Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Mittwoch

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen.

  • Viele Opfer bei russischen Angriffen in Ukraine

  • Tschetschenen-Chef Kadyrow: Cousin an Front in Ukraine verschollen

  • Medwedew: Russland könnte Kabel zwischen USA und Europa zerstören

  • Nawalny-Mitarbeiterin zu siebeneinhalb Jahren Straflager verurteilt

  • Weniger Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine erreichen Deutschland

  • London: Zahl russischer Einsatzflüge in Ukraine nimmt zu

  • Odessa: Tote und Verletzte nach neuem russischem Angriff

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Viele Opfer bei russischen Angriffen in Ukraine +++

Bei erneuten russischen Luftangriffen auf zivile Ziele in der Ukraine sind nach Angaben Kiews mindestens sechs Menschen getötet und viele verletzt worden. An den Fronten im Süden und Osten des Landes kam es unterdessen nach ukrainischen Angaben im Rahmen der Gegenoffensive zu schweren Gefechten mit den russischen Besatzern. Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew drohte am Mittwoch mit der Zerstörung eines Unterseekabels zwischen Europa und den USA als Vergeltung für die Sprengungen an den Nord-Stream-Pipelines. Russland kenne da keine «moralischen Grenzen» mehr, schrieb er auf Telegram.

In der südukrainischen Hafenstadt Odessa seien mindestens drei Zivilisten getötet worden, als ein russischer Kalibr-Marschflugkörper in ein Lagerhaus einschlug, hieß es. In der stark umkämpften Region Donezk im Osten starben in den Städten Kramatorsk und Kostjantyniwka sowie in der Umgebung drei weitere Menschen durch russische Raketen, wie der Leiter der lokalen Militärverwaltung, Pawlo Kyrylenko, auf Facebook mitteilte. Weitere sechs Menschen seien verletzt worden.

Zudem teilte Kiew mit, am Vortag seien in der nordöstlichen Grenzregion Sumy sechs Menschen durch russischen Artilleriebeschuss getötet worden, darunter vier Forstarbeiter. Die Zahl der Todesopfer eines russischen Angriffs am Vortag auf die Großstadt Krywyj Rih stieg unterdessen auf zwölf.

+++ Nato sieht Fortschritte bei ukrainischer Gegenoffensive +++

Der Ausgang der aktuellen ukrainischen Offensive gegen die russischen Invasionstruppen ist nach Einschätzung von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg noch völlig offen. «Es ist noch früh und wir wissen nicht, ob das ein Wendepunkt im Krieg sein wird», sagte der Norweger am Mittwoch in Brüssel. Man sehe aber, dass die Ukrainer Fortschritte machten und mehr Land befreiten.

«Wir wissen: Je mehr Gewinne die Ukraine macht, desto stärker wird ihre Position am Verhandlungstisch sein», ergänzte Stoltenberg. Je mehr Gewinne die Ukraine mache, desto wahrscheinlicher werde es auch, dass Russlands Präsident Wladimir Putin begreife, dass er auf dem Schlachtfeld nicht gewinnen könne, sondern einen gerechten Frieden aushandeln müsse.

«Die Fortschritte, die wir sehen, sind ein Beweis für den Mut und das Engagement der ukrainischen Streitkräfte», sagte Stoltenberg weiter. Sie zeigten zudem, dass die Unterstützung der Nato-Staaten derzeit auf dem Schlachtfeld einen echten Unterschied mache.

+++ Tschetschenen-Chef Kadyrow: Cousin an Front in Ukraine verschollen +++

Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, hat seinen Cousin und engen Vertrauten Adam Delimchanow an der Front in der Ukraine als vermisst gemeldet. «Ich kann Adam Delimchanow einfach nicht finden. Er meldet sich nicht», schrieb Kadyrow am Mittwoch auf Telegram. Sein Verwandter ist auch Abgeordneter des russischen Parlaments.

Zwar hieß es zwischenzeitlich, Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin habe ein Lebenszeichen von Delimchanow erhalten. Doch dann schrieb der tschetschenische Kommandeur Apti Alaudinow, Kadyrow habe ihn beauftragt, Delimchanow «mit allen Mitteln» zu finden. Dafür würden sogar alle Einheiten der tschetschenischen Armee Achmat um den Ort Marjinka im umkämpften ostukrainischen Gebiet Donezk abgezogen.

+++ Medwedew: Russland könnte Kabel zwischen USA und Europa zerstören +++

Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew hat die «Vernichtung» der Kabelverbindung zwischen Europa und den USA als mögliche Vergeltung für die Sprengungen an den Nord-Stream-Pipelines ins Gespräch gebracht. «Wenn man von der erwiesenen Komplizenschaft westlicher Länder bei der Sprengung der Nord-Stream-Leitungen ausgeht, dann haben wir gar keine - auch moralischen - Hindernisse mehr, die Vernichtung der am Ozeanboden verlegten Kabelverbindung unserer Feinde zu unterlassen», schrieb der Vize-Chef des russischen nationalen Sicherheitsrates in seinem Telegram-Kanal am Mittwoch.

Dmitri Medwedew (Bild: Ekaterina Shtukina/Pool Sputnik/AP/dpa)
Dmitri Medwedew (Bild: Ekaterina Shtukina/Pool Sputnik/AP/dpa)

Der Politiker reagierte damit auf Medienberichte, nach denen eine Spur für die Attacken in die Ukraine führt und westliche Geheimdienste vorab über die Anschlagspläne informiert gewesen sein sollen. Die Ukraine weist eine Beteiligung zurück. Auch eine angebliche Beteiligung der Geheimdienste ist nicht bestätigt.

+++ Weitere zivile Opfer nach russischem Beschuss im Osten der Ukraine +++

Nach den jüngsten russischen Angriffen auf die Ukraine ist die Zahl der Todesopfer weiter gestiegen. In der stark umkämpften Region Donezk im Osten seien in den Städten Kramatorsk und Kostjantyniwka sowie in der Umgebung drei Menschen von russischen Raketen getötet und sechs weitere verletzt worden, teilte der Leiter der lokalen Militärverwaltung, Pawlo Kyrylenko, am Mittwoch auf Facebook mit. Mehrere Häuser seien zerstört und Dutzende beschädigt worden.

Zuvor hatten am Morgen bereits die Behörden in der südukrainischen Hafenstadt Odessa über drei tote Zivilisten berichtet. Ein russischer Kalibr-Marschflugkörper war dort in ein Lagerhaus eingeschlagen. Noch immer könnten Menschen unter den Trümmern liegen, hieß es.

Zudem wurde bekannt gegeben, dass am Vortag in der nordöstlichen Grenzregion Sumy sechs Menschen durch russischen Artilleriebeschuss starben, darunter vier Mitarbeiter eines Forstamtes. Die Bombardierung war in Sumy besonders intensiv gewesen: Die örtlichen Behörden registrierten dort im Tagesverlauf mehr als 100 Explosionen.

+++ Ukraine-Krieg: Rotes Kreuz hat 1500 Gefangenenbesuche gemacht +++

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine vor gut 15 Monaten rund 1500 Besuche bei Kriegsgefangenen durchgeführt. Das berichtete Ariane Bauer, IKRK-Regionaldirektorin für Europa und Zentralasien, am Mittwoch in Genf. Zudem seien 2500 persönliche Mitteilungen zwischen Gefangenen und ihren Familien ausgetauscht worden, sagte Bauer. So sei es gerade in Russland gelungen, einem Neunjährigen zufällig an seinem Geburtstag seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen: eine Nachricht von seinem Vater, von dem er seit neun Monaten nichts gehört hatte.

Es seien Besuche auf beiden Seiten gewesen, sagte Bauer. Nähere Einzelheiten dazu oder die Gesamtzahl der Kriegsgefangenen nannte sie nicht. Vertraulichkeit sei oberstes Gebot, um von den Konfliktparteien Zugang zu den Menschen zu bekommen. Auch zu den Haftbedingungen machte sie keine Angaben. Viele Besuchte bestätigten aber, dass sich ihre Lage nach dem IKRK-Besuch verbessert habe, sagte sie.

+++ Zerstörter Staudamm: Rotes Kreuz fürchtet Wassermangel in der Ukraine +++

Das Rote Kreuz sieht nach der Zerstörung des Staudamms in der Ukraine verheerende Folgen nicht nur in den überfluteten Gebieten. Hunderte Kilometer weiter nordöstlich werde durch das Absinken des Pegels im Stausee die Wasserknappheit wahrscheinlich Hunderttausende Menschen betreffen, sagte der Delegationsleiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Jürg Eglin, am Mittwoch in Cherson. Eglin saß mit einer kugelsicheren Weste in einem Einsatzfahrzeug des Roten Kreuzes, weil die Region unter russischem Dauerbeschuss ist, wie er sagte. Er sprach über Video mit Reportern in Genf.

«Stromaufwärts wird es in den kommenden Tagen und Wochen massiven Hilfsbedarf geben», sagte Eglin. Das betreffe Trinkwasser ebenso wie Agrarregionen, wo fraglich sei, wie die Felder künftig bewässert werden sollten und Industriebetriebe, die auf Wasser angewiesen seien. Das IKRK hat unter anderen Pumpen und Material zur Trinkwasseraufbereitung in die überfluteten Gebiete gebracht. Es bemühe sich rund um die Uhr, auch auf die linke Seite des Flusses Dnipro zu gelangen, die unter russischer Besatzung ist. Bislang ohne Erfolg. Dort seien auch Zehntausende Menschen betroffen.

+++ Nawalny-Mitarbeiterin zu siebeneinhalb Jahren Straflager verurteilt +++

In Russland ist eine ehemalige Mitarbeiterin des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny zu siebeneinhalb Jahren Haft im Straflager verurteilt worden. Ein Gericht in der Stadt Ufa am Ural befand Lilia Tschanyschewa am Mittwoch unter anderem der Schaffung einer «extremistischen Organisation» für schuldig. International gelten der 47 Jahre alte Nawalny und seine Unterstützer als politische Gefangene eines immer repressiver werdenden russischen Machtapparats.

Tschanyschewa hatte vier Jahre lang das Team von Nawalny-Unterstützern in Ufa geleitet, ihre Arbeit eigenen Angaben zufolge jedoch eingestellt, als die russische Justiz die Organisation im Jahr 2021 als «extremistisch» einstufte und damit faktisch verbot. Für ihre Mitstreiter ist das harte Urteil deshalb nun umso unverständlicher. «7,5 Jahre dafür, dass du für dein Land kämpfst», schrieb Nawalnys Pressesprecherin Kira Jarmysch auf Twitter. «Dieses Urteil ist ein Verbrechen.»

+++ Weniger Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine erreichen Deutschland +++

Die Zahl der Einreisen von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine nach Deutschland geht weiter zurück. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Mathias Middelberg hervorgeht, wurden laut Ausländerzentralregister im April rund 19 300 Einreisen erfasst. Im Mai kamen demnach im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine rund 15 600 Menschen nach Deutschland. In den ersten drei Monate dieses Jahres waren in dem Register noch insgesamt rund 81 600 Einreisen aus der Ukraine erfasst worden. Wie viele Menschen aus der Ukraine Deutschland seit Jahresbeginn wieder verlassen haben, um trotz des Krieges in ihre Heimat oder in ein anderes EU-Land zu reisen, geht aus den abgefragten Zahlen nicht hervor.

Ukrainische Flüchtlinge gehen nach ihrer Registrierung in der Orangerie der Biosphäre auf einem Weg entlang (Bild: Soeren Stache/dpa)
Ukrainische Flüchtlinge gehen nach ihrer Registrierung in der Orangerie der Biosphäre auf einem Weg entlang (Bild: Soeren Stache/dpa)

Während die Zahl der Kriegsflüchtlinge, die aus der Ukraine einreisen, kontinuierlich zurückgehe, nehme der Anteil der Asylbewerber aus anderen Staaten an den Schutzsuchenden zu, sagte Middelberg, der als stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion für Haushalt, Finanzen auch für Kommunalpolitik verantwortlich ist. Die Sorgen der Kommunen «hinsichtlich eines Endes der Aufnahmefähigkeit» würde immer drängender.

+++ London: Zahl russischer Einsatzflüge in Ukraine nimmt zu +++

Die Zahl der Einsatzflüge russischer Kampfflugzeuge in der Ukraine hat nach Angaben britischer Militärexperten in den vergangenen zwei Wochen zugenommen, vor allem im Süden des Landes. Das sei beinahe sicher eine Reaktion auf eine Zunahme ukrainischer Offensiv-Einsätze, hieß es am Mittwoch im täglichen Geheimdienstbericht zum Krieg in der Ukraine des Verteidigungsministeriums in London. Die russischen Luftstreitkräfte versuchten damit, ihre Bodentruppen zu unterstützen.

Trotz der Zunahme sei die Zahl aber noch immer sehr viel geringer als zu Beginn des Kriegs, als es bis zu 300 Einsätze gegeben habe. Der Süden des Landes sei oft zugänglicher für russische Luftstreitkräfte gewesen als andere Frontabschnitte. Zunehmend setzte das russische Militär etwa Gleitbomben ein, die Angriffe aus großer Entfernung möglich machten, hieß es weiter.

+++ Odessa: Tote und Verletzte nach neuem russischem Angriff +++

Bei einem neuen russischen Angriff mit Marschflugkörpern auf die ukrainische Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer sind Behörden zufolge mehrere Menschen getötet und weitere verletzt worden. Ein Kalibr-Geschoss sei in ein Lagergebäude eingeschlagen und habe dort einen Brand ausgelöst, schrieb das Oberkommando der ukrainischen Heeresgruppe Süd am Mittwoch auf Facebook. Drei Mitarbeiter des Lagers seien getötet, sieben verletzt worden. Unter den Trümmern des Lagers könnten noch Menschen liegen.

Der Chef des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, veröffentlichte Fotos von den Zerstörungen in seinem Telegram-Kanal und forderte schärfere Sanktionen. Jeder dieser Marschflugkörper enthalte mindestens 40 ausländische Bauteile. «Ohne Mikroelektronik kann Russland sie nicht produzieren», sagte er. Die Sanktionen müssten verschärft werden, besonders gegen jene, die dem «Terrorstaat» Russland dabei helfen, die Komponenten zu erhalten.

Odessa, das erneut von einem russischen Kriegsschiff aus dem Schwarzen Meer beschossen wurde, ist immer wieder Ziel von Angriffen der Russen. Auch am Samstag hatte es dort Tote bei einem Brand gegeben sowie mehr als zwei Dutzend Verletzte.

Insgesamt seien vier Marschflugkörper vom Typ Kalibr von den Russen abgefeuert worden, teilte das Oberkommando in Odessa weiter mit. Im Ergebnis eines Luftkampfes und einer Explosionswelle seien ein Geschäftszentrum, ein Ausbildungsgebäude, ein Wohnkomplex, ein Imbiss und Geschäfte im Zentrum der Stadt beschädigt worden. Dabei habe es nach ersten Erkenntnissen sechs Verletzte gegeben, hieß es.

+++ Untersuchung: Kriegsverbrechen-Verdacht gegen Ukrainer nicht erhärtet +++

Die Bundeswehr hat dem Generalbundesanwalt einen am Rande der Militärausbildung von Ukrainern in Deutschland aufgekommenen Verdacht auf mögliche Kriegsverbrechen gemeldet. Eine Untersuchung mit der Befragung von Sprachmittlern führte nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aber nicht zu belastbaren Beweisen.

Als Teil der EU-Trainingsmission (EUMAM) bildet die Bundeswehr ukrainische Soldaten aus und koordiniert Lehrgänge mit einem Kommando («Special Training Command») in Strausberg bei Berlin. Inzwischen wurden so etwa 4500 ukrainische Soldaten in Deutschland ausgebildet.

Ende Februar waren in Fragebögen, die Rückmeldung über den Ablauf der Trainings («Feedback») geben sollen, Hinweise auf von Ukrainern vorgezeigte, verdächtige Videosequenzen aufgetaucht. Diese waren auf weitere Nachfrage aber nur vom Hörensagen bekannt oder kursierten auch in sozialen Medien.

«Es gab einen Verdacht, der ernst genommen und unverzüglich an die zuständige Behörde, den Generalbundesanwalt, abgegeben und gemeldet wurde», sagte ein Sprecher des Ausbildungskommandos dazu auf Anfrage. Die Behörde habe die übermittelten Untersuchungsergebnisse in ihr laufendes Strukturermittlungsverfahren aufgenommen. «Das uns vorliegende Ergebnis lautet, dass sich dieser Verdacht nicht erhärten ließ», sagte der Offizier, der für weitere Fragen an den Generalbundesanwalt verwies.