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So hat die GEZ-Gebühr keine Zukunft

Die ersten wandern in den Knast, Konten werden gepfändet: Die Rundfunkgebühren sorgen für Hohn und Frust. Wenn jetzt keine schnelle Reform kommt, steht das ganze Einzugssystem vor der roten Karte

Ein Kommentar von Jan Rübel

Als eine Märtyrerin sieht sich Beatrix von Storch sicherlich gern. „Nun ist es passiert“, twitterte sie. „Die GEZ hat zugeschlagen – und mein Konto gepfändet.“ Die AfD-Politikerin liebt den dramatischen Verbalauftritt, alles dreht sie eine Stufe höher. Eine Kontopfändung wird die Enkelin des ehemaligen Reichsfinanzministers unter Adolf Hitler nicht aus der Bahn werfen – aber unangenehm ist sowas schon.

Was ist passiert? Von Storch wettert seit langem gegen die GEZ-Gebühren. Sie sieht im öffentlichen Rundfunkwesen nicht nur einen Zwang gegen den Gedanken des mündigen Bürgers, sondern ihr stinkt der ganze Journalismus – also die alter Leier von der „Lügenpresse“, die hier zur Lügenglotze mutiert. Zuletzt fühlte sie sich, die arme, vom öffentlich-rechtlichen Obersatiriker Jan Böhmermann allzu arg auf die Schippe genommen. Sie schrieb dazu: „Mit staatlichen Zwangsgebühren finanziertes Propagantainment oder ist das schon Unterhaltungshetze?“

Qualitätsmedien sehen anders aus

Von Storchs Argumente gegen die GEZ richten sich also eher gegen die angebliche Lästigkeit, was also kritische und unabhängige Medien halt so treiben. Denn ein Staatsfernsehen gibt es in Deutschland nicht. Das hätte eine AfD-Bundesregierung vielleicht gern. Andersrum ist die Qualität von ARD und ZDF nicht gerade berauschend, deren Journalisten keine Ikonen oder Bezugsgrößen für die Zunft. Nur der Deutschlandfunk strahlt da allein auf weiter Flur.

Ganz merklich geht gerade ein Riss durch Deutschland. Auf der einen Seite stehen die „Anstalten“, auf der anderen heterogene Bürgermassen, die über die Zwangsabgabe zürnen. Und dazwischen, die wohl größte Gruppe, die Unentschlossenen, die in einem Beitrag für den Rundfunk durchaus einen Sinn sehen, aber auch in der Haushaltsabgabe einen Schildbürgerstreich.

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Diese Wohnungsregelung ist der Grund allen Übels. Über das Programm der Öffentlich-Rechtlichen wird gestritten werden, solange es sie gibt. Irgendjemandem wird es immer zu viel oder zu wenig Fußball geben, zu wenig Schlager und zu viel Rosamunde Pilcher. Die Haushaltsabgabe aber ist ein offen ausgesprochener Widerspruch auf dem Rücken der Bürger und wird daher niemals akzeptiert werden.

Zwar haben Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsreicht die Legalität dieser Abgabe jüngst bestätigt – dass also jeden Monat 17,50 Euro gezahlt werden müssen: pro Wohnung. Und unabhängig davon, ob in dieser Wohnung ein Radio oder ein Fernseher oder ein Computer oder ein Smartphone überhaupt sind. Das wird immer als hanebüchen empfunden werden.

Zurück zum Start

Daher ist die GEZ-Reform ein großes Eigentor. Mittlerweile gibt es nicht nur die von Storchs, die diesen Quatsch für ihre eigenen politischen Manöver ausnutzen wollen – es gibt auch Menschen, die wegen dieses Zwangs gar ins Gefängnis gehen; seit Ende Februar ist etwa eine 46-jährige Thüringerin in „Erzwingungshaft“. Die Frau sieht einfach nicht, dass diese Regelung mit der Verfassung in Einklang zu bringen sei und zieht daraus Konsequenzen. Der Job wurde ihr wegen der Inhaftierung gekündigt. Immerhin kann sie im Gefängnis kostenfrei Fernsehen, da dieses als „Gemeinschaftsunterkunft“ gilt. Ein Irrsinn.

Daher muss schnell ein Schritt zurück her. Über eine Abgabe pro Nutzung, also pro wirklich davon ausgehenden Konsums öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Besitz von Geräten – darüber würde man im Land einen Konsens finden. Aber nur darüber.

Und Deutschland kann den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gut gebrauchen, schon allein als Ansporn für alle Medien, aus Geld Qualität zu machen – woher auch immer dieses Geld kommt, sei es aus Werbeeinnahmen oder aus den Taschen von Bürgern. ARD und ZDF müssen schließlich erkennen, dass ihr derzeitiges Wirken so nicht in die Zukunft führt: Die Verwaltungsapparate sind zu groß und behäbig. Das Management besteht aus zu wenigen echten Machern und aus zu vielen Bürokraten. Die Folge ist eine Langeweile bei der Entwicklung eigener guter Konzepte. Mut ist zum öffentlich-rechtlichen Fremdwort geworden. Es ist Zeit für eine Umkehr.

Bild: dpa