Der Fußball hat seine Seele wieder

Die Fußball-EM gerade ist deutlich mehr als nur die Spiele unten auf dem Rasen. Sie ist genau das Gefühl, das wir seit Jahren gerade schmerzhaft vermisst haben. Die Europameisterschaft vor unserer Haustür, mit all ihren Emotionen und den vielen Gästen, schenkt uns genau die Momente, in den Städten, in Restaurants und Tipprunden, im Büro oder mit Freunden vor dem Fernseher, die wir dringend wieder benötigt haben.

Warum das so ist? Ziemlich einfach: Weil wir in diesen Tagen empfinden, was uns mal zu Anhängern gemacht hat, zu Fußballverliebten, vielleicht auch zu Verrückten, die sich dem Spiel, aber zu gleichem Maße dieser unglaublichen Begeisterung, die es mit sich bringt, extrem gern hingeben. Die dem Wahnsinn Fußball so viel Platz einräumen in unseren Leben. In unseren Herzen.

Die Fußball-EM in Deutschland ist eine Wohltat. Gerade nach den harten Corona-Jahren und erst recht nach Katar, der WM mit den organisierten Fan-Darstellern. Wer das Miteinander erlebt und fühlt, das vor den Spielen herrscht, in den Städten und rund um die Stadien, wer mit zugereisten Anhängern über ihre Trips nach Deutschland spricht, über ihre Stadionerlebnisse in den letzten Tagen oder ihre Lieblingsklubs zu Hause, der weiß auch sofort, warum solche großen Meisterschaften in Ländern oder Regionen stattfinden müssen, in denen der Fußball traditionell verankert ist. In denen er eine Geschichte hat und eine Bedeutung, die weit über den sportlichen Vergleich hinausgeht.

Diese Momente müssten die hohen Herren der UEFA erleben

Ich habe schon öfter gedacht: Diese Begegnungen, in den Zügen und Straßenbahnen, Biergärten und Kneipen, einfach auf dem Weg zum Stadion, wenn plötzlich einer den Dudelsack oder die Gitarre auspackt und alle zusammen singen, diese Momente müssten die Entscheider, also die hohen Herren z.B. der UEFA, unbedingt erleben.

Und zwar nicht in Anzügen und mit Fahrer vor der Tür, sondern in Trikot, zu teurem Bier in der Hand und, das ist das Wichtigste, Arm in Arm mit Menschen, für die diese Turniere sind. Ich bin mir sicher, sie würden sich erinnern, warum sie sich, irgendwann einmal, für den Fußball entschieden haben.

Die Gemeinschaft zu spüren, in diesen Tagen, bei unserer EM, ist eine Wohltat. Das Turnier, dieses Gefühl drängt sich schon nach einer knappen Woche auf, ist eine dringend benötigte Therapiesitzung für den Patienten Fußball. Er wurde schlecht behandelt in den letzten Jahren, oder anders: Es war deutlich zu sehen, was ihm viel zu häufig fehlte: die Liebe der Fans, die Zuneigung derer, die immer für ihn da waren.

Der Fußball ist noch nicht verloren: Diese EM ist der Beweis

Als während Corona die Stadien leer blieben, wurde schlagartig deutlich, was der große Fußball wert ist ohne seine Anhänger: nichts. Keine weitere Saison hätten die Topligen und Vorzeige-Wettbewerbe überlebt. Das Produkt Fußball, das für sehr teures Geld an Sponsoren und Sender verkauft wird, war nicht mehr die Hälfte wert ohne Fans, ihre Ideen und oft grenzenlose Unterstützung.

Die EM 2024 in Deutschland belebt den Fußball wieder. Wir müssen alles dafür geben, dass er gesund bleibt. Von alleine passiert das nicht und die Fußballverkäufer haben, gemessen an kurzfristigen Resultaten, andere Ziele. Wenn wir der Welt zeigen, wie der Fußball sein muss, als Gefühl, Erlebnis und größte Leidenschaft von Millionen Anhängern, dann ist noch nichts verloren. Was gerade passiert, hier bei uns, ist Beleg dafür. Und Ansporn!