Spanisches Amnestiegesetz für Katalanen endgültig verabschiedet

Nach der Abstimmung im Parlament applaudierten katalanische Unabhängigkeitsbefürworter im Parlament. (JAVIER SORIANO)
Nach der Abstimmung im Parlament applaudierten katalanische Unabhängigkeitsbefürworter im Parlament. (JAVIER SORIANO)

In Spanien ist das höchst umstrittene Amnestiegesetz für katalanische Unabhängigkeitsbefürworter endgültig verabschiedet worden. Das Parlament in Madrid stimmte der Vorlage am Donnerstag nach einer hitzigen Debatte mit 177 zu 172 Stimmen zu. Die konservative Oppositionspartei Partido Popular (PP) kündigte umgehend an, das Gesetz dennoch stoppen zu wollen - juristisch oder durch Druck von der Straße.

Die Amnestie soll etwa 400 katalanischen Aktivisten zugute kommen, die nach einem gescheiterten Abspaltungsversuch der reichen Region im Nordosten Spaniens im Jahr 2017 von der spanischen Justiz verfolgt wurden. Unter ihnen ist auch der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont, der nach Jahren im belgischen Exil nach Spanien zurückkehren will. Er bezeichnete die Verabschiedung des Amnestiegesetzes als "historisches Ereignis im langen und ungelösten Kampf zwischen Katalonien und dem spanischen Staat".

Das Amnestiegesetz war ein Zugeständnis des sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez an die Unabhängigkeitsbefürworter, die mit zwei Parteien im Parlament in Madrid vertreten sind. Sánchez war nach der Wahl im vergangenen Jahr auf ihre Unterstützung angewiesen, um eine Regierungsmehrheit zustande zu bringen. Die Amnestiepläne lösten monatelange Proteste der konservativen und rechtsextremen Opposition aus.

Sánchez erklärte nach der Verabschiedung im Onlinedienst X: "Im Leben wie in der Politik ist Vergebung stärker als Groll." Spanien sei "heute erfolgreicher und geeinter als im Jahr 2017".

Die rund zweieinhalbstündige Debatte vor der Abstimmung am Donnerstag war von hitzigen Auseinandersetzungen geprägt. Der Chef der konservativen PP, Alberto Núñez Feijóo, warf Sánchez vor, die Menschen in Spanien über seine Absichten zu einer Amnestie getäuscht zu haben. "Sie haben die Spanier belogen, weil Sie versprochen haben, es nicht zu tun", sagte Feijóo.

Sánchez hatte vor der Parlamentswahl vergangenes Jahr eine Amnestie abgelehnt - angesichts der Mehrheitsverhältnisse im neuen Parlament änderte er aber seine Meinung. Die Partei von Puigdemont hatte ihre Unterstützung einer Regierung Sánchez von dem Amnestiegesetz abhängig gemacht.

Der Vorsitzende der rechtsextremen Partei Vox, Santiago Abascal, warf Sánchez vor, von "Korruption" ablenken zu wollen und legte ihm die am Dienstag erfolgte Anerkennung eines palästinensischen Staats durch seine Regierung zur Last. Auf Abascals Äußerungen reagierten linke und sozialistische Abgeordnete, indem sie Vox-Vertreter als "Faschisten" und "Nazi-Unterstützer" bezeichneten.

Bis die Amnestie wirksam wird oder etwa der Haftbefehl gegen Puigdemont aufgehoben wird, könnten noch mehrere Wochen vergehen. Zunächst muss das Gesetz von König Felipe VI. bestätigt und dann binnen 15 Tagen veröffentlicht werden. Richter müssen dann in jedem Einzelfall entscheiden, ob das Amnestiegesetz auf den von ihnen behandelten Fall anzuwenden ist. Sie haben zudem zwei Monate Zeit, um im Zweifelsfall das spanische Verfassungsgericht oder europäische Gerichte anzurufen.

ck/ju