Gespielter Burgfrieden bei Red Bull?

Ob der kleine Fehler von Max Verstappen mit den inneren Unruhen in seinem Red-Bull-Team zu tun hat, bleibt dahingestellt. Fest steht aber: Der holländische Superstar verpatzte das Qualifying beim GP der USA in Austin (Sprint-Shootout, 19.30 Uhr im SPORT1-LIVETICKER).

Zwar fuhr er die schnellste Zeit, überfuhr in dieser Runde jedoch knapp die Tracklimits bei Kurve 19. Konsequenz: Dieser Umlauf wurde gestrichen, seine zweitschnellste Zeit reichte nur noch für Platz sechs der Startaufstellung zum Rennen am Sonntag (ab 21.00 Uhr im SPORT1-Liveticker).

Verstappen trug es mit Fassung. „Unser Auto ist im Rennen normalerweise stärker als im Training. In Austin kann man gut überholen. Deshalb bin ich für Sonntag immer noch optimistisch.“

Red Bull: Verstappen muss Kompromiss eingehen

Was der Niederländer später nicht erwähnte: Dass ausgerechnet sein in der Kritik stehender Teamkollege Sergio Peréz bei seinem ersten Umlauf in der letzten Kurve im Weg stand. „0,15 Sekunden hat das Max gekostet,“ analysierte Red-Bull-Chefberater Helmut Marko (80), „aber das Hauptproblem war, dass Max nicht ganz das Vertrauen ins Auto hatte. Die teilweise brutalen Bodenwellen hier trafen uns mehr als andere Teams.“

Soll heißen: Verstappen, der eine sehr präzise Vorderachse mag, musste deswegen in der Abstimmung einen Kompromiss eingehen. Die Federwege wurden weicher eingestellt, die Fahrzeughöhe angehoben: Mit dem Ergebnis, dass der Red Bull zum leichten Untersteuern neigte – eine Fahreigenschaft, die Verstappen nicht mag.

Im Vorfeld, so erfuhr SPORT1, redeten sowohl Verstappen als auch sein Vertrauter und Marko bewusst alle Spekulationen klein, die einen Machtkampf zwischen Berater Marko und Red-Bull-Racing-Teamchef Christian Horner thematisierten. Der Brite wolle die totale Macht bei Red Bull, Marko - so hieß es - stünde dem Briten dabei im Weg.

Ex-Formel-1-Pilot Ralf Schumacher, immer extrem gut informiert, machte in seiner Sky-Kolumne Horner als Schuldigen der internen Unruhe aus und nannte ihn deshalb Ikarus.

Machtkampf? Horner beschwert sich über Schumacher

Horner, der gewohnt ist, dass er besonders die heimische englische Presse im Griff hat, beschwerte sich daraufhin beim Red-Bull-Sender ServusTV über Schumacher. Dumm nur, dass ServusTV mit dem Pay-TV-Sender Sky Deutschland, bei dem Schumacher unter Vertrag steht, nichts zu tun hat.

Was Verstappen betrifft: Der Niederländer, der normalerweise Klartext bevorzugt, musste diesmal nicht nur in der Fahrzeugabstimmung einen Kompromiss eingehen, sondern auch in seiner sonst so bekannten klaren Sprache. Gegen besseres Wissen bezeichnete er die Gerüchte diesmal als „Bullshit“.

Marko beschwichtigt: „Da muss man wohl andere Stories finden“

Dabei hatte er im Vorfeld intern klare Kante gezeigt und die Red-Bull-Bosse gewarnt: Müsse Marko gehen, wäre er auch weg. Zufall oder nicht? Nicht viel später formulierte Horner eine ellenlange Pressemitteilung, in der er alle Vorwürfe von sich wies und Marko volle Unterstützung zusicherte.

Auch Verstappens Mentor Marko beschwichtigte abgesprochen vor den Kameras. Zu den Sturzversuchen Horners sagte er nur: „Wir haben zu viel gewonnen, da muss man wohl andere Stories finden.“

Fest steht: Ob Horner jetzt geläutert ist, wird die Zeit zeigen. Ralf Schumacher glaubt bei SPORT1: „Wir werden im Winter bei Red Bull vielleicht einige personelle Überraschungen erleben.“ Ob er damit den Rausschmiss von Sergio Peréz meint oder die Entsorgung Horners, lässt er offen.