"Dieses Interview wird ihn berühmt machen": Politiker weicht minutenlang derselben Frage aus

Philipp da Cunha, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im mecklenburgischen Landtag, wich einer Reporterfrage im NDR-Fernsehen minutenlang aus. (Bild: NDR)
Philipp da Cunha, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im mecklenburgischen Landtag, wich einer Reporterfrage im NDR-Fernsehen minutenlang aus. (Bild: NDR)

Ein mecklenburgischer Landtagsabgeordneter kommt gerade bei Twitter zu unfreiwilliger Popularität. Grund ist ein TV-Interview, in dem sich der SPD-Politiker quälend lang um die Beantwortung einer simplen Reporterfrage windet.

Klare Frage - klare Antwort. Dass es so einfach bei Politiker-Interviews meist nicht ist, hat sich in der Vergangenheit schon oft erwiesen. Vor allem dann, wenn es um brisante Sachverhalte wie mögliche Vorteilsnahme geht.

Was jedoch der SPD-Politiker Philipp da Cunha Anfang Juli vor dem Mikrofon eines NDR-Reporters zum Besten gab, war ein Nicht-Gespräch von besonderer Absurdität. Seit Kurzem geht der entsprechende Interviewclip beim Kurznachrichtendienst Twitter viral. Über einen Zeitraum von knapp vier Minuten schafft es der Abgeordnete des Landtages Mecklenburg-Vorpommern, eine einfache Frage durch eine sehr komplizierte, indes weitgehend gleichlautende Antwort stets aufs Neue nicht zu beantworten.

"Sie beantworten es nicht, also vergessen wir's"

Hintergrund des Gesprächs ist eine Bürgersprechstunde, zu deren Durchführung die SPD-Fraktion des Landtags ein Vier-Sterne-Hotel gebucht hatte. "Was hat das gekostet und warum gerade der Golchener Hof", spielte der Fragesteller vom NDR darauf an, dass das ausgewählte Hotel dem Ehemann einer SPD-Kollegin aus dem Fraktionsvorstand gehört.

Die Antwort des Parlamentarischen Geschäftsführers seiner Fraktion: "Die SPD-Fraktion führt seit etwa 15 Jahren überall im Land Bürgerforen durch." Es sei "auch ganz wichtig, mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen". Der Golchener Hof sei nicht die erste Wahl gewesen, der Entscheidung seien viele Absagen vorausgegangen. Dort habe schließlich "ein sehr guter Austausch" stattgefunden. "Das ist etwas, das uns als SPD wirklich wichtig ist."

"Wie teuer war das?", lässt der Reporter daraufhin nicht locker. Die Antwort: "Wir haben als SPD-Fraktion viele Bürgerforen gemacht in den letzten 15 Jahren" - gefolgt von den weitgehend gleichen Satzbausteinen wie zuvor. Das Muster wiederholt sich noch einige Male, nachdem der Reporter immer wieder direkt nach den Kosten fragt und immer wieder die gleiche ausweichende Replik erhält. Schließlich gibt der NDR-Mann auf: "Sie beantworten es nicht, also vergessen wir's."

"Platte kaputt? Platine durchgeschmort?"

Bei Twitter gab es für die zigfach geteilte Videosequenz viel Kritik Spott und Häme. "Platte kaputt? Platine durchgeschmort oder einfach nur Angst transparent zu sein", mutmaßte der Bestsellerautor Marc Friedrich, der mit seinem Tweet dem spektakulär gescheiterten TV-Interview zu größerer Reichweite verhalf.

Sogar aus Österreich kam ein Echo. ORF-Moderator Armin Wolf (der Anfang der Woche Schlagzeilen gemacht hatte, weil er sich vor laufender Kamera eine Flasche Wasser über den Kopf kippte) kommentierte: "Das nenne ich mal Message-Disziplin! Muss man bis zum Ende anschauen." Wolf prophezeite: "Dieses Interview wird ihn berühmt machen."

Für Klarheit in der Kostenfrage sorgte indes nach Ausstrahlung des Interviews der mecklenburgische SPD-Fraktionsvorsitzende Julian Barlen. Der Abend im Luxushotel habe insgesamt 15.000 Euro gekostet - das ergebe 59 Euro pro Person. Sein Kollege da Cunha sei die Auskunft schuldig geblieben, weil ihm die Schlussrechnung noch nicht vorgelegen habe.