Exklusiv-Gespräch mit Anwalt des Vaters - „Ehrenmord“ an Ronja (15): Afghanischer Vater gibt Motiv zu und belastet Ehefrau

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Michael Deines/Promediafoto/dpa

Nach dem „Ehrenmord“ an der 15-jährigen Ronja in Rheinland-Pfalz äußert sich jetzt erstmals der Verteidiger des inhaftierten Vaters Hassan M. (39). Gegenüber FOCUS online erklärt Rechtsanwalt Christian Zinzow, was der Beschuldigte aus Afghanistan der Polizei gesagt hat.

Im Fall des „Ehrenmordes“ an der 15-jährigen Ronja in Worms (Rheinland-Pfalz) hat der beschuldigte Vater Hassan M. (39) seine Ehefrau Maryam M. (34) nach exklusiven Informationen von FOCUS online schwer belastet.

Außerdem hat er gegenüber der Polizei das Motiv für die Tat eingeräumt – die Unzufriedenheit mit dem „Lebenswandel“ der Tochter. Die Familie stammt aus Afghanistan und lebt seit einigen Jahren in Deutschland.

„In seiner mehrstündigen Einlassung bei der Kriminalpolizei hat mein Mandant seine Frau im unmittelbaren Zusammenhang mit der Tötung sehr stark belastet“, sagte Hassan M.s Pflichtverteidiger Christian Zinzow aus Pirmasens an diesem Freitag zu FOCUS online. Inwieweit das stimme, müssten die weiteren Ermittlungen zeigen.

Anwalt des beschuldigten Vaters spricht erstmals

„Der Umstand, dass beide Elternteile in Untersuchungshaft sitzen, deutet ja darauf hin, dass beide in das Tötungsgeschehen verwickelt waren“, so der Fachanwalt für Strafrecht weiter. „Mein Mandant hat umfangreich beschrieben, was aus seiner Sicht vorgefallen ist. Und natürlich war er daran beteiligt, sonst könnte er dazu nichts aussagen.“

So habe Hassan M. gegenüber den Ermittlern zugegeben, „dass er am Rheinufer in Worms war, wo später die Leiche seiner Tochter gefunden wurde“, so sein Anwalt. „Diese Aussage hat er im Rahmen der Vernehmung gemacht, das ist korrekt.“

Als „Teilgeständnis“ oder gar „Geständnis“ möchte der Verteidiger die Aussage des 39-jährigen Hassan M., der in der Justizvollzugsanstalt Frankenthal einsitzt, allerdings nicht gewertet wissen. „Das ginge mir einen Schritt zu weit“, so Christian Zinzow zu FOCUS online.

Polizeiabsperrung, Hassan M.s Pflichtverteidiger Christian Zinzow aus Pirmasens<span class="copyright">dpa/Kanzlei</span>
Polizeiabsperrung, Hassan M.s Pflichtverteidiger Christian Zinzow aus Pirmasensdpa/Kanzlei

 

Das – auch für die rechtliche Würdigung – entscheidende Kriterium sei, welchen Tatbeitrag die beiden Beschuldigten jeweils geleistet haben. „Es wird zu klären sein, wer was gemacht hat.“ Über das Tatmotiv sagte der Anwalt: „Dass der Vater mit der Lebensweise seiner Tochter nicht glücklich war, ist zutreffend.“

Die Rechtsanwältin der Mutter, Victoria C. Koch aus Mainz, wollte sich gegenüber FOCUS online nicht zu den Vorwürfen des Vaters äußern.

Massive Gewalt: Ronja (15) tot am Rheinufer gefunden

Die Leiche der 15-jährigen Ronja M. war diesen Montag kurz nach 18 Uhr am Rheinufer in Worms gefunden worden, rund 120 Kilometer vom Wohnort entfernt. Am Vormittag hatte sich die Mutter bei der Polizeiinspektion Pirmasens gemeldet und den Verdacht geäußert, ihre Tochter könnte am Samstagabend getötet worden sein.

Die Kriminalpolizei Mainz entdeckte die tote Jugendliche schließlich im Stadtteil Rheindürkheim. Kurz darauf wurde der Vater gefasst. Auch die Mutter geriet unter Tatverdacht, da sie sich bei der Polizei offenbar in massive Widersprüche verwickelte. Beide kamen in Untersuchungshaft.

Die Obduktion der Leiche ergab, dass die Jugendliche „durch Ertrinken“ zu Tode kam. Das zumindest war den offiziellen Verlautbarungen der Behörden zu entnehmen.

Der rechtsmedizinische Befund enthält nach Recherchen von FOCUS online jedoch weitere erschreckende Details, die auf die Anwendung massivster Gewalt schließen lassen.

Vorwurf des Totschlags, aber Mordmerkmal wird geprüft

„Es konnten Einblutungen der Halsmuskulatur und Hämatome im Bereich des Oberkörpers und der Extremitäten festgestellt werden“, bestätigte Oberstaatsanwalt Alexander Fassel von der Staatsanwaltschaft Mainz an diesem Donnerstag auf Anfrage von FOCUS online. Auf Deutsch: Ronja könnte gewürgt und geschlagen worden sein.

Ausweislich der Eintragungen im Ausländerzentralregister sind der jetzt beschuldigte Vater im Jahr 2016 und die beschuldigte Mutter im Jahr 2015 erstmals in das Bundesgebiet eingereist. Hassan M. ist im Besitz einer Aufenthaltsgestattung. Maryam M. hat eine Niederlassungserlaubnis.

Laut Alexander Fassel wurde die Untersuchungshaft gegen die beiden Beschuldigten wegen Totschlags angeordnet. „Es besteht gegenwärtig kein dringender Tatverdacht wegen Mordes.“ Allerdings werde zu prüfen sein, „ob das Mordmerkmal der ‚niedrigen Beweggründe‘ erfüllt ist“, so Fassel.