Im Stadion bei Dänemark gegen Serbien - Mein erstes EM-Spiel endet im Fußball-Fiasko – doch ich werde es nie vergessen
Bei der Heim-WM 2006 war ich drei Jahre alt. Beim 0:0 zwischen Dänemark und Serbien war ich zum ersten Mal bei einem großen Turnier im Stadion. Das Spiel war gruselig - und trotzdem werde ich diesen Abend nie vergessen.
Ich habe mich unendlich auf die Heim-EM gefreut - wahrscheinlich noch mehr als viele andere. Beim Sommermärchen 2006 war ich erst drei Jahre alt. Natürlich kenne ich die tollen Bilder von den feiernden Fanmassen, Lahms Eröffnungstor, Lehmanns Zettel oder Zidanes Kopfstoß. Aber bis auf schwammige Erinnerungen von einem Public Viewing am Badesee (ich glaube, es war das legendäre Elfmeterschießen gegen Argentinien) kann ich mich an nichts davon erinnern.
18 Jahre später habe ich die Chance, das aufzuholen. Ich wollte unbedingt zu einem EM-Spiel ins Stadion. Fünfmal hatte ich innerlich gejubelt, als die Uefa-Mitteilung kam, dass ich im Ticketportal der Nächste war - nur um zu sehen, dass alle noch verfügbaren Tickets mindestens 300 Euro kosten. Doch als Journalist hat man auch gewisse Vorteile, die ich hier zum ersten Mal ausspielte - ich ließ mich akkreditieren.
Für Dänemark gegen Serbien. Als die Partie feststand, hoffte ich einfach auf ein emotionales Spiel. Idealerweise mit sportlicher Relevanz. Diese hätte nun kaum höher sein können - immerhin ging es darum, wer im Achtelfinale gegen Deutschland spielt.
Als die Serben zum Aufwärmen kommen, weiß ich, dass es ein geiler Abend wird
In der U-Bahn bin ich noch überrascht, fast nur Dänen zu treffen. Sobald ich aus der Bahn steige, höre ich jedoch schon von weitem „Srbija, Srbija“-Rufe und meine Zweifel weichen purer Euphorie. Auf dem Weg zur Arena sehe ich so viele Gruppen, die einen weiten Weg auf sich genommen haben und für die dieses Spiel wohl ein noch größeres Highlight ist als für mich.
Wie schon erwähnt: Es ist auch mein erstes Mal als Journalist im Stadion - und so muss ich erst einmal mehrere Checks durchlaufen und die Pressetribüne finden. Auch das ist völlig neu für mich. Selbst die Tribüne nehme ich ganz genau in Augenschein - überall Laptops, Bildschirme, Kabel und Wasserflaschen. Vor mir sitzen die dänischen Videoanalysten - auf ihren Tablets stehen so viele Daten in Miniaturschrift, dass ich nichts davon entziffern kann.
Etwa zehn Minuten, nachdem ich dort angekommen bin, kommen die Serben zum Aufwärmen raus und ich weiß: das wird ein richtig geiler Abend. Die serbischen Fans machen zum ersten Mal richtig Lärm, noch lauter wird es, als Tennis-Star Novak Djokovic auf den Bildschirmen eingeblendet wird. Und die Dänen überraschen mich - sie können locker mit den Serben mithalten, singen und feiern vor dem Spiel und fast das ganze Match hindurch.
Zuhause hätte ich keine Einschlafhilfe gebraucht - im Stadion bin ich völlig außer Puste
Hätte ich das Spiel vor dem Fernseher gesehen, hätte ich danach wohl keine Einschlafhilfe mehr gebraucht. Hier sitze ich ähnlich fasziniert wie bei meinem ersten Stadionbesuch festgeklammert auf meinem Stuhl und sauge alles auf. Beide Teams spielen ängstlich und langsam, die Serben leisten sich teils haarsträubende Fehler, die Dänemark nicht nutzt. Nach 90 Minuten bin ich trotzdem völlig aus der Puste.
Nach dem Spiel geht es mit ein paar Dänen-Fans ins Gespräch über den kommenden Gegner Deutschland. Zwei schenken mir eine kleine Zahnstocher-Fahne, die ich mir als Erinnerung an diesen Tag aufheben werde. Zum Abschluss geht es noch zur Pressekonferenz mit Dänen-Coach Kasper Hjulmand und Stratege Christian Eriksen - ich sitze ganz vorne. Danach schreibe ich noch einen Text fertig, bevor ich das Stadion nach etwa sechs Stunden wieder verlasse. Jetzt ist kaum noch einer auf den Wegen vor der Arena unterwegs und ich denke mir: Das war eins der schlechtesten Spiele der EM. Aber ich werde diesen Tag nie vergessen.