Warum Briefkastenfirmen ein Verbrechen sind

Die Panama Papers enthüllen eine Schattenwelt: „Offshore“ lagern Unsummen von Geldern, die eigentlich ans Tageslicht gehören. Die internationale Gemeinschaft muss diesem Treiben endlich ein Ende setzen

Ein Kommentar von Jan Rübel

In den kommenden Tagen wird eine Lawine über die Welt hineinbrechen – aus Informationen. 2,6 Terrabyte, rund 11,5 Millionen Dokumente unter anderem zu 214.000 Briefkastenfirmen in internationalen Steueroasen sind aus einer geheimen Quelle der „Süddeutschen Zeitung“ zugespielt worden. Der Twitter-Kommentar von „Wikileaks“: „Oops.“

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Das „Geschenk“ an die Münchener Zeitung ist das Resultat jahrelanger Verdienste bei investigativen Recherchen. Im Verbund mit anderen 400 Kollegen aus Medien wie „Guardian“ und „Le Monde“ durchforsten die Redakteure nun die Dokumente und werden die Öffentlichkeit in den kommenden Wochen mit ihren Erkenntnissen in Schnappatmung versetzen. Der Codename für diese Aktion ist schon jetzt Historie: „Panama Papers“.

Der alltägliche Verrat

Schon jetzt ist klar, dass zahlreiche Staatschefs, Prominente und Spitzensportler unter den „Aufgedeckten“ sein werden. Zuerst ins Visier ist Russlands Präsident Wladimir Putin geraten, dem seit langem nachgesagt worden ist, er unterhalte über Freunde ein Netzwerk, welches ein enormes Geldvermögen für ihn versteckt.

Klar ist auch, dass Deutsche genannt werden. Natürlich sind auch deutsche Geldinstitute bei all den jahrelangen Verschleierungsmanövern beteiligt. Sie sind alltäglich. Und sie sind abscheulich. Ein Verrat an der Gesellschaft. Und sie gehören endlich angegriffen.

Was ist eigentlich eine Briefkastenfirma? Wie der Name sagt, besteht sie nur aus einer Adresse und, wenn es hochkommt, einem Türschild – dahinter aber keine Büroräume und Angestellten. Briefkastenfirmen dienen dem Verstecken von Geld. Will eine Person oder eine Firma nicht, dass nur irgendjemand auf gewisses Vermögen schaut, sei es der Fiskus oder die Staatsanwaltschaft oder ein Journalist, wird dieses Geld auf das Bankkonto solch einer Briefkastenfirma transferiert.

Diese sitzt gemeinhin nicht in Gastropp-Rauxel oder Frankfurt am Main, sondern auf einer Insel weitab vom internationalen Geschehen. Diese Inseln unterstehen zwar meist normalen großen Staaten wie den USA oder Großbritannien – aber genießen wirtschaftsrechtlichen Sonderstatus, der ihnen das Versteckspiel erlaubt: Briefkastenfirmen dienen lediglich der Steuerhinterziehung und/oder der Verschleierung, woher gewisse Gelder kommen.

Endlich Licht ins Dunkel

Ein konkretes Beispiel aus meiner Arbeit: Vor Jahren recherchierte ich über die Insolvenz eines deutschen mittelständischen Unternehmens, das kurz vor seinem Aus von den Besitzern, einer Beteiligungsgesellschaft, ausgenommen wurde wie eine Weihnachtsgans. Die „Berater“ konnten nichts für den Niedergang der Firma, wohl aber wollten sie diese noch melken, bevor letzte Vermögen in die Insolvenzmasse fließen.

Ich stieß auf einen installierten „Totengräber“, der immer dann engagiert wird, wenn er eine Firma abwickeln soll. Ich stieß auf absurd hohe Beraterhonorare, die plötzlich festgesetzt wurden. Und ich stieß auf eine Firma auf den Cayman Islands, an die diese Gelder gingen.

Schon mal einen Einblick gehabt in das Handelsregister der Cayman Ilands? Der kostet nicht wenig, ist aber das Geld nicht wert. Ein Auszug über eine Firma verrät die Adresse – des Briefkastens. Mehr nicht. Keine Namen, keine Zahlen, nichts. Damals stieß ich an eine Wand. Die Geschichte habe ich nie veröffentlicht.

Daher ist es für all jene, die selbst keine Briefkastenfirmen in Anspruch nehmen – und das wird die überwältigende Mehrheit der Menschheit sein – nun eine Genugtuung zu sehen, wie endlich ein wenig Licht in diese Schattenwelt fällt. Von diesen Firmen geht nichts Gutes aus, nur Schlechtes. Es ist schon eines dieser Wunder, warum wir ihre Existenz überhaupt erlauben. Es ist Zeit, dass wir den Ring aus unserer Nase nehmen.

Bild: dpa

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