Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Mittwoch

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Dieser Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Studie: AKW-Unfall in der Ukraine hätte Folgen für Nachbarländer

  • Ukraine meldet erneut Abwehr nächtlicher Drohnenangriffe

  • London: Russland bildet neue Kampfeinheiten für Krieg gegen Ukraine

  • Junge Liberale für Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine

  • Warschau sieht gezielte Provokation gegen Polen und Nato

Die aktuelle Lage im Newsstream:

+++ Studie: AKW-Unfall in der Ukraine hätte Folgen für Nachbarländer +++

Laut wissenschaftlichen Modellen würde ein schwerer Atomunfall im frontnahen ukrainischen Kernkraftwerk Saporischschja wahrscheinlich Landwirtschaft und Natur in Nachbarländern beeinträchtigen. Der österreichische Atomexperte Nikolaus Müllner stellte am Mittwoch in Wien einen Zwischenbericht zu seinen Forschungen vor. Seine meteorologischen Modellrechnungen ergaben, dass ein Gebiet von 20 bis 30 Kilometern rund um das russisch besetzte AKW mit hoher Wahrscheinlichkeit so mit Cäsium verstrahlt wäre, dass eine Sperrzone eingerichtet werden müsste. Mit geringerer Wahrscheinlichkeit könnte sich diese Zone in gewissen Richtungen bis zu 200 Kilometer erstrecken, sagte er.

Die Studie wurde von der Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) in Auftrag gegeben. Müllner berechnete dafür auch die Ausbreitung von erhöhten Radioaktivitäts-Werten, die zwar nicht zu Sperrzonen, aber zu Einschränkungen in der Landwirtschaft und Fischerei, sowie beim Verzehr von Pilzen und Wildfleisch führen würde. Davon wäre laut dem Forscher der Universität für Bodenkultur in Wien wahrscheinlich die Ukraine sowie Nachbarländer wie Russland oder Moldau betroffen.

Mit einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit von 1 zu 100 bis 3 zu 100 könne es zu solchen Folgen auch in Polen, der Slowakei, Tschechien, Ungarn oder Rumänien kommen. Für Deutschland und weiter westliche Länder Europas besteht dieses Risiko laut dem Modell nicht.

Müllner ging für seine Analyse davon aus, dass in einem der sechs AKW-Reaktoren während Kämpfen um die Kontrolle der Anlage ein Fünftel des strahlenden Materials austritt. Konkrete Gesundheitsfolgen für die betroffene Bevölkerung berechnete er bislang nicht.

Das AKW Saporischschja steht seit März 2022 unter russischer Besatzung. Seitdem sind das Kraftwerk und Stromleitungen für die Kühlsysteme im Zuge der Kriegshandlungen mehrfach beschädigt worden, ohne dass Strahlung austrat. Kiew und Moskau machen sich gegenseitig für die Zwischenfälle verantwortlich.

Das frontnahe ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja. (Bild: Reuters)
Das frontnahe ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja. (Bild: Reuters)

+++ Ukraine meldet erneut Abwehr nächtlicher Drohnenangriffe +++

Die Ukraine ist in der Hauptstadt Kiew und anderen Teilen des Landes nach Behördenangaben in der Nacht zu Mittwoch erneut von Russland mit Drohnen angegriffen worden. In der Schwarzmeerregion Odessa traf ein Teil der Drohnen die Hafeninfrastruktur, wie die Flugabwehr am Morgen mitteilte. Insgesamt seien 23 Drohnen vernichtet worden. In Kiew seien alle zehn sogenannten Kamikaze-Drohnen zerstört worden, teilte die städtische Militärverwaltung mit. Sie seien aus mehreren Richtungen gekommen

Es habe keine Opfer oder ernsthafte Zerstörungen gegeben, sagte der Leiter der Kiewer Behörde, Serhij Popko. Der Feind habe Shahed-Drohnen aus iranischer Produktion eingesetzt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lobte im Nachrichtenkanal Telegram die «Arbeit der heldenhaften Luftverteidigung». «Glücklicherweise gab es keine Opfer. Bedauerlicherweise gibt es Schäden», teilte er mit. Nach Angaben der Behörden wurde im Süden des Gebietes Odessa durch Drohnen Hafeninfrastruktur beschädigt. Medien zufolge gab es im Hafen von Ismajil an der Donau Explosionen und Feuer. Mindestens ein Getreidesilo sei beschädigt worden.

Russlands «Terroristen» hätten es mit den Angriffen auf die Hafeninfrastruktur im Raum Odessa erneut auf das Getreide und die weltweite Ernährungssicherheit abgesehen gehabt, sagte Selenskyj. Wenn Russland zivile Häfen angreife, dann «ist das eine Bedrohung für jeden auf dem Kontinent». «Russland kann und muss gestoppt werden», sagte er.

+++ London: Russland bildet neue Kampfeinheiten für Krieg gegen Ukraine +++

Russland baut für den Krieg gegen die Ukraine nach Einschätzung britischer Geheimdienste erstmals in größerem Maßstab neue Kampfeinheiten auf. In den vergangenen zwei Monaten seien wahrscheinlich mehrere Formationen gebildet worden, darunter die 25. Armee, teilte das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch mit. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 habe Russland vor allem bestehende Einheiten mit mobilisierten Reservisten aufgefüllt und keine völlig neuen Truppenteile aufgestellt. «Eine Ausnahme war das im Sommer 2022 geschaffene 3. Armeekorps, das allgemein schlechte Leistungen zeigte», hieß es in London weiter.

«Russland wird wahrscheinlich jede neue Formation als Reservetruppe in der Ukraine einsetzen», teilte das britische Ministerium weiter mit. «Längerfristig strebt Russland jedoch eine Stärkung seiner Streitkräfte gegenüber der Nato an.» Die Behörde zeigte sich skeptisch: «Ohne eine große neue Welle einer verpflichtenden Mobilmachung wird Russland wahrscheinlich nicht genug neue Truppen finden, um auch nur eine neue Armee zu versorgen.»

+++ Junge Liberale für Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine +++

Die Jungen Liberalen haben die Bundesregierung aufgerufen, der Ukraine auch weiterreichende Marschflugkörper vom Typ Taurus zu liefern. Anstrengungen Deutschlands, die Ukraine im Kampf um Freiheit und Souveränität zu unterstützen, müssten verstärkt werden, sagte die Bundesvorsitzende der FDP-Jugendorganisation, Franziska Brandmann, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

«Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine wütet nach wie vor. Die russische Aufkündigung des Getreideabkommens und die Bombardierungen ukrainischer Häfen, inklusive gezielter Angriffe auf zivile Strukturen und kulturelle Einrichtungen, stellt eine neue Eskalation dar», sagte sie zur Begründung.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lehne die Lieferung ab, ohne dafür Gründe zu nennen, sagte Brandmann, die sich auch auf Äußerungen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) bezog. «Großbritannien hat in den letzten Monaten bereits vergleichbare Marschflugkörper geliefert, Frankreich hat sich ebenfalls zu einer Lieferung bereiterklärt. Das ist bemerkenswert, da der Bundeskanzler ja sonst nicht müde wird zu betonen, man handle im Einklang mit Verbündeten», sagte sie.

+++ Warschau sieht gezielte Provokation gegen Polen und Nato +++

Das polnische Verteidigungsministerium stuft die Verletzung des Luftraums durch Hubschrauber aus Belarus als gezielte Provokation gegen Polen und die Ostflanke der Nato ein. Das sagte Vizeverteidigungsminister Wojciech Skurkiewicz am Mittwoch in Warschau im Radio. «Das ist absolut gefährlich. Wenn solche Situationen vorkommen und eskalieren, wird unsere Reaktion dem Gefahrenpotenzial angemessen sein», wurde er von der Agentur PAP zitiert.

Das Ministerium in Warschau hatte am Dienstagabend nach längerer Prüfung bestätigt, dass die Kampfhubschrauber aus dem Nachbarland morgens bei Bielowieza durch polnischen Luftraum geflogen waren. Polen informierte die Nato über den Vorfall und beschloss, weitere Truppen an die Grenze zu Belarus zu entsenden. Auch zusätzliche Hubschrauber sollten dort stationiert werden, sagte Skurkiewicz. Das belarussische Verteidigungsministerium in Minsk wies den Vorwurf der Luftraumverletzung zurück, wie die Staatsagentur Belta meldete.

Polen ist besorgt wegen Aktivitäten der russischen Privatarmee Wagner im Nachbarland Belarus. «Wir haben gesagt, dass wir mit Provokationen rechnen, und das war eine kurzzeitige Provokation», sagte Vizeinnenminister Maciej Wasik. Es habe in den vergangenen Jahren von Belarus aus schon mehrere provokative Zwischenfälle gegeben.