Gebremste Lust auf Gold: Holt die Leichtathletik-WM Spitzen-Quoten?

Gold! - Niklas Kaul gewann den Zehnkampf bei den European Championships 2022 in München. Was ist von ihm bei der WM in Budapest zu erwarten? (Bild: 2022 Getty Images/Alexander Hassenstein)
Gold! - Niklas Kaul gewann den Zehnkampf bei den European Championships 2022 in München. Was ist von ihm bei der WM in Budapest zu erwarten? (Bild: 2022 Getty Images/Alexander Hassenstein)

Etwa 2.000 Leichtathleten kämpfen vom 19. bis zum 27. August im neu errichteten Budapester Leichtathletik-Stadion um WM-Medaillen. Wegen der Corona Pandemie wurde die WM auf 2023 verlegt.

Beim vierten Anlauf im Weitsprung-Wettbewerb der Deutschen Meisterschaften 2023 in Kassel kam der Muskelriss: Deutschlands Leichtathletik-Superstar Malaika Mihambo, zweifache WM-Goldmedaillengewinnerin, musste ihre Hoffungen auf das womöglich dritte Gold bei der WM in Budapest begraben. "Ich bin sehr traurig, dass die Saison nicht wie geplant stattfinden und ich bei der WM in Budapest nicht an den Start gehen kann", sagte Mihambo nach einem Reha-Versuch in Salzburg. Nun wolle sie sich ganz auf die Olympischen Spiele in Paris 2024 konzentrieren. Nicht nur für Medaillen-Fans muss das schmerzlich sein, weil Mihambo die größte Hoffnung der deutschen Mannschaft in Budapest war. Auch das Fernsehen setzt voll auf die Strahlkraft des Events - und auf deutsche Medaillen: Die übertragenden TV-Sender steigern vor allem mit nationalen Erfolgen ihre Quoten.

ARD und ZDF übertragen vom Samstag, 19., bis Sonntag, 27. August, abwechselnd nicht nur zur Primetime, sondern auch bereits am frühen Vormittag. Dass die WM-Organisatoren die Wettbewerbe von zehn auf neun Tage eingeschmolzen haben und an jedem Tag vier Finals ansetzen, kommt dem Zuschauerinteresse sicherlich entgegen.

Für das ZDF sind ab 19. August Moderator Norbert König sowie die Reporter Peter Leissl, Marc Windgassen und Fabian Meseberg am Start, für die ARD berichten Claus Lufen, Ralf Scholt und Wilfried Hark. Als Experte hat sich Frank Busemann angesagt. Dabei nimmt das Erste eine jüngst mit Erfolg erprobte Gewohnheit auf und mischt die teils ausgedehnten Leichtathletikwettbewerbe mit anderen Sportarten wie Radsport oder Hockey. Die Methode hat sich unter anderem bei der Euro 2022 in München und bei den Simultanübertragungen deutscher Meisterschaften, wie zuletzt im Juli bewährt.

Wird er der deutsche WM-Held: Zehnkämpfer Leo Neugebauer schien zuletzt immer besser zu werden. Bei der WM in Budapest zählt der deutsche Rekordhalter zu den Medaillenhoffnungen. (Bild: 2022 Getty Images/Christian Petersen)
Wird er der deutsche WM-Held: Zehnkämpfer Leo Neugebauer schien zuletzt immer besser zu werden. Bei der WM in Budapest zählt der deutsche Rekordhalter zu den Medaillenhoffnungen. (Bild: 2022 Getty Images/Christian Petersen)

Deutsche Medaillenhoffnungen? - Zehnkämpfer im Mittelpunkt

ZDF-Sportchef York Polus bricht indessen eine Lanze für die Leichtathletik und erhofft sich "ein spannendes Sommererlebnis" im TV und in den Mediatheken von ARD und ZDF. Die deutschen Leichtathletik-Meisterschaften im Rahmen der "Finals 2023" hätten "gerade erst wieder gezeigt, wie diese olympische Kernsportart begeistern kann".

Im neu errichteten Budapester Leichtathletikstadion gehen 2.000 Athleten und Athletinnen an den Start. Einschließlich der abschließenden Vier mal 400 Meter-Mixedstaffel werden 49 Goldmedaillen vergeben. ZDF-Kommentator Peter Leissl dämpft im Vorfeld die deutschen Erwartungen. "100-Meter-Europameisterin Gina Lückenkemper ist vielleicht derzeit die Schnellste im europäischen Vergleich, aber bei der WM wird sie angesichts der internationalen Konkurrenz Schwierigkeiten haben, das Finale zu erreichen", glaubt Leissl. Die deutsche "Sportlerin des Jahres" wartet derzeit noch auf eine 100 Meter-Zeit unter elf Sekunden. Bei der WM in Eugene / USA im vergangenen Jahr gewann sie eine Bronzemedaille mit der Staffel.

So dürfen die deutschen Zuschauer vor allem auf die Zehnkämpfer Niklas Kaul und Leo Neugebauer hoffen, die am 25. und 26. August um Medaillen kämpfen. Kaul gewann 2019 bei der WM in Doha, Leo Neugebauer übertraf jüngst den im Jahr 1984 von Jürgen Hingsen aufgestellten Deutschen Rekord mit 8.836 Punkten. Aber auch Julian Weber (Speer) oder die 1,91 Meter große Sportsoldatin Kristin Pudenz (Diskus) liebäugeln mit Medaillen. Eine andere deutsche Hoffnung verletzte sich kurz vor der WM beim Diamond-League-Meeting in Monaco . Vize-Europameister Bo Kanda Lita Baehre hätte in Budapest für Spannung sorgen können. Erst kürzlich hatte er sich am Düsseldorfer Rheinufer vor 3.000 Zuschauern über 5,82 Meter zur Deutschen Meisterschaft und zur Olympianorm gewuchtet. Wie bei anderen verletzten deutschen Athleten heißt nun das Ziel Olympia 2024 in Paris. Gleiches gilt auch für die Langstrecken-Hindernisläuferin Lea Meyer. Die Vize-Europameisterin musste wegen einer Rückenverletzung absagen. Die Aussicht auf ein besseres Abschneiden als bei der vorherigen Weltmeisterschaft 2022 in Eugene (Texas) sind also nicht sonderlich gut.

Discuswerferin Kristin Pudenz liebäugelt mit einer Medaille. (Bild: 2023 Getty Images/Dean Mouhtaropoulos)
Discuswerferin Kristin Pudenz liebäugelt mit einer Medaille. (Bild: 2023 Getty Images/Dean Mouhtaropoulos)

ZDF-Mann Peter Leissl: Weit und breit kein Usain Bolt

"In der Leichtathletik fehlen derzeit internationale Superstars", weiß ZDF-Urgestein Peter Leissl, der demnächst in den Ruhestand gehen wird: "Einen Usain Bolt mit seinen schnellen Läufen, seiner Ausstrahlung und seiner Popularität gibt es derzeit nicht." Doch er glaubt: "Dennoch findet die Leichtathletik immer wieder auch ein großes Fernsehpublikum, weil dieser Sport attraktiv ist und viele Emotionen bietet." Leissl weiß: "Natürlich würden deutsche Erfolge den Zuspruch noch erhöhen. Aber unsere Übertragungen werden auch angenommen, wenn die deutschen Athletinnen und Athleten nicht sofort Medaillen gewinnen."

Weit nach hinten gerückt ist das Thema Doping. Dass es nicht vom Tisch ist, wurde den Leichtathletik-Fans aber kurz vor der WM bewusst. So wurde die 100 Meter Hürden-Weltmeisterin Tobi Amusan aus Nigeria wenige Wochen vor der WM vorläufig suspendiert, weil sie sich der Meldepflicht zur Dopingkontrolle entzogen haben soll.

Bei den European Championships 2022 gab's mehrfach Gold für Gina Lückenkemper. Bei der WM in Eugene erreichte sie Bronze mit der Staffel. In Budapest wäre eine Endlaufteilnahme ein großer Erfolg. (Bild: 2022 Getty Images/Matthias Hangst)
Bei den European Championships 2022 gab's mehrfach Gold für Gina Lückenkemper. Bei der WM in Eugene erreichte sie Bronze mit der Staffel. In Budapest wäre eine Endlaufteilnahme ein großer Erfolg. (Bild: 2022 Getty Images/Matthias Hangst)