Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Putin: Ex-Wagner-Funktionär soll neue Kampfverbände aufbauen

  • Russland zieht Wehrpflichtige ein – Keine neue Mobilmachung geplant

  • IAEA-Mitglieder fordern russischen AKW-Abzug

  • Selenskyj: Ukraine hat Nato-Mitgliedschaft verdient

  • Luftwaffe beteiligt sich erneut am Schutz der Nato-Ostflanke

  • Mehrere Tote nach russischem Beschuss von Cherson

  • Russische Behörden melden abgewehrte Drohnenangriffe

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Putin: Ex-Wagner-Funktionär soll neue Kampfverbände aufbauen +++

Nach dem Tod des russischen Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin soll das ehemalige Führungsmitglied Andrej Troschew aus dessen Privatarmee Wagner nach dem Willen von Kremlchef Wladimir Putin neue Freiwilligen-Kampfverbände aufbauen. Diese Einheiten hätten verschiedene Aufgaben und sollten vor allem auch im Kriegsgebiet in der Ukraine zum Einsatz kommen, sagte Putin bei einem Treffen mit Troschew und Vizeverteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow. Der Kreml veröffentlichte am Freitag ein Video des Gesprächs vom Vorabend.

Auf der Kremlseite wurde der 61 Jahre alte Troschew allerdings nicht weiter vorgestellt oder auch nur mit einer Funktion genannt. Troschew sei kriegserprobt und wisse, was zu tun sei, «damit die Kampfeinsätze auf bestem und erfolgreichstem Weise erledigt werden», sagte Putin.

Wladimir Putin bei einem Treffen mit Junus-Bek Jewkurow (2.v.r.), Vizeverteidigungsminister von Russland, und Andrej Troschew (r) (Bild: Mikhail Metzel/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa)
Wladimir Putin bei einem Treffen mit Junus-Bek Jewkurow (2.v.r.), Vizeverteidigungsminister von Russland, und Andrej Troschew (r) (Bild: Mikhail Metzel/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa)

Putin hatte Troschew als neuen Anführer der Freiwilligen-Armee bereits bei einem Treffen mit Prigoschin und Kommandeuren im Sommer ins Gespräch gebracht, nachdem ein Aufstand der Privatarmee im Juni gescheitert war. Prigoschin hatte Troschew als Nachfolger abgelehnt. Er starb nach offiziellen Angaben gemeinsam mit anderen Vertretern der Wagner-Führung im August bei einem Flugzeugabsturz.

Troschew ist ein früherer Offizier und hatte zeitweilig den Stab der Privatarmee Wagner geführt. Prigoschins Aufstand gegen die russische Militärführung am 23. und 24. Juni hatte er nicht unterstützt. Er schloss sich laut Medienberichten danach einer anderen Privatarmee an. Laut Kreml arbeitet Troschew inzwischen im Verteidigungsministerium. Zuletzt hatte es vermehrt Berichte gegeben, dass frühere Wagner-Kämpfer wieder in Russlands Krieg gegen die Ukraine im Einsatz sind.

+++ Russland zieht Wehrpflichtige ein – Keine neue Mobilmachung geplant +++

Russland zieht ab 1. Oktober erneut mehr als 100 000 Wehrpflichtige ein. Die Soldaten würden regulär zum zwölfmonatigen Grundwehrdienst einberufen, aber nicht im Kriegsgebiet in der Ukraine eingesetzt, teilte der Generalstab am Freitag in Moskau mit.

Zugleich betonte der beim Generalstab für die Einberufung zuständige Konteradmiral Wladimir Zimljanski, dass keine weitere Mobilmachung für den Krieg in der Ukraine geplant sei. Es gebe ausreichend Freiwillige, die einen Kriegsdienst ableisteten und in der Ukraine die «entsprechenden Aufgaben erfüllen».

Der General nannte keine konkreten Zahlen, wie viele Wehrdienstpflichtige im Zuge der üblichen Herbst-Einberufung diesmal eingezogen werden. In der Regel liegen die Zahlen bei etwa 120 000 Rekruten. Im Frühjahr wurden laut Zimljanski 147 000 Männer eingezogen.

In Russland gibt es zwei Einberufungswellen im Jahr. Nach ihrem Wehrdienst sollen die Männer nach Angaben des Generalstabs nach Hause zurückkehren. Sie können sich aber auch per Vertrag zu Kampfhandlungen in der Ukraine verpflichten. Nach offiziellen russischen Angaben hatten sich in den vergangenen Monaten rund 300 000 Freiwillige zum Kriegsdienst gemeldet. Bei einer Teilmobilmachung im vergangenen Jahr wurden zudem 300 000 Reservisten eingezogen.

+++ IAEA-Mitglieder fordern russischen AKW-Abzug +++

Soldaten müssten sich zurückziehen, und die Anlage müsse wieder unter ukrainische Kontrolle gebracht werden, hieß es in einer Resolution, die bei der jährlichen Generalkonferenz der IAEA in Wien verabschiedet wurde. Außerdem wurde in der Resolution gefordert, dass die IAEA-Beobachter, die dauerhaft in dem AKW stationiert sind, freien Zugang zu allen Bereichen der Anlage erhalten. Bislang ist dem Team der IAEA die Besichtigung mehrerer Reaktor-Dächer verwehrt worden.

+++ Selenskyj: Ukraine hat Nato-Mitgliedschaft verdient +++

Nach dem Besuch von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Kiew pochte Selenskyj erneut auf eine Mitgliedschaft seines Landes in dem westlichen Militärbündnis. «Die Ukraine verdient es, ein Nato-Mitglied zu werden - und sie wird es werden», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Donnerstag. «Wir arbeiten daran, in Sachen Nato-Mitgliedschaft praktische Fortschritte zu erzielen.» Stoltenberg hatte die Ukraine bereits zum zweiten Mal seit Kriegsbeginn besucht.

+++ Ukraine-Flüchtlinge sollen in EU weiter von Sonderregeln profitieren +++

Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine können mindestens bis März 2025 problemlos in der EU bleiben. Darauf einigten sich die EU-Innenminister in Brüssel. Die Verlängerung der Sonderregeln biete Gewissheit für die mehr als vier Millionen ukrainischen Flüchtlinge, die in der EU einen sicheren Hafen gefunden hätten, teilte der spanische Vorsitz des EU-Innenministerrats mit.

+++ Polens Justizminister sieht Ukraine hinter Raketen-Unfall +++

Eine Rakete, die vor zehn Monaten in Polen nahe der Grenze eingeschlagen war, stammte nach Angaben des polnischen Justizministers Zbigniew Ziobro tatsächlich aus der Ukraine. Ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft habe ergeben, dass es sich um eine ukrainische Rakete aus sowjetischer beziehungsweise russischer Produktion gehandelt habe, sagte der Minister nach Angaben der Agentur PAP in Lublin. Bei dem Raketeneinschlag im polnischen Przewodow waren zwei Menschen ums Leben gekommen.

+++ Luftwaffe beteiligt sich erneut am Schutz der Nato-Ostflanke +++

Die deutsche Luftwaffe wird sich Ende des Jahres erneut am Schutz der Nato-Ostflanke beteiligen. Gemeinsam mit spanischen Fliegern werden deutsche Piloten im November im Nato-Auftrag den Himmel über den an Russland grenzenden Nato-Mitgliedern Estland, Lettland und Litauen überwachen. Dazu sollen zwei Eurofighter ins Baltikum verlegt werden, wie die Luftwaffe am Freitag mitteilte. Estland, Lettland und Litauen besitzen keine eigenen Kampfjets. Die Nato sichert deshalb bereits seit 2004 den baltischen Luftraum.

Ende November sollen dann drei Eurofighter als Teil der Nato-Mission «enhanced Air Policing South» in Rumänien stationiert werden. Parallel dazu werde die Luftwaffe vor dem Hintergrund von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine weiterhin beim Schutz des Luftraums der Slowakei helfen, hieß es in der Mitteilung. Diese Aufgabe hatte die Bundeswehr im September übernommen.

+++ Mehrere Tote nach russischem Beschuss von Cherson +++

Bei russischen Angriffen sind im südukrainischen Gebiet Cherson offiziellen Angaben zufolge mindestens drei Menschen getötet worden. Weitere fünf Bewohner seien durch den heftigen Beschuss am Vortag verletzt worden, teilte Militärgouverneur Olexander Prokudin am Freitagmorgen auf Telegram mit. Innerhalb von 24 Stunden habe Russlands Armee die Region insgesamt 96 Mal attackiert, fügte er hinzu. Alleine auf die von Kiew kontrollierte gleichnamige Gebietshauptstadt Cherson seien dabei 45 Granaten abgefeuert worden.

Auch am Freitagmorgen wurden laut ukrainischen Behördenangaben in der Stadt Cherson zwei Menschen schwer verletzt und mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Schon in den vergangenen Tagen hatte es immer wieder heftigen Beschuss und zivile Opfer gegeben.

+++ Militär-Experte warnt: Ukrainische Teilerfolge werden überschätzt +++

Die Teilerfolge der Ukraine bei ihrer Gegenoffensive gegen das russische Militär werden nach Ansicht eines Experten überschätzt. «Einzelne Verteidigungslinien der Russen werden verlustreich überwunden, aber es kommt bisher nie zu einem echten Dammbruch», sagte der Ukraine-Experte des österreichischen Bundesheers, Markus Reisner, der Deutschen Presse-Agentur. «Es müssten alle Alarmglocken schrillen, dass nach 117 Tagen Gegenoffensive noch kein operativer Durchbruch gelungen ist.»

Insgesamt erhalte die Ukraine zu wenig Kriegsgerät, auch um sich gegen die russischen Luftschläge im Hinterland zu wehren. «Nur mit einer verstärkten Fliegerabwehr wären Treffer auf die kritische Infrastruktur zu minimieren.» Sollte erneut die Stromversorgung des Landes schwere Schäden davontragen, breche das Rückgrat auch für die Rüstungsproduktion weg.

«Eigentlich müssten jede Woche vier bis fünf voll beladene Güterzüge mit Kriegsmaterial in die Ukraine rollen», sagte Reisner. Während die USA sich sehr bewusst über die schwierige Lage seien, sei in der EU die Wahrnehmung des Geschehens unangemessen. «Europa ist dabei, den Moment zu verpassen, an dem wir es nicht mehr im Griff haben und die Situation zugunsten der Russen kippt», so der Oberst. Die Verbündeten der Ukraine hätten ihre Versprechen über Kriegsgerät nur teilweise erfüllt. Auch die Wirksamkeit zum Beispiel der Leopard-2-Panzer sei weniger groß als erwartet. Von den etwa 90 gelieferten Panzern dieses Typs sei mindestens ein Drittel zerstört oder beschädigt.

+++ US-Institut: Russische Blogger verschweigen Realität an der Front +++

Russische Militärblogger üben laut US-Experten in großem Maße Selbstzensur und veröffentlichen nur einen kleinen Teil ihrer Erkenntnisse zum Verlauf des Angriffskrieges gegen die Ukraine. Einige besonders kritische Blogger hätten eingeräumt, dass sie nur 5 bis 15 Prozent ihrer Informationen von der Front preisgäben, schreibt das in Washington ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW) in seinem Bericht von Donnerstagabend (Ortszeit).

Insgesamt scheine es auf russischer Seite eine breitere Selbstzensur über die taktischen Realitäten an bestimmten Frontabschnitten zu geben. Dies deute darauf hin, dass russische Quellen ihre Berichterstattung über taktische Aktionen absichtlich einschränkten, insbesondere solche mit einem für Russland ungünstigen Ausgang. So habe ein Blogger am 25. September einen Beitrag über Erfolge der ukrainischen Armee nahe Nowoprokopiwka im südukrainischen Gebiet Saporischschja teilweise gelöscht.

Ein anderer berichtete laut ISW davon, dass russische Kommandeure routinemäßig Beschwerden und existierende Probleme verschwiegen, etwa mit Kommunikation, Drohnen, Reifen oder der Bezahlung der Kämpfer. Ein anderer Kommandeur beschwerte sich laut einem Blogger über den ineffizienten Informationsfluss von der russischen Front zu den Entscheidungsträgern.

Ein Blogger habe angemerkt, dass bestimmte Informationen nicht mitgeteilt werden sollten und dass die Fähigkeit, im richtigen Augenblick zu schweigen, eine wichtige Eigenschaft sei. Zensur oder Selbstzensur unter russischen Militärbloggern beeinträchtige auch die Fähigkeit des ISW und des Westens, über die Operationen Russlands zu berichten, schrieb das Institut weiter.

+++ London: In Ukraine zurückkehrte Wagner-Kämpfer um Bachmut eingesetzt +++

Die in die Ukraine zurückgekehrten Kämpfer der Wagner-Söldnertruppe werden nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten um die ostukrainische Stadt Bachmut eingesetzt. Das legten mehrere Berichte nahe, hieß es im täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London am Freitag. In Bachmut hatte Wagner in verlustreichen Kämpfen im Mai einen Erfolg für die russischen Invasionstruppen errungen. «Ihre Erfahrung wird wahrscheinlich in diesem Sektor besonders gefragt sein. Viele werden die aktuelle Frontlinie kennen, nachdem sie vergangenen Winter dort gekämpft haben», so die Mitteilung.

Die Privatarmee Wagner gilt seit dem Absturz eines Flugzeugs mit Gründer Jewgeni Prigoschin und Kommandeuren im August als führungslos. Die Gruppe hatte lange neben regulären russischen Einheiten in Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine gekämpft. Nach dem Abzug seiner Truppen aus der Ukraine probte Prigoschin einen Aufstand gegen die russische Militärführung, der scheiterte. Teile der Wagner-Armee siedelten anschließend nach Belarus um.

Der genaue Status der Wagner-Kämpfer sei unklar, hieß es in dem Bericht der Briten weiter. Es sei aber wahrscheinlich, dass sie in Teile der offiziellen russischen Armee oder andere Privatarmeen integriert worden seien.

+++ Russische Behörden melden abgewehrte Drohnenangriffe +++

Nato-Generalsekretär Stoltenberg begrüßte die Lieferung der ersten US-Panzer vom Typ Abrams in die Ukraine. Die signifikanten Beiträge der Bündnispartner stärkten die Fähigkeit der Ukraine, die russischen Streitkräfte zurückzudrängen, sagte der Norweger am Rande eines Treffens mit der neuen lettischen Ministerpräsidentin Evika Silina in Brüssel. Selenskyj hatte Anfang der Woche bestätigt, dass die ersten Abrams-Panzer in der Ukraine eingetroffen sind. Insgesamt haben die Vereinigten Staaten die Übergabe von 31 Kampfpanzern an das von Russland angegriffene Land angekündigt.

+++ Litauens Armeechef: Gespräche über Brigade-Stationierung gehen voran +++

Litauens Armeechef Valdemaras Rupsys sieht die Gespräche über die Umsetzung der geplanten Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade der Bundeswehr in seinem Land auf gutem Weg. «Wir sind in engem Kontakt mit Berlin», sagte der Armeechef der Deutschen Presse-Agentur dpa in Kelme. Mitte kommenden Monats könnte es womöglich weitere Informationen dazu geben.

Deutschland will rund 4000 Soldaten permanent als eigenständig handlungsfähigen Verband in Litauen stationieren - auch mit Familien oder Kindern. Der Baltenstaat grenzt an die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad und Russlands Verbündeten Belarus.

Nach Bundeswehr-Angaben soll das Konzept für die Verlegung bis Ende des Jahres ausgearbeitet sein. Dies hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) diese Woche bei einem Baltikum-Besuch bekräftigt. Mit der Stationierung der Brigade soll dem Bedürfnis des Nato-Partners nach einer verstärkten Abschreckung Rechnung getragen werden. Die Pläne sind auch eine Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Litauen will bis 2026 die notwendige Infrastruktur schaffen. «Dies kann nicht auf einmal erledigt werden. Es wird ein Prozess sein», sagte Rupsys. Einigkeit herrsche dabei in Litauen darüber, dass nicht nur die militärische, sondern auch die soziale Infrastruktur geschaffen werden müsse. «Meine Nation, unser Volk, sie verstehen sehr gut, dass wir, wenn wir deutsche Truppen in Litauen haben wollen und einladen, für angemessene Bedingungen sorgen müssen. Nicht nur für die Ausbildung, sondern auch für angemessene Lebensbedingungen.»