Video zeigt kontrolliertes Feuer zur Waldbrandprävention, keine Brandstiftung

Die Waldbrandgefahr ist in den vergangenen Jahren weltweit gestiegen. In sozialen Medien kursiert ein Video, in dem eine Person kleine Feuer in einem Wald legt. Im Zusammenhang mit dem Clip wird suggeriert: Nicht der Klimawandel beschleunige Waldbrände, vielmehr würden Waldbrände gezielt gelegt werden. Das Video stammt jedoch von einer US-amerikanischen Firma, die mit kontrollierten Feuern Waldbrände vorbeugt und zeigt sie bei der Arbeit, wie das Unternehmen AFP erklärte. Expertinnen und Experten bestätigten zudem, dass Waldbrände wegen des Klimawandels zunehmen.

"Das ist übrigens dieser Klimawandel, wegen dem es so viele Waldbrände gibt", lautet die Beschreibung eines Videos auf Telegram. In dem Clip ist ein Quad im Wald zu sehen, von dem aus eine Person kleine Feuer entlang eines Waldweges legt. Es kursierte zuerst im März 2024, wurde seither aber immer wieder auf Facebook, Tiktok, Instagram und X geteilt.

Auch auf Griechisch gewann das Video Ende Juni 2024 Aufmerksamkeit, als in Griechenland eine Reihe von Waldbränden nahe Athen und auf der Insel Serifos ausbrachen. Bewohnerinnen und Bewohner mehrerer Gebiete nahe der Hauptstadt wurden dazu aufgerufen, ihre Häuser zu verlassen. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis sagte, das Land müsse sich auf eine schwierige Waldbrandsaison einstellen.

<span>Facebook-Screenshot der Behauptung: 8. Juli 2024</span>
Facebook-Screenshot der Behauptung: 8. Juli 2024

Das geteilte Video ist jedoch irreführend und wurde aus seinem ursprünglichen Kontext gerissen. Tatsächlich stammt das Video aus den USA und zeigt, wie ein kontrolliertes Feuer entzündet wird, erklärte die Firma auf Anfrage von AFP, die das Video aufgenommen hatte. Dabei handele es sich um eine gängige Technik, die in den USA und andernorts angewendet werde, um Waldbränden vorzubeugen.

Kontrolliertes Feuer in Alabama

Eine Videorückwärtssuche führte zum gleichen Video (hier archiviert), das am 3. März 2024 auf der Facebook-Seite der Firma CFM Fire Managers mit Sitz in Alabama in den USA hochgeladen wurde. Die Beschreibung des Clips lautet: "Hier ein kurzes Video der vergangenen Woche. Wir haben diesen 112 Hektar großen Kiefernbestand abgebrannt, um die Brandgefahr und das Risiko der Baumsterblichkeit zu reduzieren."

Der Firmenwebsite zufolge ist das Unternehmen auf kontrollierte Feuer spezialisiert, die die Waldbrandgefahr minimieren sollen. 

Das Video stamme tatsächlich von CFM Fire Managers, erklärte Firmeninhaber John Ryals in einer E-Mail an AFP am 1. Juli 2024. Es zeige, wie im März 2024 ein absichtlich ein Feuer von dem Unternehmen in Alabama im Südwesten der USA entzündet worden sei. "Ich bin Eigentümer von CFM Fire Managers", fügte Ryals hinzu. Seine Firma wende die Maßnahme in ganz Alabama an. "Es ist eine sehr gängige Praxis in unserem Land."

"Wir legen das Feuer bewusst, um invasive, unerwünschte Pflanzen abzutöten, die in den Kiefernbestand eindringen und ihn schließlich überwuchern", erklärte er. "Kiefern haben eine dicke Rinde und können das Feuer überleben. Alles andere stirbt ab, wodurch das Gebiet bereinigt wird."

Das Video des Unternehmens wurde über 26.000 Mal auf Facebook geteilt und über vier Millionen Mal angesehen. Viele Nutzerinnen und Nutzer kommentierten es mit irreführenden Aussagen. "So beginnen Waldbrände in Kalifornien!", lautet ein Kommentar beispielsweise, worauf ein anderer Nutzer antwortete: "Brennmaterial strategisch zu beseitigen, hilft, Waldbrände zu verhindern und verbessert den Lebensraum." CFM Fire Managers reagierte mit dem Kommentar "Exakt!".

Ergebnissen einer Stichwortsuche zufolge werden die gleiche Art Fahrzeug und Flammenwerfer wie im Video in den USA genutzt, um kontrollierte Feuer zu entzünden. Das geht aus der Website der University of Georgia (Foto hier einsehbar), einem Artikel der Sender "Georgia public Broadcasting" und sogar einem Artikel der US Army hervor.

<span>Vergleich zwischen Screenshots des Videos von CFM Fire Managers (links) und einem Foto auf der Website der University of Georgia (rechts): 3. Juli 2024 </span>
Vergleich zwischen Screenshots des Videos von CFM Fire Managers (links) und einem Foto auf der Website der University of Georgia (rechts): 3. Juli 2024

Auch die Forstbehörde Alabamas nutzt diesen Fahrzeugtyp für kontrollierte Feuer, wie ein Foto auf ihrer Website zeigt:

<span>Screenshot der Website der Forstbehörde Alabamas: 3. Juli 2024</span>
Screenshot der Website der Forstbehörde Alabamas: 3. Juli 2024

Das Video zeige zwar nicht ihre Teams, die Forstbehörde habe aber im Februar und März 2024 auch selbst kontrollierte Feuer entzündet, um Waldbränden entgegenzuwirken, erklärte Elishia Ballentine von der Forstbehörde von Alabama.

Waldbrände und Klimawandel

In den Beiträge in sozialen Medien wird suggeriert, Waldbrände würden nicht verstärkt durch den Klimawandel entstehen. Als Beweis wird darin das Video herangezogen. In einem Bericht von AFP erklärten Experten jedoch, Waldbrände würden durch den Klimawandel beschleunigt und deuteten darauf hin, dass die Welt nicht auf die zunehmende Heftigkeit von Waldbrände vorbereitet sei.

In seinem sechsten Sachstandbericht von 2021 bis 2023 erklärt der Weltklimarat (IPCC) zudem, dass menschliche Aktivitäten die globale Erderwärmung "eindeutig" verursachten. Der IPCC erläutert in einem Abschnitt des Berichts, dass "der globale Temperaturanstieg aufgrund des anthropogenen Klimawandels die Trockenheit und Dürre verstärkt, die Waldbrandsaison auf einem Viertel der weltweiten Vegetationsfläche verlängert und die durchschnittliche Waldbrandsaison zwischen 1979 und 2013 um ein Fünftel verlängert hat".

Weiterhin führt der IPCC aus, dass Waldbrände durch den menschengemachten Klimawandel häufiger aufträten, da er den Hauptantriebsfaktor für die Brände verstärke: Hitze. "Die Hitze des Klimawandels trocknet die Vegetation aus und beschleunigt Brände." Dem Bericht zufolge verursachten aber auch andere Faktoren wie Abholzung von Wäldern oder Brandrodung zugunsten der Landwirtschaft Waldbrände.

"Es ist erwiesen, dass der menschengemachte Klimawandel zu einem Anstieg der durch Waldbrände verbrannten Flächen in Nordamerika geführt hat", erklärt der IPCC. Zwischen 1984 und 2015 habe sich die von Waldbränden betroffene Fläche verdoppelt im Vergleich zu jener, die ohne Klimawandel abgebrannt wäre. Das seien 4,9 Millionen Hektar zusätzlich – ein Gebiet, das größer ist als die Schweiz.

Die Technik kontrollierter Feuer

Eine der Maßnahmen von Feuerwehren und Forstämtern gegen Waldbrände sowie für den Erhalt der Landschaft und die Verbesserung der Landwirtschaft sind kontrollierte Feuer. Das online geteilte Video zeige tatsächlich ein solches Feuer, erklärte Pauline Vilain-Carlotti, Spezialistin für Waldbrandrisiken und Projektleiterin beim Observatorium für nachhaltige Immobilien (OID) in Frankreich in einer E-Mail an AFP vom 2. Juli 2024.

"Wir sehen eine Person, die einen linearen, kontinuierlichen Feuerstoß ausführt und dabei eine Funkenwurfkanone für Schüsse mit geringer Intensität verwendet", erklärte Vilain-Carlotti. Das geschehe mechanisch und regelmäßig. "Die Person trägt typische Forstkleidung und einen orangefarbenen Helm." All das deute somit "darauf hin, dass es sich um eine autorisierte Person handelt, die eine technische Maßnahme ausführt: ein kontrolliertes Feuer".

Die Forscherin erklärte, dass kontrollierte Feuer oder kontrollierte Brände ihre Ursprünge in den alten Weidepraktiken der mediterranen Viehzüchter hätten, die Feuer zur Pflege ihrer Weiden und zur Förderung der Futterresourcen eingesetzt hätten. "Diese Praxis ist im Wesentlichen eine kollektive Anstrengung zur Eindämmung von Bränden und besteht darin, kontrollierte Stichprobenbrände von geringer Intensität, oft rückwärts, zu legen, um eine Ausbreitung zu verhindern", erläuterte sie. "Es ist ein quasi chirurgischer Akt."

Vilain-Carlotti wies zudem darauf hin, dass Witterungsbedingungen wie Hitze und Wind bei dieser Technik berücksichtigt werden müssten, um eine Ausbreitung des Feuers zu verhindern. "Aus diesem Grund gingen die volkstümlichen Brände nachts vonstatten, wenn die Temperaturen niedriger sind." Das sei auch bei dem online geteilten Video zu beobachten. "Ganz klassisch, um von den Wetterbedingungen zu profitieren, die für die Brandkontrolle günstig sind."

Die Allgemeinheit könne mit der Technik wenig anfangen. "Die Idee, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, wird von der allgemeinen Öffentlichkeit nach wie vor wenig verstanden, die schnell verängstigt ist und Verschwörungserzählungen über angebliche Pyromanen neigt, wie virale Videos in sozialen Medien zeigen", erklärte die Forscherin.

Auch in Europa komme die Maßnahme laut Vilain-Carlotti in einigen Ländern zum Einsatz. In Frankreich wendeten Försterinnen und Förster sie an, in Italien sei sie der staatlichen Forstwache vorbehalten. In Griechenland forschen Behörden und Forstdienste zum Einsatz kontrollierter Brände zur Waldbrandbekämpfung und Verringerung des Risikos.

AFP hat bereits in der Vergangenheit Behauptungen zu kontrollierten Bränden überprüft.

Fazit: Ein viel geteiltes Video zeigt Maßnahmen zum kontrollierten Abbrennen eines Waldes in Alabama, einer Technik zur Vorbeugung von Waldbränden. Der Clip widerlegt nicht die Tatsache, dass die Waldbrandgefahr und -häufigkeit durch den menschengemachten Klimawandel zugenommen haben, wie auch Expertinnen und Experten gegenüber AFP erklärten.