Pistorius fordert von Nato-Partnern Patriots für die Ukraine

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat die Nato-Partner zur Stärkung der ukrainischen Luftabwehr gegen Russland gedrängt. Wenn Deutschland drei Patriot-Systeme abgebe, müssten andere Länder mindestens eines liefern können, sagte er. (Odd ANDERSEN)
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat die Nato-Partner zur Stärkung der ukrainischen Luftabwehr gegen Russland gedrängt. Wenn Deutschland drei Patriot-Systeme abgebe, müssten andere Länder mindestens eines liefern können, sagte er. (Odd ANDERSEN)

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat die Nato-Partner zur Stärkung der ukrainischen Luftabwehr gegen Russland gedrängt. Wenn Deutschland ein zusätzliches Patriot-System abgeben könne, müssten andere Länder dies auch tun, betonte Pistorius am Donnerstag in Brüssel. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert sieben Patriot-Systeme, um sein Land zu verteidigen. Die Nato tut sich laut Diplomaten allerdings schwer, diese zum Gipfel in Washington in knapp vier Wochen zusammenzubekommen.

Bisher hat nur Deutschland der Ukraine ein weiteres Patriot-System zugesagt, neben zwei bereits gelieferten. Ein weiteres wollen die USA laut einem Medienbericht stellen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, weitere Zusagen von Nato-Ländern dürften "in den nächsten Tagen oder Wochen" erfolgen.

Pistorius betonte, es müssten nicht notwendigerweise Patriots sein. "Jedes System hilft, den Luftraum und damit die Sicherheit in der Ukraine zu schützen und zu verteidigen."

Italien will nach Stoltenbergs Worten ein System vom Typ SAMP/T liefern. Schweden, Spanien und Belgien haben nach Angaben des Nato-Generalsekretärs zusammen zudem mehr als drei Milliarden Euro für den möglichen Kauf eines weiteren Systems in Aussicht gestellt.

Pistorius verwies zudem darauf, dass Deutschland zusammen mit Dänemark, den Niederlanden und Norwegen "eine große Anzahl von zusätzlichen Patriot-Lenkflugkörpern" bereitstelle. Davon sollten 68 in den nächsten Tagen und Wochen geliefert werden, zusätzlich zu mehreren tausend Kampfdrohnen. Es sei aber noch "Luft nach oben", räumte Pistorius ein.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin beriet in Brüssel zunächst im Rahmen der Ukraine-Kontaktgruppe mit den Verbündeten über weitere Militärhilfen für Kiew. Er versprach "innovative und nachhaltige Lösungen", um den dringendsten Bedarf sicherzustellen. Am Nachmittag wollten die Nato-Verteidigungsminister mit dem ukrainischen Ressortchef Rustem Umerow über die Lage diskutieren. Unter anderem die Region Charkiw im Nordosten der Ukraine ist weiter starkem russischen Beschuss ausgesetzt.

Das zweitägige Nato-Treffen ist das letzte vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs vom 9. bis 11. Juli in Washington. Stoltenberg erwartet von den Mitgliedsländern Unterstützung für ein Ukraine-Hilfspaket.

Mit Blick auf einen möglichen Wahlsieg von Ex-Präsident Donald Trump im November hat Stoltenberg vorgeschlagen, der Nato und insbesondere den europäischen Partnern die Verantwortung zu übertragen. Damit sollen die Ukraine-Hilfen "Trump-sicher" gemacht werden, wie Diplomaten sagten. Zudem erwartet der Generalsekretär gemeinsame Finanzzusagen der Nato-Länder von mindestens 40 Milliarden jährlich.

Ungarn gab seine Blockade gegen diesen Plan nach wochenlangem Widerstand auf, wie Stoltenberg nach einem Treffen mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban in Budapest am Mittwoch ankündigte. Pistorius nannte dies ein "gutes Signal". Im Gegenzug erzielte Orban eine Zusage, keine Militär- oder Finanzhilfen für die Ukraine leisten zu müssen. Orban gilt als engster Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin innerhalb der EU und der Nato.

Orbans Haltung wird in der Nato zunehmend mit Sorge gesehen. Das gleiche gilt für den Rechtsruck in Frankreich bei den Europawahlen am Sonntag. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnt, die Rechtspopulistin Marine Le Pen wolle "die Nato verlassen", wenn sie die Neuwahlen zur Nationalversammlung am 30. Juni ebenfalls gewinnt.

Stoltenberg sagte dazu: "Ich erwarte, dass Frankreich auch zukünftig ein zuverlässiger und wichtiger Verbündeter sein wird." Auch Pistorius betonte, er sehe "Frankreich als festen Bestandteil der Nato". Ein Rückzug wäre "kaum zu erklären".

lob/cp