Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Mittwoch

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • EU-Kommission empfiehlt Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine

  • Berichte: Kiews Truppen bringen gepanzerte Technik über den Dnipro

  • G7-Staaten bekräftigen Unterstützung für Ukraine

  • Besatzer: Sechs Tote in Donezk durch ukrainischen Beschuss

Die aktuelle Newslage:

+++ Baerbock: Menschen in der Ukraine gehören zur europäischen Familie +++

Außenministerin Annalena Baerbock sieht in der Empfehlung der EU-Kommission, Beitrittsgespräche mit der Ukraine zu beginnen, eine Antwort auf Russlands Angriffskrieg gegen das Land. «Die Menschen in der Ukraine gehören zur europäischen Familie», schrieb die Grünen-Politikerin am Mittwoch auf der Plattform X, vormals Twitter. Der Beginn der EU-Beitrittsgespräche sei der nächste Schritt, «den wir gemeinsam gehen sollten. Denn eine stärkere, größere und geschlossene EU ist die geopolitische Antwort auf Russlands Angriffskrieg».

Die Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen hatte den EU-Mitgliedstaaten am Mittwoch förmlich die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit dem Land empfohlen, das sich seit mehr als 20 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg wehrt. Vor der ersten Gesprächsrunde soll die Ukraine allerdings begonnene Reformen für eine bessere Korruptionsbekämpfung, mehr Minderheitenschutz und weniger Oligarchen-Einfluss abschließen müssen. Dies wird bis zum nächsten März für möglich gehalten.

+++ Ukraine verurteilt Besatzungschef von Cherson zu 15 Jahren Haft +++

Der von Moskau eingesetzte regionale Verwaltungschef des südukrainischen Gebiets Cherson, Wladimir Saldo, ist von einem ukrainischen Gericht in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Saldo wurde nach Angaben des Gerichts vom Mittwoch des Hochverrats, der Kollaboration mit russischen Besatzern und der Rechtfertigung von Russlands Einmarsch in die Ukraine schuldig gesprochen. Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig und könne nach dem gesetzlich festgelegten Verfahren angefochten werden, hieß es in der online veröffentlichten Gerichtsentscheidung. Saldos Vermögen soll demnach konfisziert werden.

Wladimir Saldo war zwischen 2002 und 2012 Bürgermeister von Cherson. Seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2023 ist er eine Schlüsselfigur des Kremls in dem von Russland besetzten Teil der gleichnamigen südukrainischen Region. Nach der Besetzung von Cherson wurde Saldo von Moskau zum Chef der dortigen russischen Militärverwaltung und anschließend zum «amtierenden Gouverneur» der Region ernannt.

+++ Nato-Generalsekretär begrüßt Fortschritt bei F-16-Projekt für Ukraine +++

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich erfreut über die Fortschritte beim Projekt zur Ausrüstung der Ukraine mit westlichen Kampfflugzeugen gezeigt. Er begrüße, dass die ersten niederländischen F-16-Jets zur Ausbildung ukrainischer Piloten in Rumänien angekommen seien, sagte er am Mittwoch in einer Pressekonferenz mit Ungarns Staatspräsidentin Katalin Novak in Brüssel. Die Alliierten leisteten der Ukraine auch weiterhin beispiellose Unterstützung.

Zugleich warnte Stoltenberg vor nachlassendem Engagement. Russlands Präsident Wladimir Putin glaubt seiner Einschätzung zufolge, dass er einen längeren Atem hat und die westliche Unterstützung irgendwann enden wird. «Wir müssen ihm beweisen, dass er falsch liegt», sagte Stoltenberg. Dies sei überlebenswichtig für die Ukraine, aber auch im eigenen Sicherheitsinteresse.

Die Niederlande hatten am Dienstag die ersten fünf Kampflugzeuge vom Typ F-16 für die Ukraine auf den Weg in ein Ausbildungszentrum in Rumänien gebracht. Dort sollen künftig ukrainische Piloten ausgebildet werden.

Wann die Ukraine tatsächlich die Kampflugzeuge auch im Kriegsgebiet einsetzen kann, ist unklar. Geschätzt wird, dass das Training der Piloten mindestens sechs Monate dauern wird. Während des Trainings werden die Maschinen nach Angaben des niederländischen Verteidigungsministeriums nur im Nato-Luftraum fliegen.

+++ Slowakei stoppt Pläne für Munitionslieferung an Ukraine +++

Die neue slowakische Regierung unter dem linksnationalen Ministerpräsidenten Robert Fico hat am Mittwoch erwartungsgemäß ein noch von der Vorgängerregierung geschnürtes Waffenpaket für die Ukraine abgelehnt. Das vor allem aus Munitions-Schenkungen bestehende Paket im Umfang von rund 40 Millionen Euro war kurz vor der Parlamentswahl vom damaligen Verteidigungsminister Martin Sklenar als Vorlage für einen Regierungsbeschluss zusammengestellt worden.

Die nur provisorisch amtierende Regierung unter Ludovit Odor schaffte den Beschluss aber nicht mehr vor der Parlamentswahl am 30. September. Nach dem Wahlsieg der Fico-Partei Richtung - Slowakische Sozialdemokratie erklärten Regierungschef Odor und Präsidentin Zuzana Caputova, es wäre ein bedenklicher Präzedenzfall, einen solchen Beschluss gegen den Willen der zu erwartenden Nachfolgeregierung zu fassen, wenn diese dann für die Durchführung zuständig wäre.

Fico hatte im Wahlkampf für die Parlamentswahl am 30. September wiederholt angekündigt, die Ukraine zwar weiterhin unterstützen zu wollen, aber nur mehr mit zivilen Gütern, nicht mit Waffen. Dass sich dieser Lieferstopp nicht automatisch auch auf Waffenverkäufe von Firmen beziehen müsse, hat er inzwischen erneut bestätigt. Das Munitionspaket wäre aber eine staatliche Schenkung gewesen.

+++ Bundestag stärkt belarussische Opposition - Tichanowskaja in Berlin +++

Der Bundestag hat der Demokratiebewegung in Belarus demonstrativ den Rücken gestärkt. Man stehe entschlossen an der Seite aller Menschen, die sich dort für Demokratie, Menschenrechte und faire Wahlen einsetzen, heißt es in einem Antrag der Ampel-Koalition, den das Parlament am Mittwoch in Berlin beschlossen hat. Mit der Erklärung, die im Beisein der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja verabschiedet wurde, fordert der Bundestag auch die Freilassung der politischen Gefangenen in Belarus: «Der Einsatz für Freiheit, Menschenwürde und Demokratie ist kein Verbrechen, sondern Menschenrecht.»

+++ Selenskyj lobt Empfehlung der EU-Kommission als «richtigen Schritt» +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Empfehlung der EU-Kommission zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit seinem Land als «richtigen Schritt» begrüßt. «Trotz aller Schwierigkeiten bewegen wir uns vorwärts», sagte Selenskyj in einer am Mittwoch verbreiteten Videobotschaft. Kiew erwarte damit bereits im Dezember die entsprechende politische Entscheidung des Europäischen Rats, also der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten.

«Unser Land sollte Mitglied der Europäischen Union sein», betonte der ukrainische Präsident. Die Ukrainer hätten sich das mit «ihrer Verteidigung der europäischen Werte» verdient. Kiew werde sein Wort halten und trotz des laufenden russischen Angriffskriegs alle für den EU-Beitritt notwendigen Entscheidungen umsetzen, betonte Selenskyj.

+++ EU-Kommission empfiehlt Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine +++

Die EU-Kommission empfiehlt die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Vor der ersten Gesprächsrunde soll das Land allerdings begonnene Reformen abschließen müssen. Das geht aus einem am Mittwoch vorgelegten Bericht der Brüsseler Behörde für die EU-Mitgliedstaaten hervor.

Mehr zu diesem Thema gibt es hier

+++ Ukraine verlängert Kriegsrecht und Mobilmachung um weitere 90 Tage +++

Angesichts der weiter anhaltenden Kämpfe gegen die russischen Truppen hat die Ukraine das geltende Kriegsrecht sowie die allgemeine Mobilmachung um weitere 90 Tage bis zum 14. Februar verlängert. Für beide Gesetze stimmte jeweils eine deutliche Zweidrittelmehrheit im Parlament, wie ukrainische Medien am Mittwoch berichteten. Kriegsrecht und Mobilmachung waren unmittelbar nach Beginn der russischen Invasion vor mehr als 20 Monaten eingeführt worden.

Da ein Kriegsende nicht in Sicht ist, wurde die Geltungsdauer seitdem mehrfach verlängert. Männer im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das osteuropäische Land daher nur in Ausnahmefällen verlassen.

+++ Ukrainischer Sportminister reicht Rücktritt ein +++

Der ukrainische Minister für Jugend und Sport, Wadym Hutzajt, hat seinen Rücktritt eingereicht. «Das Gesuch wird in nächster Zeit geprüft werden», teilte Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk am Mittwoch bei Facebook mit. Gleichzeitig zeigte er das abfotografierte Rücktrittsgesuch. Zu den Gründen wurde vorerst nichts bekannt. Hutzajt ist seit März 2020 Sportminister der Ukraine, die sich seit mittlerweile mehr als 20 Monaten gegen einen russischen Angriffskrieg verteidigt. Der ehemalige Fechter ist zugleich auch Chef des Nationalen Olympischen Komitees des osteuropäischen Landes.

+++ Chinesischer Befehlshaber trifft in Moskau Putin und Schoigu +++

In Moskau sind Chinas ranghoher Befehlshaber Zhang Youxia und Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu zu Gesprächen über einen Ausbau ihrer militärischen Kooperation zusammengekommen. Auch ein Treffen mit Präsident Wladimir Putin war angesetzt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. Zhang Youxia ist der stellvertretende Vorsitzende von Chinas Zentraler Militärkommission und damit der zweithöchste Befehlshaber über die Streitkräfte nach Staats- und Parteichef Xi Jinping. Der Westen wirft China vor, Russland in seinem Krieg gegen die Ukraine mit Waffen zu unterstützen.

Russian Defence Minister Sergei Shoigu meets with China's Central Military Commission Vice Chairman Zhang Youxia at the Novo-Ogaryovo state residence outside Moscow, Russia December 7, 2017. REUTERS/Sergei Karpukhin
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat sich mit Zhang Youxia getroffen (Bild: REUTERS/Sergei Karpukhin)

Xi dürfte sich nach dem Treffen seines Befehlshabers mit Putin auch über die aktuelle Situation in Russlands Krieg informieren. Er will kommende Woche in San Francisco auch mit US-Präsident Joe Biden zusammentreffen. China, das sich als neutral bezeichnet in dem Konflikt, hatte zu Friedensverhandlungen aufgerufen zwischen Russland und der Ukraine.

China und Russland wollen ihre Beziehungen im militärischen Bereich und die Zusammenarbeit ihrer Armeen ausweiten, wie Zhang Youxia der Agentur Interfax zufolge laut russischer Übersetzung sagte. Er sprach demnach von einer «allumfassenden Partnerschaft und einer strategischen Zusammenarbeit auf höchstem Niveau».

+++ Ukraine kann auf positives Votum zu EU-Beitrittsverhandlungen hoffen +++

Die Ukraine kann auf einen schnellen Start von Verhandlungen über den Beitritt zur Europäischen Union hoffen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an diesem Mittwoch in Brüssel eine positive Bewertung der Reformfortschritte des Landes präsentieren. Zudem ist geplant, den Regierungen der EU-Staaten offiziell die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zu empfehlen.

Ursula von der Leyen und Wolodymyr Selenskyj (Bild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout via REUTERS)
Ursula von der Leyen und Wolodymyr Selenskyj (Bild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout via REUTERS)

Demnach geht die EU-Kommission davon aus, dass noch ausstehende Reformschritte von der Ukraine in kurzer Zeit erledigt werden können und kein Grund sind, die Grundsatzentscheidung über den Start von Beitrittsverhandlungen zu verschieben. Die Zustimmung der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten könnte damit wie von der Regierung in Kiew erhofft bei dem EU-Gipfel am 14. und 15. Dezember erfolgen.

Mehr dazu lesen Sie hier

+++ Berichte: Kiews Truppen bringen gepanzerte Technik über den Dnipro +++

Die ukrainischen Truppen haben russischen Berichten zufolge ihre Präsenz am südlichen Ufer des Flusses Dnipro im südukrainischen Gebiet Cherson ausgebaut. Es gebe Anzeichen für die Verlegung von gepanzerter Technik über den Fluss, teilte das US-Institut für Kriegsstudien ISW am Dienstag (Ortszeit) unter Berufung auf russische Militärblogger mit. Zudem sollen inzwischen mehr als 300 ukrainische Soldaten auf das vorher russisch kontrollierte Ufer beim Dorf Krynky übergesetzt haben. Von ukrainischer Seite lagen keine Bestätigungen dafür vor.

Das ukrainisch kontrollierte Ufer am Unterlauf des Dnipro wird seit Wochen massiv von russischer Artillerie beschossen und von der russischen Luftwaffe bombardiert. Der Großteil des Gebiets Cherson ist weiter von russischen Truppen besetzt.

+++ G7-Staaten bekräftigen Unterstützung für Ukraine +++

Die G7-Staaten wirtschaftsstarker Demokratien wollen die Ukraine ungeachtet des Gaza-Kriegs in ihrem Abwehrkampf gegen Russland auch weiterhin unterstützen. Die G7-Außenministerinnen und Außenminister seien bei ihren Beratungen in Tokio am Mittwoch übereingekommen, «auch in der gegenwärtigen internationalen Situation geeint» zu bleiben. Dazu gehöre, «strenge Sanktionen gegen Russland zu verhängen und die Ukraine stark zu unterstützen», teilte das japanische Außenministerium im Anschluss an die Beratungen mit.

Außenministerin Annalena Baerbock hatte davor gewarnt: «Wenn wir jetzt bei unserer Unterstützung für die Ukraine außer Atem kommen, wird (der russische Präsident Wladimir) Putin das gnadenlos ausnutzen – mit furchtbaren Folgen für die Menschen in der Ukraine und Europa.» Deshalb sei es so wichtig, dass die G7 ihre Unterstützung für die Ukraine umfassend fortsetze.

+++ Besatzer: Sechs Tote in Donezk durch ukrainischen Beschuss +++

Im Osten der Ukraine sind nach russischen Angaben durch ukrainischen Beschuss des Zentrums der besetzten Stadt Donezk sechs Menschen getötet und elf weitere verletzt worden. Die ukrainische Seite habe unter Einsatz des Mehrfachraketenwerfers vom Typ Himars vier Objekte der Stadt getroffen, teilte der Besatzungschef der Region, Denis Puschilin, am Dienstagabend mit. Seine Angaben waren von unabhängiger Seite nicht überprüfbar.

Russland beantragte für diesen Mittwoch eine UN-Sicherheitsratssitzung zu dem Schlag in Donezk, wie der Diplomat Dmitri Poljanski in New York mitteilte. Nach Darstellung der russischen Besatzer wurden in Donezk zivile Gebäude getroffen. Ukrainische Medien berichteten dagegen, es sei ein Schulungszentrum für Drohnenpiloten schwer beschädigt worden.

+++ Ukraine richtet zweites Kriegsgefangenenlager für Russen ein +++

Wegen einer Vielzahl kriegsgefangener Russen hat die Ukraine mit der Einrichtung eines zweiten Lagers für sie begonnen. «Parallel dazu wird an der Vorbereitung eines weiteren Lagers gearbeitet», teilte die Regierungsorganisation «Ich möchte leben» am Dienstag per Telegram mit. Begründet wird dies mit der schlechten Motivation russischer Soldaten, die sich freiwillig ergeben und in Gefangenschaft begeben würden. Zudem hat es seit August keinen Gefangenenaustausch mehr mit der russischen Seite gegeben.

Das neue Gefängnis wird Medienberichten zufolge im westukrainischen Gebiet Winnyzja an der Grenze zur benachbarten Republik Moldau für 300 Insassen unter der Bezeichnung «West 2» eingerichtet. Das Lager «West 1» im benachbarten Gebiet Lwiw unweit der polnischen Grenze bot älteren Berichten zufolge Platz für etwa 600. Genaue Zahlen über Kriegsgefangene sind nicht bekannt. Schätzungen zufolge hat Russland noch mehrere Tausend Ukrainer in Gefangenschaft. Allein von den Verteidigern der südukrainischen Hafenstadt Mariupol sollen sich noch etwa 1900 Soldaten in russischer Hand befinden.