Kolumne von Ahmad Mansour - "Faeser verfolgt eine Ideologie, die Migranten wie Kuscheltiere behandelt"

Ahmad Mansour:
Ahmad Mansour: "Suchen wir eigentlich auch bei Neonazis nach sozialen Gründen für rassistische Taten?" (Bild: Mansour/imago)

Nancy Faesers Worte zur Gewalttat von Bad Oeynhausen zeigen: Es ist eine seltene Gabe geworden, die Realität so zu sehen, wie sie ist, und nicht, wie man sie gerne hätte. Wann fangen wir an, offen zu sprechen und echte Lösungen zu finden?

Es sind unruhige Zeiten in Deutschland. Das Thema Migration bewegt viele Menschen in diesem Land, die Angst und die subjektive Unsicherheit nehmen zu.

Messerattacken häufen sich, ebenso Gewalt an Bahnhöfen und in Schulen sowie Fälle sexueller Belästigung. Hinzukommen Aufrufe zum Kalifat, antisemitische Demonstrationen und Schmierereien und nun auch die Terrorgefahr durch Islamisten während der Fußball-Europameisterschaft. Allesamt Themen, mit denen die AfD bei den Wählern punkten kann.

Doch ist unser Blick auf die Ereignisse ein verzerrter? Sind wir zu rassistisch geworden und nehmen Gewalttaten von Migranten und Muslimen eher wahr als Taten, die von Deutschen ohne Migrationshintergrund begangen werden?

Ich sage: Nein! Die Kriminalstatistik spricht eine deutliche Sprache. Die Lage ist ernst und Deutschland braucht Lösungen.

Es ist eigentlich einfach: Migration muss gesteuert und begrenzt, Straftäter mit aller Härte des Rechtsstaats bestraft werden. Bei Missbrauch des Asylrechts muss eine Abschiebung erfolgen. Zusätzlich: mehr Polizeipräsenz, mehr Aufklärung und ein selbstbewusstes und entschlossenes Auftreten unseres Rechtsstaats.

Durch diese konkreten Maßnahmen kann die Sicherheit der Menschen hier in Deutschland deutlich erhöht werden. Maßnahmen, die selbstverständlich sein sollten, wenn man bereit ist, die Realität nüchtern zu betrachten.

(Bild: FOCUS Online)
(Bild: FOCUS Online)

Jedoch scheinen manche Politiker einer Ideologie zu folgen, die genau diese nüchterne Betrachtung verhindert. Eine Ideologie, die aus der Angst heraus betrieben wird, die Falschen zu unterstützen. Denn ein Eingeständnis dieser offensichtlichen Probleme wäre doch Wasser auf die Mühlen der AfD.

Es handelt sich dabei um eine Ideologie, die Migranten wie Kuscheltiere behandelt, wie unmündige Kinder, die von der Mehrheitsgesellschaft und vor Kritik geschützt werden müssen. Eine Ideologie, die die Menschen in Weiße und damit Täter und People of Color und damit generell Opfer einteilt.

Mehrheit und Minderheit, Schwarz und Weiß: Ich beziehe mich auf eine Ideologie, die in den letzten Jahren jegliche kritische und damit konstruktive Beschäftigung mit Migration, dem Islam oder einer gescheiterten Integration als menschenfeindlich und rassistisch kriminalisiert hat. Dadurch entstanden ist eine Sprachlosigkeit, eine Hilflosigkeit, die gerade überall in Zustimmung für die AfD umschlägt. Nicht, weil diese echte Lösungen anbietet; sondern weil die anderen Parteien einfach nicht liefern.

Und wer gerade gar nicht liefern möchte, ist unsere Innenministerin. Vor ein paar Tagen, nach sehr langem Schweigen, hat Nancy Faeser endlich die Gewalttat an Philippos kommentiert einem 20-jährigen jungen Mann, der nach dem Besuch des Abiballs seiner Schwester brutal angegriffen wurde und in der Folge verstorben ist.

Sie tat dies nicht, um ihr Entsetzen auszudrücken, nicht, um der Familie gegenüber ihr Mitgefühl zu äußern, diese zu besuchen und mit ihr zu trauern; nicht, um den Tätern mit der vollen Härte des Rechtsstaats zu drohen. Nein, sie sagte, und ich zitiere: "Und ich glaube, dass wir viel mehr über diese Form der nicht gelungenen sozialen Integration sprechen müssen."

Wie bitte? Diese Aussage in diesem Kontext ist für mich unerträglich. Es ist bemerkenswert, wie manche immer wieder gebetsmühlenartig die Gründe für solche Taten auf soziale Umstände zurückführen und die Verantwortung nie beim Täter, sondern bei der Mehrheitsgesellschaft suchen.

Wenn wir Deutsche uns mehr Mühe gäben, weniger rassistisch seien, mehr Ressourcen investierten, mehr Integrationsmanagement betrieben, dann würde es solche Fälle nicht mehr geben. Diese Begründung ist eine Art von Rassismus, da sie Migranten entmündigt und ihnen nicht erlaubt, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen.

Handeln wir so auch bei Neonazis? Suchen wir da auch nach sozialen Gründen für rassistische Taten, oder benennen wir zu Recht die gewaltvolle rassistische Ideologie dahinter?

Ideologien verfangen immer dann bei Menschen besonders gut, wenn sie bestimmten negativen Einflussfaktoren ausgesetzt sind, wie autoritären Erziehungsmethoden, patriarchalischen Werten, Herabwürdigung, Gewaltbereitschaft. Dies führt dazu, dass freie Demokratien, der dazugehörige Rechtsstaat und die darin lebenden Bürger verachtet werden.

Das ist nichts Neues, sondern eine Erkenntnis, die sozialpsychologische Forscher wie Max Horkheimer, Erich Fromm, Else Frenkel-Brunswik und Theodor W. Adorno in ihren Forschungen über die autoritäre Persönlichkeit bereits vor langer Zeit herausfanden. Dennoch ist es kein einfaches Reiz-Reaktions-Schema: Täter haben immer eine Wahl. Egal, wie schwierig ihr Leben sein mag. Nichts entschuldigt einen Mord.

Diskriminierung und Rassismus dienen hingegen oft als bequeme Erklärungen für Islamismus, Antisemitismus, gescheiterte Integration oder, wie in diesem Fall, sogar Mord. Die unbequemen Ursachen dagegen werden oft komplett ignoriert. Deshalb werden auch optimierte Integrationsmaßnahmen eine derartige Gewalttat leider nicht verhindern können, so wichtig und notwendig sie auch sind.

In diesen herausfordernden Zeiten brauchen wir starke Persönlichkeiten in politischen Entscheiderpositionen, die die innere Sicherheit wieder in den Fokus rücken, den Mut für offene Diskurse haben und zielführende Maßnahmen ohne ideologiebedingte Tabus zulassen.

Nancy Faeser scheint diese Kriterien leider nicht zu erfüllen.