Wer schön sein will, lässt Tiere leiden: Sind Tierversuche wirklich notwendig?

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Die reichhaltige Tagescreme, der Lieblings-Lippenstift oder auch die Kopfschmerztablette: Einige dieser Produkte verdanken wir den Forschungen an Tieren. Aber müssen Kaninchen, Ratten, Mäuse und Affen wirklich leiden, damit Menschen sich schöner fühlen oder gesund bleiben? Einige Wissenschaftler meinen, es sei der einzige Weg. Andere Mediziner und Tierschützer betonen, dass es genügend Alternativen gibt!

Seit März 2013 ist der Verkauf von Kosmetika, deren Inhaltsstoffe nach diesem Datum an Tieren getestet wurden, verboten. Deshalb gilt ein Produkt aber noch lange nicht als tierversuchsfrei! Einige Inhaltsstoffe von Beauty-Produkten werden ebenso in anderen Bereichen verwendet und daher auf ihre Verträglichkeit an Tieren getestet. Auch wer beispielsweise Zutaten aus China bezieht, unterstützt Tierversuche, die dort noch immer an der Tagesordnung sind. Zahlreiche Websites, Blogs und Apps – beispielsweise Animals’ Liberty oder Kosmetik-Vegan.de – haben sich daher der Aufgabe angenommen, Kosmetikprodukte zu prüfen und Listen der tierversuchsfreien Artikel regelmäßig zu erweitern.

Wie die „Versuchskaninchen“

Während die Schönheitsindustrie zumindest offiziell auf Tierversuche verzichtet, wird für medizinische Forschungen weiter an Tieren experimentiert. Allein in Deutschland wurden 2014 etwa zwei Millionen Tiere in Laboren zu „Versuchskaninchen“. Klar möchte man Krankheiten wie Depressionen oder Alzheimer bekämpfen oder ein Wundermittel gegen Krebst entdecken. Doch ist das wirklich der richtige Weg?

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„Bedenkt man, wie sehr sich bereits einzelne Tierarten voneinander unterscheiden, muss jedem klar sein, welch große Abweichungen hinsichtlich Körperbau, Organfunktion, Stoffwechsel, Ernährung, Psyche und Lebensgewohnheiten zwischen Tier und Mensch bestehen. Die Folge ist, dass die Reaktion auf Chemikalien und auch auf Medikamente sehr unterschiedlich ausfallen. Was für den Menschen schädlich ist, kann für ein Tier harmlos sein und umgekehrt“, sagt Stephanie Kowalski, Tierärztin und Fachreferentin gegen Tierversuche bei PETA zu „Yahoo! Deutschland“.

Tierversuche: Gibt es Alternativen?

“Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft kann auf Tierversuche – trotz des vermehrten Einsatzes von Alternativmethoden – nicht vollständig verzichtet werden”, sagt beispielsweise die Sprecherin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, Jennifer Reinhard.

„Natürlich gibt es Alternativen“, meint hingegen Stephanie Kowalski. „Angefangen bei Zellkulturen über Organ- und Bio-Chips bis hin zu hochentwickelten Computertechniken.“

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Hirnforscher und Leiter des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik in Tübingen, Nikos Logothetis, ist sich sicher: Ohne Primatenversuche gebe es nur den Bruchteil einer Chance, Krankheiten wie Autismus, Epilepsie, Parkinson oder Demenz überhaupt nur ansatzweise zu verstehen.“Man kann mit einem Affen anspruchsvolle Experimente nur durchführen, wenn er sich wohlfühlt und sich konzentrieren kann”, sagte er im Interview mit der „Welt“. Gleichzeitig gibt er aber zu: “Kein Tier würde sich bewerben, um in einem Labor als Versuchstier arbeiten zu dürfen.”

Strafverfahren gegen das Max-Planck-Institut

Stephanie Kowalski sieht die Zukunft hingegen vor allem in In-vitro-Methoden auf Basis menschlicher Zellen. Dies sei ein vielversprechender Forschungsweg, toxikologische Testreihen für Pharmazie, Chemie oder Kosmetik durchzuführen.

Gegen das renommierte Max-Planck-Institut wird derzeit in einem aufwändigen Verfahren ermittelt. Es werden Anzeigen von Tierschützern geprüft, die Tierquälerei und Tiertötung ohne vernünftigen Grund anbringen.

(Bilder: AP, Getty Images)