US-Militär will Gerät entwickeln, um durch Wände zu sehen
Mit einem Myonen-Generator will das US-Militär künftig unterirdische Tunnel finden oder Gebäude aus der Ferne scannen. Nur: Bislang gibt es ein solches Gerät nicht.
Das würde sicherlich auch dem Tüftler und Erfinder von James Bond, Q, gefallen: Die Defense Advanced Research Projects Agency(DARPA), das ist eine Forschungseinrichtung für militärische Zwecke der US-Streitkräfte, will eine Maschine entwickeln, die durch meterdicke Wände „sehen“ kann.
Röntgengerät für Vulkane
Was Röntgenstrahlen oder Gammastrahlen nicht schaffen, ist für sogenannte Myonen ein Leichtes: Die Elementarteilchen, die eine sehr hohe kinetische Energie besitzen, bewegen sich annährend mit Lichtgeschwindigkeit und können beinahe jede feste Materie durchdringen. Dazu haben sie 2,2 Mikrosekunden Zeit, so lange ist ihre Lebenszeit, bis sie in ein Elektron und Neutrinos zerfallen.
Bereits 2009 wurden Myonen benutzt, um einen Vulkan in Japan zu kartografieren. Wie Röntgenstrahlen dabei helfen, das Körperinnere beim Menschen zu erkunden, können das Myonen also auch bei kilometerdickem Gestein.
Strahlung aus dem All nicht zielgerichtet genug
Myonen ähneln Elektronen, sind aber ungefähr 200-Mal schwerer. Sie entstehen als ein Nebenprodukt der kosmischen Strahlen in der oberen Atmosphäre und treffen dann auf die Erdoberfläche, wo sie problemlos Wasser oder eben festes Gestein durchdringen.
Das wollen sich Forschende der DARPA zunutze machen und einen kleinen Myonen-Generator entwickeln. Der könnte militärisch oder auch zivil genutzt werden, indem er beispielsweise unterirdische Tunnelsysteme aufdeckt, Gebäude scannt oder vulkanische Aktivitäten überwacht.
DARPA seeks compact source for generating muons, highly penetrating subatomic particles. If successful, a transportable muon source could locate tunnels 100s of meters underground: https://t.co/3sIz2R8Iqx pic.twitter.com/yYsVml7U5V
— DARPA (@DARPA) July 22, 2022
Die Herausforderung liegt allerdings in der Handhabung. Bislang gibt es nur zwei Myonen-Quellen: Einerseits aus kosmischer Strahlung, die als Teilchenschauer auf die Erde herabfällt. Sie zielgerichtet zu nutzen, sei wenig praktikabel, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung der DARPA. Denn: Aufgrund der geringen Zahl an Myonen, die die Erdoberfläche erreichten und ihrer unterschiedlichen Flugbahnen, könne es Tage oder sogar Monate dauern, bis aussagekräftige Ergebnisse gewonnen würden.
Sehr viel Energie notwendig
Myonen können aber auch auf der Erde erzeugt werden, allerdings ist dafür sehr viel Energie und technologisches Wissen erforderlich – und ein Teilchenbeschleuniger wie CERN. „Unser Ziel ist es daher, eine neue Myonenquelle zu entwickeln, die keinen großen Beschleuniger benötigt und gerichtete Strahlen erzeugt, um Materialien abzubilden oder zu charakterisieren.“ So wird Mark Wrobel in der DARPA-Pressemitteilung zitiert. Er ist für das Myonen-Projekt mitverantwortlich.
Genutzt werden soll dafür die sogenannte Laser-Plasma-Beschleunigung. Dazu heißt es auf der Webseite des Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY: „Die Beschleunigung geschieht in einem winzigen, nur wenige Millimeter langen Kanal, der mit einem ionisierten Gas, dem so genannten Plasma, gefüllt ist. Ein intensiver Laserpuls regt darin eine Welle an. Elektronen aus dem Plasma können von dieser Welle eingefangen und beschleunigt werden.“ Die Plasmabeschleunigung sei eine innovative Technologie für eine neue Generation von Teilchenbeschleunigern, die besonders kompakt und vielseitig einsetzbar sei.
Projekt auf vier Jahre angelegt
So will die DARPA in einem ersten Schritt Myonen erzeugen, die ausreichend Energie besitzen, um einen Bereich von zehn Zentimeter zu scannen. Im weiteren Verlauf des auf vier Jahre angelegten Forschungsprojekts soll dieser Bereich dann vervielfacht werden.
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