Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Unser Nachrichtenticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Melnyk: Regierung hat mich zu Vizeaußenminister ernannt

  • Russische Raketen beschädigen Hälfte des ukrainischen Stromnetzes

  • G7-Staaten wollen gemeinsam gegen russische Desinformation vorgehen

  • Duda: Müssen mit weiteren Unfällen wie dem Raketeneinschlag rechnen

  • Ukraine: Russland baut Verteidigungslinien auf annektierter Krim

  • Ukraine meldet heftige Gefechte im Donbass

  • MH17-Urteil: Selenskyj will Kreml strafen

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Melnyk: Regierung hat mich zu Vizeaußenminister ernannt +++

Der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, ist nach eigenen Angaben nun Vizeaußenminister seines Landes. Die Regierung habe ihn am Freitag zu einem der Stellvertreter von Außenminister Dmytro Kuleba ernannt, sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. Sein genauer Aufgabenbereich stehe aber noch nicht fest.

Melnyk dankte Präsident Wolodymyr Selenskyj, Kuleba und der gesamten ukrainischen Regierung für das Vertrauen. «Es ist eine große Ehre und enorme Verantwortung, nach über 25 Jahren meiner Arbeit im diplomatischen Dienst, meiner Heimat in dieser neuen, ganz wichtigen Funktion zu dienen.» Er freue sich «riesig» auf die neue Aufgabe.

Melnyk war im Oktober nach fast acht Jahren als Botschafter von dem früheren Sanktionsbeauftragten der Regierung, Oleksii Makeievv, abgelöst worden. Er kehrte nach Kiew zurück, ohne genau zu wissen, welchen Posten er übernehmen würde. Melnyk war allerdings schon lange als Vizeaußenminister im Gespräch.

+++ Russische Raketen beschädigen Hälfte des ukrainischen Stromnetzes +++

Russische Raketenangriffe haben das ukrainische Stromnetz anscheinend noch stärker beschädigt als bisher bekannt. «Beinahe die Hälfte unseres Energiesystems ist ausgefallen», sagte Regierungschef Denys Schmyhal am Freitag der Nachrichtenagentur Unian zufolge. Die Ukraine benötige daher zusätzliche Unterstützung von der Europäischen Union im Energiebereich und auch finanziell. Schmyhal äußerte sich auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vizepräsidenten der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, in Kiew.

Seit Ende Februar wehrt Kiew eine russische Invasion ab. Russland attackiert dabei seit Oktober zunehmend den ukrainischen Energiesektor. Selbst in der Hauptstadt Kiew mit ihren rund drei Millionen Einwohnern gibt es seitdem in vielen Stadtteilen nur stundenweise Strom.

(Bild: Ed Ram/Getty Images)
(Bild: Ed Ram/Getty Images)

+++ G7-Staaten wollen gemeinsam gegen russische Desinformation vorgehen +++

Die G7-Staaten wollen entschlossen gegen russische Kampagnen zur Desinformation vorgehen. «Wir werden die Zusammenarbeit beim Aufspüren von Desinformationsnetzwerken vorantreiben», kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitag im hessischen Eltville bei Wiesbaden nach einem Treffen der G7-Innenminister an. «Wir haben verabredet, uns hierzu enger zu vernetzen und gute Ideen der anderen Partner zu übernehmen.»

Frankreich reagiere beispielsweise auf das Verbreiten von Unwahrheiten mit Faktenchecks, die der Staat nicht allein, sondern zusammen mit der Zivilgesellschaft vornehme, sagte Faeser. Sie bezog sich dabei etwa auf unabhängige Faktencheck-Plattformen im Internet.

Die Bedrohung der kritischen Infrastruktur und die Verbreitung ausländischer Desinformation und Propaganda hätten seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine deutlich zugenommen, sagte die Innenministerin. «Russland versucht, mit Lügen Unsicherheiten zu verbreiten, das Vertrauen in staatliche Institutionen zu untergraben und unsere Gesellschaften zu spalten.» Dies verurteile man aufs Schärfste. «Und wir können sagen: Das wird (dem russischen Präsidenten Wladimir) Putin nicht gelingen. Wir halten den Lügen Fakten entgegen.»

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (Bild: REUTERS/Heiko Becker)
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (Bild: REUTERS/Heiko Becker)

Auch die Social-Media-Plattformen müssten ihre Anstrengungen verstärken, um Desinformation, Hass und Hetze zu bekämpfen, sagte Faeser im mittelalterlichen Kloster Eberbach weiter. «Zusammen werden wir unsere demokratischen Werte, die Meinungsfreiheit, die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit verteidigen.»

+++ Duda: Müssen mit weiteren Unfällen wie dem Raketeneinschlag rechnen +++

Nach dem tödlichen Raketeneinschlag auf polnischem Staatsgebiet rechnet Polens Präsident Andrzej Duda mit weiteren Vorfällen dieser Art. «Leider müssen wir in gewissem Sinne darauf vorbereitet sein, dass sich Unfälle als Folge des Krieges an unserer Grenze wiederholen können», sagte Duda am Freitag in der ostpolnischen Stadt Rzeszow.

Zwar werde Polen alles tun, um sicherzustellen, dass dies nicht passiere. Doch leider sei es unmöglich, sich vor so einem Ereignis wie dem Raketeneinschlag zu schützen, sagte Duda weiter. Militärexperten hätten ihm erklärt, dass kein Raketenabwehrsystem in der Lage gewesen wäre, dieses Geschoss auf polnischem Hoheitsgebiet abzufangen, da dafür die Zeit nicht ausgereicht hätte.

Polens Präsident Andrzej Duda (Bild: REUTERS/Kacper Pempel)
Polens Präsident Andrzej Duda (Bild: REUTERS/Kacper Pempel)

Im polnischen Dorf Przewodow sechs Kilometer nahe der Grenze zur Ukraine war am Dienstag eine Rakete eingeschlagen. Dabei kamen zwei Menschen ums Leben. Zurzeit geht der Westen davon aus, dass es eine ukrainische Flugabwehrrakete war, die zur Verteidigung gegen Angriffe des russischen Militärs eingesetzt wurde. Unmittelbar nach der Explosion in dem Nato-Land war in Medienberichten aber auch von einer russischen Rakete die Rede. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hält bislang an der Behauptung fest, dass es eine russische Rakete gewesen sei, schränkte aber ein, dass er nicht mit hundertprozentiger Sicherheit wisse, was passiert sei.

+++ Ukraine: Russland baut Verteidigungslinien auf annektierter Krim +++

Die russischen Behörden haben auf der 2014 annektierten ukrainischen Halbinsel Krim mit dem Bau von Verteidigungslinien begonnen. Die Befestigungsarbeiten sollten die «Sicherheit der Krimbewohner» garantieren, sagte der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef, Sergej Aksjonow, am Freitag auf einer Sitzung der Krimverwaltung. In erster Linie solle die Sicherheit jedoch im weiterhin russisch besetzten Teil des angrenzenden Gebietes Cherson gewährleistet werden. Von dort führt eine schmale Landenge auf die Krim.

Ende vergangener Woche hatte die russische Besatzung das rechte Ufer des Flusses Dnipro und damit auch die Gebietshauptstadt Cherson geräumt. Russische Truppen eroberten diese Gebiete, kurz nachdem der Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar begonnen hatte.

+++ Ukraine meldet heftige Gefechte im Donbass +++

Im Kohle- und Stahlrevier Donbass im Osten der Ukraine liefern sich ukrainische und russische Truppen heftige Gefechte, wobei sich der Frontverlauf derzeit kaum verändert. Der ukrainische Generalstab meldete am Freitag Artillerie- und Panzerbeschuss auf Dörfer wie Wodjane, Krasnohoriwka und Marjinka bei der Stadt Awdijiwka. Die Kiewer Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar, deckten sich in diesem Fall aber mit Berichten russischer Militärblogger.

Das von der Ukraine kontrollierte Awdijiwka liegt wenige Kilometer nördlich von Donezk. Weil dort schon seit 2014 die Front zwischen ukrainischen Kräften und den von Moskau kontrollierten Separatisten verläuft, sind die Stellungen der Ukraine gut ausgebaut. In den fast neun Monaten seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar haben die russischen Kräfte nur geringe Geländegewinne erzielt. Zuletzt wurde nach russischen Angaben des Dorf Opytne erobert.

(Symbolbild: Leon Klein/Anadolu Agency via Getty Images)
(Symbolbild: Leon Klein/Anadolu Agency via Getty Images)

Nach Einschätzung des US-amerikanischen Instituts für Kriegsstudien (ISW) hat Russland an diesen Frontabschnitt Truppen verlegt, die durch den Rückzug aus dem Gebiet Cherson freigeworden sind.

Weiterer Schwerpunkt der Gefechte ist laut Lagebericht des ukrainischen Generalstabs die Region um die Stadt Bachmut. Dort seien ukrainische Stellungen mit Panzern, Minenwerfern, Rohr- und Raketenartillerie beschossen worden. Auch hier ist der Frontverlauf seit Monaten praktisch unverändert.

+++ MH17-Urteil: Selenskyj will Kreml strafen +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Verurteilung der Verantwortlichen für den Abschuss der Passagiermaschine MH17 vor gut acht Jahren als «sehr wichtig bezeichnet». Aber erst, wenn auch deren Führung in Russland dafür verurteilt werde, sei dies eine sichere Basis für den Frieden, fügte er in seiner Videobotschaft am Donnerstag hinzu. Zuvor hatte er bereits auf Twitter deutlich gemacht, dass er die russische Führung in der Verantwortung sieht. Straflosigkeit führe zu weiteren Straftaten, fügte er zudem in Anspielung auf den Ende Februar gestarteten russischen Angriffskrieg gegen sein Land hinzu.

Ein niederländisches Gericht hatte zuvor zwei Russen und einen Ukrainer in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Sie sollen ein Luftabwehrsystem vom Typ Buk aus Russland in die Ostukraine gebracht und damit das Passagierflugzeug mit der Flugnummer MH17 abgeschossen haben. Alle 298 Insassen der Boeing, die auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur war, kamen beim Absturz im Juli 2014 ums Leben.

+++ Moskau weist Urteil zurück +++

Russland wies derweil erwartungsgemäß den Schuldspruch des niederländischen Gerichts zum Abschuss der Passagiermaschine als politisch motiviert zurück. «Sowohl der Verlauf als auch die Ergebnisse der Verhandlung zeugen davon, dass ihr der politische Auftrag zugrunde lag, die Version (...) von einer Beteiligung Russlands an der Tragödie zu stärken», teilte das russische Außenministerium am Donnerstag auf seiner Homepage mit.

Die russische Führung hatte den Prozess schon früher abgelehnt und eine Mitverantwortung stets abgestritten. «Die Verhandlung in den Niederlanden hat alle Chancen als eine der skandalträchtigsten in die Geschichte einzugehen - mit seiner langen Liste von Merkwürdigkeiten, Ungereimtheiten und fragwürdigen Schlussfolgerungen der Anklage, die nichtsdestotrotz in das Verdikt eingeflossen sind», kritisierte das Außenministerium nun noch einmal.

+++ Selenskyj begrüßt Verlängerung des Getreidedeals +++

Selenskyj zeigte sich in seiner Videobotschaft zugleich zufrieden mit dem Verlängerung des Getreidedeals. «Trotz aller Schwierigkeiten, trotz diverser Manipulationen durch Russland, werden wir weiterhin landwirtschaftliche Produkte über unsere Häfen am Schwarzen Meer exportieren», sagte der 44-Jährige. Das kurz vor dem Ablauf stehende Abkommen war am Donnerstag unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen um 120 Tage verlängert worden.

Selenskyj hob die Bedeutung des ukrainischen Getreideexports für die Lebensmittelversorgung der ärmeren Länder hervor. Aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen um Odessa seien seit Beginn des Korndeals, der eine monatelange russische Seesperre zuvor beendete, rund 450 Schiffe ausgelaufen, die Nahrungsmittel in Länder wie Äthiopien, Bangladesch, Somalia oder den Sudan gebracht hätten.

+++ IAEA fordert russischen Abzug aus AKW Saporischschja +++

Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) forderte Russland zur Aufgabe des besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja aufgefordert. Moskau solle sein militärisches und ziviles Personal sofort abziehen und seinen «unbegründeten Besitzanspruch» auf das AKW im Südosten der Ukraine aufgeben, hieß es in einer Resolution, die das Gremium am Donnerstagabend in Wien verabschiedete. Der Gouverneursrat zeigte sich auch äußerst besorgt, dass ukrainische Mitarbeiter der Anlage von russischer Seite unter Druck gesetzt würden, und dass es auch zu Festnahmen gekommen sei.

Die nunmehr dritte IAEA-Resolution gegen Russland seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine wurde laut Diplomaten von 24 Staaten unterstützt. China und Russland stimmten dagegen. Das AKW Saporischschja steht seit März unter russischer Besatzung. Das größte Kernkraftwerk Europas kam seitdem immer wieder unter Beschuss.