Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Mittwoch

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Krieg in der Ukraine (Bild: Getty Images)
Krieg in der Ukraine (Bild: Getty Images)

Dieser Ticker wird fortlaufend aktualisiert.

  • Selenskyj reist nach Offensive in zurückeroberte Stadt Isjum

  • Beschluss für Verlängerung von EU-Sanktionen

  • China unterstützt Putin bei Ukraine

  • US-Regierung sieht neue Dynamik im Ukraine-Krieg

  • Hinweise auf Kriegsverbrechen der russischen Besatzer gemeldet

  • Kein Einlenken Putins im Gespräch mit Scholz

  • Von der Leyen reist erneut nach Kiew

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Selenskyj reist nach Offensive in zurückeroberte Stadt Isjum +++

Kurz nach dem Rückzug russischer Truppen ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in den befreiten Teil der Ostukraine gereist. «Unsere blau-gelbe (Flagge) weht über dem befreiten Isjum», teilte der Staatschef am Mittwoch in sozialen Netzwerken mit. Selenskyj kündigte dabei ein weiteres Vorrücken der ukrainischen Armee an. «Wir bewegen uns nur in eine Richtung - vorwärts und bis zum Sieg», unterstrich der 44-Jährige. Fotos zeigten Selenskyj in Isjum im Gebiet Charkiw mit Soldaten der ukrainischen Armee.

Der ukrainische Präsident Selenskyj (Symbolbild: dpa)
Der ukrainische Präsident Selenskyj (Symbolbild: dpa)

Isjum war erst im Laufe der vergangenen Woche im Rahmen einer ukrainischen Gegenoffensive zurückerobert worden. Der wichtige Verkehrsknotenpunkt gilt als Tor zum Industrierevier Donbass und hatte vor dem Krieg über 40 000 Einwohner. Kiew wehrt seit Ende Februar eine russische Invasion ab.

+++ Beschluss für Verlängerung von EU-Sanktionen - Auch Ungarn stimmt zu +++

Ungarn hat nun doch von einer Blockade der Verlängerung von EU-Sanktionen gegen Russland abgesehen. Das Verfahren zur Beschlussfassung sei am Mittwoch erfolgreich abgeschlossen worden, sagte eine Sprecherin der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft der Deutschen Presse-Agentur. Der Beschluss werde nun im Amtsblatt der EU veröffentlicht, womit die Sanktionen um ein halbes Jahr verlängert werden.

Konkret geht es um Strafmaßnahmen gegen mittlerweile mehr als 1200 Personen wegen ihrer Unterstützung der Ukraine-Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin. Sie sehen vor, die Vermögenswerte der Betroffenen einzufrieren und sie nicht mehr in die EU einreisen zu lassen.

+++ Kreml: Sicherheitsgarantien für Ukraine sind Gefahr für Russland +++

Der Kreml bezeichnet ein von der Ukraine vorgelegtes Konzept für Sicherheitsgarantien als Gefahr für Russland - und rechtfertigt vor diesem Hintergrund einmal mehr den Krieg gegen das Nachbarland. Die Ukraine strebe weiter eine Nato-Mitgliedschaft an, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge am Mittwoch. «Dementsprechend bleibt auch die größte Gefahr für unser Land bestehen und damit bleibt auch der Grund für die Notwendigkeit der militärischen Spezialoperation aktuell, ja er wird sogar noch aktueller», sagte der 54-Jährige.

Russlands Position zu dem Konzept sei «negativ», betonte Peskow. Derzeit könne niemand der Ukraine Sicherheitsgarantien geben außer die ukrainische Führung selbst. Dafür aber müsse sie so handeln, dass sich Russland nicht mehr bedroht fühle, betonte er.

+++ Generalinspekteur zweifelt an Kraft der Ukrainer für Gegenoffensive +++

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, hat sich vorsichtig zu den Erfolgsaussichten des ukrainischen Gegenangriffs geäußert. Er sehe allenfalls «Gegenstöße, mit denen man Orte oder einzelne Frontabschnitte zurückgewinnen, aber nicht Russland auf breiter Front zurückdrängen kann», sagte Zorn dem «Focus» (Samstag).

Die ukrainische Armee agiere zwar «klug, bietet selten eine Breitseite und führt souverän und sehr beweglich die Operationen». Noch vor zwei Wochen hätte er gesagt, dass der gesamte Donbass in sechs Monaten in russischer Hand sein werde. «Heute sage ich: Das werden sie nicht schaffen.» Aber ob die Ukrainer wirklich die Kraft für eine Gegenoffensive hätten, bezweifelt Zorn, der ranghöchste Soldat der Bundeswehr: «Sie bräuchten eine Überlegenheit von mindestens 3 zu 1.»

+++ Polens Regierung: Derzeit 1,3 Millionen Ukraine-Flüchtlinge im Land +++

In Polen leben derzeit nach Regierungsangaben rund 1,3 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine. «Laut Statistik gehen in der letzten Zeit mehr Menschen zurück in die Ukraine, sie verlassen Polen», sagte Vize-Innenminister Pawel Szefernaker am Mittwoch dem öffentlich-rechtlichen Sender Polskie Radio. Gleichzeitig beobachten die Behörden eine Binnenmigration der Ukrainer innerhalb Polens.

Szefernaker sagte weiter, rund 600 000 ukrainische Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter hätten eine vorübergehende persönliche Identifikationsnummer (Pesel) bekommen, die in Polen den Umgang mit Behörden und dem staatlichen Gesundheitssystem erleichtert. Mehr als 400 000 Menschen aus dieser Personengruppe hätten bereits legale Arbeit gefunden.

+++ Xi Jinping besucht Kasachstan - China unterstützt Putin bei Ukraine +++

Auf seiner ersten Auslandsreise seit mehr als zweieinhalb Jahren ist Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Mittwoch in Kasachstan eingetroffen. Nach Gesprächen mit Präsident Kassym-Schomart Tokajew in der Hauptstadt Nur-Sultan reist Xi Jinping zum Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) am Donnerstag und Freitag ins usbekische Samarkand. Am Rande ist ein Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin geplant. Dabei soll es nach russischen Angaben «ausführlich» um den Ukraine-Krieg gehen.

Es ist die erste persönliche Begegnung der Staatschefs seit dem russischen Einmarsch. In dem Konflikt gibt China Putin Rückendeckung und stellt die USA und die Nato als Hauptschuldige dar. Bei einem jüngsten Besuch in Moskau sagte Parlamentschef Li Zhanshu, Pekings Nummer drei, China unterstütze Russlands Interessen, «insbesondere in der Lage in der Ukraine», wie ihn das russische Parlament zitierte. «Wir sehen, dass die USA und ihre Nato-Verbündeten ihre Präsenz nahe der russischen Grenze ausweiten, was die nationale Sicherheit und das Leben russischer Bürger ernsthaft bedroht», zitierte ihn die Duma.

+++ Wendepunkt erreicht? US-Regierung sieht neue Dynamik im Ukraine-Krieg +++

Die US-Regierung sieht angesichts militärischer Erfolge der ukrainischen Truppen eine neue Dynamik im Krieg mit Russland. «Ich denke, was Sie sehen, ist sicherlich eine Verschiebung, ein Momentum der ukrainischen Streitkräfte, insbesondere im Norden», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Dienstag in Washington. Er wolle es aber dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj überlassen, zu entscheiden, ob tatsächlich ein Wendepunkt erreicht sei.

US-Präsident Joe Biden (Bild: REUTERS/Kevin Lamarque)
US-Präsident Joe Biden (Bild: REUTERS/Kevin Lamarque)

US-Präsident Joe Biden entgegnete am Dienstagabend (Ortszeit) auf die Frage von Reportern, ob ein Wendepunkt in dem Krieg erreicht sei, dies sei schwer zu sagen. Zwar hätten die Ukrainer bedeutende Fortschritte gemacht, betonte Biden nach Angaben mitreisender Journalisten bei einem Besuch in Wilmington im Bundesstaat Delaware. Es werde aber ein langer Weg sein.

+++ Ukraine zahlt im Osten wieder Renten +++

Als Beispiel für die angestrebte Normalisierung des Lebens in zurückeroberten Gebieten nannte Selenskyj in seiner Videoansprache, dass in der befreiten Stadt Balaklija im Gebiet Charkiw erstmals wieder Renten ausgezahlt worden seien - und zwar rückwirkend für fünf Monate. «In der Zeit der Besetzung konnten wir keine Zahlungen leisten.» Die Ukraine werde ihre sozialen Verpflichtungen erfüllen, versprach der Präsident.

Zu den anderen Aufgaben in dem Gebiet zählte Selenskyj die Suche nach versprengten russischen Soldaten und Sabotagegruppen sowie die Festnahme von Kollaborateuren. Die Sicherheit in den befreiten Landesteilen müsse garantiert werden.

+++ Wagenknecht verteidigt ihre umstrittene Wirtschaftskrieg-Rede +++

Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat ihre umstrittene Bundestagsrede zum Stopp der Russland-Sanktionen gegen Kritik aus den eigenen Reihen verteidigt. «Ich habe selten nach einer Rede so viel Zustimmung aus der Bevölkerung erhalten wie in diesem Fall», sagte die frühere Fraktionschefin am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Sie habe Hunderte Mails erhalten, und die Rede sei millionenfach angeschaut worden.

In der Rede vergangene Woche hatte Wagenknecht der Bundesregierung vorgeworfen, einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen Russland «vom Zaun zu brechen». Sie forderte ein Ende der Sanktionen und den weiteren Import billiger Rohstoffe und Energie aus Russland. Die Parteispitze und etliche Linken-Politiker gingen auf Distanz. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, trat wegen der Rede aus der Partei aus.

+++ Kein Einlenken Putins im Gespräch mit Scholz +++

Kanzler Scholz sprach etwa 90 Minuten lang mit Kremlchef Putin und warnte vor weiteren Versuchen, Gebiete der Ukraine abzutrennen. «Der Bundeskanzler betonte, dass etwaige weitere russische Annexionsschritte nicht unbeantwortet blieben und keinesfalls anerkannt würden», sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Die Mitteilung des Kremls zu dem Telefonat ließ auf keinerlei Einlenken Putins schließen. Der Präsident habe den Kanzler auf die «himmelschreienden Verstöße» der Ukrainer gegen das humanitäre Völkerrecht aufmerksam gemacht, hieß es. Die ukrainische Armee beschieße Städte im Donbass und töte dort Zivilisten.

+++ Hinweise auf Kriegsverbrechen der russischen Besatzer gemeldet +++

Ebenfalls aus Balaklija kam die Nachricht, dass russische Kräfte im örtlichen Polizeirevier ein Foltergefängnis unterhalten haben sollen. Im Keller seien während der mehrere Monate dauernden Besatzung durchgehend um die 40 Menschen eingesperrt gewesen, berichtete der ranghohe ukrainische Polizist Serhij Bolwinow nach einem Ortstermin.

«Die Besatzer nahmen diejenigen mit, die beim Militär dienten oder dort Verwandte hatten, und suchten auch nach denen, die der Armee halfen», schrieb der Leiter der Ermittlungsabteilung bei der Polizei Charkiw auf Facebook. Laut Zeugenaussagen seien Gefangene mit Stromschlägen gefoltert worden. Reporter der BBC und anderer ausländischer Medien bestätigten die Angaben. Sie berichteten auch von Leichen, die in Balaklija gefunden worden seien. Auch aus anderen Orten der Region gab es unverifizierte Berichte über Leichenfunde.

+++ Von der Leyen: 100 Millionen für Wiederaufbau von Schulen in Ukraine +++

Die Ukraine soll 100 Millionen Euro zum Wiederaufbau von zerstörten Schulen im Land von der Europäischen Union erhalten. «Denn die Zukunft der Ukraine beginnt in ihren Schulen», sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch bei einer Rede zur Lage der Europäischen Union im Straßburger Europaparlament. Die Angriffe Russlands haben ihren Angaben nach mehr als 70 Schulen in der Ukraine zerstört. Der Wiederaufbau des Landes werde massive Ressourcen benötigen. «Wir werden uns auch auf lange Sicht engagieren», kündigte von der Leyen an.

Ursula von der Leyen (Bild: REUTERS/Yves Herman)
Ursula von der Leyen (Bild: REUTERS/Yves Herman)

Von der Leyen betonte den Mut der ukrainischen Nation bei seiner Verteidigung gegen Russland. Sie sprach auch direkt zur First Lady der Ukraine, Olena Selenska, die als Ehrengast im Parlament war. Sie werde beim Wiederaufbau der Schulen mit Selenska zusammenarbeiten, sagte von der Leyen. «Meine liebe Olena Selenska, es bedurfte ungeheuren Muts, sich der Grausamkeit Putins zu widersetzen, aber ihr habt den Mut gefunden.»

+++ Von der Leyen reist erneut nach Kiew +++

Zur Unterstützung der Ukraine will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erneut in das von Russland angegriffene Land reisen. Sie werde an diesem Mittwoch für Gespräche mit Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Kiew reisen, sagte die deutsche Politikerin am Mittwoch im Straßburger Europaparlament. Man müsse darauf hinarbeiten, dass die Ukraine einen Zugang zum europäischen Binnenmarkt habe und umgekehrt.

+++ Ukraine legt Konzept zu Sicherheitsgarantien vor +++

Die Ukraine hat ein Konzept für internationale Sicherheitsgarantien nach dem erhofften Ende des russischen Angriffskriegs ausgearbeitet. Der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, und der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen stellten das Papier in Kiew vor. Demnach sollte die ukrainische Armee so ausgerüstet und ausgebildet werden, dass das Land jederzeit einen russischen Angriff abwehren kann.

Eine Gruppe von Ländern sollte politisch und rechtlich die Sicherheit der Ukraine garantieren. Als mögliche Garantiestaaten wurden aufgelistet: Deutschland, die USA, Großbritannien, Kanada, Polen, Italien, Frankreich, Australien, die Türkei sowie die Länder Nordeuropas und des Baltikums. Auch mit den Garantien strebe die Ukraine weiter einen Beitritt zur Nato an, hieß es.