"Anne Will" - Schuh-Händlerin verlangt sofortige Ladenöffnung: "Staat muss jetzt mal liefern!"

Anne Will (zweite von rechts) diskutierte am Sonntag im Ersten mit ihren Gästen zum Thema: "Ein Jahr Corona-Pandemie - Zeit für neue Perspektiven?" (Bild: ARD / NDR)
Anne Will (zweite von rechts) diskutierte am Sonntag im Ersten mit ihren Gästen zum Thema: "Ein Jahr Corona-Pandemie - Zeit für neue Perspektiven?" (Bild: ARD / NDR)

"Ich finde, der Staat muss jetzt mal liefern!": In der jüngsten Ausgabe der ARD-Talkshow "Anne Will" forderte eine Schuhhändlerin, den Einzelhandel baldmöglichst wieder zu öffnen. Doch weder Wirtschaftsminister Peter Altmaier noch eine Virologin wollten ihr große Hoffnungen machen.

Seit Mitte Dezember ist der Einzelhandel bundesweit aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen. Wie prekär die Lage zunehmend für die Betroffenen wird, wurde in der jüngsten Ausgabe der ARD-Talkshow "Anne Will" erneut deutlich: Zu Gast war unter anderem Brigitte Meier, Inhaberin eines großen und traditionsreichen Einzelhandelsgeschäfts in München. De Familienunternehmerin forderte eine sofortige Öffnung der Geschäfte.

Die Münchner Einzelhändlerin Brigitte Meier forderte bei "Anne Will" energisch, "dass wir jetzt mit sehr klugen und vorsichtigen Maßnahmen wieder langsam an den Start gehen können".  (Bild: ARD / NDR)
Die Münchner Einzelhändlerin Brigitte Meier forderte bei "Anne Will" energisch, "dass wir jetzt mit sehr klugen und vorsichtigen Maßnahmen wieder langsam an den Start gehen können". (Bild: ARD / NDR)

"Wir haben Corona immer sehr, sehr ernst genommen", erklärte Meier zu Beginn. Schon im Januar 2020, als im Großraum München der erste Coronafall bekannt geworden sei, habe ihr Unternehmen entsprechend reagiert und etwa sämtliche Auslandsreise gestoppt. Ähnlich konsequent seien sie nach dem ersten Lockdown vorgegangen: "Wir arbeiten überall mit Maske, auch in Bereichen, in denen es gar nicht nötig gewesen wäre."

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier warb um Geduld bei der Bevölkerung und der Wirtschaft. Vorschnelles Lockern hält er für gefährlich. (Bild: ARD / NDR)
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier warb um Geduld bei der Bevölkerung und der Wirtschaft. Vorschnelles Lockern hält er für gefährlich. (Bild: ARD / NDR)

Dass das Virus irgendwann mutieren würde, sei ihrer Meinung nach von Anfang an klar gewesen, umso mehr erschreckt sie die zunehmend schlechte Lage des Einzelhandels: Derzeit seien 220.000 Betriebe in Deutschland geschlossen. Das betreffe rund 1,6 Millionen Mitarbeiter allein im Einzelhandel. Von der ebenfalls geschlossenen Gastronomie und dem Kulturbetrieb mal ganz abgesehen.

"Anne Will" (ARD): "Sie wollen sofort öffnen?" - "Ja!"

"Ich fordere, dass wir jetzt mit sehr, sehr klugen und vorsichtigen Maßnahmen langsam wieder an den Start gehen können", betonte Meier. Langsam, betonte sie weiter, beziehe sich allerdings nicht auf den Zeitpunkt der Öffnung, sondern dass man mit den Maßnahmen bedächtig vorgehe. Anne Will hakte nach: "Sie wollen sofort öffnen?" - "Ja", antwortete die Unternehmerin.

Wenig überraschend machte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier seiner Sitznachbarin wenig Hoffnung, der Forderung rasch nachzukommen. Zwar verstehe er die Not der betroffenen Einzelhändler, Gastronomen und Hoteliers sehr gut. "Die haben fast alle hervorragende Maßnahmen ergriffen, viel investiert", räumte der CDU-Politiker. Dennoch gehe es bei den Beschränkungen nicht um den Einzelhandel selbst, sondern darum, die Zusammenkünfte mehrerer Menschen, etwa in Bussen und Bahnen zu vermeiden.

Virologin warnt: "Wir sind jetzt noch nicht so weit!"

Ihn als zuständigen Minister umtreibe schon die Tatsache, dass sie den Menschen derzeit einen längeren Lockdown zumuten als im Frühjahr, allerdings seien auch die Infektionen deutlich höher gewesen als damals. Deshalb plädierte er dafür, Geduld zu haben, damit die Zahlen weiter sinken. Ein genaues Datum, wann mit Öffnungen zu rechnen sei, wollte er nicht nennen. Denn schließlich sei auch Frau Meier nicht geholfen, wenn sie in wenigen Wochen erneut schließen müsse: Als "Anwalt der Wirtschaft", wie ihn Unternehmerin Meier nannte, müsse er doch auch dafür Sorge tragen, dass die Wirtschaft, wenn sie wieder öffnet, dann auch länger als ein paar Wochen offen bleiben darf.

"Wir sind jetzt noch nicht so weit!" Der Leipziger Virologin Corinna Pietsch bereiten vor allem die neuen Virus-Mutatanten aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien Sorge. (Bild: ARD / NDR)
"Wir sind jetzt noch nicht so weit!" Der Leipziger Virologin Corinna Pietsch bereiten vor allem die neuen Virus-Mutatanten aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien Sorge. (Bild: ARD / NDR)

Ähnlich sahen es auch der aus München zugeschaltete Ökonom Clemens Fuest vom Ifo-Institut und die Virologin Corinna Pietsch vom Universitätsklinikum Leipzig. Besorgt von den neuen, hochansteckenden Mutanten, über die man derzeit noch zu wenig wisse, sprachen sich beide für einen Inzidenzwert weit unterhalb der derzeit angestrebten 50 aus: Ein Wert von zehn oder darunter sei erstrebenswert. Natürlich könne man nun darüber diskutieren, welche Bereiche zuerst wieder öffnen sollen, aber zeitliche Versprechungen seien kaum möglich, erklärte Virologin Pietsch: "Wir sind jetzt noch nicht so weit!"

Video: Altmaier hält Lockdown-Verlängerung auch bei Inzidenz-Werten von unter 50 für denkbar