieder Bewohner aus frontnahen Städten evakuiert würden - eben weil das Leben der Zivilbevölkerung für die Ukraine Priorität habe.

+++ Kanada beteiligt sich an britischer Ausbildungsmission für Ukrainer +++

Die Kanadische Regierung beteiligt sich an einer britischen Mission zur militärischen Ausbildung von ukrainischen Zivilisten. Mehr als 200 Angehörige der kanadischen Streitkräfte würden für das Programm in Großbritannien zunächst vier Monate zur Verfügung gestellt, teilte die kanadische Verteidigungsministerin Anita Anand am Donnerstag mit. London hatte im Juni angekündigt, Tausende Zivilisten aus der Ukraine in Großbritannien für jeweils fünf Wochen an der Waffe auszubilden. Kanada hatte eine vorherige Ausbildungsmission für Kiew auf ukrainischem Boden vor dem Einmarsch Russlands in das Land im Februar aus Sicherheitsgründen getoppt.

+++ Intensive Kämpfe bei Bachmut und Awdijiwka +++

Im ostukrainischen Gebiet Donezk gibt es weiter intensive Kämpfe bei den Städten Bachmut und Awdijiwka. Nordöstlich und östlich der Nachbarstädte Soledar und Bachmut seien am Donnerstag russische Angriffe abgewehrt worden, teilte der ukrainische Generalstab in Kiew auf Facebook mit. Südlich von Bachmut dauerten die Kämpfe an. Zuvor hatte Brigadegeneral Olexij Hromow eingeräumt, dass sich ukrainische Truppen dort aus dem Dorf Semyhirja zurückziehen mussten.

Fortgesetzte Kämpfe gebe es auch bei der Industriestadt Awdijiwka, hieß es in dem Bericht. Hromow zufolge wurden südöstlich von Awdijiwka Positionen aufgegeben.

Dem Generalstabsbericht nach sind russische Vorstöße nördlich von Slowjansk, westlich von Donezk und in den Gebieten Cherson und Charkiw gescheitert. Entlang der gesamten Frontlinie seien zudem ukrainische Stellungen bei Dutzenden Orten mit Artillerie beschossen worden. Die russische Luftwaffe habe zudem mehrere Angriffe geflogen. Eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben ist nicht möglich.

+++ Finnland will Visa-Regelungen für Russen verschärfen +++

Die finnische Regierung will die Visa-Regelungen für Menschen aus Russland verschärfen. Russischen Staatsbürgern sollen Touristenvisa nicht mehr nach den bisherigen Bestimmungen erteilt werden, wie der finnische Rundfunksender Yle am Donnerstag berichtete. Das Außenministerium in Helsinki bereite entsprechende Maßnahmen vor, die auf einem EU-Außenministertreffen Ende August besprochen werden sollten, sagte Außenminister Pekka Haavisto dem Sender. Es reiche nicht aus, wenn Finnland eine solche Entscheidung unabhängig treffe - es müsse dieselben Richtlinien im gesamten Schengenraum geben, sagte er demnach.

In einer Yle-Umfrage war jüngst eine Mehrheit der Befragten dafür, die Ausstellung von Touristenvisa für russische Reisende einzustellen. Zuvor hatten sich auch mehrere Politikerinnen und Politiker für eine Verschärfung der Visa-Regeln ausgesprochen.

Finnland grenzt auf 1340 Kilometern Länge an Russland. Damit hat das nordische Land unter den EU-Staaten die mit Abstand längste Grenze zu Russland. Russischen Touristen ist es nach Yle-Angaben bislang trotz des Angriffskriegs gegen die Ukraine weiter möglich gewesen, per Bus oder Auto über die finnische Grenze in den Schengenraum einzureisen.

+++ Erdogan reist zu Treffen mit Putin nach Sotschi +++

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan wollen sich an diesem Freitag im russischen Badeort Sotschi treffen. Das Gespräch solle gegen 14.00 Uhr MESZ beginnen, hieß es am Donnerstag aus dem türkischen Präsidialpalast.

Laut Kreml stehen auch mögliche Verkäufe von Kampfdrohnen des Nato-Mitglieds Türkei auf der Tagesordnung. Türkische Quellen bestätigten das vorerst nicht. Aus dem Kommunikationsministerium hieß es, es werde um aktuelle globale und regionale Fragen gehen. Neben dem Krieg in der Ukraine dürften auch die türkischen Pläne zu einer neuen Offensive im Norden Syriens besprochen werden. Davon riet Moskau zuletzt deutlich ab.

Erdogan hatte bereits kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine gesagt, er schließe Waffengeschäfte mit Russland nicht aus. Russland interessiert sich beispielsweise für die vom ukrainischen Militär erfolgreich eingesetzte türkische Kampfdrohne Bayraktar TB2. Putin habe vorgeschlagen, gemeinsam mit der Türkei an den Drohnen des Unternehmens Baykar zu arbeiten, sagte Erdogan nach Angaben des Senders CNN Türk.

Die Türkei pflegt sowohl zur Ukraine als auch zu Russland enge Beziehungen und sieht sich als Vermittler zwischen beiden Parteien. Unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei einigten sich beide Kriegsparteien zuletzt, die Ausfuhr von Getreide aus drei ukrainischen Häfen wieder aufzunehmen.

+++ FDP-Generalsekretär: Schröder ist Sprachrohr Putins +++

Der Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai, hat Altkanzler Gerhard Schröder vorgeworfen, Sprachrohr des russischen Präsidenten Wladimir Putins zu sein. Schröder lasse sich bewusst vom Kreml vorschicken, um die Position der Bundesregierung zu schwächen, sagte Djir-Sarai der «Bild» (Donnerstag). Schröder sei «ein fester Bestandteil des Systems Putin». Der Ex-Kanzler scheine «den Bezug zur Realität vollends verloren zu haben, er verbreitet lupenreine Kreml-Propaganda in Deutschland», kritisierte der FDP-Generalsekretär. «Russland setzt seine Energielieferungen bewusst als Waffe gegen Europa und gegen Deutschland ein und Herr Schröder rechtfertigt diese gefährliche Strategie.»

Altkanzler Schröder steht wegen seiner Russland-Nähe in der Kritik (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch)
Altkanzler Schröder steht wegen seiner Russland-Nähe in der Kritik (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch)

Schröder hatte in der Debatte über stark gedrosselte russische Erdgas-Lieferungen in einem Interview Siemens Energy für die fehlende Turbine der Pipeline Nord Stream 1 verantwortlich gemacht. Das Unternehmen habe «die gerade viel debattierte Turbine aus der Wartung in Kanada nach Mülheim an der Ruhr gebracht. Warum sie dort ist und nicht in Russland, verstehe ich nicht», sagte er dem Magazin «Stern» und den Sendern RTL/ntv. Er habe bei seinem Besuch in Moskau gefragt, ob die Drosselung der Gaslieferungen politisch motiviert sei. «Aber die klare Antwort lautete: Es gibt keine politische Ansage des Kreml, den Gasfluss zu drosseln.»

Der Altkanzler steht seit langem wegen seiner Nähe zum Kremlchef in der Kritik. Schröder begann bereits kurz nach dem Abschied aus dem Kanzleramt 2005 mit seiner Arbeit für russische Energiekonzerne. In den kommenden Tagen will die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover über einen möglichen Parteiausschluss entscheiden. Die rechtlichen Hürden dafür sind sehr hoch.

+++ Belarussische Truppen nehmen an russischem Großmanöver teil +++

Mehr als 250 Soldaten aus Belarus nehmen ab Ende August an einem großen russischen Militärmanöver teil. Zu der Übung «Wostok 2022» («Osten 2022») werden Soldaten einer mechanisierten Brigade des Wehrkreises West in Belarus entsandt, wie die staatliche belarussische Nachrichtenagentur Belta am Donnerstag mitteilte. Zuletzt hatten russische und belarussische Truppen Anfang des Jahres gemeinsam geübt - kurz vor Russlands Einmarsch in die Ukraine. Die «Wostok»-Manöver finden im Osten Russlands statt.

Die autoritär geführte Ex-Sowjetrepublik Belarus gilt als wichtiger Verbündeter Russlands. Auch von belarussischem Gebiet aus wurden in den vergangenen Monaten Raketen auf die Ukraine abgefeuert.

«Wostok» zählt zu den größten Militärübungen Russlands. An der bislang aufwendigsten Auflage 2018 waren fast 300 000 russische Soldaten beteiligt, daneben auch mongolische und chinesische Einheiten. In diesem Jahr ist das Manöver vom 30. August bis zum 5. September auf insgesamt 13 Truppenübungsplätzen in Ostsibirien und im Fernen Osten Russlands geplant. Das Manöver hänge nicht mit der Militäroperation in der Ukraine zusammen, betonte das russische Verteidigungsministerium. Die Anzahl der beteiligten russischen Soldaten an der Übung wurde noch nicht bekanntgegeben.

+++ Ukraine empört über russisches Getreide-Schiff auf Weg nach Syrien +++

Die Ukraine wirft Russland vor, gestohlenes Getreide aus besetzten Gebieten mit einem Frachter nach Syrien zu liefern. Die unter syrischer Flagge fahrende «Laodicea» habe Gerste sowie Mehl geladen, teilte das Außenministerium am Donnerstag in Kiew mit. Das Getreide stamme aus von Russland besetzten Gebieten im Osten der Ukraine. Nach Angaben aus dem Libanon hat das Schiff den russischen Hafen Kawkas in der Meerenge von Kertsch bereits vor gut einer Woche verlassen. Der Website Marinetraffic zufolge steuerte es am Donnerstag den Mittelmeerhafen Tartus in Syrien an.

Zuvor habe es im zollfreien Gebiet des Nachbarlands Libanon gehalten, um dortigen Händlern Getreide zum Kauf anzubieten, hieß es aus Regierungskreisen. Nach Protest der ukrainischen Regierung beschlagnahmten libanesische Behörden das Schiff für 72 Stunden. Untersuchungen hätten aber keine Hinweise auf gestohlenes Getreide ergeben, hieß es. «Ich habe dem Schiff erlaubt, den Libanon in Richtung Syrien zu verlassen», sagte Transportminister Ali Hamie der Deutschen Presse-Agentur.

Unterdessen war der Frachter «Razoni» - beladen mit 26 000 Tonnen Mais aus der Ukraine - ebenfalls auf dem Weg in den Libanon. Er wurde in den nächsten Tagen im Hafen Tripoli erwartet. Die «Razoni» hatte den ukrainischen Schwarzmeer-Hafen Odessa am Montag verlassen, als erstes Schiff im Rahmen von internationalen Abkommen. Mehrere andere Schiffe warten dort auf die Erlaubnis, ebenfalls Getreide ausführen zu dürfen.

+++ Russen melden Vorstöße im Osten der Ukraine +++

Russlands Armee sind nach eigenen Angaben Vorstöße im schwer umkämpften Gebiet Donezk im Osten der Ukraine gelungen. Aufgrund hoher Verluste hätten sich mehrere ukrainische Brigaden von ihren Positionen bei den Orten Soledar, Awdijiwka und Bachmut zurückgezogen, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Donnerstag in Moskau. Unabhängig überprüfen ließ sich das nicht.

Im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs wurde die Situation um die drei Kleinstädte hingegen weiter als stabil beschrieben. «Der Feind hatte an allen genannten Abschnitten keinen Erfolg und zog sich zurück», hieß es. Die Verteidigung von Orten wie Bachmut und Soledar ist für die ukrainische Armee strategisch wichtig: Sollten sie fallen, wäre für die russischen Truppen der Weg frei zum Ballungsraum um die Großstädte Slowjansk und Kramatorsk. Dort lebten vor dem Krieg mehr als eine halbe Million Menschen.

+++ Russen und Ukrainer melden schwere Kämpfe bei Donezk in Ostukraine +++

Vor der Großstadt Donezk im Osten der Ukraine liefern sich Ukrainer und Russen schwere Kämpfe. Moskautreue Truppen versuchen, das ukrainische Militär aus ihren Stellungen in den Vororten zu vertreiben, wie übereinstimmend aus den Militärberichten beider Länder hervorgeht. Die Stadt Donezk selbst wird bereits seit 2014 von prorussischen Separatisten kontrolliert, das gleichnamige Gebiet hält die ukrainische Armee aber weiter in großen Teilen.

In der Nacht zum Donnerstag soll um die Ortschaft Pisky gekämpft worden sein, die westlich des ehemaligen Flughafens von Donezk liegt. Die Separatisten haben bereits die Eroberung der seit Jahren umkämpften Stellungen gemeldet. Unabhängig können diese Berichte aber nicht überprüft werden.

Auch die südwestlich von Donezk liegenden Ortschaften Marjinka und Krasnohoriwka gerieten ukrainischen Angaben zufolge zuletzt unter intensiven Beschuss. Zudem wurde das Zentrum der Stadt Awdijiwka beschossen. Die Anstrengungen dienen offenbar dazu, Donezk zu entlasten. Die Industriestadt war zuletzt mehrfach von der ukrainischen Artillerie beschossen worden.

+++ London: Russland verbirgt Infrastruktur mit Radar-Reflektoren +++

Russland schützt in der umkämpften ukrainischen Region Cherson nach Einschätzung britischer Geheimdienste wichtige Infrastruktur mit Radar-Reflektoren vor Angriffen. Die pyramidenförmigen Reflektoren seien im Dnipro-Fluss neben der durch ukrainische Raketenangriffe beschädigten Antoniwka-Brücke positioniert, hieß es am Donnerstag vom Verteidigungsministerium in London. So werde die Brücke vor Überwachungstechnik verborgen und vor weiteren Angriffen geschützt.

Die ukrainische Gegenoffensive im russisch besetzten Cherson im Südosten der Ukraine hat westlichen Sicherheitskreisen zufolge Fahrt aufgenommen. Auch Mehrfachraketenwerfer aus den USA sollen dabei zum Einsatz kommen. Neben Brücken haben die Ukrainer nach britischen Angaben auch Waffendepots und wichtige Knotenpunkte getroffen. Dies bereite Moskau Schwierigkeiten bei der Bewegung und Versorgung seiner Truppen.

An der Reflektoren-Strategie zeige sich, dass Russland die erhöhte Reichweite und Präzision westlicher Waffensysteme fürchte, heißt es in dem britischen Bericht weiter. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht London regelmäßig Geheimdienstinformationen. Moskau spricht von einer Desinformationskampagne.

+++ Angriff auf Gefangenenlager in Ukraine: UN kündigen Untersuchung an +++

Knapp eine Woche nach dem verheerenden Angriff auf ein Kriegsgefangenenlager in der Ostukraine hat UN-Generalsekretär António Guterres eine Untersuchung angekündigt. Die Vereinten Nationen hätten sowohl von Russland als auch von der Ukraine ein entsprechendes Gesuch erhalten, sagte Guterres am Mittwoch (Ortszeit) in New York. Er sei «nicht dazu befugt, strafrechtliche Ermittlungen aufzunehmen», könne jedoch eine Untersuchungsmission einleiten. Die Vorbereitungen dazu liefen.

Bei dem Angriff auf das Gefangenenlager im ostukrainischen Oleniwka wurden vor rund einer Woche Dutzende ukrainische Kriegsgefangene getötet. Der Ort liegt nahe der Stadt Donezk auf Gebiet, das von russischen Soldaten und prorussischen Kämpfern kontrolliert wird. In der Gefängnisbaracke soll nach russischen Angaben in der Nacht zum vergangenen Freitag eine Rakete eingeschlagen sein. Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte später die Namen von 50 getöteten und mehr als 70 verletzten Gefangenen.

Moskau und Kiew geben sich gegenseitig die Schuld an dem Angriff. Internationale Recherchen belasten allerdings vor allem die russische Seite. So schrieb etwa das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) kürzlich: «Das ISW geht davon aus, dass russische Truppen für die Tötung von 53 ukrainischen Kriegsgefangenen verantwortlich waren.»

Die Zweifel an der russischen Version nährt der Umstand, dass es keine Zeugen für den Anflug der angeblichen ukrainischen Rakete gibt. Zudem wurden offenbar nur Gefangene und keine russischen oder prorussischen Wachleute getroffen. Satellitenbilder zeigen darüber hinaus verhältnismäßig geringe Schäden an dem Gebäudekomplex - was aus Sicht der US-Experten darauf hindeuten könnte, dass möglicherweise ein Brand- oder Sprengstoff im Innern einer Baracke gezündet wurde.

+++ Selenskyj kritisiert globale Sicherheitsarchitektur und Schröder +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Ukrainekrieg in eine Reihe internationaler Konflikte gestellt und die globale Sicherheitsarchitektur insgesamt als unzureichend kritisiert. Derzeit gebe es Schlagzeilen über Konflikte auf dem Balkan, um Taiwan und den Kaukaus, die ein Faktor eine. «Die globale Sicherheitsarchitektur hat nicht funktioniert», sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner täglichen Videoansprache. Eine Sonderkritik holte sich der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder wegen seiner Moskau-Reise ab.

Selenskyj kritisiert die globale Sicherheitsarchitektur (Bild: AFP)
Selenskyj kritisiert die globale Sicherheitsarchitektur (Bild: AFP)

Einmal mehr warf Selenskyj Russland vor, mit seinem Angriffskrieg gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Das Problem sei, dass die Welt Russland diese Verstöße - sei es die Annexion der Krim oder der Abschuss einer Boeing über dem Donbass - lange habe durchgehen lassen. Der Krieg in der Ukraine zeige, wie fragil die Freiheit sei. Sie könne «nur durch kollektives Handeln geschützt werden, und damit dies dauerhaft funktioniert, bedarf es einer wirksamen globalen Sicherheitsarchitektur, die dafür sorgt, dass kein Staat jemals wieder Terror gegen einen anderen Staat einsetzen kann», forderte Selenskyj.

Zugleich warf er Russland vor, seine Verhandlungsbereitschaft nur vorzugaukeln. Wäre Russland wirklich an einer friedlichen Lösung des Konflikts interessiert, zöge es nun nicht weitere Reserven im Süden der Ukraine zusammen. In dem Zusammenhang kritisierte Selenskyj Gerhard Schröder, der nach seiner Moskau-Reise Russland als verhandlungsbereit dargestellt hatte. «Es ist einfach widerlich, wenn ehemalige Führer mächtiger Staaten mit europäischen Werten für Russland arbeiten, das gegen diese Werte kämpft», sagte Selenskyj.

+++ EU will an alternativen Routen für Getreide aus Ukraine festhalten +++

Die EU will trotz der Wiederaufnahme von Getreideexporten über ukrainische Schwarzmeerhäfen an ihrer Initiative für alternative Frachtrouten festhalten. Da es schwierig sein werde, die Ausfuhrmenge über die Schwarzmeerhäfen sofort wieder auf Vorkriegsniveau zu bringen, blieben andere Transportwege von entscheidender Bedeutung, erklärte ein Beamter der zuständigen EU-Kommission auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Jede exportierte Tonne zähle und indem man die Kapazität und Flexibilität des europäischen Verkehrssystems erhöhe, könne man dazu beitragen, die Nahrungsmittelversorgung in armen Partnerländern zu sichern.

Die für den Transportsektor verantwortliche EU-Kommissarin Adina Vălean erklärte: «Es sind noch Verbesserungen möglich.» So gebe es nicht genügend Güterwaggons und Binnenschiffer und es brauche mehr Kapazitäten für die vorübergehende Lagerung ukrainischer Ausfuhren. Jede Art von Hilfe sei willkommen.

Die EU engagiert sich für die Erleichterung von Agrarexporten aus der Ukraine, weil durch Russlands Angriffskrieg bedingte Blockaden erhebliche Auswirkungen auf die globalen Nahrungsmittelmärkte haben und in Ländern des Nahen Ostens, Asiens und Afrikas die Ernährungssicherheit bedrohen. Nach Angaben der Kommission war die Ukraine bis zum Beginn des russischen Angriffskriegs der weltweit größte Exporteur von Sonnenblumenöl, der drittgrößte Exporteur von Rapssamen und Gerste, der viertgrößte Exporteur von Mais sowie und der fünftgrößte Exporteur von Weizen.

VIDEO: "Zynischer Terrorismus": Leid im Osten der Ukraine nimmt nicht ab