Fast acht Jahre Jugendstrafe für 15-Jährigen wegen Mordes an Sechsjährigem

Wegen Mordes an einem sechsjährigen Jungen in Pragsdorf in Mecklenburg-Vorpommern hat das Landgericht Neubrandenburg einen 15-Jährigen zu einer langjährigen Jugendstrafe verurteilt. Das Gericht verhängte sieben Jahre und neun Monate. (Odd ANDERSEN)
Wegen Mordes an einem sechsjährigen Jungen in Pragsdorf in Mecklenburg-Vorpommern hat das Landgericht Neubrandenburg einen 15-Jährigen zu einer langjährigen Jugendstrafe verurteilt. Das Gericht verhängte sieben Jahre und neun Monate. (Odd ANDERSEN)

Wegen heimtückischen Mordes an einem sechsjährigen Jungen aus seiner Nachbarschaft hat das Landgericht Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern einen 15-Jährigen zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Richter sahen es am Donnerstag als erwiesen an, dass der Angeklagte im September 2023 den kleinen Joel in einem Gebüsch in der Nähe eines Bolzplatzes in Pragsdorf bei Neubrandenburg im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte gewürgt und erstochen hatte.

Ausgelöst wurde die Tat nach Ansicht des Gerichts durch eine abfällige Bemerkung des Kleinen während eines gemeinsamen Spieles. Der damals 14-jährige Angeklagte hatte schon häufig mit Joel gespielt und auf ihn aufgepasst, weil er bei dessen Familie ein- und ausging, wie die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung sagte. An jenem Tag im September vergangenen Jahres hockten die beiden in einem Gebüsch, das als "Geheimversteck" bei den Kindern des Dorfs bekannt war, weil der Angeklagte rauchen wollte.

Da sie sich langweilten, beschlossen sie den Angaben zufolge gemeinsam, sich im Luftanhalten zu messen. Während das Kind nicht zu atmen versuchte, würgte der Angeklagte den Kleinen, bis dieser kurz bewusstlos wurde. Er kam schnell wieder zu sich und sagte: "Ich hasse dich!" Weil der Angeklagte nun befürchtete, von Joel bei den Eltern wegen des Würgens verpetzt zu werden, drückte er ihm fester die Kehle zu und stach dann mehrmals mit einem mitgeführten Messer auf den Kleinen ein.

Laut der Vorsitzenden Richterin konnte Joel mit diesem Angriff nicht rechnen, weil der Angeklagte noch nie ihm gegenüber gewalttätig geworden war, selbst wenn Joel frech geworden sei. Das Messer warf der Angeklagte ins Unterholz, wo es später gefunden wurde. Er fuhr zum Einkaufen und beteiligte sich später an der Suche nach Joel, der gegen 21.15 Uhr gefunden wurde. Wegen der DNA-Spuren an dem 15 Zentimeter langen Messer und widersprüchlicher Aussagen wurde der Angeklagte zwei Wochen nach der Tat festgenommen.

Während des Prozesses schwieg der 15-Jährige zunächst. Im Verlauf des Verfahrens bezichtigte er dann einen anderen Jungen, mit ihm zusammen Joel getötet zu haben. Erst gegen Ende des Prozesses gestand er, die Tat allein begangen zu haben. Die detaillierte Schilderung war laut Gericht nicht zu widerlegen. Ohne das Geständnis hätte das Gericht ihn nicht wegen Mordes verurteilen können, sagte die Vorsitzende Richterin.

Mehrfach betonte die Vorsitzende Richter, dass der angeklagte Jugendliche bis zu der Tat nicht durch Gewalt aufgefallen sei, obwohl er in der Schule gemobbt und von Gleichaltrigen häufig schikaniert worden sei sowie häusliche Gewalt erlitten habe. Zeugen hätten ihn in dem ansonsten nicht öffentlichen Prozess als höflich und zuvorkommend geschildert. Erst nach der Tat sei er aufgrund von unbewiesenen Gerüchten "von der Presse so in Szene gesetzt worden". Die "Vorverurteilung" habe sich mildernd auf das Urteil ausgewirkt.

Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Mordes eine Haftstrafe von acht Jahren, die Verteidigung sieben Jahre Gefängnis wegen Totschlags beantragt. Die als Nebenkläger auftretenden Eltern Joels hofften auf die Höchststrafe von zehn Jahren. Nach dem Urteil waren sie zufrieden, dass der 15-Jährige "als Mörder" verurteilt worden sei. Die Anwältin der Eltern bezweifelte hingegen erneut, dass der Angeklagte bis zur Tat so harmlos gewesen sei, wie er vom Gericht dargestellt wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

ftx/cfm