WDR-Chef Tom Buhrow stellt bisherige Koexistenz von ARD und ZDF infrage

Der WDR-Intendant Tom Buhrow sprach in Hamburg über die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten. "Wir müssen aus dem bisherigen System Staatskanzleien hier, Sender dort ausbrechen", erklärt er in seiner Rede. (Bild: 2022 Getty Images/Andreas Rentz)
Der WDR-Intendant Tom Buhrow sprach in Hamburg über die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten. "Wir müssen aus dem bisherigen System Staatskanzleien hier, Sender dort ausbrechen", erklärt er in seiner Rede. (Bild: 2022 Getty Images/Andreas Rentz)

Bei einer Rede vor dem Verein Übersee-Club in Hamburg sprach Tom Buhrow über die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien und brachte mögliche Veränderungen ins Spiel. Sogar den gemeinsamen Fortbestand von ARD und ZDF stellt der WDR-Chef in Frage.

In den vergangenen Monaten ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht gerade mit positiven Schlagzeilen aufgefallen - insbesondere wegen der Vorwürfe und Ermittlungen bezüglich der ehemaligen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger. Für viele ist klar: Es müssen dringend Veränderungen her. Auch Tom Buhrow, Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR), macht sich Gedanken über die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen - wenn auch aus anderen Gründen.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" veröffentlichte eine Rede des 64-Jährigen vor dem Verein Übersee-Club in Hamburg, in der er sich unter anderem für eine Rundfunk-Reform und einen Gesellschaftsvertrag für die Öffentlich-Rechtlichen aussprach. "Mein fester Eindruck ist: Deutschland scheint uns in zehn Jahren nicht mehr in dem Umfang zu wollen - und auch finanzieren zu wollen wie heute", sagte Buhrow. Gerade jetzt seien Veränderungen nötig: "Wenn wir jetzt nicht verantwortungsvoll und ehrlich einen Neuanfang machen, wird es schlimmstenfalls keinen Neuanfang geben. Aber dafür ist der gemeinnützige Rundfunk einfach zu wichtig."

Buhrow schweben mehrere Ansätze einer Erneuerung der öffentlich-rechtlichen Medieneinrichtungen vor: "Erstens: Wir müssen aus dem bisherigen System Staatskanzleien hier, Sender dort ausbrechen. Zweitens: Wir brauchen dafür einen Runden Tisch, der einen neuen Gesellschaftsvertrag ausarbeitet. Eine Art verfassungsgebende Versammlung für unseren neuen, gemeinnützigen Rundfunk." Bei dieser dürfe es keine Tabus oder Denkverbote geben,

"Soll einer ganz verschwinden und der andere bleiben?"

Dann ließ der WDR-Chef eine noch radikalere Frage folgen: Im Hinblick auf die beiden öffentlich-rechtlichen Hauptsender ARD und ZDF müsse man sich laut Buhrow die Frage stellen, ob "Deutschland im 21. Jahrhundert weiter parallel zwei bundesweite, lineare Fernsehsender" wolle. "Wenn nicht: Was heißt das? Soll einer ganz verschwinden und der andere bleiben? Oder sollen sie fusionieren, und das Beste von beiden bleibt erhalten?"

Weiter regte Buhrow die Einrichtung eines bundesweites Radios innerhalb der ARD an - auch seine vor Kurzem geäußerte Idee von einer einzigen Mediathek des öffentlich-rechtlichen Rundfunks griff er auf. Die Frage, wie viele unabhängige Rundfunkanstalten für eine vielfältige Medienlandschaft beitragen sollen, sei ein wichtiger Punkt in der Debatte: "Das wird nicht Sender für Sender und Bundesland für Bundesland zu lösen sein - sondern nur in einem größeren Zusammenhang", bekräftigte der Intendant.