Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • EU sichert Ukraine vor zweitem Kriegswinter neue Hilfen zu

  • Schröder fordert deutsch-französische Friedensinitiative für Ukraine

  • Krim: Ranghoher Politiker bei Anschlag auf Halbinsel schwer verletzt

  • Ukraine will rasche Verhandlungen mit der EU

  • Dank für Hilfe aus Dänemark und den USA

  • Schwierige Lage für Ukrainer in Awdijiwka

  • Kiew dementiert Berichte über gesperrten Schiffskorridor

  • Ukrainische Wirtschaft wächst stärker als erwartet

Die aktuelle Newslage:

+++ EU sichert Ukraine vor zweitem Kriegswinter neue Hilfen zu +++

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder haben der Ukraine vor dem zweiten Kriegswinter anhaltende Waffen- und Munitionslieferungen zugesichert. Zudem versprechen sie die Lieferung zusätzlicher Stromgeneratoren und mobiler Heizstationen sowie stärkere Anstrengungen zur Zwangsbeteiligung Russlands an der Beseitigung von Kriegsschäden.

Die Europäische Union werde der Ukraine und ihrer Bevölkerung so lange wie nötig entschiedene finanzielle, wirtschaftliche, humanitäre, militärische und diplomatische Hilfe leisten, heißt es in einer am Freitag verabschiedeten Erklärung der Staats- und Regierungschefs. Die Unterstützung der EU für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine sei unverbrüchlich.

Überschattet wurde die Veröffentlichung der Erklärung allerdings von erneuten Vetodrohungen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Er stellte sich beim EU-Gipfel erneut gegen den Vorschlag für ein 50 Milliarden Euro schweres Finanzhilfepaket für die Ukraine. Offiziell begründete er dies nach Angaben von Diplomaten mit angeblicher Unklarheit darüber, ob die bisherigen Hilfen vernünftig verwendet wurden.

+++ Schröder fordert deutsch-französische Friedensinitiative für Ukraine +++

Altkanzler Gerhard Schröder hat eine deutsch-französische Friedensinitiative für die Ukraine gefordert. Er habe die Hoffnung, dass sich beide Länder auf Spitzenebene zusammentun, um den Krieg zu beenden, sagte Schröder am Freitag am Rande seiner Ehrung für 60 Jahre SPD-Mitgliedschaft in Hannover. «Denn Waffenlieferungen alleine werden ihn ja nicht beenden. Es muss wieder die Stunde der Diplomatie kommen. Und das kann nur von Deutschland und Frankreich ausgehen.»

Schröder ist mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befreundet, hat sich von dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine aber distanziert. Diese Haltung bekräftigte er am Freitag. «Ich habe deutlich gemacht, was ich von dem Krieg halte, nämlich nichts. Ich habe aber nicht vor, meine persönlichen Beziehungen zu verändern.»

Gerhard Schröder wird oft für seine Russland-Nähe kritisiert (Bild: REUTERS/Maxim Shemetov)
Gerhard Schröder wird oft für seine Russland-Nähe kritisiert (Bild: REUTERS/Maxim Shemetov)

Schröder musste sich wegen seiner Nähe zu Russland einem von mehreren SPD-Verbänden beantragten Parteiausschlussverfahren stellen, das aber scheiterte. Auch um seine Ehrung für 60 Jahre Parteimitgliedschaft gab es eine Kontroverse. Zum SPD-Parteitag im Dezember will die Parteispitze Schröder nicht einladen, obwohl das bei Ex-Vorsitzenden üblich ist. Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler und von 1999 bis 2004 SPD-Vorsitzender. Anschließend wurde er Lobbyist für die russische Energiewirtschaft.

+++ Krim: Ranghoher Politiker bei Anschlag auf Halbinsel schwer verletzt +++

Auf der von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim ist der ranghohe Politiker und ukrainische Überläufer Oleg Zarjow nach Besatzer-Angaben bei einem Anschlag schwer verletzt worden. Zarjows eigener Telegram-Kanal bestätigte am Freitag den Angriff mit Berufung auf dessen Verwandten. Demnach wurde Zarjow gegen Mitternacht auf dem Gelände eines von ihm geleiteten Sanatoriums zweimal angeschossen. Er sei bewusstlos und mit starkem Blutverlust ins Krankenhaus gebracht worden. Informationen über den Täter gäbe es derzeit keine, hieß es.

Der aus der Industriestadt Dnipro stammende Zarjow war lange ukrainischer Parlamentsabgeordneter für die russlandfreundliche Partei der Regionen in der Obersten Rada in Kiew gewesen. Nach der proeuropäischen Maidan-Revolution 2014 kandidierte er sogar für das Präsidentenamt, floh jedoch kurz darauf zu den von Moskau kontrollierten Kämpfern in der Ostukraine. Seitdem lebte er auf der von Russland 2014 unter Bruch des Völkerrechts annektierten Krim.

+++ Ukraine will rasche Verhandlungen mit der EU +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dringt auf schnelle Verhandlungen mit der Europäischen Union über einen EU-Beitritt seines Landes. Die Entscheidung über die Aufnahme der Ukraine sei eine der wichtigsten dieses Jahrzehnts und entscheidend für die gemeinsame Sicherheit Europas, sagte Selenskyj in einer Rede für den Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs gestern in Brüssel.

Ziel Russlands hingegen sei, nicht nur eine Aufnahme der Ukraine in die EU und Nato zu verhindern, sondern auch über die Mitgliedschaft anderer Länder zu entscheiden. «In diesem Krieg geht es darum, zu entscheiden, wie Europa aussehen soll. Und die Entscheidung darüber liegt bei Ihnen und mir, nicht beim Kreml», sagte Selenskyj.

In Teilen der Ukraine herrschte in der Nacht wieder Luftalarm, weil Russland Kampfdrohnen gegen Ziele im Nachbarland fliegen ließ. Die Ukraine wehrt seit über 20 Monaten eine russische Invasion ab. Sie wird dabei von vielen Ländern unterstützt. Selenskyj dankte für neue Militärhilfen aus Dänemark und den USA.

Die Ukraine ist seit 2022 Kandidat für einen EU-Beitritt. In Brüssel wird geplant, noch vor Jahresende offiziell den Beginn von Beitrittsverhandlungen zu beschließen. «Der Weg eines jeden Landes in die EU ist Arbeit, die auf Verdiensten und institutioneller Entwicklung beruht», sagte Selenskyj in der Videoschalte zum EU-Gipfel. «Die Ukraine ist dabei, diese Arbeit zu leisten.» Trotz des Krieges fordere Kiew keine Erleichterungen, sondern setze die Empfehlungen der Europäischen Kommission um.

Der Präsident unterzeichnete gestern ein Gesetz, dass eine besondere Kontrolle über die Vermögensverhältnisse ranghoher Politiker und Staatsbediensteter vorsieht. Das Zurückdrängen der Korruption gilt als wichtige Voraussetzung für eine Annäherung an die EU.

+++ Dank für Hilfe aus Dänemark und den USA +++

Selenskyj dankte den USA und Dänemark für neue Militärhilfen. Es sei wichtig, dass bei den Feinden der Freiheit nicht die Illusion aufkomme, die Verteidiger der Freiheit hielten einen Rüstungsmarathon nicht durch.

Das neue US-Paket mit seinen 150 Millionen US-Dollar (rund 142 Millionen Euro) umfasst unter anderem AIM-9-Raketen für die Flugabwehr, Stinger-Raketen und Munition für Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars.

Dänemark stellt der Ukraine nach Regierungsangaben Artillerie, modernisierte Panzer und Schützenpanzer sowjetischer Bauart sowie Bergungsfahrzeuge und Munition im Wert von umgerechnet rund 500 Millionen Euro zur Verfügung.

+++ Schwierige Lage für Ukrainer in Awdijiwka +++

Bei der umkämpften Stadt Awdijiwka im Osten der Ukraine hat sich die Lage für die ukrainischen Truppen verschlechtert. «Hier findet eine Schlacht statt, in die der (russische) Feind seine Hauptkräfte wirft», schrieb der gut im Militär vernetzte Journalist Jurij Butussow bei Telegram. Verschiedenen Quellen zufolge hat sich der Nachschubkorridor für die ukrainischen Truppen auf sechs bis acht Kilometer verkleinert.

Von einst über 30.000 Einwohnern sind in der stark zerstörten Industriestadt nur noch etwa 1000 verblieben. Awdijiwka ist bereits mehr als zur Hälfte von russischen Truppen eingeschlossen. Südlich der Stadt verlief seit 2014 die Frontlinie zu den von Moskau unterstützten Separatisten in der Gebietshauptstadt Donezk. Der ukrainische Generalstab teilte gestern Abend mit, im Lauf des Tages seien 14 russische Sturmangriffe abgewehrt worden. Die russische Armee erleidet bei Awdijiwka hohe Verluste, kreist die Stadt aber weiter ein.

+++ Kiew dementiert Berichte über gesperrten Schiffskorridor +++

Die ukrainische Regierung hat Berichte über eine angebliche Sperrung des Schiffskorridors im Schwarzen Meer dementiert. «Alle bestehenden Routen, die von der ukrainischen Marine eingerichtet wurden, sind gültig und werden von zivilen Schiffen genutzt», teilte das Infrastrukturministerium in Kiew mit. In den Schwarzmeerhäfen Odessa, Tschornomorsk und Piwdennyj würden derzeit 23 Schiffe beladen.

Mit dem Schiffskorridor trotzt die Ukraine einer russischen Seeblockade. Moskau will seit dem Ende des Getreideabkommens im Juli Schiffsverkehr in und aus der Ukraine über das Schwarze Meer verhindern. Allerdings hat die Ukraine in den letzten Monaten durch Beschuss der besetzten Halbinsel Krim die russischen Kräfte so weit abgedrängt, dass deren Flugzeuge und Schiffe kaum noch im westlichen Schwarzen Meer operieren können.

+++ Ukrainische Wirtschaft wächst stärker als erwartet +++

Die ukrainische Notenbank hat die Prognose für das Wirtschaftswachstum trotz des Krieges angehoben. Die Wirtschaft werde in diesem Jahr voraussichtlich um 4,9 Prozent wachsen statt wie bisher angenommen um 2,9 Prozent, teilte die Zentralbank mit. Zugleich sinken die Erwartungen für die Inflationsrate von 10,6 auf 5,8 Prozent. Wirtschaft und Bevölkerung haben sich dem Bericht zufolge inzwischen besser auf den Kriegszustand eingestellt.

Höhere Ernteschätzungen, neue Exportwege und erhöhte Haushaltsausgaben verbessern ebenfalls den Ausblick. Im vergangenen Jahr war die Wirtschaft um 29,1 Prozent eingebrochen. Der ukrainische Haushalt wird zu mehr als 50 Prozent aus dem Ausland finanziert.