Rassismus-Diskussion bei Lanz: Ex-Fußballprofi Patrick Owomoyela kritisiert die AfD

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Kein Mensch hierzulande leugnet, dass es Probleme gibt, wenn in kurzer Zeit hunderttausende Flüchtlinge zu uns kommen. Unter den rund 1,1 Millionen Asylsuchenden – so viele kamen 2015 – sind Diebe, Vergewaltiger und anderweitig Kriminelle. Allerdings nicht mehr oder weniger als unter 1,1 Millionen Deutschen. Das zumindest kann man den polizeilichen Kriminalstatistiken der Bundesländer entnehmen. So betonte das LKA Berlin in seinem Bericht vom vergangenen Jahr, dass „keine überproportionale Kriminalitätsbelastung von Zuwanderern“ zu beobachten sei. Dennoch gilt: Mehr Menschen, mehr Straftäter. Eigentlich banal.

Die Mär jedoch, dass DIE Medien einseitig über die Flüchtlingskrise informieren, taugt vielleicht für Stammtischrunden, mit der Realität haben solche pauschalen Behauptungen wenig zu tun. Das weiß jeder, der Zeitung liest oder Fernsehen schaut. So können AfD-Vertreter in nahezu jeder Talkshow ausführlich ihre Sicht schildern, große Magazine drucken Interviews mit Leuten aus der Parteiführung. Und das ist auch gut so.

Vor einigen Tagen traf sich der AfD-Vize Alexander Gauland mit zwei Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Gauland, dass muss man wissen, ist selbst ein erfahrener Journalist. Der in Chemnitz geborene Jurist war Herausgeber der Tageszeitung Märkische Allgemeine, im Berliner Tagesspiegel hatte er eine eigene Kolumne. Zu den FAS-Redakteuren soll Gauland nun über den in Berlin geborenen Fußballnationalspieler Jerome Boateng gesagt haben: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Eine Anspielung auf die Hautfarbe des Kickers, dessen Vater aus Ghana stammt. Gauland behauptet, die Journalisten hätten den Namen Boateng bewusst ins Spiel gebracht, um der AfD Schaden zuzufügen. Die FAS bestreitet das.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Partei und Presse um Zitate zoffen. Kein Wunder also, dass sich Markus Lanz am Mittwochabend dem Thema widmete. Leider war kein AfD-Vertreter dabei. Dabei hätte man etwa gerne die Sichtweise von Frauke Petry erfahren. Die AfD-Vorsitzende hatte sich bei Boateng für Gaulands Äußerungen entschuldigt. Ob Petrys Bedauern machtpolitischem Kalkül entsprang (Petry liefert sich mit Gauland derzeit einen parteiinternen Streit) oder aus ehrlicher Überzeugung resultierte, das wissen wir also bislang nicht.

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Dafür hatte Lanz andere interessante Gäste. Patrick Owomoyela beispielsweise. Der frühere Fußballprofi (Werder Bremen, Borussia Dortmund) musste jahrelang rassistische Kommentare ertragen. Schon während seiner Amateurzeit sei er vor allem in Ostdeutschland von den Rängen beschimpft worden. 2006 stänkerte die NPD gegen den damaligen Nationalspieler. Kurz vor der WM in Deutschland warb die rechte Truppe mit dem Slogan: „Weiß ist nicht nur eine Trikotfarbe.“ Er sei stolz gewesen, dass Trikot der Nationalmannschaft tragen zu dürfen, sagte Owomoyela, dessen Vater aus Nigeria stammt. „Ich habe mich nie als Nigerianer gefühlt, sondern als Deutscher und deshalb war ich war extrem traurig“, schilderte der 36-Jährige seine damalige Gefühlslage. Die AfD versuche nun wie seinerzeit die NPD „auf einer Bühne, die die Nationalmannschaft bietet, Politik zu machen“, kritisierte Owomoyela. „Gauland hat den Namen Boateng benutzt, um eine große Bühne zu bekommen.“

Noch deutlicher äußerte sich der Philosoph Wolfram Eilenberger. „Alltagsrassismus ist ein Faktum in Deutschland, Herr Gauland stellt das fest, bedauert es aber nicht, sondern legitimiert das“, monierte Eilenberger und fügte hinzu: „Damit positioniert er die AfD als Partei der bekennenden Alltagsrassisten.“ Die AfD arbeite mit „kalkulierten Tabubrüchen.“ So werde eine Gesamtstimmung geschaffen, „die unser Land vergiften soll“, erklärte Philosoph Eilenberger

Wenn jemand Erfahrung mit fremden Kulturen hat, dann Alfons Schubeck. Der Sternekoch hat in Paris gearbeitet, unter anderem zusammen mit Marokkanern. „Ich konnte kein Wort Französisch, aber nach der Arbeit haben wir alle zusammen ein Bier getrunken“, erzählte er gestern bei Lanz. „Ohne Leute, die eine andere Hautfarbe haben, würde es in Deutschland keine Gastronomie geben“, ist Schubeck überzeugt. Denn diese Menschen übernähmen jene Arbeit, die kein Deutscher machen möchte, etwa an der Spüle. „Wir legen uns mit Menschen an, mit denen ich seit 50 Jahren arbeiten darf und ohne die wir diese Leistungen nicht erbracht hätten.“ Dann wurde Schubeck grundsätzlich: „Was haben wir denn für Probleme im Vergleich zu anderen Ländern? Wir jammern auf sehr hohem Niveau“, so der Meisterkoch.

Autor: Frank Brunner, Fotos: AP Photo/ Roberto Pfeil und dpa

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