Tokio: Chinesische Raketen in Japans Wirtschaftszone niedergegangen

Der Besuch der US-Spitzenpolitikerin Pelosi in Taiwan hat die Spannungen mit China verschärft - Peking lässt seine Militärmanöver voll anlaufen. Fünf Raketengeschosse sollen nach japanischen Angaben dabei nun in Japans ausschließlicher Wirtschaftszone (AWZ) niedergegangen sein.

Taiwan
Der Besuch der US-Spitzenpolitikerin Pelosi in Taiwan hat die Spannungen mit China verschärft. (Bild: dpa)

"Dies ist eine ernste Angelegenheit, die die nationale Sicherheit unseres Landes und die Sicherheit der Menschen betrifft", sagte Verteidigungsminister Nobuo Kishi am Donnerstag. Japan habe bei der chinesischen Seite protestiert. Es sei das erste Mal, dass eine Rakete der chinesischen Volksbefreiungsarmee in japanischen AWZ-Gewässern niedergegangen sei.

Im Konflikt um Taiwan hat China am selben Tag die größte militärische Machtdemonstration seit Jahrzehnten voll anlaufen lassen. Die Manöver in sechs Gebieten rund um die demokratische Inselrepublik zielen auf eine Luft- und Seeblockade. Sie könnten auch Modell für eine gewaltsame Eroberung sein. Dabei wurden nach chinesischen Angaben auch Raketen für "Präzisionsschläge" abgefeuert.

Die Muskelspiele sollen Taiwan vor weiteren Bestrebungen nach Unabhängigkeit abschrecken. Zudem sind sie eine Warnung an die USA, sich aus dem Streit herauszuhalten. Sie sind auch Reaktion auf den Besuch der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan. Der Besuch der US-Spitzenpolitikerin, die ihre Asienreise am Donnerstag in Südkorea fortsetzte, hatte die Spannungen um Taiwan angeheizt. Es war die ranghöchste Visite aus den USA seit einem Vierteljahrhundert. Peking reagierte empört, da es die Insel für sich beansprucht. Taiwan wird von der kommunistischen Führung nur als Teil der Volksrepublik angesehen. Peking lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh strikt ab und hatte vehement vor dem Besuch gewarnt. Taiwan versteht sich hingegen schon längst als unabhängig.

Baerbock: Keinen Vorwand für "militärische Drohgebärden" suchen

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock rief bei ihrem Besuch in Kanada zur Deeskalation auf. Besuche wie der Pelosis in Taiwan "dürfen nicht als Vorwand für militärische Drohgebärden genutzt werden." Eine Änderung des Status quo von Taiwan "kann nur friedlich und im gemeinsamen Einvernehmen aller Beteiligter erfolgen."

In der Meerenge der Taiwanstraße, die das Festland von Taiwan trennt, will Chinas Artillerie auch weitreichende Schießübungen abhalten. Auch werde die von Taiwan gezogene Mittellinie in dem Meeresweg überschritten, "die aufhört zu existieren", wie es in Staatsmedien hieß. Der Vizestabschefs des östlichen Kommandos, Gu Zhong, sagte demnach, es sollten eine Blockade der Insel, Angriffe von See, Landungen und die Kontrolle des Luftraums geübt werden.

Die Manöver seien größer als in der "Raketenkrise" 1995 und 1996, als China zur Einschüchterung auch Raketen im Norden und Süden über Taiwans Hoheitsgewässer geschickt hatte, berichteten chinesische Militärexperten. Schon damals wollte Peking mit dem Anheizen der Spannungen die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan abschrecken. Die USA hatten damals zwei Flugzeugträger entsandt.

Warnung vor gefährlichen Fehlkalkulationen

Mit der frühzeitigen Ankündigung schon am Dienstagabend - unmittelbar nach Ankunft von Pelosi in Taiwan - soll nach chinesischen Angaben zivilen Schiffen und Airlines genügend Zeit gegeben werden, die Manövergebiete zu verlassen oder Flugrouten zu ändern. Die Manöver, die bereits am Dienstagabend anliefen, sollen von diesem Donnerstag in vollem Umfang aufgenommen werden.

Eine Auseinandersetzung könnte die USA militärisch in den Konflikt ziehen. Experten warnten in der gegenwärtigen Lage auch vor gefährlichen Zwischenfällen durch Fehlkalkulationen der Streitkräfte auf beiden Seiten. Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet, was bisher meist die Lieferung von Waffen bedeutete. US-Präsident Joe Biden hatte aber wiederholt gesagt, die USA hätten eine Verpflichtung, Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs zu verteidigen.

Bei ihrem Treffen mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen am Vortag hatte die US-Spitzenpolitikerin Pelosi auch die Unterstützung der USA zugesagt. "Wir bleiben eisern in unserem Einsatz zur Verteidigung der Demokratie in der Welt und in Taiwan." Der Besuch ihrer Kongress-Delegation zeige, "dass wir unsere Verpflichtungen gegenüber Taiwan nicht aufgeben werden".

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