Ein Zaun für Flüchtlinge in Bayern

Im bayrischen Kitzingen hängen die Bürger Spenden für Bedürftige an einem Bauzaun auf. Das Projekt “Sozialer Zaun” hilft Rentnern, Familien und Geflüchteten.

Auf dem Feuerwehrhof von Kitzingen in Unterfranken bietet sich ein merkwürdiges Bild. Dort steht ein Drahtzaun mit vielen beschrifteten Plastiktüten dran. “Zahnpasta und Zahnbürste” steht da, oder “WC-Papier”. Wer in Kitzingen bedürftig ist, darf sich wie an einem großen Adventskalender eine Tüte mitnehmen. Der sogenannte “Soziale Zaun” ist Tag und Nacht für alle erreichbar und anders als Kleiderkammern völlig anonym.

“Jeder, der sich bedürftig fühlt, kann den Zaun nutzen”, sagt Uwe Hartmann, Stadtrat und Vorsitzender der Bayernpartei in Kitzingen. Er hat den Zaun Anfang des Jahres vorgeschlagen. Jetzt hat der Stadtrat entschieden, ihn dauerhaft zu behalten.

„Nach zwei bis drei Tagen ist alles weg”

Ganz neu ist die Idee nicht. In Darmstadt gibt es bereits einen “Sozialen Zaun”, allerdings ausschließlich für Obdachlose. Hartmann hat sich die Idee abgeschaut, wollte aber einer größeren Gruppe helfen. Rentner mit einer kleinen Rente oder alleinerziehende Mütter sowie einkommensschwache Familien können neben Obdachlosen und Geflüchteten anonym Kleider, Hygieneartikel und auch Spielzeug mitnehmen.

“Vor allem viele ältere Menschen gehen aus Stolz nicht zum Amt oder in die Kleiderkammer”, sagt Hartmann. Er wollte allen eine Möglichkeit geben, sich ohne Scham helfen zu lassen.

Einige der Menschen, die sich regelmäßig mit Sachen vom Zaun eindecken, haben mittlerweile ihre Scheu verloren. “Etwa 50 bis 60 Personen kennen wir schon persönlich”, sagt Hartmann. Insgesamt schätzt er, dass etwa 500 bis 1000 Menschen aus Kitzingen und dem ganzen Landkreis mit Spenden vom Zaun geholfen werden konnte. Vor allem Hygieneartikel werden viel angenommen, aber auch Tiernahrung. „Nach zwei bis drei Tagen ist alles weg”, sagt er.

Ein Dach für den Zaun

Mitglieder der Bayernpartei kontrollieren den Zaun täglich, damit er nicht vermüllt oder Dinge aufgehängt werden, die besser in der Tonne landen sollten. “Gebrauchte Unterwäsche wollen wir natürlich nicht haben”, sagt Hartmann. Unbrauchbare Kleidung wird von ihnen sofort entsorgt. Da es in Kitzingen eine große Unterkunft für Geflüchtete gibt, kommen auch viele der Bewohner zum Zaun. “Auch die Flüchtlinge sind herzlich willkommen”, sagt Hartmann.

Weil so viele Menschen von dem Sozialprojekt profitieren und es weder Vandalismus noch andere Probleme gab, wurde nun eine unbegrenzte Fortsetzung des Zauns beschlossen.

Damit die Spenden in Zukunft besser vor Wind und Wetter geschützt sind, bekommt der Zaun bald noch ein Dach. Außerdem soll die Beschriftung verbessert werden. Künftig tragen die Tüten Symbole, sodass auch Menschen ohne Deutschkenntnisse finden, was sie brauchen.

Foto: Uwe Hartmann