Schwere Schäden am Dnjepr-Staudamm nach Explosionen

Nach einer schweren Explosion an einem wichtigen Staudamm im Süden der Ukraine ist das angrenzende Wasserkraftwerk nach Angaben beider Kriegsparteien zerstört. Der Staudamm Nowa Kachowka im russisch besetzten Teil des Landes nahe der Front wurde schwer beschädigt. Der von Russland eingesetzte Bürgermeister Wladimir Leontjew sagte am Dienstag im russischen Staatsfernsehen, es sei "offensichtlich", dass das Kraftwerk nicht mehr repariert werden könne. Der ukrainische Betreiber der Anlage sprach von kompletter Zerstörung.

Befürchtet wird, dass der Bruch des Staudamms in der umkämpften Region Cherson zu massiven Überschwemmungen führt. Nach Angaben der örtlichen Behörden sind etwa 16 000 Menschen in der "kritischen Zone" zuhause. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal sprach von einer Überschwemmungsgefahr für bis zu 80 Ortschaften.

Die Zerstörung werde zu einer Umweltkatastrophe führen. Der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, warnte, binnen fünf Stunden könne der Wasserstand eine kritische Höhe erreichen.

Vermutet wird, dass der Damm gesprengt wurde. Kiew und Moskau machten sich gegenseitig dafür verantwortlich. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von "Terror" und berief den nationalen Sicherheitsrat ein.

Das ukrainische Militär begann auf der linken Seite des Flusses Dnipro - wo auch die von den Ukrainern befreite Gebietshauptstadt Cherson liegt - mit Evakuierungen. Russland hingegen machte ukrainischen Beschuss für die Schäden verantwortlich. Spekuliert wurde auch, dass der Damm aufgrund schlechter Wartung gebrochen sein könnte. Die Angaben beider Seiten konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Bürgermeister Leontjew räumte ein, dass es auch zu Problemen bei der Wasserversorgung auf der bereits 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim kommen könnte, die südlich von Cherson liegt. Diese wird mit Wasser aus dem Kachowka-Stausee beliefert.

Die Leitung des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja, das unter russischer Besatzung steht, erklärte, dass die teilweise Zerstörung eines Staudamms, dessen Wasser zur Kühlung des Kraftwerks verwendet wird, noch keine Bedrohung für die Anlage darstellt. Das AKW Saporischschja liegt etwa 180 Kilometer nordöstlich von Nowa Kachowka, ebenfalls am Fluss Dnjepr.

"Der Wasserstand des Kühlbeckens hat sich nicht verändert", teilte der von der russischen Besatzung eingesetzte Direktor des Atomkraftwerks auf Telegram mit.