Zoff um Heimat-Begriff bei „Hart aber fair”

Bei “Hart aber fair” diskutierten (von links): Idil Baydar (Kabarettistin), Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Armin Nassehi (Soziologie-Professor), Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Nikolaus Blome (Bild) und Moderator Frank Plasberg. Foto: Screenshot ARD
Bei “Hart aber fair” diskutierten (von links): Idil Baydar (Kabarettistin), Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Armin Nassehi (Soziologie-Professor), Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Nikolaus Blome (Bild) und Moderator Frank Plasberg. Foto: Screenshot ARD

Das gibt es selten. Eine Talksendung, die schon vor der Ausstrahlung für Diskussion sorgt. Am Montagabend diskutierte Frank Plasberg in der ARD über das Thema „Deutschland – nur für Deutsche oder offen für alle?” Der Titel kam nicht überall gut an.

Die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli twitterte: „Diese Sprache ist der Grund, warum auch mir gesagt wird, ich soll in meine Heimat zurück, ein Grund für Drohungen, die ich bekomme, für den Hass, ein Grund dafür, dass Rechte denken, sie sind stärker.” Der WDR, der die Show produziert, gab sich unbeeindruckt: „Wir nehmen Kritik von außen grundsätzlich zum Anlass, unser eigenes Tun kritisch zu reflektieren”, teilte der Sender am Montag mit. „Dies haben wir auch in diesem Fall getan, uns aber entschieden, bei dem Titel zu bleiben.”

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Die Gäste

  • Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag

  • Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler und stellvertretender bayerischer Ministerpräsident

  • Idil Baydar, Kabarettistin

  • Armin Nassehi, Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München

  • Nikolaus Blome, Politikchef der „Bild“-Zeitung

Woran seine Gäste beim Begriff „Heimat” denken, wollte Plasberg zu Anfang wissen. Die Grünen-Politikerin Göring-Eckardt denkt an Klöße und Roster, „Bild”-Mann Blome an Buchsbäume, der Bayer Aiwanger an Vogelgezwitscher und frische Luft, Wissenschaftler Nassehi an schwäbische Küche und die Kabarettistin Baydar an Kartoffeln und Chai.

Kabarettistin Baydar: „Mich meint die AfD mit ‘entsorgen’.”

Den Zoff des Abends lieferten sich Boulevardjournalist Blome und Ulknudel Baydar. Blome sagte mit Blick auf den Fußballprofi Mesut Özil: „Man muss sich für ein Land entscheiden.” Baydar sagte: „Frechheit.” Es sei völlig in Ordnung, zwei Heimaten zu haben, so die Kabarettistin.

Blome forderte: „Wer sich Heimat erwerben will, ist in der Bringschuld.” Baydar entgegnete: „Nach zwei oder drei Jahrzehnten müssen wir immer noch beweisen, dass wir deutsch sind.” Sie sei in Deutschland geboren und dennoch in der Bringschuld? Die Künstlerin aus dem niedersächsischen Celle fügte hinzu: „Ich bin gemeint, wenn die AfD sagt, die müssen wir entsorgen – nicht Sie.”

Hubert Aiwanger, konservativer Politiker aus Bayern, stimmte Baydar zu: Menschen könnten mehrere Heimaten haben im Leben. Der Landwirtschaftsminister äußerte aber auch Verständnis für die besorgten Bürger: „Wenn Menschen zu viel Veränderung zugemutet wird, bekommen sie Angst.”

Grüne fordere: Heimatbegriff nicht den Rechten überlassen

„Wir dürfen den Begriff nicht den Rechten überlassen”, forderte Göring-Eckardt. „Heimat ist für mich eine Herzensangelegenheit und die kann ich nur weltoffen, zugewandt und europäisch denken”. Zur Heimat gehöre, „wer da ist”, stellte Göring-Eckhardt klar.

Der Soziologe Armin Nassehi bemühte sich, die Debatte zu versachlichen. Der Begriff „Heimat” stamme aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Konjunktur habe das Wort immer dann, wenn sich Gesellschaften stark verändern und „mobiler” würden. Nassehi: „Man darf fragen, wo jemand herkommt, aber niemand darf darauf reduziert werden.” Oft sei es so, dass die Herkunftsfrage das einzige sei, was an einer Person interessiere. Nassehi forderte, „Heimat” weniger gefühlsbetont zu diskutieren.

Den Satz des Abends…

sagte Göring Eckhardt: „Egal, woher die Menschen kommen und wie lange sie schon hier leben – legt sie nicht darauf fest, woher ihre Großeltern kommen. Diese Empathie sollten wir uns leisten“, betonte die Grünen-Politikerin.

Fazit:

Viel Lärm um nichts. Verglichen mit der Aufregung im Vorfeld, verlief die Diskussion harmlos. Neue Denkansätze oder originelle Sichtweisen bot keiner der Diskutanten. Sicher ist: „Heimat” ist ein hochpolitischer und umstrittener Begriff. Aber das wussten wir schon vor dieser Ausgabe von „Hart aber fair”.

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