Entdeckung des Tages: Beatrix von Storch regelt nun auch den Straßenverkehr

Beatrix von Storch empört sich gerne auf Twitter (Bild: Getty Images)
Beatrix von Storch empört sich gerne auf Twitter (Bild: Getty Images)

Die AfD-Vize macht bei Facebook und Twitter vor, was sie unter News versteht: Schnippeln, tuscheln und wieder schnippeln. Mittendrin das Zauberwort „Integration“.

Ein Kommentar von Jan Rübel

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Diese verdammten Sozialen Medien, die Politiker von heute sind nicht zu beneiden: Immer aufs Neue müssen sie ihre Accounts betanken, sich Texte und Bildchen ausdenken – als hätten sie nicht genug zu tun. Und frisch und frech, irgendwie originell sollen diese Schaufenster auch noch aussehen, meine Güte.

In solcher Verzweiflung kann man schon mal daneben liegen, besonders wenn die Buchstaben mit einem Holzhammer eingehauen werden, wie es bei Beatrix von Storch der Fall scheint.

Der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der AfD scheint am vergangenen Sonntagabend kurz vor dem Tatort eingefallen zu sein, dass sie ihre wöchentliche Tweetquote nicht eingehalten hat, und da grub sie dann lange, bis sie fündig wurde. Bei einem Film vom 18. Mai 2015 – also, es gibt Aktuelleres zum Posten, aber wer sich gern empört, ist nicht rasch geniert. Von Storch schrieb: „Jung. Muslimisch. Aktiv. JUMA. Zu Gast bei der CDU. Offiziell: Sie wollen keine Integration. Sie lehnen das ab. Und das hier sind die gemäßigten. Einfach mal zur Kenntnis nehmen.“

Den eine Minute langen Film habe ich dann mal zur Kenntnis genommen. Er ist ein Lehrstück in Sachen Lügenpresse.

Die Sequenz ist ein Ausschnitt aus einer Podiumsdiskussion. Da sitzt eine Frau, Leila Younes El-Amaire, und sie antwortet auf die Frage, wie ihrer Meinung nach über Integration diskutiert wird. Sie ist Vertreterin von „JUMA“, das steht für „jung, muslimisch und aktiv“ und ist eine stiftungsfinanzierte Plattform, die jungen Muslimen in Deutschland eine Stimme gibt und ihr gesellschaftliches Engagement sichtbarer macht. Zu Gast war El-Amaire bei der Unionsfraktion im Bundestag, man wollte mit ihr und anderen Geladenen über die gemeinsame deutsche Identität diskutieren.

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Was von Storch zu ihrer indignierten Einlassung veranlasste, war El-Amaires O-Ton: „Integration ist ein ziemlich unbeliebtes Wort bei JUMA, weil wir uns natürlich nirgendwohin integrieren müssen. Aber dass wir immer wieder mit diesem Begriff konfrontiert werden und auch mit der Forderung, sich zu integrieren, ist anstrengend für die jungen Muslime, die bei JUMA aktiv sind.“

Ich muss sagen, dieses Statement ist ein Hammer, ein Skandal ohnegleichen. Von Storch rümpft erst wortlos die Nase, dass die „CDU“ mit denen redet und nimmt den Zorn Horst Seehofers in Kauf, denn seine CSU sitzt ebenfalls in der Unionsfraktion, aber von Storch zeigt halt Mut. Was für sie indes „offiziell“ ist, nämlich die Äußerung El-Ameires, gipfelt in der Interpretation, „sie wollen keine Integration“. Potzblitz. Und das sind noch die „Gemäßigten“, also die Spitze des Eisbergs für den Luxusliner AfD.

Da rutscht man wohl auf der Maus aus

Journalisten wird zuweilen vorgeworfen, sie würden Informationen aus ihrem Zusammenhang reißen. Genau dies gelingt von Storch vorbildlich. Hätte sie einen Blick auf die Website der Unionsfraktion riskiert, wäre sie auf einen Film der Länge von 2 Stunden, 14 Minuten und null Sekunden gestoßen – die Aufzeichnung der gesamten Diskussion dort. Hätte sie, kurz vor dem Tatort im Fernsehen, nicht gleich einen Tatort im Netz gewittert und ein paar Minuten länger hingeschaut, hätte sie Aussagen gehört wie „Diese Diskussionen entsprechen nicht der Realität“, oder von anderen Teilnehmern „Wir reden über deutsche Staatsbürger“, „Fremd heißt: nicht nordeuropäisch aussehend“, „In Deutschland sind sie nicht fremd“.

Von Storch interessierte sich aber offenbar mehr für das Kopftuch, welches El-Ameire trug, und dachte sich womöglich: Da ist mein monolithischer Block namens Islam, da ist meine „offizielle“ Vertreterin, da ist mein Skandalstatement, da ist endlich meine Tweetquote.

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Wohin, liebe Frau von Storch, sollte sich ein Mensch wie El-Amaire integrieren? Eine in Berlin geborene Studentin der Rechtswissenschaften? Wohin soll sie, wenn sie bereits da ist? Geht es Ihnen um die Entdeckung einer neuen Art von Schwerkraft, um eine Reform der Straßenverkehrsordnung? Und was sagen Sie dann, nur zum Beispiel, zu einem deutschen Staatsbürger, der Grundregeln des Anstands, der Freiheit und des Respekts vor Anderen und der Demokratie missachtet, während er zu brennenden Häusern grölt – soll der sich auch integrieren?

Selbst aus dem Zusammenhang gerissen ist an dem Einminutenfilm nichts auszusetzen. Frau von Storch, Sie verlangen von Menschen eine Bewegung, die der Quadratur des Kreises gleicht – und das wissen Sie. Sie wollen ausgrenzen, damit Sie sich in Ihrem beengten Weltbild nicht bewegen müssen. Da dies einem recht abenteuerlichen Manöver entspricht, und bevor es tatsächlich zu einer Reform der Straßenverkehrsordnung kommt, greifen Sie zur Schere und schneiden sich Ihre Nachrichten selbst zurecht. Hut ab, das können Sie wirklich gut. Und verdammt, ich verstehe: Sich über deutsche Identität tatsächlich Gedanken zu machen, könnte länger dauern als eine Minute.

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