Bizarrer Wahlkampf in Frankreich: Wird Sozialist Raphael Glucksmann Premierminister?

Bizarrer Wahlkampf in Frankreich: Wird Sozialist Raphael Glucksmann Premierminister?

Der sehr kurze und sehr andere Wahlkampf vor den Parlamentswahlen in Frankreich dauert jetzt nur noch wenige Tage, denn schon am 30. Juni findet die erste Runde des von Präsident Emmanuel Macron am 9. Juni ausgerufenen Urnengangs statt. Die entscheidende zweite Runde am 7. Juli liegt schon in den französischen Sommerferien.

In den Umfragen sind das rechtsextreme und das linke Lager mit etwas über und etwas unter 30 Prozent jetzt fast gleichauf und die Macron-Partei kommt weiterhin nur auf Platz 3.

In der Befragung für die Wochenzeitung Le Point kommt die rechtsextreme Le-Pen-Parteri Rassemblement National auf 32 Prozent, die linke Volksfront - bestehend aus Linken, Sozialisten und Grünen auf 30 Prozent und die Parteien, die Präsident Macron unterstützen, auf 19 Prozent.

Wie mehrere französische Medien berichten, fürchten zahlreiche Berater und Beraterinnen der aktuellen Regierung bereits um ihre Posten.

Wegen der Unsicherheit der Umfragen und der unvorhersehbaren Situation wollen mehrere Meinungsforschungsinstitute keine Voraussagen für die mögliche Zahl der Sitze in der Nationalversammlung machen. Während Odexa - das Voraussagen zu den Sitzen macht - das rechtsextreme Rassemblement National nicht weit von der absoluten Mehrheit im Parlament entfernt sieht, gehen andere Institute von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Rechtsextremen und Linken aus.

Europapolitiker Glucksmann beliebtester Anwärter des linken Lagers auf Amt Regierungschef

Eine Umfrage für die Wirtschaftszeitung LES ECHOS kommt zu dem Ergebnis, dass der Spitzenkandidat der französischen Sozialisten bei der Europawahl der beliebteste Anwärter auf das Amt des Premierministers im linken Lager ist.

Die rechtsextreme Marine Le Pen will ihren Parteichef Jordan Bardella zum Premierminister machen - auch er war Spitzenkandidat bei der Europawahl.

Europaabgeordneter der Sozialistischen Partei Raphael Glucksmann am 9. Juni 2024
Europaabgeordneter der Sozialistischen Partei Raphael Glucksmann am 9. Juni 2024 - Michel Euler/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.

Der 44-jährige Raphael Glucksmann ist Europaabgeordneter, Essayist, Dokumentarfilmer und Lebensgefährte der TV-Journalistin Léa Salamé. Von 2009 bis 2012 war er Berater des georgischen Politikers Mikheil Saskaschwili.

Glucksmann hatte einen erfolgreichen Wahlkampf vor der Europawahl geführt. Am Ende lag seine Partei hinter den Rechtsextremen und knapp hinter der Partei von Emmanuel Macron auf Platz 3.

Der ehemalige sozialistische Präsident François Hollande kommt in der Umfrage zu möglichen Regierungschefs der der Volksfront auf Platz 3 - hinter dem Linken François Ruffin. Hollande tritt im ländlichen Département Corrèze bei den Parlamentswahlen an.

Allerdings geht der 72-jährige Parteichef der Linken, La France Insoumise (LFI), Jean-Luc Mélenchon weiterhin davon aus, dass auch er Premierminister werden könnte.

"Besetzte Republik"

Die linke Wochenzeitung "Le Nouvel Obs" spricht von einer von den Rechtsextremen "besetzten Republik" - und zeigt auf, was es bedeuten würde, falls die Le-Pen-Partei Rassemblement National an die Regierung käme. Die Hypothese eines Wahlsiegs von Jordan Bardella würde dem Land eine "nicht-liberatle Demokratie" aufbürden.

Tatsächlich spielen viele französische Medien schon durch, welche Folgen es hätte, wenn das Wahlprogramm des rechtsextremen Parteichefs Jordan Bardella umgesetzt würde.

Es gibt keine Briefwahl

Die Wahlbehörden haben bereits mitgeteilt, dass noch nie zuvor so viele Wählerinnen und Wähler wie diesmal eine sogenannte "procuration" beantragt haben. "Procuration" bedeutet, dass ein anderer Wahlberechtigter oder eine andere Wahlberechtigte aus demselben Wahlkreis die Stimme für eine andere Person abgibt. In Frankreich gibt es keine Briefwahl. Doch es wird mit einer hohen Wahlbeteiligung gerechnet.