"Unfassbar dämlich!": Tim Mälzer rechnet in VOX-Inklusionsdoku mit Arbeitsamt ab

Wiedersehen macht Freude: Nach einem Jahr war Tim Mälzer gespannt, wie es seinen Schützlingen vom Schwarzwälder Hirschen um Lara nach der TV-Show ergangen ist. (Bild: RTL)
Wiedersehen macht Freude: Nach einem Jahr war Tim Mälzer gespannt, wie es seinen Schützlingen vom Schwarzwälder Hirschen um Lara nach der TV-Show ergangen ist. (Bild: RTL)

Eine Rolle in einer RTL-Daily, eine reguläre Stelle in einem Hotel - und "ein harter Kampf" mit dem Arbeitsamt: Auf Tim Mälzers Schützlinge von "Zum Schwarzwälder Hirsch" warteten nach der prämierten VOX-Doku ganz unterschiedliche Herausforderungen. Wie es ihnen erging, löste nun eine TV-Sendung auf.

13 junge Menschen mit Down-Syndrom, drei Monate Praktikum in der Küche eines Restaurants - und zwei Grimme-Preise: Die dreiteilige Doku "Zum Schwarzwälder Hirsch - Eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer" erwies sich 2022 als voller Erfolg. Doch hat sich die Euphorie des außergewöhnlichen TV-Projektes auch auf den Alltag der Protagonisten übertragen? Die Folge-Dokumentation "Zum Schwarzwälder Hirsch - Ein Jahr danach" (VOX) lud Mälzer und seine Schützlinge nun zum großen Klassentreffen.

"Ich bin ein bisschen angefasst", räumte der TV-Koch ein, als er von seiner Crew in seinem Restaurant überrascht wurde. Nach Umarmungen für alle ("Mein Sweatshirt ist nass geheult.") nahmen alle vor der großen Leinwand Platz, um die Geschichten der 13 Protagonisten zu verfolgen - die zwischen "schwerer Depression" und "unendlicher Dankbarkeit" angesiedelt sind.

In einer Kneipe lernte Paula, wie man Limonaden mixt - und überzeugte Tim Mälzer damit sofort. (Bild: RTL)
In einer Kneipe lernte Paula, wie man Limonaden mixt - und überzeugte Tim Mälzer damit sofort. (Bild: RTL)

Sophia musste "harten Kampf gegen das System" führen

Zu Letzteren zählen sich Laura (20) und Leon (24), die nicht nur beruflich, sondern auch als Liebespaar ihr Glück fanden. Für Laura ergab sich nach der Zeit in der "Himmelreich"-Akademie der prämierten TV-Show eine Festanstellung in einem Hotel. "Alles, was dein Kind erreicht, feierst du, weil dein Kind etwas geschafft hat, womit du gar nicht gerechnet hast", beschrieb Mutter Martina stolz. In einer regulären Acht-Stunden-Schicht versorgt Laura bis zu zehn Frühstücksgäste gleichzeitig. André Dietz, der schon in Staffel eins als Betreuer dabei war, kommentierte baff: "Was ist das für eine Entwicklung!"

Auch Leon, mit dem Laura seit einem Jahr eine Fernbeziehung führt, landete im Hotelgewerbe. Nach einem einmonatigen Praktikum winkte eine reguläre Stelle. "Es läuft tausendmal besser, als ich es mir ausgedacht habe", sagte Hotelchef Jan und räumt ein: "Der Unsicherheitsfaktor war ich."

Erheblich weniger reibungslos ging die Jobsuche von Sophia vonstatten. "Dass immer wieder Kämpfereien reingrätschen, die emotional was mit mir machen, frisst mich auf", klagte Stephanie, die Mutter der 21-Jährigen. Trotz Jobangebot nach der Zeit im Schwarzwälder Hirschen musste die junge Frau mit ihrer Mutter einen "harten Kampf gegen das System" (André Dietz) führen. Bei einem Praktikum stellte sich das Arbeitsamt quer, was Mälzer wüten ließ: "Das ist so unfassbar dämlich!" Und doch hat sich der Widerstand gegen alle Hindernisse gelohnt: Ein Kompromiss mit dem Amt ermöglicht Sophia, drei Tage in der Woche zu arbeiten.

Dicke Umarmung für Sophia: Nach langwierigen Streitigkeiten mit dem Arbeitsamt darf die 21-Jährige endlich arbeiten. (Bild: RTL)
Dicke Umarmung für Sophia: Nach langwierigen Streitigkeiten mit dem Arbeitsamt darf die 21-Jährige endlich arbeiten. (Bild: RTL)

Paula überzeugt in Kneipe trotz Skepsis ihrer Eltern auf ganzer Linie

Auch die 43-jährige Sarah hat ein Wechselbad der Gefühle hinter sich. Im Schwarzwälder Hirschen war sie eine der größten Überraschungen, bekam zum Ende der TV-Sendung gleich vier Jobangebote. Doch das Personal in einem Wellnesshotel, das sie einstellte, war überfordert. Die Konsequenz: fristlose Kündigung nach wenigen Wochen. Laut ihrer Mutter habe dieser Rückschlag Sarah "traumatisiert" und in eine "schwere Depression" befördert. Doch Sarah gab nicht auf - und nutzte ein zweites Jobangebot in der Jugendherberge von Petra ("Das wird uns alle bereichern.")

Leicht war es auch für Paula nicht. Auf Nachfrage von André bei deren Familie fand er heraus, dass die 19-Jährige trotz Jobangebot in einer Kneipe weiterhin in der Behindertenwerkstatt ihren Alltag verbringe. Paulas Mutter Frauke erklärte, sie habe "Bauchschmerzen" auf dem normalen Arbeitsmarkt, und sie fürchte, dass Paula "Opfer" werden und wie früher schon gemobbt werden könnte. Erst Aufnahmen ihrer monotonen Arbeiten in der Werkstätte animierten die Eltern, den Schritt doch zu wagen - und Paula überzeugte in der Kneipe von Beate sofort. "Sie ist vier Stunden konzentriert on fire", beobachtete André Dietz begeistert.

Für Tanino (rechts) klappte es nicht mit einem Job, er blieb in der Werkstätte. (Bild: RTL)
Für Tanino (rechts) klappte es nicht mit einem Job, er blieb in der Werkstätte. (Bild: RTL)

Bittere Erkenntnis: "Inklusion in Deutschland hört oft nach der Schule auf"

Ein Job ist auch der große Traum von Ayla Marie, am liebsten als Kinderpflegerin. Doch trotz toller Leistungen im Schwarzwälder Hirschen hat es damit noch nicht geklappt. "Inklusion in Deutschland hört oft nach der Schule auf, Ayla Marie ist das beste Beispiel dafür", lautete die bittere Bilanz von Betreuer André Dietz. Einen Hoffnungsschimmer gab es trotzdem für die 18-Jährige: Sie übernahm eine Gastrolle in der RTL-Daily "Unter uns", was ihr neue Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz gab.

"Zum Schwarzwälder Hirsch - Ein Jahr danach" zeigte einmal mehr, wie wichtig es ist, Inklusion auf dem Arbeitsmarkt weiter voranzubringen. Noch immer dominieren im Zusammenhang mit der Eingliederung von Menschen mit Down-Syndrom auf dem Arbeitsmarkt viele Vorurteile. "Es gibt eine Diagnose Down-Syndrom. Das, was es nach außen ist, ist ein Blumenstrauß voller Überraschungen", beschrieb Tim Mälzer bei dem Wiedersehen passend. "Man muss nur hinschauen."

Gemeinsam sah sich die Truppe Kurzfilme über jeden einzelnen an. (Bild: RTL)
Gemeinsam sah sich die Truppe Kurzfilme über jeden einzelnen an. (Bild: RTL)