Lichtverschmutzung: Alles, was Sie darüber wissen müssen

Mit Lichtverschmutzung ist kein schmutziges Licht gemeint, sondern die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen. Das verschwendet nicht nur unnötig Energie, sondern hat auch fatale Folgen für die Tiere und unsere Umwelt. Sollte die Lichtverschmutzung weiter fortschreiten, könnten die meisten großen Sternbilder in 20 Jahren unsichtbar sein.

Eine stark beleuchtete Straße in der Nacht
Lichtverschmutzung wirkt sich negativ auf die Natur und Umwelt aus (Symbolbild: Getty Images)

In Deutschland gibt es laut WWF ungefähr neun Millionen Straßenlaternen. Experten schätzen, dass allein in den Monaten Juli und September bis zu 100 Milliarden Insekten an diesen Laternen sterben. Die Insekten umkreisen das Licht, bis sie vor Erschöpfung sterben, verbrennen an den heißen Leuchten oder werden von Fressfeinden, die durch das Licht angezogen werden, erbeutet.

Insekten sind nicht die einzigen Tiere, die unter der starken Lichtverschmutzung leiden. Der Biorhythmus von Säugetieren wird durch das Licht gesteuert, insbesondere durch das Hormon Melatonin. Die zunehmende nächtliche Beleuchtung in Städten und Gemeinden stört allerdings auch unseren natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus.

Was ist Lichtverschmutzung?

Die Dunkelheit auf der Welt schwindet mehr und mehr. Und Sterne sucht man in den Städten schon lange vergeblich am Nachthimmel. Lichtverschmutzung bezieht sich auf die Aufhellung des natürlichen Nachthimmels, die hauptsächlich durch übermäßigen, fehlgeleiteten oder unangemessenen Einsatz von künstlichem Licht verursacht wird. Der helle Nachthimmel verhindert teilweise oder vollständig die Sichtbarkeit der Sterne. Obwohl bewohnte Gebiete, insbesondere Städte, am stärksten betroffen sind, leiden auch ländliche Gebiete unter den Auswirkungen.

Hier in Deutschland nimmt die Lichtverschmutzung laut BUND jedes Jahr um ungefähr sechs Prozent zu. Das bedeutet, dass das nächtliche Stadt- und Landschaftsbild stark von künstlicher Beleuchtung beeinflusst wird. Ein ziemlich großer Teil dieser Lichtverschmutzung stammt von schlecht konstruierten oder ineffizienten Lichtquellen.

Wie wirkt sich die Luftverschmutzung auf die Tierwelt aus?

Für die Tiere und die Umwelt hat die Lichtverschmutzung schwerwiegende Folgen.

Etwa die Hälfte aller Insekten ist nachtaktiv und wird durch künstlich beleuchtete Nächte in ihrem natürlichen Verhalten und ihrer Orientierung gestört. Die Lichtverschmutzung hat äußerst negative Auswirkungen auf ihre Überlebenschancen und stört die natürliche Nahrungskette. Pflanzen werden nicht ausreichend bestäubt und Vögel, Fledermäuse und Fische finden weniger Nahrung.

Künstliche Lichtquellen beeinträchtigen die Orientierung von nachtaktiven Vögeln. Dies führt dazu, dass viele Vögel nachts mit beleuchteten Hochhäusern kollidieren und qualvoll sterben. Zugvögel werden von ihrer gewohnten Route abgelenkt und fliegen dadurch manchmal erhebliche Umwege. Die nächtliche Dauerbeleuchtung beeinflusst auch das Sing- und Fortpflanzungsverhalten von Singvögeln. Einige Männchen beginnen aufgrund des künstlichen Lichts (z. B. Straßenbeleuchtung) frühmorgens früher zu singen, und weibliche Blaumeisen beginnen eher mit dem Brutgeschäft.

Wenn die verfrühte Eiablage bei Blaumeisen nicht mit der Phase höchsten Nahrungsangebots übereinstimmt, kann dies für den Nachwuchs problematisch werden. Der Zeitpunkt des größten Nahrungsbedarfs der Jungvögel fällt dann möglicherweise nicht mit dem Zeitpunkt zusammen, zu dem die Nahrungsressourcen maximal verfügbar sind. Das kann die Überlebenschancen der Jungvögel beeinträchtigen.

Fledermäuse haben unter der Lichtverschmutzung zu kämpfen

Lichtverschmutzung hat verschiedene Auswirkungen auf Fledermäuse. Ein wichtiger Faktor ist die Störung des natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus. Das Vorhandensein von künstlichem Licht kann dazu führen, dass Fledermäuse ihre Aktivitätsmuster ändern. Sie können später aus ihren Ruheplätzen aufbrechen und früher zurückkehren, was ihre Jagd- und Nahrungsaufnahmezeit verkürzt.

Darüber hinaus kann Lichtverschmutzung die Fledermausnahrung beeinflussen. Insekten, die eine wichtige Nahrungsquelle für Fledermäuse darstellen, können von Lichtquellen angezogen oder von ihnen abgeschreckt werden. Dies kann die Verfügbarkeit von Nahrung für Fledermäuse beeinträchtigen und ihre Jagderfolge verringern.

Die Störung des natürlichen Verhaltens- und Nahrungserwerbs kann langfristige Auswirkungen auf das Überleben und die Fortpflanzung von Fledermäusen haben. Es kann zu Entwicklungsdefiziten bei den Jungtieren führen, die von einer ausreichenden Nahrungszufuhr abhängig sind. Außerdem kann die Veränderung des Aktivitätsmusters und der Jagdzeiten die Populationsdynamik von Fledermäusen beeinflussen.

Lichtverschmutzung ist auch für die Fische fatal

Eine helle Beleuchtung von Brücken kann nachts zu einem ernsten Problem für Fische werden. Diese hellen Lichtquellen können zu sogenannten Lichtbarrieren werden, die für die Fische unüberwindbar sind. Insbesondere bei Fischarten, die ihre Laichwanderungen durchführen, wie zum Beispiel Aale, können solche Barrieren ihre Wanderungen behindern.

Fische nutzen in der Regel visuelle Hinweise, wie den natürlichen Lichteinfall des Mondes oder der Sterne, um sich in ihrer Umgebung zu orientieren. Die grelle Beleuchtung von Brücken kann jedoch die natürlichen Hinweise überlagern oder sogar komplett verändern, was zu Verwirrung und Orientierungsverlust bei den Fischen führt. Dadurch können sie Schwierigkeiten haben, ihren Weg zu finden und ihre Laichplätze zu erreichen.

Die Lichtbarrieren können die Fortpflanzung und den Lebenszyklus der Fische beeinträchtigen. Wenn die Laichwanderungen behindert werden, können sich die Bestände der Fischarten verringern und ihre langfristige Überlebensfähigkeit gefährdet werden.

Lichtverschmutzung wirkt sich negativ auf die Pflanzen aus

Auch der natürliche Wachstumszyklus von Pflanzen wird durch die Lichtverschmutzung beeinträchtigt. Bäume, die in der Nähe von Straßenlaternen stehen, können aufgrund des zusätzlichen Lichts im Spätherbst ihre Blätter länger behalten. Dadurch werden sie anfälliger für Frostschäden, da sie noch immer aktiv sind, wenn die Temperaturen sinken. Diese Frostschäden können den Baum erheblich schwächen.

Die Beleuchtung von Wiesen und Pflanzen kann dazu führen, dass sie weniger Blüten bilden und diese später im Jahr erscheinen. Dies hat zur Folge, dass die Samenproduktion verringert wird und die Fortpflanzungsrate der Pflanzen sinkt. Zudem kann die kontinuierliche Beleuchtung die Struktur der Pflanzen verändern, was sich auf die Insektenlarven auswirkt, die sich von den Pflanzen ernähren. Der veränderte Nährstoffgehalt der Pflanzen führt dazu, dass die ausgewachsenen Insekten weniger gesund und widerstandsfähig sind.

Wie wirkt sich Lichtverschmutzung auf die Menschen aus?

Eine exzessive Beleuchtung während der Nacht kann den natürlichen Schlafrhythmus stören und zu Schlafstörungen führen. Der Körper benötigt eine ausreichende Dunkelheit, um das Schlafhormon Melatonin zu produzieren und einen erholsamen Schlaf zu ermöglichen.

Frau mit Schlafstörungen liegt bei schummrigem Licht im Bett
Lichtverschmutzung kann den Schlaf stören (Symbolbild: Getty Images)

Langfristige Exposition gegenüber künstlichem Licht in der Nacht wird mit verschiedenen gesundheitlichen Problemen in Verbindung gebracht und kann unter anderem zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Übergewicht und Krebs führen. Dies wird teilweise auf die Unterbrechung des natürlichen zirkadianen Rhythmus zurückgeführt. Zu viel künstliches Licht kann laut einem von der Europäischen Kommission veröffentlichten Bericht auch "mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko in Zusammenhang stehen“.

Studien haben ebenfalls einen Zusammenhang zwischen künstlichem Licht in der Nacht und einer verfrühten Pubertät bei Jugendlichen identifiziert. Die Exposition gegenüber hellem Licht in der Nacht kann den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus stören und die Produktion von Hormonen beeinflussen, die für die Pubertät verantwortlich sind. Dies kann dazu führen, dass Jugendliche früher in die Pubertät kommen als normalerweise.

Lichtverschmutzung lässt dich Milchstraße schwinden

Sollte die Lichtverschmutzung weiterhin in diesem Tempo voranschreiten, könnten die meisten großen Sternbilder in etwa 20 Jahren vor unseren Augen verschwinden.

Unsere Umwelt verblasst zunehmend und vier Fünftel der Weltbevölkerung leben unter einem von Lichtverschmutzung geprägten Nachthimmel. Seit 2016 ist es laut Wissenschaftlern einem Drittel der Menschheit nicht mehr möglich, die Milchstraße zu sehen. Man könnte sagen, sie ist einem langsamen Tod durch LED-Licht zum Opfer gefallen.

Das seit 2006 laufende Citizen-Science-Projekt "Globe at Night" des GeoForschungsZentrums Potsdam hat herausgefunden, dass die Himmelshelligkeit weltweit von 2011 bis 2022 um 9,6 Prozent pro Jahr zugenommen hat, was einer Verdoppelung der Himmelshelligkeit alle 8 Jahre entspricht. In Europa ist die diffuse Himmelshelligkeit um etwa 6,5 Prozent pro Jahr gestiegen, während es in Nordamerika sogar 10,4 Prozent sind, wie die vorliegenden Daten zeigen.

"Das bedeutet, dass sich im Verlauf einer Kindheit von 18 Jahren der nächtliche Himmel um den Faktor vier erhellt“, erklären Christopher Kyba vom Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam und seine Kollegen. "Wenn die Entwicklung so fortschreitet, wird ein Kind, das an einem Ort mit 250 sichtbaren Sternen geboren wurde, dort an seinem 18. Geburtstag nur noch 100 Sterne sehen können.“

Umstellung auf LEDs ein wesentlicher Faktor

Das Team des Citizen-Science-Projekts erklärt den Unterschied zwischen den Beobachtungsdaten und den Satellitenmessungen mit mehreren Faktoren. Ein Faktor ist die Richtung der Streulichtausbreitung: "Satelliten reagieren am empfindlichsten auf Licht, das nach oben gen Himmel gerichtet ist“, erklärt Christopher Kyba. Aber es sei horizontal abgestrahltes Licht, das den größten Teil des Himmelsleuchtens ausmache. Wenn also Werbung und Fassadenbeleuchtungen häufiger, größer oder heller werden, könnten sie einen großen Einfluss haben, ohne dass sich das auf den Satellitenbildern entsprechend widerspiegle.

Großen Einfluss auf die Lichtverschmutzung hat auch die Umstellung von Natriumdampflampen auf LEDs: "Weil menschliche Augen nachts empfindlicher auf kurzwelliges Licht reagieren, haben LEDs einen großen Einfluss auf unsere Wahrnehmung der Himmelshelligkeit“, so Kyba.

Wo ist Lichtverschmutzung weltweit am schlimmsten?

Seit vielen Jahren forscht Fabio Falchi am Light Pollution Science and Technology Institute in Italien. Sein Fokus liegt auf der Messung und Quantifizierung von Lichtverschmutzung. Eines seiner Hauptprojekte ist der World Atlas of Artificial Sky Brightness, eine Weltkarte, die das Ausmaß der Lichtverschmutzung darstellt. Dabei verwendet Falchi eine spezielle Software, die Satellitendaten zur Ausbreitung des Lichts in der Atmosphäre auswertet. 2016 erschien seine letzte Studie zu dem Thema.

“Die Studie zeigt, dass 83 Prozent der Weltbevölkerung heute unter lichtverschmutztem Himmel leben. In den USA und Europa sind es sogar 99 Prozent der Menschen,“ so Falchi. Italien und Südkorea weisen unter den G20-Ländern den höchsten Grad an Lichtverschmutzung auf. "Man kann über den Städten Lichtkuppeln erkennen, selbst wenn man hunderte Meilen entfernt ist,“ sagt Falchi. Viel besser schneiden dagegen die in weiten Teilen nur dünn besiedelten Länder Australien und Kanada ab.

In einer Studie, die im Fachmagazin "Remote Sensing" veröffentlicht wurde, zeigten Christopher Kyba und seine Kollegen vom Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam auf, dass deutsche Städte mit einer Einwohnerzahl von über 100.000 im Vergleich zu den USA nur ein Fünftel der Lichtmenge pro Kopf ausstrahlen.

Das kann man gegen Lichtverschmutzung tun

Unnötige oder schlecht gerichtete Beleuchtung führt zu einer Verschwendung von Energie und Ressourcen. Dies belastet nicht nur die Umwelt, sondern führt auch zu höheren Energiekosten für die Beleuchtung von öffentlichen Räumen und Privathaushalten.

Jeder von uns kann zur Reduzierung der Lichtverschmutzung beitragen. Ein dunkler Nachthimmel voller funkelnder Sterne ist nicht nur eine ästhetische Freude, sondern auch von ökologischer Bedeutung.

Diese Maßnahmen können helfen:

  • Insgesamt sollte es schon helfen, die Menge an Strom zu reduzieren, vor allem mitten in der Nacht. Außenlicht zur Dekoration sollte generell vermieden werden, speziell in Gärten, auf Pflanzen, Naturflächen und Teiche.

  • Achten Sie auch darauf, die Helligkeit des Lichts zu reduzieren und nur so hell zu leuchten, wie unbedingt nötig.

  • Beleuchten Sie nur dann, wenn Sie das Licht wirklich benötigen. Durch den Einsatz von Bewegungssensoren oder Zeituhren können Sie sicherstellen, dass die Beleuchtung nur aktiviert wird, wenn sie gebraucht wird. Dies reduziert unnötige Lichtemissionen während der Nacht und spart gleichzeitig Energie.

  • Versuchen Sie, das Licht gezielt auszurichten und nur das zu beleuchten, was wirklich notwendig ist. Vermeiden Sie das Anstrahlen von Bäumen, Büschen, Teichen oder Wänden. Lassen Sie kein Licht in den Himmel strahlen. Verwenden Sie keine Bodenstrahler, Suchscheinwerfer oder rundumstrahlende Dekoleuchten. Beleuchten Sie Schilder von oben nach unten. Ihre Leuchten sollten nicht aus größerer Entfernung sichtbar sein.

  • Bei der Montage von Leuchten sollten Sie darauf achten, sie nicht zu hoch anzubringen. Je niedriger die Lampen sind, desto besser! Dadurch entsteht weniger Blendung und die Streuverluste in die Umgebung reduzieren sich.

  • Vermeiden Sie den Einsatz von "kaltweißem" Licht mit Wellenlängen unter 500 nm oder einer hohen Farbtemperatur von über 3000K. Stattdessen sind Farbtemperaturen von 2000K oder weniger zu empfehlen, wie sie beispielsweise bei Natriumdampflampen oder gelben LEDs vorkommen. Diese warme Beleuchtung ist nicht nur angenehmer für die Augen, sondern trägt auch zur Reduzierung der Lichtverschmutzung bei.

VIDEO: Mehr Nachhaltigkeit durch weniger Lichtverschmutzung