Live-Ticker zum Israel-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Nach dem beispiellosen Angriff der islamistischen Hamas auf Israel gehen die Kämpfe weiter. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Die aktuellen Entwicklungen im Israel-Krieg im Live-Ticker. (Symbolbild: Getty)
Die aktuellen Entwicklungen im Israel-Krieg im Live-Ticker. (Symbolbild: Getty)

Der Ticker wird fortlaufend aktualisiert

  • Scholz zu Solidaritätsbesuch in Israel eingetroffen

  • Israel: Statt Bodenoffensive in Gaza auch «etwas anderes» möglich

  • Macron: Verhandlungen zur Freilassung von Geiseln «kommen voran»

  • Fast die Hälfte der Zivilbevölkerung des Gazastreifens auf der Flucht

  • Israels Präsident: «Müssen das Böse aus Gaza entfernen»

  • Jordanien nicht bereit zur Aufnahme palästinensischer Flüchtlinge

  • Familien von Entführten fordern von Scholz Unterstützung

  • Gaza-Übergang nach Ägypten bleibt weiter geschlossen

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Scholz zu Solidaritätsbesuch in Israel eingetroffen +++

Zehn Tage nach dem verheerenden Terrorangriff der Hamas ist Bundeskanzler Olaf Scholz zu einem Solidaritätsbesuch in Israel eingetroffen. Der SPD-Politiker will mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Präsident Izchak Herzog und Angehörigen deutscher Geiseln der Hamas sprechen, die in den Gaza-Streifen verschleppt wurden.

Scholz will sich über die Lage im Kriegsgebiet informieren, aber auch darüber sprechen, wie ein Flächenbrand in der Region verhindert werden kann. Am Abend reist er weiter nach Ägypten, das als einziges Nachbarland Israels an den Gazastreifen grenzt.

Dass Scholz als einer der ersten Regierungschefs nach Israel reist, kommt nicht von ungefähr. Deutschland hat wegen der Ermordung von sechs Millionen Juden im Holocaust eine besondere Verantwortung für die Sicherheit Israels. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sie 2008 zur Staatsräson erklärt. Scholz hat sich das zu eigen gemacht. Jetzt gilt es zu zeigen, was Staatsräson bei einem konkreten Angriff bedeutet.

Olaf Scholz, hier in Berlin. (Bild: REUTERS/Liesa Johannssen)
Olaf Scholz, hier in Berlin. (Bild: REUTERS/Liesa Johannssen)

Vor seinem Abflug gab Scholz Israel erneut ganz klar Rückendeckung für die Militärschläge gegen die Hamas. «Der Überfall der Hamas war ein terroristischer Akt, der unverantwortlich war, der furchtbare Konsequenzen hat, der unglaublich viele Menschen getötet hat und unglaublich viele erniedrigt. Und deshalb hat Israel jedes Recht, sich selbst zu verteidigen.»

Militärische Unterstützung erwarten die Israelis von Deutschland dagegen bisher kaum. Zwei geleaste israelische Drohnen, die auch bewaffnet werden können, wurden von der Bundeswehr zurückgegeben. Einen Antrag auf Lieferung von Munition für Kriegsschiffe hat Israel nach Angaben der Bundesregierung inzwischen wieder zurückgestellt. Es geht aber auch um humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen, die von Israel vor einer möglichen Bodenoffensive zu Hunderttausenden zur Flucht aufgefordert wurden.

Scholz' Regierungserklärung vom 12.10.23 zum Angriff auf Israel im Video:

Nicht zuletzt wird sich Scholz um die Freilassung der mehr als 200 in den Gaza-Streifen verschleppten Geiseln der Hamas bemühen. Darunter sind mehrere Deutsche, zu denen die Bundesregierung keinen Kontakt hat. Scholz hat dazu schon in den letzten Tagen Gespräche mit den Staatschefs von Katar, Ägypten und der Türkei geführt - alles Länder, von denen sich der Kanzler Einfluss auf die Hamas verspricht.

+++ USA versetzen Soldaten zur Unterstützung Israels in Bereitschaft +++

Die USA haben angesichts der Gewalteskalation im Nahen Osten Truppen des US-Militärs in erhöhte Einsatzbereitschaft versetzt. Dies ermögliche es, schnell auf das sich verändernde Sicherheitsumfeld zu reagieren, teilte das US-Verteidigungsministerium mit. Etwa 2000 Soldatinnen und Soldaten bereiteten sich derzeit auf einen möglichen Einsatz zur Unterstützung Israels vor. Es sei zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht über eine Verlegung von Streitkräften entschieden worden. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin werde die Lage fortlaufend bewerten und stehe dazu in engem Austausch mit Verbündeten und Partnern, hieß es.

US-Medienberichten zufolge könnten die Soldatinnen und Soldaten etwa Aufgaben im logistischen oder medizinischen Bereich übernehmen. Sie seien nicht für Kampfeinsätze vorgesehen, berichtete das «Wall Street Journal» am Montag unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen aus dem Pentagon. Die betroffenen US-Militärangehörigen seien derzeit sowohl im Nahen Osten als auch außerhalb, einschließlich in Europa, stationiert. Nach Informationen des Senders NBC News würden sie auch nicht unbedingt in Israel oder Gaza eingesetzt, sondern in den Nachbarländern, um Israel von dort aus im Kampf gegen die islamistische Hamas zu unterstützen.

Michael McCaul. (Bild: REUTERS/Jonathan Ernst)
Michael McCaul. (Bild: REUTERS/Jonathan Ernst)

Der republikanische Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des US-Repräsentantenhauses, Michael McCaul, sagte dem Sender CNN am Montag, bei dem Vorgehen gehe es um Abschreckung und nicht um einen Kampfeinsatz. Er nannte keine Details, sagte aber, er sei vom Weißen Haus informiert worden. Die US-Regierung hatte zuletzt betont, dass man nicht plane, Bodentruppen nach Israel zu schicken.

+++ Armee: Verletzte in Israel nach Angriff aus Libanon +++

Der israelische Grenzort Metulla ist nach Militärangaben vom Libanon aus mit einer Panzerabwehrrakete angegriffen worden. Es seien zwei Soldaten und ein Zivilist verletzt worden, teilte die Armee mit. Israelische Panzer schossen nach Armeeangaben zurück.

Seit den Terrorattacken der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober und den Gegenschlägen der israelischen Armee auf den Gazastreifen kam es in den vergangenen Tagen regelmäßig zu Zwischenfällen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon. Diese schüren die Sorgen vor einer weiteren Eskalation.

Die pro-iranische Hisbollah-Miliz bestätigte einen Angriff auf israelische Stellungen. Dabei sei auf Überwachungsgerät der israelischen Armee gezielt worden, hieß es in einer Erklärung der Gruppe. Laut Sicherheitskreisen wurden im Libanon Stellungen nahe der Ortschaft Maroun al-Ras getroffen, wo sich auch ein Posten der UN-Beobachtermission Unifil befindet.

+++ Israel: Statt Bodenoffensive in Gaza auch «etwas anderes» möglich +++

Israel bereitet sich nach Angaben eines Militärsprechers im Gazastreifen auf «die nächsten Stufen des Krieges» gegen die dort herrschende islamistische Palästinenserorganisation Hamas vor. «Alle sprechen von einer Bodenoffensive, aber es könnte etwas anderes sein», sagte der israelische Armeesprecher Richard Hecht. Dabei nannte er keine Einzelheiten.

Experten warnen vor einem blutigen Häuserkampf bei einer Bodenoffensive Israels im dicht besiedelten Gazastreifen. Israel will nach den verheerenden Terroranschlägen der Hamas am 7. Oktober die militärischen Fähigkeiten sowie die Herrschaft der Islamistenorganisation ausschalten. Die meisten Politiker sehen dabei keine Alternative zu einem Eingreifen auf dem Boden.

Überlebende durchsuchen den Schutt im Gazastreifen. (Bild: REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa)
Überlebende durchsuchen den Schutt im Gazastreifen. (Bild: REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa)

+++ Macron: Verhandlungen zur Freilassung von Geiseln «kommen voran» +++

Frankreich führt laut Präsident Emmanuel Macron Verhandlungen zur Freilassung der von der islamistischen Hamas in Israel genommenen Geiseln. Er äußere sich vorsichtig, um keine falschen Hoffnungen zu wecken und um die Verhandlungen nicht zu gefährden, sagte Macron bei einem Albanienbesuch in Tirana. «Aber sie kommen voran, wir verfolgen die Verhandlungen stündlich.»

«Wir haben Kontakte, zunächst natürlich mit den israelischen Verantwortlichen, wir haben auch Kontakte über mehrere befreundete Mächte als Vermittler mit der Hamas, um die Freilassung unserer Geiseln, und die Freilassung aller Geiseln zu erreichen», sagte Macron.

+++ Türkei weiter in Kontakt mit Hamas über Freilassung von Geiseln +++

Die Türkei bemüht sich weiter um die Freilassung der von der islamistischen Hamas aus Israel entführten Geiseln. «Bislang haben wir aus verschiedenen Ländern insbesondere bezüglich der Freilassung ihrer Staatsbürger Anfragen erhalten. Daraufhin haben wir insbesondere mit dem politischen Flügel der Hamas Verhandlungen begonnen», sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu bei einem Besuch in Beirut. Diese Bemühungen gingen weiter.

Ankara hatte bereits vergangene Woche bestätigt, dass die Regierung sich um eine Freilassung israelischer Geiseln bemühe, aber zunächst offen gelassen, wer an den Verhandlungen beteilig ist.

+++ Weiter Raketenbeschuss israelischer Städte +++

Militante Palästinenser im Gazastreifen haben weiter Raketen auf mehrere Städte in Israel abgefeuert. Sowohl im Süden des Landes als auch im Zentrum nahe der Küstenstadt Tel Aviv wurde Raketenalarm ausgelöst, wie die Armee mitteilte. Zunächst gab es keine Berichte von Verletzten.

+++ Macron kündigt Nahost-Reise für konkrete Verhandlungen an +++

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron plant, in den Nahen Osten zu reisen, sobald sich Aussicht auf konkrete Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas bieten. Der Konflikt lasse sich nicht lösen, ohne wieder ambitioniert in den Friedensprozess einzusteigen, sagte Macron in Tirana bei einem Albanienbesuch. «Das ist, woran wir arbeiten und es ist auf dieser Basis, dass ich in die Region reisen werde, vielleicht in den nächsten Tagen, vielleicht in den nächsten Wochen.»

Auch Emmanuel Macron wird vielleicht in den Nahen Osten reisen. (Bild: REUTERS/Florion Goga)
Auch Emmanuel Macron wird vielleicht in den Nahen Osten reisen. (Bild: REUTERS/Florion Goga)

Für ihn sei wichtig, eine konkrete Einigung erzielen zu können, die Lage zu deeskalieren sowie über humanitäre Fragen zu reden, sagte Macron. «Ich sage für Frankreich: die Sicherheit Israels, der Kampf gegen alle terroristischen Gruppen, aber auch der Friedensprozess und die politische Lösung sind nicht voneinander zu trennen.»

+++ Medienbericht: Auch ein Palästinenser unter den Geiseln der Hamas +++

Unter den Geiseln der islamistischen Hamas im Gazastreifen ist einem Bericht der «New York Times» zufolge auch ein junger Palästinenser. Es handle sich um einen 22-Jährigen aus Ostjerusalem, schrieb die Zeitung unter Berufung auf die Familie des Mannes. Er habe in der Nacht zum 7. Oktober eine Gruppe Feiernder zu einem Musikfestival in der Negev-Wüste gefahren, wo wenige Stunden später Mitglieder der Palästinenserorganisation Hamas mindestens 260 Menschen ermordeten.

In den frühen Morgenstunden habe der 22-Jährige seinen Bruder angerufen und von dem Überfall berichtet, hieß es. Wenig später habe der Schwager des 22-Jährigen einen Anruf von einem Mitglied der Hamas erhalten. Er habe dem Mann am Telefon versichert, dass der 22-Jährige kein israelischer Staatsbürger sei, sagte der Schwager der Zeitung. «Ich behalte ihn bei mir», sei die Antwort gewesen.

Aktuelle Lage in Israel und Gazastreifen. Redaktion: B. Schaller; Grafik: P. Massow
Aktuelle Lage in Israel und Gazastreifen. Redaktion: B. Schaller; Grafik: P. Massow

+++ UN-Menschenrechtsbüro mahnt Israel wegen Zivilisten im Gazastreifen +++

Im Krieg zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen gibt es nach Angaben des UN-Menschenrechtsbüros jeden Tag Verletzungen des humanitären Völkerrechts. Das Büro appellierte in Genf an die im Gazastreifen herrschende Hamas, die 199 Geiseln freizulassen, die bei den Überfällen auf Israel am 7. Oktober verschleppt wurden. Außerdem soll sie die Raketenangriffe auf Israel stoppen.

Besonders besorgt ist das Büro über die Zivilisten im Gazastreifen. Zahlreiche Praxen und Kliniken seien bombardiert worden. Für Tausende von Verletzten, rund 50 000 Schwangere sowie Menschen mit chronischen oder psychischen Krankheiten sei es schwierig, medizinische Hilfe zu bekommen. «Angriffe auf medizinische Einrichtungen, Personal oder die Verletzten und Kranken ist unter humanitärem Völkerrecht verboten», sagte die Sprecherin des Büros, Ravina Shamdasani.

Israel sei als Besatzungsmacht des Gazastreifens verpflichtet, für die Sicherheit und Versorgung der 1,1 Millionen Menschen zu sorgen, die aufgerufen wurden, ihre Wohngegenden Richtung Süden zu verlassen. Es gebe keine Anzeichen, dass das geschehen sei.

Israel bestreitet, Besatzungsmacht zu sein, weil es sich 2005 aus dem Gazastreifen zurückgezogen hat. Die Vereinten Nationen sehen es weiter als Besatzungsmacht, weil es volle Kontrolle über die Versorgung der Palästinenser und ihre Bewegungsfreiheit hat.

+++ Fast die Hälfte der Zivilbevölkerung des Gazastreifens auf der Flucht +++

Fast die Hälfte der Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens ist nach Schätzung des UN-Nothilfebüros (OCHA) inzwischen auf der Flucht. Rund eine Million Menschen hätten ihre Wohnungen bis Montagabend verlassen, teilte OCHA in der Nacht mit.

Viele Zufluchtsmöglichkeiten haben sie demnach nicht, weil der nur rund 40 Kilometer lange Küstenstreifen vollständig abgeriegelt ist. Ein Drittel der Menschen habe Zuflucht in Gebäuden des UN-Hilfswerk für Palästinenser (UNRWA) gesucht, hieß es. Andere kampierten im Freien oder seien bei Freunden und Verwandten im Süden des Gebiets untergekommen.

Krankenhäuser seien mangels Strom und inzwischen auch Treibstoff für Generatoren «am Rande des Zusammenbruchs», wie das Büro berichtete. Das Leben Tausender Patienten sei in Gefahr. Israel liefere zwar wieder Wasser, aber nur vier Prozent der Menge, die im Gazastreifen gebraucht werde. Es drohten Krankheitsausbrüche.

+++ Israels Armee: vorerst keine humanitäre Feuerpause im Gaza-Krieg +++

Ein israelischer Armeesprecher hat bekräftigt, im Krieg gegen die im Gazastreifen herrschende islamistische Palästinenserorganisation Hamas gebe es bislang keine humanitäre Feuerpause. Der Rafah-Grenzübergang zu Ägypten sei weiter geschlossen, sagte Militärsprecher Richard Hecht im Gespräch mit Journalisten.

+++ Israels Präsident: «Müssen das Böse aus Gaza entfernen» +++

Israel Präsident Izchak Herzog hat die westlichen Verbündeten mit Blick auf den Krieg gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen zu Geduld aufgefordert. «Wir erhalten enorme Unterstützung von unseren westlichen Verbündeten, aber der Test wird im Laufe der Zeit sein», sagte Herzog der Deutschen Presse-Agentur. Es sei wichtig, dass alle Nationen, die an Bürgerrechte und Gleichheit für alle glauben, verstünden, dass es sich um einen Kampf zwischen Gut und Böse handele.

Der Weg zum Ziel werde jedoch kein leichter sein. «Es ist ein schmerzhafter Prozess, es ist keine Operation im Krankenhaus, es ist eine Operation auf dem Schlachtfeld», sagte Herzog. «Wir müssen das Böse aus Gaza entfernen - damit Israel und auch das palästinensische Volk in Freiheit leben und über ihre eigene Sicherheit entscheiden können», sagte das israelische Staatsoberhaupt. «Man muss uns genug Zeit geben, um dies zu erreichen.»

+++ Jordanien nicht bereit zur Aufnahme palästinensischer Flüchtlinge +++

Jordanien ist nach Angaben von König Abdullah II. nicht bereit, weitere palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen. Das sei «eine rote Linie», sagte Abdullah nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. «Keine Flüchtlinge in Jordanien, keine Flüchtlinge in Ägypten», sagte er. Hier könne er auch für das andere Nachbarland Israels sprechen.

Der Konflikt zwischen der islamistischen Hamas und Israel dürfe nicht auf den Schultern anderer ausgetragen werden, sagte Abdullah weiter. Zugleich betonte er die Wichtigkeit humanitärer Hilfe. Zivilisten müssten in dem Konflikt geschützt werden, egal welcher Religion oder Nationalität sie seien.

Flucht innerhalb des Gazastreifens: UNRWA-Schulen als Zufluchtsorte. (Redaktion: B. Schaller; Grafik: F. Bökelmann)
Flucht innerhalb des Gazastreifens: UNRWA-Schulen als Zufluchtsorte. (Redaktion: B. Schaller; Grafik: F. Bökelmann)

+++ Israels Präsident zu Scholz-Besuch: «Enormer Ausdruck an Solidarität» +++

Der israelische Präsident Izchak Herzog hat den geplanten Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Israel gewürdigt. «Die Tatsache, dass er der erste Regierungschef eines europäischen Landes ist, der uns besucht, ist ein enormer Ausdruck an Solidarität», sagte Herzog der Deutschen Presse-Agentur. Scholz sei ein großer Freund Israels. Generell sei die Unterstützung der gesamten deutschen Führung, auch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, «unglaublich».

Seit dem Holocaust seien nicht mehr so viele Juden und Jüdinnen an einem Tag getötet worden, sagte Herzog. «Die Bilder, die wir gesehen haben, erinnerten uns an die schrecklichen Tage in der Vergangenheit.» Der Besuch von Scholz sei «eine große Botschaft der Hoffnung.»

+++ Scholz warnt Iran und Hisbollah vor Einmischung in Israel +++

Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Iran und die libanesische Hisbollah-Miliz vor einer Einmischung in den Konflikt zwischen Israel und der islamistischen Hamas gewarnt. «Gemeinsam mit unseren Verbündeten setzen wir uns als Bundesregierung mit aller Kraft dafür ein, dass dieser Konflikt nicht weiter eskaliert», sagte der SPD-Politiker in Berlin vor seinem Abflug nach Israel. «Ich warne noch mal ausdrücklich die Hisbollah und den Iran, nicht in den Konflikt einzugreifen.»

Zudem hat er erneut ein hartes Durchgreifen gegen Antisemitismus in Deutschland gefordert. Es sei notwendig, «dass wir mit aller Strenge unsere Gesetze umsetzen», sagte er nach einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Berlin. «Und mein Eindruck ist, dass die Behörden überall in Deutschland sich das auch fest vorgenommen haben.»

Machtverhältnisse in Nahost: Verbündete USA/Israel, Verbündete Iran. (Grafik: A. Brühl, Redaktion: dpa)
Machtverhältnisse in Nahost: Verbündete USA/Israel, Verbündete Iran. (Grafik: A. Brühl, Redaktion: dpa)

+++ Familien von Entführten fordern von Scholz Unterstützung +++

Angehörige deutscher Geiseln haben Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert, sich für die Befreiung der Entführten aus dem Gazastreifen einzusetzen. Die Familien wollen am Abend mit Scholz in Tel Aviv zusammenkommen. Anschließend sei eine Pressekonferenz mit Angehörigen von zwölf Vermissten mit deutscher Staatsangehörigkeit (19.30 Uhr MESZ) geplant, hieß es von Vertretern der Gruppe.

Das Auswärtige Amt spricht von insgesamt acht Vermisstenfällen, wobei ein Fall auch mehrere Familienmitglieder einschließen könne. Die genaue Zahl nennt die Regierung nicht. Der Großteil soll neben der deutschen auch die israelische Staatsbürgerschaft haben. Kontakt habe die Regierung nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock «keinen direkten» zu den im Gazastreifen Festgehaltenen.

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+++ Armeesprecher: Hunderttausende Palästinenser noch im Norden Gazas +++

Mehrere Hunderttausend Palästinenserinnen und Palästinenser im Gazastreifen sind nach Angaben des israelischen Militärs noch nicht den Evakuierungsaufrufen gefolgt. Bis zum Anbruch der Nacht zum Dienstag hätten sich schätzungsweise etwas mehr als 600 000 Menschen in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens begeben, sagte Armeesprecher Jonathan Conricus. «Es gibt immer noch ein paar Hunderttausend, die gehen sollten», fügte er hinzu.

Die Vereinten Nationen sprachen dagegen schon am Montag von rund einer Million Menschen, die in den Süden geflohen seien. In Vorbereitung einer möglichen Bodenoffensive gegen die islamistischen Hamas-Angreifer hat Israel die Bevölkerung im nördlichen Gazastreifen wiederholt aufgefordert, das Gebiet Richtung Süden zu verlassen.

Israelischer Evakuierungsplan für Gaza. (Redaktion: D. Loesche; Grafik: F. Bökelmann)
Israelischer Evakuierungsplan für Gaza. (Redaktion: D. Loesche; Grafik: F. Bökelmann)

+++ Baerbock: Arbeiten Tag und Nacht an Freilassung der Hamas-Geiseln +++

Außenministerin Annalena Baerbock hat vor dem Besuch von Kanzler Olaf Scholz (SPD) in Israel die Bemühungen der Bundesregierung unterstrichen, die deutschen Hamas-Geiseln im Gazastreifen zu retten. «Diese Gespräche sind wahnsinnig komplex und wahnsinnig schwierig», sagte die Grünen-Politikerin am Rande der vierten Moldau-Unterstützerkonferenz in Chisinau. Sie ergänzte: «Wir arbeiten mit allen Akteuren, die dazu beitragen können (daran), die zivilen Geiseln zu befreien.»

Schon in den vergangenen Tagen habe sie deutlich gemacht, dass die Befreiung der deutschen Geiseln «eines unserer zentralen Themen» sei, sagte Baerbock. «Da arbeiten wir Tag und Nacht dran.» Da auch viele andere Nationalitäten und insbesondere auch israelische Staatsbürger betroffen seien, «arbeiten wir Hand in Hand» mit den Partnern in Israel, aber auch in Jordanien und Ägypten. Sie bitte um Verständnis, dass dazu nicht jeden Tag neue Updates gegeben werden könnten.

+++ Gaza-Übergang nach Ägypten bleibt weiter geschlossen +++

Auch am elften Tag nach dem Hamas-Massaker in Israel und dem Beginn israelischer Gegenangriffe bleibt der Grenzübergang Ägyptens zum Gazastreifen geschlossen. Eine israelische Armeesprecherin konnte Berichte über neue Luftangriffe Israels in der Nähe des Rafah-Grenzübergangs im Süden des Palästinensergebiets weder bestätigen noch dementieren. Die Luftwaffe greife Ziele im Gazastreifen an, sagte sie lediglich. «Wir sind mitten in einem Krieg.» Vergangene Woche hatte die Armee mitgeteilt, sie habe bei Rafah einen unterirdischen Tunnel angegriffen, der zum Waffenschmuggel in den Gazastreifen gedient habe.

Bereitstehende humanitäre Hilfslieferungen für die Bevölkerung im Gazastreifen könnten gegenwärtig nur über die ägyptische Grenze gebracht werden. Augenzeugen berichteten jedoch, eine Zufahrtsstraße auf der palästinensischen Seite sei bei israelischen Luftangriffen beschädigt worden.

(deutsch: Mein dringender Appell an die Konfliktparteien in Israel und Gaza. @ICRC ist mit Medikamenten und anderen Hilfsgütern bereit. Die Einreise muss gewährt werden und unseren Teams in Gaza muss die Möglichkeit gegeben werden, sicher und effektiv zu arbeiten. Die Situation ist kritisch.)

Berichten zufolge haben sich Ägypten und Israel bislang auch noch nicht einigen können, wie die Lkw mit den Hilfsgütern kontrolliert werden. Israel will einen Schmuggel von Waffen in den Gazastreifen ausschließen.

Für den Grenzübergang Rafah ist Ägypten zuständig. Ägyptens Außenminister Samih Schukri sagte am Montag, Israel habe noch kein grünes Licht für die Öffnung des Rafah-Grenzübergangs gegeben.

Beobachter gehen jedoch davon aus, dass Ägypten auch angesichts einer wirtschaftlichen Krise im Land die Sorge hat, zahlreiche palästinensische Flüchtlinge könnten auf sein Gebiet kommen. Außerdem befürchte Kairo, unter Flüchtlinge könnten sich auch Hamas-Terroristen mischen. Die Hamas steht der Muslimbruderschaft nahe, die in Ägypten als Terrororganisation eingestuft wird.

Israel hatte einer Einfuhr humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen nach Medienberichten bisher nicht zugestimmt, weil es den Druck auf die Hamas für eine Freilassung von rund 200 Geiseln aufrechterhalten wolle.

+++ Blinken: USA und Israel entwickeln Plan für humanitäre Hilfe in Gaza +++

Die USA und Israel wollen nach Angaben von US-Außenminister Antony Blinken gemeinsam eine Strategie für humanitäre Hilfe im Gazastreifen entwickeln. Es gehe darum, «Zivilisten in Gaza und nur sie allein zu erreichen», sagte Blinken am Montagabend auf einer Pressekonferenz in Tel Aviv. Angesichts der israelischen Militärschläge gegen die islamistische Hamas in dem Küstenstreifen sollen demnach auch Sicherheitszonen für Zivilisten geschaffen werden. «Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Hilfe so schnell wie möglich nach Gaza fließt», sagte Blinken.

(deutsch: Heute haben sich die Vereinigten Staaten und Israel auf unsere Anfrage darauf geeinigt, einen Plan zu entwickeln, der es humanitärer Hilfe von Geberländern und multilateralen Organisationen ermöglicht, Zivilisten in Gaza zu erreichen, einschließlich der Möglichkeit, Gebiete zu schaffen, um Zivilisten vor Gefahren zu schützen.)

Die US-Regierung begrüße die Zusage Israels, eine Strategie für humanitäre Hilfe zu erarbeiten, hieß es. Die Vereinbarung sei eine Bedingung für die Ankündigung des Besuchs von US-Präsident Joe Biden gewesen, berichtete die «Washington Post» unter Berufung auf zwei Regierungsbeamte. Weitere Details würden dann in dem für Mittwoch geplanten Treffen zwischen Biden und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geklärt, sagte Blinken.

Die Nacht im Überblick

Israel setzt Gegenangriffe fort

Das israelische Militär attackiere weiter die Infrastruktur der Hamas und suche aktiv nach den Verstecken ihrer Führungsleute, erklärte Armeesprecher Jonathan Conricus am frühen Morgen. So wurde bei einem Luftangriff der Chef des Schura-Rats der Hamas, Osama Mazini, getötet, wie die Armee zuvor bekanntgab. Dieser sei für die Gefangenen der Hamas verantwortlich gewesen und habe terroristische Aktivitäten gegen Israel geleitet. Der Schura-Rat wählt das Politbüro der Hamas, das die oberste Entscheidungsinstanz der im Gazastreifen herrschenden Organisation ist. Derweil bereitet sich das israelische Militär weiter auf eine mögliche Bodenoffensive in Gaza vor.

(deutsch: Über Nacht schlugen IDF-Kampfflugzeuge zu: Ein Hamas-Militärhauptquartier und die Neutralisierung eines Hamas-Militäragenten. Eine Bank, die zur Finanzierung terroristischer Aktivitäten der Hamas in Gaza eingesetzt wurde.)

Israel will nach eigenen Angaben die im Gazastreifen herrschende Hamas zerstören, die bei dem Terrorangriff auf Israel mehr als 1400 Menschen getötet hat. Zudem wurden laut Armeeangaben nach neuesten Angaben mindestens 199 Personen in den Gazastreifen verschleppt. Ein Sprecher des militärischen Arms der Hamas teilte dagegen mit, dass zwischen 200 und 250 Menschen entführt worden sein sollen. 200 davon seien unter der Kontrolle der Hamas, die restlichen Geiseln unter der Kontrolle von weiteren militanten Fraktionen. Die Zahl der getöteten Palästinenser stieg nach Angaben aus dem Gazastreifen auf 2750.

Hoffnung auf Öffnung ägyptischen Grenzübergangs

Angesichts der Not Hunderttausender Flüchtlinge im Süden des Küstenstreifens hoffen Helfer auf eine Öffnung des ägyptischen Grenzübergangs Rafah für humanitäre Lieferungen. Es wäre der einzige Weg, um Hilfe in den von Israel abgeriegelten Küstenstreifen zu bringen. Rund 2000 Tonnen Güter standen dafür nach Angaben des Ägyptischen Roten Halbmonds am Montag bereit. Etwa 150 Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern seien von Al Arish auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel in Richtung des Grenzübergangs Rafah unterwegs, sagten Augenzeugen der Deutschen Presse-Agentur.

Zahlreiche humanitäre Lieferungen wären bereit für die Menschen im Gazastreifen. (Bild: Mahmoud Khaled/Getty Images)
Zahlreiche humanitäre Lieferungen wären bereit für die Menschen im Gazastreifen. (Bild: Mahmoud Khaled/Getty Images)

Auch die Vereinten Nationen sind bereit, Hilfe über den Grenzübergang Rafah zu bringen. Auf der Sinai-Halbinsel sei ein Flugzeug mit Hilfsgütern der Weltgesundheitsorganisation WHO angekommen, teilte das UN-Nothilfebüro Ocha am Montag mit. Das Welternährungsprogramm WFP plane derweil, 225 000 Menschen in 19 Unterkünften der Vereinten Nationen im Gazastreifen zu versorgen. Die EU plant eine Luftbrücke für Hilfsorganisationen im Gazastreifen. Die Flüge sollen noch diese Woche starten und beispielsweise Medikamente nach Ägypten bringen, teilte die EU-Kommission mit. Von dort könnten die Hilfsgüter weiter in den Gaza-Streifen transportiert werden.

Krisendiplomatie geht weiter

Bundeskanzler Scholz wird an diesem Dienstag in Tel Aviv den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu treffen und mit Angehörigen von Geiseln der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas zusammenkommen. Scholz will sich über die Lage im Kriegsgebiet informieren, aber auch darüber sprechen, wie ein Flächenbrand in der Region verhindert werden kann. Am Abend reist er weiter nach Ägypten. Am Tag darauf trifft auch US-Präsident Biden in Israel mit Netanjahu zusammen. Noch am gleichen Tag reise er nach Jordanien weiter, um mit den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi und Jordaniens König Abdullah II. zu treffen, so die US-Regierung.

(deutsch: Am Mittwoch werde ich nach Israel reisen, um angesichts des brutalen Terroranschlags der Hamas meine Solidarität zu zeigen. Anschließend reise ich nach Jordanien, um mich um die dringendsten humanitären Bedürfnisse zu kümmern, mich mit führenden Vertretern zu treffen und deutlich zu machen, dass die Hamas nicht für das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung steht.)

vUS-Medien: Amerikanische Truppen zur Unterstützung Israels bereit

US-Medien zufolge haben die USA Truppen des US-Militärs in Einsatzbereitschaft versetzt. Etwa 2000 Soldatinnen und Soldaten bereiteten sich derzeit auf einen möglichen Einsatz zur Unterstützung Israels vor, berichten unter anderem das «Wall Street Journal». Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht. Den Berichten zufolge könnten die Soldatinnen und Soldaten etwa Aufgaben im logistischen oder medizinischen Bereich übernehmen. Sie seien nicht für Kampfeinsätze vorgesehen, berichtete das «Wall Street Journal».

Die Hamas hat unterdessen erstmals ein Video mit einer mutmaßlichen Geisel veröffentlicht. In einem am Montag verbreiteten Video sieht man, wie einer jungen Frau eine Wunde am Arm verbunden wird, anschließend spricht sie direkt in die Kamera. «Ich bin 21 Jahre alt und komme aus Schoham», sagt die Frau. Sie sei aktuell in Gaza und dort in einem Krankenhaus behandelt worden. Medienberichten zufolge soll es sich um eine Israelin handeln, die auch die französische Staatsangehörigkeit hat. Das israelische Militär teilte in der Nacht mit, sie sei entführt worden. Die Armee sei in Kontakt mit der Familie. Man tue alles dafür, die Geiseln zurückzuholen.

Weiter Gefechte auch an Grenze zu Libanon

Derweil erwidert das israelische Militär auch im Norden wiederholte Angriffe der pro-iranischen Hisbollah im Libanon. Die Armee attackiere gegenwärtig Posten der Schiiten-Miliz, teilte das israelische Militär am frühen Dienstagmorgen mit. Man reagiere auf die Hisbollah-Angriffe, ohne die Situation jedoch zu eskalieren, betonte Armeesprecher Conricus. Angesichts der wiederholten Angriffe der Hisbollah evakuiert Israel 28 Orte in bis zu zwei Kilometer Entfernung zum Grenzgebiet und verstärkte dort seine Truppen.

Der Iran bekräftigte angesichts des Kriegs zwischen Israel und der Hamas seine Drohungen gegen Israel. «Wenn die zionistischen Verbrechen nicht sofort aufhören, werden neue Fronten für sie eröffnet werden», sagte Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian am Montagabend im Staatsfernsehen. «Stoppen Sie die Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, bevor es zu spät ist», sagte Amirabdollahian. Der Außenminister wies erneut eine direkte Verstrickung Irans zurück.

Gruppierungen im Nahostkonflikt. (Grafik: A. Brühl, Redaktion: A. Brühl/J. Schneider)
Gruppierungen im Nahostkonflikt. (Grafik: A. Brühl, Redaktion: A. Brühl/J. Schneider)

UN-Sicherheitsrat vertagt Beratungen zu Resolution

Der UN-Sicherheitsrat hat unterdessen eine brasilianische Resolution zur Deeskalation in Nahost verschoben. Das mächtigste UN-Gremium soll um 18 Uhr New Yorker Zeit (Mitternacht MESZ) erneut zusammenkommen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen erfuhr. Zuvor hatten die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Staaten auf weitere Verhandlungen über den Text gepocht. Ein russischer Resolutionsentwurf für eine «humanitäre Feuerpause» und die Freilassung der israelischen Geiseln im Gazastreifen erhielt derweil vom Weltsicherheitsrat nicht die erforderliche Mehrheit.