Was Urlaubsländer beim Klimaschutz planen

Sommer, Sonne, Strand - Urlaub kann so schön sein. (Bild: dpa)
Sommer, Sonne, Strand - Urlaub kann so schön sein. (Bild: dpa)

Kann man heute noch ganz ohne schlechtes Gewissen reisen? Urlaub bedeutet oft schon wegen An- und Abreise in der Regel auch eine Belastung fürs Klima. Urlaubsziele in Europa versuchen deshalb durch ein erhöhtes Klima-Bewusstsein attraktiv zu bleiben. Denn in Zeiten von Massentourismus und Klimakrise geraten viele Menschen öfter ins Nachdenken und fragen sich: Wie schaffe ich es, mit möglichst geringem ökologischen Fußabdruck zu reisen?

Wichtige europäische Urlaubsländer der Deutschen versuchen mittlerweile, mit gezielten Maßnahmen und Angeboten für den Klimaschutz das Gewissen zu beruhigen und als Ziel attraktiv zu bleiben. Ein Überblick, was verschiedene Urlaubsländer jeweils aktuell beim Klimaschutz planen:

Das Sehnsuchtsland vieler deutscher Urlauber leidet besonders unter Übertourismus. 2023 wurden fast eine halbe Milliarde Übernachtungen gezählt. In Städten wie Rom oder Florenz ist der Besucherstrom manchmal unerträglich - aber auch durch kleinere Städte wie Bozen, Capri oder San Gimignano schieben sich die Massen. In Venedig werden zu bestimmten Terminen jetzt fünf Euro Eintritt verlangt, um Tagesbesucher abzuhalten.

In der Hauptstadt Rom kommt es immer wieder vor, dass Urlauber wegen der Hitze umkippen. Zwar gibt es seit jeher an Straßenecken Brunnen mit Trinkwasser - aber allen ist klar, dass das in Zeiten des Klimawandels nicht mehr ausreicht. Jetzt wird versucht, die Stadt wieder zu begrünen. Derzeit werden 100.000 Bäume hochgepäppelt, die Schatten spenden sollen. Auch in vielen anderen Kommunen ist man dabei, den steigenden Temperaturen Rechnung zu tragen: mit neuen Architekturprojekten, mit strikten Verbotszonen für Autos und auch mit staatlichen Zuschüssen für Hausbesitzer, die der Umwelt zuliebe umrüsten.

Spanien als Europas beliebtestes Urlaubsland steuert auf einen neuen Rekord bei den Besucherzahlen zu: Schon im ersten Quartal wurden 24 Millionen Touristen gezählt; ein zweistelliges Plus zum Vorjahreszeitraum. Der Massentourismus führt an Brennpunkten wie Barcelona, den Kanaren oder vor allem den Balearen nicht nur zu sozialen Problemen wie etwa der Verdrängung von Einheimischen, sondern auch zu erheblichen Umweltproblemen.

Auf Mallorca und den anderen Baleareninseln versucht die Regierung gegenzusteuern. Seit 2022 gilt dort ein Gesetz zur Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft im Tourismusbereich. So sollen Hotels, Restaurants und andere Teile der Tourismusindustrie gezwungen werden, umweltfreundlicher zu wirtschaften. Sie müssen darlegen, wie viel Energie und Wasser sie bisher verbrauchen, welchen Müll sie produzieren und woher sie ihre Lebensmittel beziehen. Dann müssen sie sparen: Bei der Energie, beim Wasser, beim Müll. Es geht auch um Photovoltaikanlagen, eine Isolierung der Häuser und die Nutzung von Abluftwärme.

Das beliebte Urlaubsland an der Adria mit seinen malerischen Buchten und Inseln zieht immer mehr Urlauber an. 2023 verzeichnete das Fremdenverkehrsministerium 20,6 Millionen Reisende mit 108 Millionen Nächtigungen - darunter viele Deutsche. Die Urlauberströme konzentrieren sich auf die Sommermonate. Das Architektur-Juwel Dubrovnik mit seiner pittoresken Seefestung kämpft mit Überfüllung - die Stadt an der südlichen Adria schränkt inzwischen die Zufahrt von Kreuzfahrtschiffen und Autobussen mit Tagesausflüglern ein.

Eine Strategie für die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus bis 2030 soll helfen. Für diese soll eine Milliarde Euro locker gemacht werden. Nun sollen touristische Destinationen abseits der Adriaküste entwickelt werden. Dazu gehört der Ausbau des Wellness- und Gesundheitstourismus. Leicht verfallene Sanatorien könnten sich durch Renovierung zu einem zeitgemäßen Angebot mausern.

Tourismus und Klimawandel sind für das Land ein Dilemma: Einerseits muss es auf Klimaschutz setzen, weil es zunehmend von Trockenheit, Überschwemmungen und katastrophalen Waldbränden heimgesucht wird. Andererseits sind die Griechen auf den Tourismus angewiesen, einem der wichtigsten Faktoren der griechischen Volkswirtschaft.

Jetzt will die Regierung zwei Milliarden Euro in den Zivil- und den Klimaschutz stecken. Man wolle zum Vorreiter für neue Lösungen und nachhaltigen Tourismus werden, heißt es. Dazu zählen kleine örtliche Maßnahmen, etwa auf der Insel Tilos, deren Einwohner den Müll mittlerweile zu 90 Prozent recyceln, oder auf der Insel Astypalea, die vollständig auf E-Mobilität und grüne Energie umgestellt werden soll. Positiv fällt die Bilanz beim Ökostrom aus: Wind- und Sonnenkraft machen mittlerweile gut die Hälfte der griechischen Energie aus.

Das Land baut seit Jahren seine Angebote zum nachhaltigen, möglichst klimaschonenden Tourismus aus. Busse und Bahnen sollen attraktiver werden. Im Bundesland Salzburg können dort nächtigende Touristen ab Juli 2025 in allen öffentlichen Verkehrsmitteln gegen einen geringen Betrag mitfahren. Andere Regionen bieten Ähnliches. Viel getan hat sich im Wintertourismus: Mit Sonnenkraft betriebene Lifte, Pistenfahrzeuge, die mit Biokraftstoffen unterwegs sind, Beschneiungsanlagen, die zu 90 Prozent mit erneuerbarer Energie laufen. Insgesamt ist nach Angaben der Österreich Werbung der Energieverbrauch pro Nächtigung in den vergangenen Jahren deutlich gesunken.

Angesichts schneeärmerer Winter sollen in den niedriger gelegenen Gebieten Alternativen zum Skifahren entwickelt werden. Eine nationale Mountainbikestrategie ist das aktuelle Vorhaben. Die Hauptstadt Wien setzt auf das Begrünen von Straßenzügen und weist Urlauber via App auf Hunderte Trinkbrunnen sowie auf die mehr als 100 Nebelduschen hin.

In Genf und anderen Schweizer Städten können Gäste ab einer Hotelübernachtung gratis Bus und Straßenbahn fahren, um den Verkehr zu reduzieren. Im Kanton Tessin gibt es dafür sogar das Ticino-Ticket, das im ganzen Kanton von den Bergen im Norden bis zum Lago Maggiore und dem Luganersee gilt. Die Gemeinde Lauterbrunnen im Berner Oberland überlegt, die Blechlawine in das Bergdorf mit teils kilometerlangen Staus durch eine Eintrittsgebühr ähnlich wie Venedig zu reduzieren. Das zielt lediglich auf die Tagestouristen, die nur fürs Selfie vor imposanter Bergkulisse kommen und in der Region gar nicht übernachten.

Das Urlaubsland im Nordosten gilt mit seinen Ostsee-Stränden, Seen, den Inseln Rügen und Usedom sowie 7,6 Millionen Gästen mit 32 Millionen Übernachtungen (2023) als eine Top-Destination. Es gibt ein Angebot an grünen Hotels, Bio-Hotels und Hotels, die klimaneutrale Übernachtungen anbieten. Am Kreuzfahrtstandort Warnemünde sind zwei Landstromanlagen installiert, mit denen entsprechend ausgerüstete Schiffe bei Liegezeiten die Stromversorgung ohne laufende Dieselmotoren und damit emissionsarm sichern.

2023 wurde in MV erstmals der Klima-Fußabdruck der Urlauber gemessen. Der Großteil der Emissionen entfiel mit 46 Prozent auf die Mobilität. Zur Hauptsaison leiden vor allem die Inseln und die Region Fischland-Darß-Zingst unter hohem Urlauberverkehr. Einige Kommunen versuchen mit kostenlosen Bus-Angeboten gegenzusteuern. "Die dezidierte Beschäftigung mit Klimaschutz und Anpassungsstrategien ist ein Langstreckenlauf, von dem erst wenige Etappen bewältigt sind", sagte Verbandschef Tobias Woitendorf.

Das Allgäu will auch angesichts des Klimawandels ein beliebtes Reiseziel bleiben. Dabei steht die bayerische Alpendestination vor der Herausforderung, den Skitourismus trotz der Erderwärmung zu ermöglichen. Der Rückgang der Tage mit natürlichem Schnee dürfte sich laut Tourismusverband fortsetzen: Im Touri-Hotspot Oberstdorf geht eine Studie für das Jahr 2050 von 105 statt derzeit 118 Tagen mit Naturschnee aus.

Die Kunstschneekanonen sind umstritten. Die Allgäuer Tourismuswirtschaft rechtfertigt die technische Beschneiung damit, dass dadurch kein zusätzliches Wasser verbraucht werde. Drei von vier Bergbahnen betrieben zudem die Schneekanonen per Öko-Strom. Umweltschützer halten von der Technik trotzdem nichts. "Der Bund Naturschutz lehnt den Einsatz von Kunstschnee ab, weil er zahlreiche negative Auswirkungen auf die Natur hat und den notwendigen Strukturwandel auf Kosten der Allgemeinheit unnötig hinauszögert", betont der Umweltverband.