Die verrückte Story hinter dem Namen der US-Kleinstadt Truth or Consequences

Die meisten Menschen kennen “Wahrheit oder Pflicht" wohl nur als Partyspiel, für rund 6500 Menschen im US-Bundesstaat New Mexico aber ist es Heimat. 1950 benannte sich ihre Kleinstadt nach einer Quizshow in Truth or Consequences um - und lebt trotz Spott seitdem damit.

Ungläubiges Staunen sei meist die Reaktion auf den Namen ihres Wohnorts, erzählt Jessica Meyers. “Wenn ich mit Stromversorgern oder Banken telefoniere, fragen die mich auch gerne mal, ob ich sie veräppeln will.” Meyers stammt eigentlich aus dem US-Bundesstaat North Carolina. Vor ein paar Jahren zog die Kassierin eines Supermarkts zum Vater ihrer beiden sieben und acht Jahre alten Kinder in den etwa 2500 Kilometer weiter westlich gelegenen Bundesstaat New Mexico, “in dieses Kaff hier mit dem komischen Namen”: Truth or Consequences, auf Deutsch in etwa “Wahrheit oder Pflicht”.

Rund 7000 Menschen leben in der Kleinstadt, deren Name vielen Menschen wohl eher als ein beliebtes Partyspiel bekannt ist. Auf eine Frage muss dabei entweder eine ehrliche Antwort auf eine meist intime Frage gegeben werden (Wahrheit), oder eine meist schwierige oder peinliche Herausforderung bestanden werden (Pflicht). In den USA kennt man das Spiel unter anderem auch als “Truth or Dare”.

Alle sagen nur “T or C”

“Das ist wirklich ein komischer Name für eine Stadt”, sagt Jim Breuer, der einst mit seinen Eltern aus der New Yorker Bronx hierher zog, inzwischen ein Fitnessstudio in Truth or Consequences betreibt und sich gerade in der einzigen McDonalds-Filiale des Ortes ein BigMac-Menü bestellt. “Wir sagen hier alle nur ‘T or C’. Ursprünglich hieß die Stadt mal Hot Springs, also heiße Quellen - und die gibt es hier wirklich und sie sind super, letztens habe ich mir beim Motorradfahren die Hand gebrochen, im heißen Wasser ist sie sofort wieder geheilt.”

Die Geschichte, wie Truth or Consequences zu seinem Namen kam, ist in etwa so skurril wie der Name selbst und beginnt in den 1940er Jahren. Damals lief im amerikanischen Radio eine beliebte Show, moderiert von Ralph Edwards, der seine Zuhörer jede Woche mit dem Satz begrüßte: “Hallo da draußen! Wir haben schon auf Sie gewartet!” Zur Feier des zehnten Jubiläums kündigte Edwards 1949 an, dass eine Show aus der Stadt gesendet werden solle, die sich nach ihr benenne - “Truth or Consequences”. Viele Orte bekundeten ihr Interesse. Hot Springs wurde ausgewählt, angeblich weil die Quellen und das angeschlossene Krankenhaus vielen kranken Kindern halfen und Edwards sich selbst stark für Bedürftige und Kranke einsetzte.

Der Ort war damals ein beliebtes, aber kleines Heilbad am Rio Grande. Amerikanische Ureinwohner hatten in der Wüstengegend gelebt, im 16. Jahrhundert kamen die Spanier und schließlich Cowboys sowie Bauarbeiter, die den nahegelegenen Elephant-Damm bauten, damals der größte der USA. Ansonsten war auch schon damals nicht viel los. Bis in die Großstadt Albuquerque im Norden sind es rund 240 Kilometer, nach Las Cruces im Süden 120, im Osten und Westen ist hauptsächlich Wüste. Über die Party, mit der am 1. April 1950 die Übertragung der Radioshow aus Truth or Consequences gefeiert wurde, spricht man in dem Ort noch heute. Nach Moderator Edwards, der bis zu seinem Tod 2005 nun jährlich für eine Feier vorbeischaute, wurde ein Park benannt.

Abtrünnige gründeten eigene Stadt

Aber nicht alle Einwohner von Hot Springs waren glücklich darüber, dass ihre Heimat nun Truth or Consequences hieß. Einige Hundert waren so unglücklich, dass sie am Rande des Orts einen neuen gründeten und Willamsburg nannten. Bis heute bekommt die Stadt viel Spott ab. Auch die Einwohner diskutieren nach wie vor viel über den Namen. Mehrere Referenden zur erneuten Umbenennung sind aber gescheitert.

Und so leben die Menschen in Truth or Consequences - “einer Stadt, so einzigartig wie ihr Name”, wie sie das Rathaus auf seiner Webseite feiert - weiter mit ihrem kuriosen Namen. “Es lebt sich eigentlich ganz OK hier”, sagt Supermarkt-Kassiererin Meyers. “Es sind nur zu viele und zu harte Drogen im Umlauf. Ich musste schon einen festeren Riegel für meine Tür kaufen, weil Junkies bei mir einbrechen wollten.”

Die Stadt müsse mehr aus sich machen und den komischen - aber einprägsamen Namen - für den Tourismus nutzen, sagt Mark Newman, der Touren durch die Stadt und zum nahegelegenen “Spaceport America” anbietet, von dem demnächst Touristen ins All fliegen sollen. “Der Weltraumflughafen wird sicher viel verändern und viele Menschen hier herbringen. Auch die heißen Quellen müssten besser vermarktet werden. Sie enthalten viel Lithium, Sodium und Magnesium, aber keinen Schwefel, das ist selten und deswegen stinken sie nicht. Außerdem sind sie von Natur aus nicht so extrem heiß. Und man kann schon für sechs Dollar eine halbe Stunde darin liegen - wo gibt es denn sowas noch?”

Der zentrale Platz der Stadt, umringt von einer Kirche und eingeschossigen Häusern, werde zudem gerade renoviert. “Danach wird es hier richtig schön, mit Bäumen, Blumen und einer sprudelnden heißen Quelle.” An den Platz grenzt auch die Sierra Grande Lodge, das Hotel gehört dem US-Medienmogul Ted Turner, der in der Nähe auch eine große Ranch besitzt. “Ich mag ‘Truth or Consequences’”, sagt die aus Chicago hierher gezogene Rezeptionistin. “Ich mag, dass es so klein ist, und den Himmel. Und irgendwie stimmt der Name.”

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