Aiwanger über Bauernprotest gegen Habeck: "Kann aus 1.000 Kilometern nicht sagen, wie die Situation war"

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (52, Freie Wähler) versuchte am Dienstagabend in der ARD-Talkshow "Maischberger", die Bauernproteste zu rechtfertigen. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (52, Freie Wähler) versuchte am Dienstagabend in der ARD-Talkshow "Maischberger", die Bauernproteste zu rechtfertigen. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Traktoren blockieren derzeit in ganz Deutschland den Straßenverkehr: Die Bauernproteste erhitzen die Gemüter - auch bei Sandra Maischberger. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Grünen-Fraktionschef Omid Nouripour diskutierten am Dienstagabend über das Ausmaß der Proteste.

Aktuell legen Bauernproteste deutschlandweit Autobahnauffahrten und Innenstädte lahm, die Landwirte äußern ihren Unmut über gegen die Politik der Ampelregierung. Am Dienstag lud Sandra Maischberger zwei Politiker zum Streitgespräch ein, die gegensätzlicher nicht sein könnten: Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (52, Freie Wähler) und Grünen-Parteichef Omid Nouripour (48) diskutierten unter anderem über die Streichung der Subventionen für Agrar-Diesel. Nouripour verteidigte die Maßnahmen, verwies auf Studien, die zeigten. dass die Kürzungen "nicht existenzbedrohend" seien. Aiwanger hingegen schoss scharf gegen die Regierung: Er habe bei SPD und Grünen den Eindruck, dass sie "besonders bauernfeindlich sind", so der bayerische Wirtschaftsminister.

Sind die Protestaktionen gerechtfertigt? Oder nehmen sie zuweilen kritische Ausmaße an? Als die Talkmasterin in diesem Zusammenhang auf den Vorfall am Fährhafen von Schlüttsiel zu sprechen kam, nahm das Gespräch Fahrt auf. Denn Wirtschaftsminister Robert Habeck (54, Grüne) war kürzlich ins Visier der Streikenden geraten. Die protestierenden Bauern hatten den Vizekanzler daran gehindert, eine Fähre zu verlassen. Aiwanger, der selbst gelernter Landwirt ist, wolle die verschärften Proteste allerdings nicht verurteilen. Sein Argument: Er könne die Situation nicht bewerten, weil er nicht dabei gewesen sei: Er könne "aus 1.000 Kilometern nicht sagen, wie die Situation" war. Außerdem hätten die Beteiligten vor Ort angegeben, dass sie "es nicht als gewalttätig empfunden" hätten.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (52, Freie Wähler, links) und Grünen-Parteichef Omid Nouripour (48) diskutierten in der Polit-Talksendung von Sandra Maischberger (57) unter anderem die Frage: Nehmen die Bauernproteste extreme Ausmaße an?
 (Bild: WDR / Oliver Ziebe)
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (52, Freie Wähler, links) und Grünen-Parteichef Omid Nouripour (48) diskutierten in der Polit-Talksendung von Sandra Maischberger (57) unter anderem die Frage: Nehmen die Bauernproteste extreme Ausmaße an? (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

"Nur mit Pfefferspray": Warum Aiwanger aufgeheizte Protestierende nicht verurteilen könne

Maischberger zitierte daraufhin einen Polizeibericht: Demnach hätten die Beamten 25 bis 30 Demonstranten nur mit Pfefferspray davon abhalten können, die Fähre zu stürmen. Aiwanger ließ sich trotz aller Einwände nicht zu einer Verurteilung der Aktion hinreißen. Und man wisse schließlich nicht, ob Habeck etwas passiert wäre, wenn er die Fähre verlassen hätte.

Nouripour appellierte in diesem Zusammenhang an seinen Gesprächspartner: "Lassen wir Habeck mal weg", meinte Nouripour und erinnerte daran, dass auf der Fähre auch Passagiere mit Kindern anwesend waren. "Warum kann man denn nicht sagen, dass es indiskutabel ist, dass Leute, die aus dem Urlaub kommen, nicht aus einer Fähre aussteigen können, weil die Bauern stinkig sind wegen der Politik anderer? Das können Sie doch einfach sagen."

Grünen-Parteichef Omid Nouripour (48) konnte nicht verstehen, warum Hubert Aiwanger die Bauern-Proteste gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht verurteilen wollte. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)
Grünen-Parteichef Omid Nouripour (48) konnte nicht verstehen, warum Hubert Aiwanger die Bauern-Proteste gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht verurteilen wollte. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

"Mit Extremisten marschiert": Harte Vorwürfe gegen die Grünen

Der Grünen-Politiker hievte die Debatte auf eine etwas persönlichere Ebene: "Wenn Sie eine Rede halten und es fliegen Tomaten oder Steine, oder es wollen Leute die Bühne stürmen. Ich verspreche, ich bin der Erste, der dann aufsteht und sagt: Das ist komplett indiskutabel, das ist zurückzuweisen, ich lehne das ab, lasst den Aiwanger in Ruhe", versprach er.

In diesem Land habe jeder das Recht, seine Meinung frei zu äußern, ohne dass er Gewalt befürchten muss. Nouripour fand letztlich aber auch lobende Worte für den Bauernverband. Er schätze die klare Positionierung gegen die Versuche von Extremisten, die Proteste zu kapern. Auch wenn es immer Menschen gebe, die es versuchen würden: "Und das sind Leute, die haben Umsturzfantasien."

Aiwanger hingegen sah keine Gefahr bei den Protesten: "Ein paar Verrückte" hätten nicht die Macht, bei den Demos etwas ausrichten zu können. Bauern seien an stabilen Verhältnissen interessiert, betonte der Freie-Wähler-Chef und drehte den Spieß um. Nouripour warf er vor, dass die Grünen bei Atom-Demos und anderen Veranstaltungen "mit Extremisten marschiert" seien. Auch die vereinzelt an Traktoren hängenden Galgen fand Aiwanger nicht bedenklich, sondern lediglich geschmacklos und "kontraproduktiv".