Baerbock: Hamas muss Biden-Plan zu Waffenruhe "endlich zustimmen"

Außenministerin Baerbock hat bei ihrem Besuch in Nahost die radikalislamische Hamas gedrängt, den vorliegenden Plan für eine Waffenruhe im Gazastreifen anzunehmen. "Die Hamas hat es in der Hand, das Leid der Menschen in Gaza dadurch sofort zu lindern", sagte sie in Jerusalem. (RONALDO SCHEMIDT)
Außenministerin Baerbock hat bei ihrem Besuch in Nahost die radikalislamische Hamas gedrängt, den vorliegenden Plan für eine Waffenruhe im Gazastreifen anzunehmen. "Die Hamas hat es in der Hand, das Leid der Menschen in Gaza dadurch sofort zu lindern", sagte sie in Jerusalem. (RONALDO SCHEMIDT)

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat bei ihrem Besuch in Nahost die radikalislamische Hamas gedrängt, den vorliegenden Plan für eine Waffenruhe im Gazastreifen anzunehmen. "Die Hamas hat es in der Hand, das Leid der Menschen in Gaza dadurch sofort zu lindern", sagte Baerbock am Dienstag vor Journalisten in Jerusalem. Deswegen müsse die Hamas dem von US-Präsident Joe Biden vorgestellten Plan "nun endlich zustimmen" und "alle Geiseln freilassen". Dies sei "der einzig realistische Weg aus der Sackgasse des Krieges, zur Befreiung der Geiseln und hin zu einem humanitären Waffenstillstand".

Am Ende könne "nur eine politische Lösung" das "unglaubliche Leid der Menschen in Gaza dauerhaft beenden" und den Menschen in Israel und den Palästinensergebieten "dauerhaft Sicherheit bringen", betonte Baerbock.

Neben der Verstärkung der diplomatischen Bemühungen kündigte Baerbock zudem mehr humanitäre Hilfe aus Deutschland für die Menschen im Gazastreifen an. Die Bundesregierung stocke ihre Hilfen um weitere 19 Millionen Euro auf, sagte Baerbock. Damit solle unter anderem "ein Minimum an medizinischer Versorgung" sichergestellt werden.

Bei ihren Gesprächen in Israel und im Westjordanland gehe es auch um einen Ausweg aus der "Sackgasse dieses Krieges". In diesem Zusammenhang bekräftigte Baerbock die Haltung der Bundesregierung zur Zweistaatenlösung. "Israelis wie Palästinenser können nur auf Dauer in Sicherheit leben, wenn der jeweils andere in Würde und ohne Angst leben kann." Baerbock verwies dabei auf gemeinsame Bemühungen "mit unseren internationalen Partnern und vor allem unseren arabischen Partnern an den Eckpfeilern eines deutschen Friedensplans".

In diesem Zusammenhang äußerte Baerbock scharfe Kritik an der Siedlungspolitik der israelischen Regierung. Teile der israelischen Regierungskoalition "zündeln und gefährden mit ihrer aggressiven Siedlungspolitik langfristig israelische Sicherheitsinteressen", warnte Baerbock und betonte: "Die Stärke Israels liegt in seiner liberalen Demokratie."

Baerbock forderte zudem Reformen von der palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Denn für nachhaltige Sicherheit brauche es auch auf der palästinensischen Seite "einen starken und verlässlichen Partner", sagte die Ministerin. Mit den notwendigen Reformen könne die palästinensische Autonomiebehörde "in diese wichtige Rolle hineinwachsen". Dies habe sie auch bei ihrem Treffen mit neuen palästinensischen Regierungschef Mohammed Mustafa in Ramallah am Dienstag deutlich gemacht und ihm daher die Unterstützung Deutschlands für die politischen und wirtschaftlichen Reformen zugesichert.

Ohne Ressourcen sei ein solcher "Neuanfang" jedoch unmöglich", sagte Baerbock. Daher erwarte die Bundesregierung von der israelischen Regierung, "dass sie die Zoll- und Steuergelder, die der PA zustehen, freigibt". Israelischen Banken müsse es wieder erlaubt werden, "Zahlungen mit palästinensischen Banken abzuwickeln".

Baerbock war am Montag zu ihrer achten Nahost-Reise in Israel eingetroffen. Am Montag hatte sie bei einer Sicherheitskonferenz an der Reichman-Universität in der Stadt Herzlia einen Vortrag gehalten. Nach ihrem Treffen mit Mustafa in Ramallah war ein Treffen mit dem israelischen Außenminister Israel Katz in Jerusalem geplant.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Furcht vor einer Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah reist Baerbock am Nachmittag in den Libanon weiter. In Beirut sind Gespräche mit dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Nadschib Mikati und dem geschäftsführenden Außenminister Abdullah Bou Habib geplant.

Die Situation an der Grenze bezeichnete Baerbock als "brandgefährlich" und "sehr ernst". "Die Hisbollah-Kämpfer an der Blue Line sind eine für Israel nicht hinnehmbare Bedrohung", sagte Baerbock mit Blick auf den 30 Kilometer von der israelisch-libanesischen Grenze entfernten Litani-Fluss, hinter den sich die Hisbollah laut einer UN-Resolution zurückziehen muss.

Die vom Iran unterstützte Hisbollah müsse "aufhören, Israel zu beschießen". "Mit jeder Rakete über die Blue Line wächst die Gefahr, dass die Lage außer Kontrolle gerät", warnte sie. Mit den Regierungsvertretern im Libanon wolle sie unter anderem beraten, wie eine Eskalation verhindert werden kann.

Die Schiiten-Miliz Hisbollah wird vom Iran gesteuert, sie kontrolliert das Gebiet gleich hinter der Nordgrenze Israels. Auch die Hamas ist im Libanon präsent.

kas/ck