Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Samstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Tote und Verletzte nach russischem Beschuss in Kupjansk

  • Selenskyj drängt zur Eile für F-16-Einsatz

  • Ukrainische Medien: Drohnenangriffe auf Krim

  • Selenskyj setzt auf Zusammenarbeit mit Türkei

  • Ukrainischer Verteidigungsminister rechnet mit Taurus-Lieferung

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Tote und Verletzte nach russischem Beschuss in Kupjansk +++

Mindestens zwei Zivilisten sind offiziellen Angaben zufolge beim Beschuss eines Vororts der ostukrainischen Stadt Kupjansk ums Leben gekommen. «Der Feind hat ein ziviles Objekt getroffen, ein Café, wo tagsüber Einwohner waren», teilte der Gouverneur der Region Charkiw, Oleh Synehubow, am Samstag per Telegram mit. Neben den zwei Todesopfern gebe es auch noch einen weiteren Verletzten.

Getroffen wurde die Ortschaft Podoly, ein Vorort von Kupjansk am östlichen Ufer des Oskil. Die russischen Truppen haben in dem Raum ihre militärischen Anstrengungen verstärkt - als Gegengewicht zur ukrainischen Offensive im Süden des Landes. Die Russen sind dadurch zuletzt in der Region im Nordosten der Ukraine weiter vorgerückt. Das im vergangenen Herbst bei der ukrainischen Gegenoffensive befreite Kupjansk ist so bereits mehrfach wieder unter Beschuss geraten.

+++ Drei ukrainische Piloten sterben bei Flugzeugzusammenstoß +++

Bei einem Zusammenstoß zweier Flugzeuge sind in der Ukraine übereinstimmenden Medienberichten vom Samstag zufolge drei Piloten ums Leben gekommen. Im Gebiet Schytomyr seien am Freitagabend zwei Trainingsflugzeuge des Typs L-39 in der Luft miteinander kollidiert, heißt es. Unter den Opfern ist demnach auf der unter seinem Pseudonym «Juice» bekannte Pilot Andrij Pilschtschykow.

Den Tod Pilschtschykows bestätigte sein Freund Pawlo Pozelujew in sozialen Medien. Pilschtschykow war Pilot des Kampfflugzeugs Mig-29 und hatte seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine an einer Reihe von Luftgefechten teilgenommen, unter anderem bei der Verteidigung von Kiew. In Interviews mit westlichen Medien hatte er mehrfach um die Lieferung westlicher Kampfjets vom Typ F-16 gebeten.

+++ Selenskyj drängt zur Eile für F-16-Einsatz +++

Die ukrainische Staatsführung drängt zur Eile, um die ihr zugesagten Kampfjets vom Typ F-16 möglichst bald gegen den Aggressor Russland einsetzen zu können. «Unser Ziel ist, uns an den Zeitpunkt anzunähern, da die F-16 uns helfen, die russischen Terroristen fernzuhalten. So schnell wie möglich», schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj gestern Abend auf der Plattform X, vormals Twitter. Neben den Niederlanden und Dänemark hat auch Norwegen F-16-Lieferungen an die Ukraine zugesagt.

Insgesamt geht es um Dutzende Flugzeuge. Der genaue Lieferzeitpunkt ist nicht klar. Mit den Kampfjets will die Ukraine bei ihrer Gegenoffensive die Schlagkraft gegen die russischen Angriffe erhöhen und vor allem ihren Luftraum - gemeinsam mit den Flugabwehrsystemen - besser schützen als bisher. Russland hingegen droht damit, dass der Krieg durch den Einsatz der Kampfjets noch blutiger werde.

Wolodymyr Selenskyj (Bild: Ritzau Scanpix/Ida Marie Odgaard/via REUTERS)
Wolodymyr Selenskyj (Bild: Ritzau Scanpix/Ida Marie Odgaard/via REUTERS)

«Unser Auslandsteam arbeitet daran, die Trainingsmissionen so gut wie möglich zu erweitern», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. «Unser Militär bereitet die Infrastruktur so schnell wie möglich vor und schickt Piloten und Ingenieure zur Ausbildung. Wir müssen sichergehen, dass die Ukraine voll und ganz bereit ist.» Zuvor hatte er gesagt, dass die F-16 geliefert werden sollen, sobald die Piloten die Ausbildung abgeschlossen hätten.

Selenskyj sagte nach einem am Vortag mit US-Präsident Joe Biden geführten Gespräch, dass sich auch die USA an der Ausbildung von Piloten und Ingenieuren beteiligten. Er kündigte auch an, dass neue Verteidigungspakete vorbereitet würden, die den Erfordernissen der Soldaten an der Front entsprächen. Details nannte er nicht.

+++ London: Russland könnte Angriffe auf Kupjansk und Lyman verstärken +++

Russland könnte nach Einschätzung britischer Militärexperten seine Angriffe im Raum östlich der Städte Kupjansk und Lyman im Nordosten der Ukraine verstärken. Die ukrainische Gegenoffensive habe russische Streitkräfte im östlichen Bachmut und in der Südukraine unter Druck gesetzt, schrieb das Verteidigungsministerium in London am Samstag. Russland habe aber kleinere Angriffe im Nordosten im Sektor Kupjansk-Lyman fortgesetzt und dort begrenzte, lokale Fortschritte erzielt.

Während die Ukraine im Süden weiterhin allmählich an Land gewinne, könnte Russland nach britischer Einschätzung versuchen, die Initiative wiederzuerlangen, indem es auf eine «Offensive auf operationaler Ebene» zurückschwenke.

«Kupjansk-Lyman ist eine mögliche Gegend dafür», schrieben die Briten in ihrem täglichen Update beim Kurznachrichtendienst X. Möglich wäre demnach, dass Russland die Intensität seiner Offensivbemühungen auf der Achse Kupjansk-Lyman in den nächsten beiden Monaten verstärke - «wahrscheinlich mit dem Ziel, nach Westen bis zum Fluss Oksil vorzudringen und eine Pufferzone um die Gegend Luhansk zu schaffen.»

+++ Botschafter Makeiev: Russland hatte Zeit, sich einzubarrikadieren +++

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, führt eine zögerliche militärische Unterstützung der westlichen Partner als einen Grund für die derzeit schwierige ukrainische Gegenoffensive an. «Russland hatte Zeit, um sich einzubarrikadieren», sagte Makeiev im «Interview der Woche» des Deutschlandfunks. «Man hat sehr lange gebraucht, um die ukrainischen Brigaden, Brigaden des Angriffes vorzubereiten und auszustatten.» Diese Brigaden seien nun voll mit westlichen Waffen und Munition. Er verwies dabei auch auf die Debatten in Deutschland um die Lieferung von Schützenpanzern und Flugabwehrsystemen.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland Oleksii Makeiev
Der ukrainische Botschafter in Deutschland Oleksii Makeiev (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)

Die Ukraine habe keine Lufthoheit über ihr Territorium, sagte Makeiev weiter. Daher sei die Lieferung der F-16-Kampfflugzeuge so wichtig - Dänemark, die Niederlande und Norwegen haben F-16 zugesagt. Mit Blick auf deutsche Taurus-Marschflugkörper sagte Makeiev, man sei in einem «sehr pragmatischen und inhaltsreichen Gespräche» mit der Bundesregierung. Die Ukraine fordert seit längerem von Deutschland Taurus-Marschflugkörper. Kanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich dazu aber bisher zurückhaltend. Es gibt Befürchtungen, dass die Marschflugkörper auch russisches Territorium erreichen könnten.

+++ Umfrage: Mehrheit besorgt wegen chinesisch-russischer Zusammenarbeit +++

Eine Mehrheit von fast drei Fünfteln der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ist einer Umfrage zufolge besorgt über die Kooperation zwischen China und Russland. In einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Zeitschrift «Internationale Politik» antworten 59 Prozent mit Ja auf die Frage, ob ihnen die immer engere politische, wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit sehr große oder große Sorgen mache. 40 Prozent haben in diesem Zusammenhang weniger große oder keine Sorgen.

Laut Forsa-Umfrage sind die Sorgen der Menschen in Westdeutschland (60 Prozent) tendenziell stärker ausgeprägt als in Ostdeutschland (49 Prozent). Unter Frauen ist die Besorgnis deutlich größer (71 Prozent) als unter Männern (48 Prozent).

Was die parteipolitischen Präferenzen angeht, betrachten Wählerinnen und Wähler der kleinen Ampelparteien FDP und Grüne die chinesisch-russische Zusammenarbeit mit besonderer Sorge (75 beziehungsweise 74 Prozent). Auch unter Anhängern der Unionsparteien CDU und CSU (71 Prozent) sowie der Kanzlerpartei SPD (68 Prozent) ist demnach die Sorge überdurchschnittlich groß. Bei jenen der AfD ist es umgekehrt. Sie machen sich mit 56 Prozent mehrheitlich weniger oder keine Sorgen, 44 Prozent sind besorgt oder sehr besorgt.

+++ Ukrainische Medien: Drohnenangriffe auf Krim +++

Auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim griffen der ukrainische Geheimdienst SBU und Kiews Streitkräfte laut ukrainischen Medien mit Drohnen militärische Stellungen an. Es gebe Dutzende Tote und Verletzte, berichtete die «Ukrajinska Prawda» am Freitag unter Berufung auf informierte Kreise beim SBU. Veröffentlicht wurde auch ein Foto von Rauchwolken. Demnach soll die 126. Brigade der russischen Schwarzmeerflotte im Dorf Perewalnoje unweit der Krim-Hauptstadt Simferopol angegriffen worden sein. Die Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar. Informationen dazu von russischer Seite gab es zunächst nicht.

Die Drohnen schlugen den Berichten zufolge unter Umgehung der russischen Flugabwehr auch in ein Munitionslager ein. Auch Militärtechnik sei schwer beschädigt worden, hieß es. Die russischen Besatzer seien auf die Spezialoperation des SBU und der ukrainischen Streitkräfte nicht vorbereitet gewesen.

In der Vergangenheit hatten das russische Verteidigungsministerium und die Behörden auf der Krim immer wieder den Abschuss von ukrainischen Drohnen gemeldet. Seit Wochen nimmt die Ukraine verstärkt Ziele auf der bereits 2014 von Russland annektierten Halbinsel ins Visier. Mit ihrer Gegenoffensive will sie nach mehr als anderthalb Jahren Krieg sowohl die Krim als auch alle anderen besetzten Gebiete zurückerobern. Dabei ist das angegriffene Land auf militärische Unterstützung des Westens gegen die zahlenmäßig weit überlegene Streitmacht Russlands angewiesen.

+++ Selenskyj setzt auf Zusammenarbeit mit Türkei +++

Selenskyj informierte in seiner Videobotschaft über ein Treffen mit dem türkischen Außenminister Hakan Fidan, der in Kiew seinen ersten Amtsbesuch absolvierte. «Zusammen mit der Türkei können wir die Sicherheit Schritt für Schritt wieder herstellen», sagte Selenskyj auch mit Blick auf das von Russland aufgekündigte Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer Richtung Türkei. Die Ukraine strebt eine Wiederaufnahme des Exports an, ohne dass Russland zu Verhandlungen hinzugezogen wird.

Russland hatte das für die Welternährung wichtige und unter Vermittlung der Türkei und der UN geschlossene Abkommen Ende Juli aufgekündigt. Seither fehlt ein sicherer Seekorridor für die Ausfuhren. Das Nato-Mitglied Türkei pflegt sowohl mit der Ukraine als auch mit Russland enge Beziehungen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich immer wieder als Vermittler in dem Konflikt zwischen Kiew und Moskau angeboten, verfolgt aber auch eigene Interessen.

Selenskyj kündigte zudem weitere Initiativen auf diplomatischer Ebene für den Herbst an, «neue Schritte mit unseren Partnern, die die Ukraine stärken sollen». Innenpolitisch werde es neue Gesetzesinitiativen geben gegen Staatsbedienstete, die die Ukraine nicht stärkten, sondern schwächten. Details nannte Selenskyj nicht. Er hatte aber immer wieder einen entschlosseneren Kampf gegen Korruption im Staatsapparat angekündigt.

+++ Ukrainischer Verteidigungsminister rechnet mit Taurus-Lieferung +++

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow zeigt sich zuversichtlich, dass Deutschland der Ukraine Marschflugkörper vom Typ Taurus liefern wird. «Ich bin wirklich optimistisch und sehe in der Zukunft, dass wir auch Taurus aus Deutschland bekommen werden», sagte Resnikow in einem Interview von «Bild», «Welt» und «Politico» (Samstag). Als Partner der Ukraine habe Deutschland angesichts des russischen Angriffskriegs bereits viele hochmoderne System geliefert. Resnikow legte sich indes nicht darauf fest, wann er die Marschflugkörper erwarte. «Aber ich glaube, es wird nicht ein ganzes Jahr dauern», sagte er.

Deutschland hat Kiew bereits etliche Waffensysteme zur Verfügung gestellt, darunter das moderne Flugabwehrsystem Iris-T. Die Ukraine fordert seit längerem auch Taurus-Marschflugkörper. Kanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich dazu aber bisher zurückhaltend. Es gibt Befürchtungen, dass die Marschflugkörper auch russisches Territorium erreichen könnten. «Egal, welche Anforderungen an Deutschland gerichtet werden: Ich werde mir weiterhin jede einzelne Entscheidung sorgfältig überlegen und niemals etwas Unüberlegtes tun», sagte Scholz den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Samstag).

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte unterdessen diese Woche im Deutschlandfunk, es müssten noch «technische Details» geklärt werden. Es sei wichtig, nicht einfach etwas zu versprechen, «sondern dass das dann auch geliefert wird und funktioniert und dass die unterschiedlichen Systeme ineinandergreifen. Und das gilt jetzt auch für weitere Maßnahmen wie Marschflugkörper».

+++ Kreml will nichts mit Absturz von Prigoschin-Flugzeug zu tun haben +++

Zwei Tage nach dem mutmaßlichen Tod von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz hat der Kreml Anschuldigungen über eine Verwicklung zurückgewiesen. Was die einst im russischen Angriffskrieg in der Ukraine unentbehrliche Söldnertruppe Wagner nun erwartet, ist ungewiss. Russland meldete unterdessen ukrainische Drohnenangriffe auf die bereits 2014 völkerrechtswidrig annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim.

«Das ist eine absolute Lüge», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau über die Anschuldigungen gegen den Kreml, in den Tod Prigoschins verwickelt zu sein. Rund um den Absturz gebe es viele Spekulationen, die «im Westen aus einer bestimmten Ecke befeuert» würden, wurde Peskow von russischen Nachrichtenagenturen zitiert. Auch der Kreml habe noch keine Bestätigung für den Tod Prigoschins. Peskow riet dazu, die Ergebnisse der Untersuchungen abzuwarten. «Wenn die offiziellen Ergebnisse zur Veröffentlichung bereit sind, werden sie auch veröffentlicht», sagte er.

Mehr dazu lesen Sie hier