THG-Prämien - Klimaschutz-Betrug kostet Milliarden - Anwalt erklärt, ob Autofahrer entschädigt werden

Bisher gab es bis zu 400 Euro THG-Prämie für ein neues E-Auto.<span class="copyright">EFAHRER</span>
Bisher gab es bis zu 400 Euro THG-Prämie für ein neues E-Auto.EFAHRER

Das Umweltbundesamt winkte offenbar jahrelang nicht existierende Klimaschutz-Projekte durch, deren Kosten auch die Autofahrer bezahlten. Sowohl Fahrer von Benzin- und Diesel-Autos als auch Elektroauto-Besitzer könnten Anspruch auf Entschädigung haben.

Wer ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor fährt, zahlt an der Tankstelle einen Aufschlag, der durch die sogenannte Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) verursacht wird. Sie ist einer der Gründe für die gestiegenen Spritpreise und gesetzlich im Bundesimmissionsschutzgesetz geregelt. Sie verpflichtet Mineralölunternehmen zu erheblichen CO2-Einsparungen, um die Klimaschutzvorgaben der Europäischen Union und der deutschen Bundesregierung zu realisieren.

Mineralölkonzerne müssen Klima-Projekte finanzieren

Da diese Vorgaben nicht vollumfänglich durch eigene Maßnahmen, wie beispielsweise die Zugabe von Bioethanol (E5/E10) erreicht werden können, sind Kompensationsprojekte (Upstream Emission Reduction Projects (UER)) zulässig, die das Unternehmen finanzieren muss.

Wie unter anderem das Magazin „Frontal 21“ und die „Welt“ berichteten , stehen 40 von 60 solcher Kompensationsprojekte unter Betrugsverdacht. Insbesondere sollten nagelneue Ölförderanlagen, gebaut von internationalen Großkonzernen, in China (dort vor allem in der Provinz Xinjang) massenhaft CO2 einsparen. Diese Anlagen scheinen jedoch entgegen den Angaben der Mineralölkonzerne trotz entsprechender Behauptungen nicht zu existieren, so die Medienberichte.

Klimaschutz-Betrug: Autofahrer zahlten für nicht existierende CO2-Einsparung

Das ist ein sehr einträgliches Geschäft, denn jede vermeintlich eingesparte Tonne CO2 soll bis zu 400 Euro eingebracht haben. Nun stellt sich heraus, dass diese Einsparungen wohl in ca. zwei Dritteln der Fälle nur auf dem Papier und in Fantasieanlagen stattfanden. Ein chinesisches Unternehmen scheint hier nach dem Bericht als Whistleblower zu agieren. Wie die „Frankfurter Rundschau“ weiter berichtet, soll der geschätzte Schaden bei einem einzigen dieser UER-Projekte ca. 180 Mio. Euro betragen . Insgesamt genehmigte das Umweltbundesamt (UBA) 75 solcher Projekte.

Das Umweltbunedsamt hat laut Medienberichten offenbar gefälschte Klimaschutz-Projekte durchgewunken<span class="copyright">Fotos: Stockfotos-MG/Adobe Stock, Detlef Dähne/Adobe Stock</span>
Das Umweltbunedsamt hat laut Medienberichten offenbar gefälschte Klimaschutz-Projekte durchgewunkenFotos: Stockfotos-MG/Adobe Stock, Detlef Dähne/Adobe Stock

Umweltbundesamt genehmigte Fake-Projekte

Für Verbrenner-Fahrer wird es also teurer, weil der Staat mit ihrem Geld CO2-Einsparprojekte finanzieren möchte. Laut Medienberichten hat die zuständige Behörde (das Umweltbundesamt, kurz UBA) aber keinerlei Kontrollmechanismen etabliert, um die tatsächliche Realisierung der finanzierten Projekte zu überwachen und ggf. durchzusetzen. Es ist nach den Feststellungen der Verfasser sogar noch absurder: Das UBA hat nicht einmal die Erlaubnis, etwa nach China zu reisen und sich dort von der (Nicht-)Errichtung der Anlagen zu überzeugen. Für mich ist das ein klarer Fall von Staatsversagen.

Die Zeche zahlen die Autofahrer:

  • Fahrer von Verbrennern zahlen an der Zapfsäule den Aufschlag aufgrund der THG-Quote, ohne damit einen positiven Effekt zu erzielen, der in einem angemessenen Verhältnis stehen würde.

  • E-Autofahrer hätten durch den Handel mit Verschmutzungszertifikaten profitiert und mehr Geld zurückerhalten können.

Sowohl Fahrer von Benzin- und Diesel-Autos als auch E-Auto-Fahrer geschädigt

Nun ist die THG-Quoten-Prämie allerdings 2024 um ca. 75 Prozent abgestürzt und statt der zu erwartenden ca. 400 Euro Prämie gibt es nur ca. 100 Euro. Gründe dafür mag es mehrere geben. Sollten sich die Berichte über Betrug bei den UER-Projekten bewahrheiten, ist dies allerdings ein relevanter Faktor .

Ein weiteres Beispiel für einen solchen Faktor berichteten das Handelsblatt am 25.01.2024 und das Online Magazin dmt Puls bereits am 24.01.2024: Im vergangenen Jahr sei etwa der deutsche Markt regelrecht mit (vermeintlichem) „Biosprit“ geflutet worden. Angesichts der deutlich gestiegenen Mengen gebe es den Verdacht, dass es sich bei den aus China importierten Öko-Kraftstoffen zumindest teilweise um falsch deklarierten Kraftstoff handeln könnte.

Haben Autofahrer Anspruch auf Entschädigung?

Würde das Umweltbundesamt durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, dass die genehmigten UER-Projekte tatsächlich realisiert werden und als Biosprit deklarierter Kraftstoff tatsächlich solcher ist, würden Verbrenner-Fahrer eine Gegenleistung für ihr Geld erhalten:

  • Es stellt sich die rechtliche Frage, ob ein Staatshaftungsanspruch besteht und wie dieser ggf. zu berechnen wäre. Daneben stellt sich die Frage, ob Mineralölunternehmen, die Strafzahlungen wegen der Nichterfüllung ihrer Quotenverpflichtung nur deshalb vermieden haben, weil sie vermeintliche Kompensationsmaßnahmen finanziert haben, nunmehr nicht doch zu Strafzahlungen heranzuziehen sind. Immerhin liegt diese Strafzahlung bei 600 Euro pro Tonne CO2.

  • Für Elektroauto-Fahrer stellt sich die Frage, ob sie einen Anspruch auf eine Anpassung der THG-Quote durch das UBA haben , weil sie durch die unter Betrugsverdacht stehenden Maßnahmen einen Nachteil erlitten haben. Nur wegen dieser UER-Projekte mussten nämlich weniger Verschmutzungszertifikate seitens der Mineralölkonzerne gekauft werden, was einen erheblichen Faktor für den Preisverfall darstellen dürfte.

Konzerne berufen sich auf Genehmigungen durch Umweltbundesamt

Darüber hinaus lässt sich für die Elektroautofahrer argumentieren, dass die beteiligten Mineralölkonzerne ihnen einen Schaden zugefügt haben, indem sie unkontrollierte Kompensationsmaßnahmen bezahlt haben statt Verschmutzungsrechte zu kaufen - von dem Rückschlag für das ausgegebene Umweltschutzziel einmal ganz abgesehen. Diese Unternehmen werden sich allerdings darauf berufen, dass die Maßnahmen schließlich durch das UBA genehmigt worden seien und eine eigene Prüfungspflicht nicht bestanden habe.

Insgesamt ist jedenfalls offensichtlich, dass bezüglich des Systems der UER-Projekte und der Überprüfung von Biosprit-Importen einiges im Argen liegt. Sinnvoll wäre es meines Erachtens, die Kompensation durch UER-Projekte abzuschaffen und Mineralölkonzerne damit zu zwingen, mangels eigener erfolgreicher Anstrengungen zur CO2-Reduktion Verschmutzungsrechte zu kaufen. Dann wird das angestrebte System funktionieren. Aktuell ist das nicht der Fall.