Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Montag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Selenskyj fordert mehr Sanktionsdruck gegen Russland

  • Russland erwartet zunehmende Kriegsmüdigkeit im Westen

  • EU-Außenminister gemeinsam auf historischem Besuch in der Ukraine

  • Unternehmen plant Züge zwischen Hannover und ukrainischer Grenze

  • Baerbock fordert «Winterschutzschirm» für die Ukraine

  • Institut sieht mögliche Gefahr für Ukraine durch Wagner-Einheiten

  • USA und EU stehen zu Ukraine-Hilfen

Die aktuelle Newslage:

+++ Selenskyj fordert mehr Sanktionsdruck gegen Russland +++

Bei einem Treffen mit den EU-Außenministern hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere Sanktionen gegen Russland gefordert. Die aktuell starken russischen Luftangriffe seien ein Beleg dafür, dass die bislang von Europa erlassenen Strafmaßnahmen noch nicht ausreichend seien, sagte Selensykj am Montag in Kiew. Jegliche Lieferungen, die Russland eine Steigerung der eigenen Rüstungsproduktion ermöglichten, müssten gestoppt werden. «Das ist nicht nur klar im Interesse der Ukraine, sondern auch weltweit von jedem, der so schnell wie möglich ein Ende des Krieges möchte.»

Seit Russlands Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 hat die Europäische Union bereits elf Sanktionspakete erlassen, das jüngste im vergangenen Juni. Das angegriffene Land zeigt sich dankbar, weist aber auch immer wieder darauf hin, dass die bisherigen Maßnahmen noch nicht ausreichen oder oft umgangen würden. Selenskyj pochte nun außerdem erneut auf Sanktionen gegen die russische Atomindustrie.

(Bild: Yan Dobronosov/Global Images Ukraine via Getty Images)
(Bild: Yan Dobronosov/Global Images Ukraine via Getty Images)

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba zeigte sich derweil zuversichtlich mit Blick auf die angestrebte EU-Mitgliedschaft seines Landes. «Es ist nur eine Frage der Zeit», sagte er in Kiew bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Chefdiplomat Josep Borrell. «Alle sind entschlossen, mit Höchstgeschwindigkeit voranzukommen.» Kuleba betonte, die Ukraine sei dabei, alle von Brüssel geforderten Reformen umzusetzen. Die EU fordert etwa einen entschlosseneren Kampf gegen die Korruption in dem Land. Nach Kriegsbeginn hatte die Ukraine im Sommer 2022 den Status eines EU-Beitrittskandidaten verliehen bekommen.

+++ Russland erwartet zunehmende Kriegsmüdigkeit im Westen +++

Russland setzt in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Kremlangaben auf eine zunehmende Ermüdung im Westen bei der Unterstützung des Landes. «Wir haben immer wieder schon früher gesagt, dass nach unseren Prognosen eine Müdigkeit bei diesem Konflikt eintreten wird, in verschiedenen Ländern die Ermüdung von diesem völlig absurden Sponsoring des Kiewer Regimes zunimmt, darunter auch in den USA», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge.

«Diese Ermüdung wird zu einer Zersplitterung der politischen Führungsschicht und zu einem Wachstum der Widersprüche führen», sagte Peskow. Zugleich meinte der Kremlsprecher, dass die aktuellen Diskussionen um den Haushalt in den USA und ein Stopp frischer Finanzhilfen für die Ukraine nur vorübergehende Erscheinungen seien. «Natürlich wird Amerika seine Beteiligung an diesem Konflikt fortsetzen und da praktisch direkt reingezogen sein.» Die USA sind mit Abstand die größten Unterstützer der Ukraine.

+++ Unternehmen plant Züge zwischen Hannover und ukrainischer Grenze +++

Das Reisen mit der Bahn zwischen der von Russland angegriffenen Ukraine und Deutschland könnte bald einfacher werden. Das tschechische Verkehrsunternehmen Regiojet plant eine neue direkte Bahnverbindung zwischen der polnisch-ukrainischen Grenzstadt Przemysl und Hannover. Das bestätigte eine Firmensprecherin im tschechischen Brünn (Brno) am Montag. Man habe bei der polnischen Eisenbahnbehörde UTK einen Antrag auf offenen Zugang zum Schienennetz gestellt und warte auf eine Entscheidung.

Regiojet bietet bereits seit langem eine tägliche Bahnverbindung zwischen Prag und Przemysl an, wo Anschluss an Züge unter anderem in die ukrainischen Städte Kiew, Lwiw und Charkiw besteht. Ferner will das Unternehmen künftig Züge zwischen Prag und Tschop fahren lassen. Tschop liegt im äußersten Westen der Ukraine im Dreiländereck mit Ungarn und der Slowakei und ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Außerdem laufen den Angaben zufolge Verhandlungen mit den Ukrainischen Eisenbahnen.

+++ EU-Außenminister gemeinsam auf historischem Besuch in der Ukraine +++

Bei einem historischen gemeinsamen Besuch in Kiew haben die Außenminister der EU-Staaten ein Zeichen der Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine gesetzt. Es sei das erste Mal, dass es ein solches Treffen der Vertreter aller 27 EU-Staaten außerhalb der EU gebe, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Bei den Beratungen ging es seinen Angaben nach um die Lage angesichts der russischen Invasion und die Unterstützung der EU für die Ukraine.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bekräftigte ihre Forderung nach einem «Winterschutzschirm» für die Ukraine. Dazu gehöre der Ausbau der Luftverteidigung, die Lieferung von Strom-Generatoren und die Stärkung der Energieversorgung, sagte die Grünen-Politikerin. Im vergangenen Winter hatte Russland mit systematischen Angriffen auf die Energieversorgung versucht, die Ukrainer niederzuzwingen.

(Bild: REUTERS/Valentyn Ogirenko)
(Bild: REUTERS/Valentyn Ogirenko)

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte, Botschaft des Treffens sei, dass sich die Europäische Union in die Ukraine ausweite; dafür sei man sehr dankbar. Das «historische Ereignis» finde zwar außerhalb der derzeitigen EU-Grenzen statt, «aber innerhalb der zukünftigen EU-Grenzen».

Die Außenministerinnen und Außenminister kamen am Montag mit dem Nachtzug nach Kiew. Wie üblich während des russischen Angriffskriegs wurde die Reise aus Sicherheitsgründen nicht vorher angekündigt. Seit Russland im Februar 2022 in das Nachbarland einmarschiert ist, ist noch nie eine so große Gruppe ranghoher ausländischer Politikerinnen und Politiker angereist.

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+++ Baerbock fordert «Winterschutzschirm» für die Ukraine +++

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat zum Auftakt des EU-Außenministertreffens in Kiew ihre Forderung nach einem «Winterschutzschirm» für die Ukraine bekräftigt. Dazu gehöre der Ausbau der Luftverteidigung, die Lieferung von Strom-Generatoren und die Stärkung der Energieversorgung insgesamt.

«Wir haben im letzten Winter gesehen, in welcher brutalen Weise der russische Präsident diesen Krieg auch führt, indem er bewusst Elektrizitätswerke angreift», sagte die Grünen-Politikerin am Montag in Kiew. Wladimir Putin setze damit darauf, dass damit dann auch die Wasserversorgung bei Temperaturen von 20 Grad unter dem Gefrierpunkt einbreche. «Das müssen wir gemeinsam mit allem was wir haben so weit es geht verhindern.» Deutschland hat die Ukraine bereits massiv mit Luftverteidigungssystemen wie Iris-T und Patriot unterstützt.

Annalena Baerbock (Bild: REUTERS/Liesa Johannssen)
Annalena Baerbock (Bild: REUTERS/Liesa Johannssen)

Baerbock bekräftigte auch das Versprechen der EU, die Ukraine zu einem noch unbestimmten Zeitpunkt in die Staatengemeinschaft mit ihren derzeit 27 Mitgliedern aufzunehmen. «Die Zukunft der Ukraine liegt in der Europäischen Union, in dieser Gemeinschaft der Freiheit. Und die wird sich bald erstrecken von Lissabon bis Luhansk.» Die Ukraine ist seit Juni 2022 EU-Beitrittskandidat. Die Verhandlungen über eine Aufnahme können aber mehrere Jahre dauern und werden auch ergebnisoffen geführt, garantieren also keine Aufnahme.

+++ Institut sieht mögliche Gefahr für Ukraine durch Wagner-Einheiten +++

Westliche Militärexperten sehen in einer Wiederbelebung der russischen Privatarmee Wagner unter Kontrolle des Machtapparats in Moskau eine mögliche neue Bedrohung für die Ukraine. Wagner könne als geeinte und große Formation mit militärischer Ausrüstung unter Kontrolle der russischen Nationalgarde oder des Verteidigungsministeriums zur Gefahr werden für Kiew, hieß es in einer vom US-Institut für Kriegsstudien (ISW) am Sonntag (Ortszeit) veröffentlichten Analyse. Damit müssten frühere Einschätzungen, dass die Armee nach dem Tod ihres Chefs Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz im August keine Gefahr sei, korrigiert werden.

Die ISW-Experten verwiesen auf Wagner-nahe Quellen, nach denen etwa auch Prigoschins Sohn Pawel die Führung der Einheiten übernehmen könne. Demnach soll Pawel Prigoschin mit der Nationalgarde verhandeln, die der Präsidialverwaltung untersteht und über eigene Kampftechnik verfügt. Gleichwohl müssten Waffen, Munition und Logistik vom Verteidigungsministerium bereitgestellt werden, hieß es.

(Symbolbild: REUTERS/Evgenia Novozhenina)
(Symbolbild: REUTERS/Evgenia Novozhenina)

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den früheren Wagner-Funktionär und Mitbegründer der Armee, Andrej Troschew, in der vergangenen Woche im Kreml empfangen und mit der Bildung von Freiwilligen-Einheiten beauftragt. Putin hatte auch betont, dass die Verbände vor allem im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werden sollen. Unter Prigoschin hatte die Armee immer wieder Gebiete erobert in dem Nachbarland, darunter die Stadt Bachmut in der Ostukraine.

+++ USA und EU stehen zu Ukraine-Hilfen +++

Die EU-Staaten und die USA als wichtigste Unterstützer der Ukraine wollen dem von Russland angegriffenen Land weiter mit ihrer Hilfe zur Seite stehen. Von Washington aus versuchte Präsident Joe Biden, Befürchtungen in Kiew wegen des Haushaltsstreits im US-Kongress zu zerstreuen. «Ich möchte unseren amerikanischen Verbündeten, dem amerikanischen Volk und dem ukrainischen Volk versichern, dass sie auf unsere Unterstützung zählen können und wir uns nicht zurückziehen werden», sagte der Demokrat.

Auf Besuch in Kiew sicherte auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell der Ukraine «dauerhafte und strukturelle» Hilfe gegen die existenzielle Bedrohung zu. Er hat den EU-Staaten vorgeschlagen, von 2024 bis 2027 jährlich fünf Milliarden Euro zusätzlich für die Ukraine aufzubringen. Das osteuropäische Land wehrt seit Februar 2022 eine Invasion des übermächtigen Nachbarn Russland ab. Die Militärs in Kiew zählen am Montag den 586. Kriegstag. Den Süden der Ukraine griff Russland in der Nacht erneut mit Kampfdrohnen an.

In Washington hatte der US-Kongress am Samstag in letzter Minute mit einem Kompromiss eine Haushaltssperre abgewendet - um den Preis, dass die Hilfe für die Ukraine darin nicht festgeschrieben ist. Biden warnte, dass nicht viel Zeit bleibe, um neue Hilfe zu genehmigen. «Wir haben Zeit, nicht viel Zeit, und es gibt ein überwältigendes Gefühl der Dringlichkeit.»

Auf die Frage, was er der Ukraine und Verbündeten zu sagen habe, betonte Biden: «Sehen Sie mich an. Wir kriegen das hin.» Mit Blick auf die Genehmigung weiterer Hilfen machte der Präsident deutlich, dass er einen Deal mit dem republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, getroffen habe. Ob man diesem vertrauen könne, werde sich nun zeigen. Er wolle nicht glauben, dass Republikaner und Demokraten «aus rein politischen Gründen noch mehr Menschen in der Ukraine unnötig sterben lassen», so Biden weiter. Ein Teil der Republikanischen Partei zieht im US-Vorwahlkampf die Ausgaben für die Ukraine in Zweifel.

Der EU-Außenbeauftragte Borrell kommentierte bei einem Besuch in Kiew, die Entscheidung in den USA sei zu bedauern. Wie Biden gab er sich aber zuversichtlich, dass sich im Grundsatz nichts an der US-Unterstützung für die Ukraine ändern werde. «Wir glauben, dass das nicht das letzte Wort ist», sagte er.

+++ Geld und Munition für die Ukraine +++

Borrell sprach nach eigenen Angaben mit dem neuen ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umerow über die Prioritäten der EU und ihrer Mitglieder bei Militärhilfe und Training. «Unsere Militärhilfe hat die Zahl von 25 Milliarden Euro erreicht», sagte er. Humanitäre, wirtschaftliche und finanzielle Hilfe dazugerechnet werde Europa das von Russland angegriffene Land mit 85 Milliarden Euro unterstützen.

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Von einer Million Artilleriegeschossen, die in der EU beschafft werden sollen, könnten 300 000 schon geliefert werden. Der EU-Außenbeauftragte stellte klar, dass die EU-Hilfe unabhängig von der Lage auf dem Gefechtsfeld sei. «Unsere Unterstützung für die Ukraine hängt nicht davon ab, wie der Krieg in den nächsten Tagen oder Wochen verläuft.» Borrell war am Samstag in die Ukraine gekommen und hatte zunächst die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer besucht.

+++ Heftige Feuergefechte ohne Veränderung der Lage +++

Der Generalstab in Kiew berichtete von heftigen Feuergefechten entlang der fast 1000 Kilometer langen Front im Osten und Süden des Landes. Veränderungen der Lage ließen sich aus dem Bericht für Sonntagabend aber nicht ablesen. In der Nähe der Stadt Bachmut im Donbass seien Versuche der Russen abgewehrt worden, verlorene Positionen zurückzugewinnen. Die ukrainische Armee setze eigene Angriffe bei Bachmut und bei Robotyne im Süden fort. Diese Militärangaben waren nicht unmittelbar überprüfbar.

Die angegriffene Ukraine beging den Sonntag erstmals als Tag des Vaterlandsverteidigers. Mit einer landesweiten Schweigeminute wurde der getöteten und verwundeten Soldaten und Soldatinnen gedacht. «Hinter uns liegt unsere Geschichte», sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoansprache. «Vor uns liegt der Sieg. Und ein freies Land. Das wir verteidigt haben, verteidigen und verteidigen werden.»

+++ Ukrainischer Angriff auf Flughafen Sotschi +++

Die Ukraine griff nach inoffiziellen Angaben den russischen Flughafen Sotschi am Schwarzen Meer mit Kampfdrohnen an. Ziel sei ein Abstellplatz für Hubschrauber gewesen, berichteten Kiewer Medien unter Berufung auf Geheimdienstquellen. Russlands wichtigster Badeort Sotschi, von dem aus Präsident Wladimir Putin oft seine Amtsgeschäfte führt, liegt etwa 800 Kilometer von ukrainisch kontrolliertem Gebiet entfernt. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte den Abschuss einer ukrainischen Drohne in der Region mit.

Ukrainische Drohnenangriffe wurden am Sonntag auch aus den russischen Gebieten Smolensk und Belgorod gemeldet. Über der von Russland annektierten Halbinsel Krim wurden nach Moskauer Militärangaben zwei ukrainische Raketen abgefangen.