Weltuntergangs-Szenario "Blackout": Wenn der Strom ausfällt, beginnt das Chaos

London bei Nacht aus der Vogelperspektive. Nicht auszumalen, was bei einem längeren Stromausfall in einer Metropole wie dieser passieren würde. (Bild: Getty Images)
London bei Nacht aus der Vogelperspektive. Nicht auszumalen, was bei einem längeren Stromausfall in einer Metropole wie dieser passieren würde. (Bild: Getty Images)

Wer an den Weltuntergang denkt, stellt sich wahrscheinlich bombastische Szenarien vor. Einen riesigen Asteroiden, der auf der Erde einschlägt. Oder einen Atomkrieg, vor dem es kein Entrinnen gibt. Vielleicht denkt man aber auch an einen Tsunami, dessen Wassermassen nichts und niemand aufhalten kann. Was aber, wenn das Ende nicht mit einem großen Knall, sondern erst einmal mit völliger Stille einhergeht?

Im Jahr 2012 machte der Schriftsteller Marc Elsberg mit einem Thriller auf sich aufmerksam, der gerade deswegen so beängstigend wirkt, weil er so realistisch daherkommt. Die Ausgangssituation in „Blackout“ ist die: mitten im Winter versagt europaweit das komplette Stromnetz. Nichts geht mehr. Vermutlich steckt ein Hacker-Angriff dahinter. Und schneller als man es sich je hätte vorstellen können, geht es bei den Menschen ums nackte Überleben.

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Wer hat sich denn schon einmal genau überlegt, was alles nicht mehr funktioniert, sobald der Saft weg ist, der die Zivilisation am Leben erhält? Fällt von jetzt auf gleich großflächig der Strom aus, kommt es zunächst zu einem Verkehrschaos. U-Bahnen bleiben stecken, Ampeln fallen aus, die Menschen bauen Unfälle. Die kaputten Autos sind dann das geringste Problem, denn hält der Stromausfall an, geht ziemlich schnell auch das Benzin aus: Die elektrischen Pumpen in Tankstellen funktionieren dann nicht. Als nächstes wackelt die Trinkwasserversorgung, das Wasser wird rationiert und die 5000 Notbrunnen, die es in Deutschland gibt, müssen angezapft werden.

Horror-Szenario: In den Atomkraftwerken läuft die Notstromversorgung

In den Supermärkten wird Wasser ebenso schnell knapp wie andere Lebensmittel, denn auch hier drängt die Zeit. Die Kühlanlagen funktionieren nicht, die Lager werden von Computern gesteuert, die ohne Strom nutzlos sind. Die Kassen machen keinen Piep und das Bargeld wird knapp. Während es immer schwieriger wird, an Nahrung zu kommen, verenden in großen Ställen die Kühe mit ihren prallen Eutern, denn mit der Melkleistung der Maschinen können die Bauern nicht mithalten. Die Stimmung ist so angespannt, dass Menschen ausrasten, weil sie nicht duschen oder sich einen Kaffee kochen können. Ganz zu schweigen von Anblick und Geruch der Toiletten, die sich nicht spülen lassen. Das Internet funktioniert nicht, Smartphones können nicht aufgeladen werden. In den Atomkraftwerken läuft der Betrieb mit der Notstromversorgung weiter, um die Brennstäbe zu kühlen. Doch irgendwann geht auch hier die Treibstoffreserve dem Ende zu oder die Generatoren geben den Geist auf…

Psychologen analysieren: So unterschiedlich reagieren die Menschen

Man könnte den Gedanken ewig weiterspinnen und beginnt sich dann vielleicht zu fragen, wie man sich selbst in dieser Situation verhalten würde. In der ARD-Sendung „Blackout – Plötzlich ohne Strom“ erklärte der Psychologe Carl Vierboom die menschlichen Reaktionen in einer solchen Extremsituation so: Eine große Gruppe von Menschen würde schnell aktiv werden, sich organisieren und versuchen, Strategien zu entwickeln, die die Versorgung und Ordnung so weit wie möglich wieder herstellen würden. Eine zweite Gruppe wäre unschlüssig bis erstarrt und kaum in der Lage, eigenständig Lösungen zu finden. Und eine dritte würde die Situation ausnutzen und die gängigen moralischen Grundregeln in den Wind schießen. Ein Phänomen, das man auch bei Plünderern sieht, die etwa nach Naturkatastrophen regelmäßig zuschlagen.

Einige Menschen nutzen Ausnahmezustände für Plünderungen aus. (Bild: Getty Images)
Einige Menschen nutzen Ausnahmezustände für Plünderungen aus. (Bild: Getty Images)

Wie man sich selbst verhalten würde, lässt sich schwer voraussagen. Laut Psychologen hängt das sowohl von der genetischen Disposition wie der Sozialisation ab und es lässt sich keineswegs verallgemeinern, dass in der Not alle zu Egomanen werden, die nur ihr eigenes Schicksal im Auge haben. Einige aber doch.

Ein Ereignis aus dem Jahr 2006 gibt Anlass zur Sorge

Wie schnell und in was für einem großen Gebiet es zu einem Stromausfall kommen kann, zeigt ein Vorfall aus dem Jahr 2006. Weil dem Kreuzfahrtschiff Norwegian Pearl bei der Ausschiffung in Papenburg eine Stromleitung im Weg war, schaltete E.ON die Hochspannungsleitung ab und löste damit eine verhängnisvolle Kettenreaktion aus. Einfach gesagt suchte sich der Strom daraufhin andere Wege, wodurch andere Leitungen überlastet wurden.

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Der Energieversorgungskonzern RWE, der normalerweise von E.ON mit Strom beliefert wurde, bekam keinen Strom mehr. Und da das Stromnetz ein europaweites Gesamtsystem ist, betraf der Stromausfall auf einen Schlag Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Österreich und Spanien. Letztendlich beruhte der Stromausfall auf mangelnder Abstimmung zwischen den verschiedenen Übertragungsnetzbetreibern, die ihre Kapazitäten nicht rechtzeitig an die veränderten Bedingungen anpassen konnten. Und doch gibt es mehrere denkbare Möglichkeiten, die einen ähnlichen oder noch weiter ausgedehnten Stromausfall zur Folge haben könnten.

Auch die Energiewende ist ein Risiko

Experten halten einen groß angelegten Hacker-Angriff, dem die Vernetzung der Kraftwerke untereinander natürlich in die Karten spielen würde, für durchaus wahrscheinlich. Vor allem, weil die Sicherheitsvorkehrungen in den letzten Jahrzehnten keineswegs Schritt halten konnten mit den Neuerungen der Vernetzung. Bei manchen Kraftwerken sei die Technik 20 Jahre alt, warnten Fachleute in der 3Sat-Sendung „Strom aus – Wie sicher sind unsere Netze?“.

Leider wurde die Energiewende nicht komplett durchdacht. (Bild: Getty Images)
Leider wurde die Energiewende nicht komplett durchdacht. (Bild: Getty Images)

Gute Voraussetzungen also für manche nicht näher genannte Staaten, die ein Interesse daran hätten, die Energieversorgungseinrichtungen der freien Welt anzugreifen. Sandro Gaycken, Experte für Cybersicherheit an der Privat-Uni ESMT Berlin, sagte in dem Beitrag sogar: „Keiner weiß genau, wo man eigentlich anfangen müsste und was für Technologien sinnvoll wären.“ 2016 wurde zum Beispiel die Ukraine Ziel einer Cyberattacke, bei der vermutlich russische Hacker Kraftwerke und Trafostationen abgeschaltet hatten.

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Zudem birgt auch der zunehmende Anteil an erneuerbaren Energien ein Risiko für die Sicherstellung der Stromversorgung. Vor sechs Jahren gab es während des Winters drei Mal Engpässe in der Versorgung. Je höher der Anteil an erneuerbarer Energie im Gesamtnetz, desto größer sind logischerweise die Schwankungen, wenn Wind oder Sonne lange ausbleiben. Und: Wenn immer mehr Strom aus kleinen Quellen wie Solar- oder Windparks ins Netz fließt und überschüssiger Strom von einer Region in eine andere transportiert wird, statt gesammelt aus Atomkraftwerken, erfordert das eigentlich einen weitgehenden Umbau des gesamten Stromnetzes. Bislang ist der aber ausgeblieben.

Auch den Krisenstäben geht irgendwann der Saft aus

Wer sich im Fall eines Stromausfalls darauf verlässt, dass Krisenstäbe einwandfrei zusammenarbeiten und auch die Kommunikation zwischen Feuerwehr, Medien und Behörden reibungsfrei verläuft, sollte der Realität ins Auge sehen. In der „Blackout“-Sendung der ARD sagte Mathias Dahlheimer vom Fraunhofer-Institut ITWM dazu, schon nach vier Stunden würde es zu ersten Kommunikationsausfällen kommen, ein Krisenstab könne vielleicht eine Woche lang einigermaßen effizient arbeiten. Genau weiß das allerdings niemand. Denn länger als einen Tag lang wurde ein solches Szenario bislang nicht getestet. Fest steht für den Wissenschaftler nur: „Wenn dem Krisenstab der Strom ausgeht, haben wir wirklich ein Problem.“

Die Prepper lassen grüßen – Das sollten Sie zuhause haben

Wer ehrlich zu sich selbst ist, muss der Tatsache ins Auge sehen, dass er sich im Fall der Fälle vor allem selbst helfen muss. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz hat übrigens eine Liste der Dinge zusammengestellt, die jeder Bürger für den Ernstfall zuhause haben sollte.

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Darunter vor allem Getränke wie Wasser und Säfte, empfohlen werden pro Person 14 Liter pro Woche. Nahrungsmittel, die man kalt essen und auch ohne Kühlung lange lagern kann. Ein Campingkocher und, je nach Einzelfall, extra Nahrung für Babys, Diabetiker, Allergiker und eventuell Haustiere.

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